Als ein Wagen blitzesschnelle, langsam um die Ecke fuhr.
„Soll ich dich heimfahren?", fragt Tim mich, als wir später den Tisch abgeräumt haben und uns langsam auf den Heimweg machen sollten. Verwirrt blicke ich ihn an, da Köln nicht ansatzweise auf seinem Heimweg liegt, da er ja ebenfalls in Bonn wohnt. „Ist das nicht ein mega Umweg für dich? Umweltsünder!" „Sieh es als Entschuldigung dafür, dass ich heute zu spät gekommen", bietet er mir an und setzt dabei einen so treudoofen Blick auf, dass ich nicht anders kann als ihm zuzustimmen.
Wir verabschieden uns von meiner Mutter und verlassen das Haus. Da ich nicht weiß, wo er geparkt hat bleibe ich vor dem Gartentor stehen und sehe ihn abwartend an. „Ist irgendwas?", fragt er mich verwirrt. „Du musst mir schon sagen, wo du geparkt hast. Gedankenlesen hab ich noch nicht gelernt.", weise ich ihn auf mein Problem hin. Er biegt nach rechts ab und ich folge ihm.
„Würdest du denn gerne Gedanken lesen können?", stellt Tim die Frage. „Darüber habe ich mir jetzt noch nie so wirklich Gedanken gemacht. Es wäre sicherlich in mancher Situation hilfreich, aber es gibt auch viele Dinge, bei denen es ganz gut ist, dass sie nur in dem eigenen Kopf sind." „Zum Beispiel, dass du mich unglaublich attraktiv findest?", gibt er selbstverliebt von sich. Genervt rolle ich mit den Augen. Ich hatte es nicht vermisst. „Wie oft willst du eigentlich noch auf dem Fakt rumreiten, dass ich dich vielleicht am Anfang ein oder zwei mal angestarrt habe?", frage ich zurück. „Solange bis du es nicht mehr machst." „Ich starre dich schon lange nicht mehr an!", beschwere ich mich, wohlwissend, dass es ganz eventuell nicht umbedingt stimmt. „Da liegt aber auch nur daran, dass ich keine enganliegende Klamotten trage. Ich wette mit dir, dass wenn ich mir jetzt den Hoodie ausziehen würde, dass du starren würdest." „Ja wahrscheinlich würde ich das sogar, aber weil es einfach nicht normal ist bei 5 Grad oberkörperfrei durch ein Bonner Wohnungsviertel zu laufen!" Mir ist bewusst, dass ich ihn durchaus auch aus anderen Gründen ausgiebig betrachten würde, aber es ist doch jetzt wirklich kein Drama, dass er ein ansehnlicher Mann ist. „Ja selbst die alten Damen würden dann nicht mehr vom Fenster wegkommen..." „Gott...", stöhne ich genervt auf. „Du kannst mich auch Tim nennen!", bringt er den schlechtesten Witz der Welt.
„Deine Arroganz stinkt echt drei Meilen gegen den Wind", verlaute ich. „So schlimm kann es ja nicht sein, wenn du freiwillig Zeit mit mir verbringst", verteidigt er. „Über das Wort ‚Freiwillig' lässt sich in dem Zusammenhang streiten." Kurz wird es unangenehm still, dann fragt Tim ernst: „Also würdest du lieber mit jemand anderem zusammenarbeiten?" Ich habe das Gefühl, dass Angst in seiner Aussage mitschwingt. Als ob es vor irgendeiner Relevanz wäre, ob ich ihn sympathisch finde oder nicht. Zusammenarbeit müssen wir doch sowieso. Dass ich ihn gerne habe, ist dann ja bloß von Vorteil. „Noch haben wir ja nicht wirklich zusammengearbeitet, deswegen will ich mir darüber noch keine Meinung bilden." Er erwidert nichts und ich ergänze: „Außerdem weiß ich ja überhaupt nicht, wie es mit jemand anderem wäre, wie soll ich das also vergleichen?" Er antwortet wieder nicht und stillschweigend steigen wir ins Auto ein.
Tim macht das Radio an, wodurch die seltsame Stille wenigstens durch dieses Geräusch gefüllt ist. Eigentlich ist es mittlerweile normal für mich, dass Tim manchmal solche relativ plötzlichen Aussetzer hat, aber diesmal fühle ich mich irgendwie mitschuldig an dieser Situation, dabei weiß ich nicht mal, was ich gemacht haben könnte, dass er schweigt. Ich habe einfach nur seine Frage möglichst professionell beantwortet. Ja vielleicht mag ich ihn auch als Freund, aber das hatte zum einen nichts mit der Frage zu tun und selbst wenn würde ich es ihm ganz sicher nicht unter die Nase reiben. Wenn er weiß, dass ich ihn neben attraktiv auch sympathisch finde, spinnt sein selbstverliebtes Ich sich nachher noch zusammen, dass ich was von ihm wollen würde und er nervt mich ja schon so durchgehend.
„Willst du noch mit hoch kommen?", schlage ich ihm vor, als er in der Straße meiner Wohnung parkt. Die Stimmung hat sich während der Fahrt nicht verbessert und vielleicht würde ein klärendes Gespräch ja wirklich mal Wunder wirken. Er ignoriert mich knallhart, was mich dezent aggressiv macht. „Willst du mir noch antworten oder weiter ein bockiges Kleinkind sein?" „Fühl dich nicht gezwungen mit mir Zeit zu verbringen!", zickt mich Tim plötzlich an. Was ist denn in den gefahren? Ich dachte, wir verstehen uns gut? „Ich fühle mich nicht gezwungen! Ich würde mich ehrlich freuen, wenn du bleibst", berichtige ich ihn. Er nuschelt irgendwas unverständliches vor sich hin, bevor er sich abschnallt und die Tür öffnet. „Also kommst du mit hoch?", gehe ich nochmal sicher, da ich aus ihm gerade wirklich nicht schlau werde. „Wenn die Einladung noch steht: Ja" „Okay. Gut.", festige ich den Beschluss und mache mich daran die Haustüre zu öffnen.
Wir stehen noch im Treppenhaus vor meiner Wohnung, als Tim die Stille bricht. „Tut mir leid, dass ich so abweisend war." „Schon gut", antworte ich ihm und ergänze zu mir selbst: „ist ja nichts neues mehr." „Was?" „Nichts", winke ich ihn ab. Ich überlege, ob ich die Sache wiedermal einfach vergesse oder mal ansprechen soll. Wenn er nicht darüber reden möchte kann er es ja dann sagen.
„Warum bist du manchmal so?", frage ich gerade raus. „Meinst du das abweisende?" „Jep, du redest von einer Sekunde auf die andere einfach kein Wort mehr mit mir." Er scheint mit sich zu hadern. Immer wieder macht er den Mund auf, aber sagt dann doch nichts. Erst als er sich auf meinem Sofa niedergelassen hat, spricht er: „Es ist komplizierter. Ich werde versuchen, dass es nicht mehr vorkommt."
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Jetzt werden neben den Kapiteln auch noch die einzelnen Überschriften immer länger... 😂
Wie findet ihr eigentlich diese Art der Kapitelnamen? Ich hatte bei der anderen Geschichte ja immer nur das Datum und die Perspektive und nicht so was eher kreatives.
Schönen Samstag Abend euch noch!
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