7 - Es donnert

In den nächsten Tagen hörte ich nichts von Eren, noch sah ich ihn. Auch seine Mutter hatte ich längere Zeit nicht mehr gesehen und von dem Vater wollte ich gar nicht erst reden.
Es kam mir so vor, als wäre er urplötzlich verschwunden, gar als hätte er nie existiert.
Keiner aus der Nachbarschaft hatte ihn mehr gesehen.
Was muss der Familie zugestoßen sein, weshalb sie sich so von uns distanziert haben?

Naja, bei Eren lag es mit an mir, denn schließlich hatte ich ihm ohne zu zögern einen Korb gegeben.
Es tat mir leid, mehr als das.
Ich hätte eher für ihn da sein sollen, als ihn so direkt zu verletzen, aber Eren wollte auch nie mit mir reden.

Wie ein Vogel verschanzte er sich in seinem Käfig und kam nicht raus, egal wie schön manche Tage auch waren.
Nicht mal zur Schule kam er mehr und auch seine Klassenkameraden wussten nichts über seinen Zustand.
Für die war Eren eh nur ein hässlicher Freak, aber für mich nicht.
Eren war von klein auf wunderschön und das innerlich. Was kümmerte mich sein äußeres?
Wobei er in der letzten Zeit halt wirklich nicht gut aussah.
Abgemagert, blass und total ungepflegt.
Wenn ich mich an den Tag erinnere, wo ich die Jägers kennengelernt habe, dann passte so ein Aussehen gar nicht zu ihnen, vor allem nicht zu Eren. Er war ein Einzelkind und daher ging Carla immer besonders gut mit ihm um.
Aber der Frau ging es im Moment ja auch nicht gut.

Der Grund war nach wie vor unbekannt.

Seufzend lief ich nach Hause und las dabei ein Buch.
Ich konnte mich nicht mal aufs Lesen konzentrieren, weil ich nur noch Eren sehen wollte. Aber keiner der Familie Jäger verließ mehr das Haus.
Da konnte mich auch Sherlock Holmes nicht ablenken und das obwohl ich seine Geschichten so gerne las.
Zuhause angekommen blieb ich vor dem Haus der Jägers stehen.
Im Vorgarten fing das Unkraut an zu wachsen und die viele Zeitung brachte den Briefkasten fast zum explodieren.
Kurz spielte ich mit dem Gedanken bei den Jägers zu klingeln, doch die Überzeugung, dass Eren mich weder sehen noch sprechen wollte, brachte mich dazu es sein zu lassen.

Somit betrat ich unser Haus und legte meinen Schlüssel in die Schale, um anschließend in die Küche zu gehen.
Dort wusch ich mir erst die Hände und kümmerte mich dann um das Mittagessen.
Heute war ich dran, weil meine Mutter lange arbeiten war und deswegen setzte sich bei mir der Gedanke fest, ihr lieblings Essen zu kochen.

Also legte ich mir die Schürze um und fing an die Zutaten für das Ratatouille zu schnibbeln.
Ich wollte wie die Köche im Fernsehen, professionell, schnell aber auch konzentriert sein.
Summend stand ich also da am Tresen vor dem Fenster und blickte kurz nach draußen. Das Auto meiner Mutter stand schon da, aber sie war noch nicht hier, was ich doch etwas seltsam fand.

Doch ich wollte mir da nicht allzu viele Gedanken machen und stellte das Essen fertig.
Anschließend wurde der Tisch gedeckt und ich sah auf die Uhr.
Inzwischen war viel Zeit vergangen und meine Mutter war immernoch nicht da.
In mir kam das Bedürfnis auf, sie anzurufen, doch da ging die Tür auf und meine Mutter betrat schweigend das Haus.
Draußen zogen sich die Wolken zusammen und machten uns deutlich, dass es heute noch ein heftiges Gewitter geben sollte.

,,Da bist du ja."sagte ich und ging zu ihr.
Schweigend zog sie sich die Schuhe aus und betrat das Wohnzimmer.
,,Dein Auto stand da schon eine Weile. Was hast du denn gemacht?"
Ich bekam zunächst keine Antwort von meiner Mutter, was bei mir für Verwirrung sorgte.
Noch nie hatte ich sie so erlebt.
Wie sie schweigend auf den gedeckten Tisch blickte und die Jacke langsam von ihren Schultern gleiten ließ.
Ein kräftiger Seufzer verließ ihren Mund und so legte sie die Jacke beiseite und sah mich an.

,,Levi...komm setz dich bitte..."

In mir baute sich ein unwohles Gefühl auf. Meine Mutter so zu erleben war eine Seltenheit. Normalerweise war sie immer fröhlich und gut drauf, aber heute war sie ruhig und wirkte so traurig.
Ich setzte mich auf einen der vier Stühle und sah meine Mutter an, welche direkt vor mir Platz nahm.
Sie schien erst gar nicht zu wissen, wie sie anfangen sollte, aber dann sah sie mir direkt in die Augen.

,,Levi...die Familie Jäger.....sie sind weg..."sagte sie nur.
Das war das erste mal, dass ich etwas nicht verstanden habe und ich mir daher wie ein Idiot vorkam.
,,Was...meinst du damit?"fragte ich leise.

,,Der Vater...Herr Jäger hat seine Frau verlassen...und ist zu seiner ersten Frau zurückgekehrt...Daher war Frau Jäger so ruhig. Und Eren...musste das alles mit ertragen inklusive das Mobbing an der Schule. Zum wohle ihres Kindes ist sie mit Eren weggezogen...Keiner weiß wohin..."
In mir brach eine Welt zusammen. Ich könnte deutlich den Zusammenbruch meiner Welt hören und ließ es einfach geschehen.
Mein kleiner Eren war weg - für immer! Und mit dieser Tatsache sollte ich von nun an leben?

,,Aber warum ist er denn nicht zu mir gekommen?! Ich war doch immer für ihn-"
Ich stockte.
Nein, ich war nicht immer für Eren da. In dem Moment wo ich Farlan hatte, ließ ich Eren unbewusst im Stich und hatte seine Hilferufe somit anscheinend überhört.
Eren wollte zu mir kommen, aber ich wies ihn immer wieder ab. Nachdem er sich auch noch in mich verliebt hatte, muss es ihm um so schwerer gefallen sein, mit mir zu reden. Er schwieg und ertrug die Qual, der er nicht entkommen konnte.

Wusste er etwa, dass sie wegziehen würden und hatte mir deshalb noch seine Liebe zu mir gestanden?
Ich fühlte mich schlecht, schuldig und trotzdem auch verlassen.
Ich wollte mir immer ein Leben mit Eren an meiner Seite vorstellen.
Das einst kleine Baby sollte mich begleiten und nun hatte er mich als junger Teenager verlassen.
Wir beide trugen Schmerzen mit uns, nur waren sie jeweils anders und bei Eren deutlich schlimmer.

Als der Donner fiel, fielen auch meine Tränen...

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