6 - Korb
,,Eren redet nicht mehr mit dir?"
Verwundert sah mich meine Mutter an, während ich ihr dabei half den Tisch fürs Abendessen zu decken.
Seit dem Vorfall nach dem Kino ist eine Woche vergangen und Eren redete inzwischen gar nicht mehr mit mir. Das zu wissen beschäftigte mich sehr und machte mich hinzu auch noch sehr traurig.
,,Morgens wenn er aus dem Haus kommt, sieht er mich nicht an und auch in der Schule läuft er komplette Umwege, nur um mir nicht über den Weg zu laufen."
Seufzend stellte ich die Teller auf den Tisch und holte dann die Gläser aus dem Schrank.
,,Hmm...Seine Mutter ist auch ruhiger geworden. Sie grüßt mich morgens zwar noch, aber nur so abwesend."
Meine Mutter und ich sahen uns kurz an, ehe wir uns dann an den Tisch setzten. Es gab Reis mit Hähnchen zum Abend. Was das würzen von Fleisch anging, da konnte mir keiner das Wasser reichen. Zumindest nicht in diesem Umfeld, denn hier war ich der beste Koch.
,,Vielleicht solltest du Eren erstmal in Ruhe lassen. Wenn er mit dir reden möchte, wird er schon zu dir kommen."-,,Mhh...hast recht."
Dann fingen wir an zu essen. Wenn meine Mutter und ich gemeinsam gegessen haben, verlief dies meist eher ruhig.
Nur das benutzen des Geschirrs war zu hören, denn meist gab es nichts großes, worüber man reden konnte. Zumal meine Gedanken bislang eh nur bei Eren waren.
Nach dem Abendessen half ich beim aufräumen und ging dann in mein Zimmer, um anschließend noch zu lernen.
Ich war bislang immer der beste meiner Klasse und dabei sollte es bleiben. Niemand durfte mir den guten Ruf stehen, dafür war ich viel zu Ehrgeizig.
Als ich fertig war packte ich meine Tasche für morgen. Kurz fiel mein Blick aus dem Fenster zum Haus der Jägers. Dort brannte kein einziges Licht, was mich doch sehr wunderte. Es war noch nicht mal 21 Uhr und doch war kein einziges Licht an. Ging die Familie wirklich so früh schlafen?
Ich machte mir wirklich sorgen um Eren. Kurz schaute ich zu meinem Handy und nahm es dann in die Hand, um den kleinen Fussel zu schreiben.
Ich hatte seine Nummer für alle Fälle, denn schließlich war ich seit er ein Baby war mit für ihn verantwortlich. Zumindest fühlte es sich so für mich an.
- Eren?
- Falls du noch wach bist, dann antworte mir bitte. Ist alles in Ordnung? Ich mache mir sorgen.
Ich schickte die Nachricht ab und ging dann anschließend ins Bad. Dort putzte ich mir die Zähne und wusch mir noch das Gesicht. Beim Blick in den Spiegel fiel mir auf, dass meine Haare wieder etwas gewachsen waren. Mein Undercut war schon fast gar nicht mehr zu sehen. Mir standen lange Haare definitiv nicht, daher trug ich sie gerne kurz. Ich schnappte mir daher die Schere und kürzte meine Haare wieder auf eine angemessene Länge. Zufrieden blickte ich erneut in den Spiegel und spülte dann die Haare im Waschbecken weg.
Als ich wieder in meinem Zimmer war blickte ich aufs Handy und sah, dass Eren meine Nachrichten zwar gelesen, aber nicht geantwortet hatte. Nun hatte ich die Bestätigung, dass etwas nicht in Ordnung war. Zu wissen, dass es Eren nicht gut ging machte mich wahnsinnig. Daher schnappte ich mir meine Jacke und lief die Treppen nach unten, um mir dort die Schuhe anzuziehen.
,,Wo möchtest du denn jetzt noch hin?"fragte mich meine Mutter verwirrt.
,,Zu den Jägers. Eren geht es nicht gut."-,,Hat er dir das gesagt?"
,,Nein, aber ich kann es spüren."
Ich gab meiner Mutter einen Kuss auf die Wange und ging dann zu den Nachbarn rüber. Tatsächlich waren die Jägers die einzige Familie, mit denen ich mich groß beschäftigt hatte. Ich hasste Nachbarn. Die waren entweder ZU freundlich oder ZU scheiße. Eins von beidem traf es immer. Aber die Familie Jäger war lieb, manchmal auch etwas anstrengend - aber lieb.
Halt ein bisschen von beidem und daher im perfekten Gleichgewicht.
An der Tür klingelte ich und keine Minute später öffnete mir jemand due Tür. Zuerst hatte ich Hoffnung, dass es Eren sei, aber es war Frau Jäger.
Ihr Anblick ließ mich erschrecken. Sie sah sehr müde aus, so als hätte sie tagelang nicht geschlafen und sie hatte auch etwas abgenommen. In ihren Augen lag kein Glanz mehr, sondern nur endlose leere.
(SPHÄREN ENTFALTUNG! Okay, sorry.)
,,Levi...was gibt es?"fragte sie. Ihre Stimme klang emotionslos. Keine Freude, keine Verwunderung, nichts.
,,Entschuldigen Sie die späte Störung. Aber ich muss dringend mit Eren reden."-,,Er schläft schon..."
Das war eine Lüge, denn er hatte meine Nachricht von vor wenigen Minuten noch gelesen. Wollte er mich etwa nicht sehen? Was war denn nur plötzliche mit der Familie los?
,,Tut mir leid Levi, aber ich würde jetzt auch gerne ins Bett gehen wollen. Auf Wiedersehen."
Ich wollte noch gerade was sagen, doch da fiel die Tür ins Schloss. Besorgt stand ich da noch eine Weile vor der Tür und spielte mit dem Gedanken so lange zu klingeln, bis Eren aufmachen und mit mir reden würde. Aber das alles war zwecklos, denn da machte niemand mehr die Tür auf.
Seufzend betrat ich wieder mein Haus und ging dann anschließend schlafen.
In den nächsten Tagen geschah nichts Besonderes. Eren ging mir weiter aus dem Weg und Farlan war öfters zu Besuch bei uns. Meine Mutter mochte ihn nicht sonderlich. Sie hatte seine Oberflächlichkeit schnell erkannt und meinte auch, dass er sehr von sich überzeugt sei. Sowas mochte sie einfach nicht. Und ja, Farlan war sehr...stolz auf sich selbst? Um es freundlich auszudrücken.
Er spielte bei der Fußball Mannschaft unserer Schule und war der beste im Team. Typisch wie in Filmen. Jedenfall trug er die Nase daher immer so hoch, weshalb es rein regnen konnte.
,,Also gut, liest bitte die nächsten zwei Kapitel bis morgen."
Unser Lehrer hatte gerade den Unterricht beendet und so packten viele den Rest ihrer Sachen ein und flitzten aus dem Raum. Das waren die Schüler die immer gefühlt eine halbe Stunde vor Schluss das meiste eingepackt haben, nur um dann schneller fliehen zu können. Einige mussten aber auch immer schnell zum Bus, da konnte ich es zum Teil nachvollziehen.
,,Du brauchst mal wieder so lange."meckerte mein Freund neben mir.
,,Wenn dir das warten nicht passt, dann geh doch schon mal nach draußen."konterte ich frech.
Farlan kicherte nur, gab mir einen Kuss auf die Wange und machte sich dann auf dem weg nach draußen. Der Lehrer war schon weg und so war nur noch ich in Klassenzimmer. Die Tafel wurde nicht gewischt und gefegt wurde auch nicht. Das war das typische an meiner Klasse, doch die wussten auch, dass ich einen Sauberkeitstick hatte. Daher ließen sie mich immer die Arbeit machen. So putze ich also das Klassenzimmer und freute mich schon auf den restlichen Nachmittag. Lernen und dann lesen.
,,H-Hallo Levi..."
Mit großen Augen hörte ich auf und blickte zum Türrahmen, wo ein gewisser Nachbar von mir stand. Eren.
Er stand da und hatte ganz rote Wangen. Zuerst dachte ich er hätte geweint, aber das war nicht so.
,,Hey Eren."gab ich nur zurück.
Der kleine Braunschopf betrat das Zimmer und schloss daraufhin die Tür hinter sich. Innerlich stellte ich mir die Frage, ob er nun endlich mit mir reden wollte. Der Moment war vielleicht nicht perfekt, aber besser als gar nicht miteinander zu reden.
,,I-ich muss dir was sagen..."fing er an und blickte dabei zu Boden.
,,Schieß los."sagte ich.
Nervös spielte der Fussel mit seinen Fingern und wusste erst gar nicht wie er anfangen sollte.
Auch wenn seine Wangen rot waren, so sah er doch nicht gut aus. Sein Gesicht war blass, so wie die Kreide für unsere Tafel. Seine Haare zerzaust und seine Schuluniform zerknittert. Dabei achtete Frau Jäger immer darauf wie Eren's Kleidung aussah.
Seit wann lies die Familie sich so gehen?
,,I-ich...ich liebe dich, Levi!"platzte es plötzlich aus ihm heraus. Wir waren zwar alleine in dem Raum, aber dennoch kam kurz die Befürchtung in mir auf, dass jemand Eren gehört haben könnte.
Ich sah meinen Nachbarn eine Weile einfach nur an, verstand erst gar nicht was er meinte, sondern hielt seine Aussage für völlig natürlich.
,,Das weiß ich doch Eren. Das hast du mir schon öfters gesagt und ich hab dich auch lie-"-,,Nein, du verstehst das nicht. Ich habe mich richtig in dich verliebt!"
Nun war es ganz still im Raum, sowie auch im Flur. Die ganze Schule wirkte plötzlich so ruhig, aber das war es nicht. Ich blendete die Geräusche um mich herum aus und konzentrierte mich nur auf Eren's Aussage.
Er liebte mich. Eren Jäger - mein kleiner Fussel - hatte sich in mich verliebt und mir war sofort klar, dass ich ihm das Herz brechen musste.
,,Eren...ich liebe dich aber nicht..."
In seinen Augen sah ich, wie für ihn eine Welt zusammenbrach. Der restliche Glanz in seinen Augen verschwand und so lächelte er nur noch traurig, was die ganze Situation für mich nur schwerer machte.
,,Ah...stimmt...wie kann man mich denn auch lieben...?"-,,Nein Eren du verstehst nicht, dass-"
Doch Eren unterbrach mich, indem er einfach schweigend den Raum verließ. Erst mit langsamen Schritten, doch im Flur hörte ich, wie er anfing zu rennen.
Ich blickte ihm kurz darauf hinterher und sah nur noch einzelne Tropfen auf dem Boden.
Eren muss furchtbar unglücklich gewesen sein und ich hatte meinen Teil dazu beigetragen.
In dem Moment wollte ich mir selbst eine scheuern, denn das war der Zeitpunkt wo ich anders hätte reagieren sollen.
Dann hätte das alles was folgt nicht passieren müssen...
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