In der Schwebe


Nachdem sich das Bild von Marlena und Svenaja auf der Oberfläche des Spiegels aufgelöst hatte öffnet Eragon seinen Geist Saphira und blickte kurz zu seiner Gefährtin.
Aryas Blick war gedankenverloren und wanderte ins Leere. Der Anführer des Ordens vermutete, dass auch sie gerade Rücksprache mit ihrem Seelenpartner suchte.
- "Was denkst du meine Schöne" - erkundigte sich Eragon als er die Gegenwart von Saphiras Geist in seinem eigenen wahrnahm.
Die blaue Drachendame ließ sich Zeit. Eragon konnte spüren, dass auch sie über das eben gehörte noch nachdachte.
- "Ich bin mir nicht sicher." - brummte sie schließlich und die Reiter konnte deutlich spüren, dass auch sie mit dieser Antwort nicht wirklich glücklich war. - "Ich hasse solche Momente." -
- "Ich weiß was du meinst." -
- "So, das weißt du also Kleiner." - neckte Saphira. - "Dann sag mir doch welche Momente ich meine." -
Eragon lächelte in sich hinein und begann zu erklären:
- "Die Art von Momenten, in denen alles in der Schwebe ist. Die Augenblicke die einem dieses Gefühl vermitteln, dass man zum Beispiel bei einem im Unterholz hat oder wenn man zum Horizont blickt und sich dort die Wolken auftürmen. Man weiß, es ist etwas da aber man weiß nicht ob es gefährlich ist. Entlädt sich der Sturm über einem oder zieht er vorbei. So ist es im Augenblick. Wir haben genug Fakten um zu wissen, dass es eine gewisse Bedrohung gibt aber man kann noch nicht einschätzen welches Ausmaß sie hat." -
- "Da hast du recht Eragon. Es hängt wohl alles davon ab wie viel Wahrheit in diesem Mythos um Marantera steckt. Wenn es, wie die Elfen glauben, lediglich ein Aberglaube ist, dann wird der Orden wohl nicht viel zu tun bekommen. Wir sollten lediglich die Zwerge dahingehend beeinflussen, dass sie diese dunkle Sekte um Marantera nicht mehr ignorieren sondern gegen sie vorgehen. Wenn man bedenkt, dass ein Gefangener der unter der persönlichen Aufsicht von Orik stand einem Attentat zum Opfer fallen konnte denke ich haben die Knurlan diese Notwendigkeit bereits erkannt."-
- "Das denke ich auch." - stimmte der Anführer der Reiter seiner Seelengefährtin zu. - "In erster Linie wäre es dann einem internen Angelegenheit der Zwerge die den Orden nur bedingt etwas angeht. Ich hätte dann auch volles Vertrauen in Orik die Sache selbst zu regeln. Vielleicht könnten die Priester irgend einer Sonderregelung zustimmen, dass sich Zwerge die Informationen über die dunkle Sekte besitzen an Geistliche wenden können ohne zu befürchten eine nicht wiedergutzumachende Beleidigung auszusprechen wenn sie nur den Namen Marantera erwähnen. Aber wie gesagt, alles in allem ist das eine Angelegenheit die in erster Linie das Volk der Zwerge betrifft. Anders sieht es aber aus wenn tatsächlich etwas wahres an diesen Geschichten über Wesen die nicht sein dürfen ist. Ich denke aber dass wir in diesem Punkt abwarten müssen was Marlenas Nachforschungen auf Vroengard ergeben. Wir haben in dieser Angelegenheit einfach zu wenige Informationen um eine Entscheidung zu treffen." -
Auch wenn Saphira ihrem Reiter zu stimmte konnte Eragon deutlich spüren dass es gerade diese Untätigkeit war, welche die blaue Drachendame nicht leiden konnte. Eragon ging es ganz ähnlich.
Die beiden Seelengefährten beendeten ihren Austausch und der Anführer der Reiter blickte erneut zu Arya. Er stellte fest, dass auch sie die Rücksprache mit ihrem Drachen wohl beendet hatte und der Blick ihrer grünen Augen nun auf ihm ruhte.
"Was denkst du?"
"Im wesentlichen das wir abwarten müssen. Du glaubst wirklich, dass es sich bei diesen Wesen nicht um die Ra zac oder die Letherblaka handelt oder?"
"Ich wünschte es wäre so einfach mein Stern. Aber ein Gefühl sagt mir, dass es das nicht ist."
"Wesen die nicht sein dürfen....." murmelte Arya gedankenverloren. "Diese Formulierung läuft im Grunde allem zuwider woran mein Volk festhält. Unserer Meinung nach hat jedes Lebewesen einen Platz in der Welt. Jede Form von Leben ist Teil eines natürlichen Gleichgewichts."
"Da hast Du recht." stimmte Eragon seiner Gefährtin zu. "Ich denke das die Worte aufgrund der unterschiedlichen Weltanschauungen der Elfen und Zwerge vielleicht nur unglücklich gewählt sind."
"Wie meinst du das?" erkundigte sich Arya sachlich. "Ich gebe zu dass du die Knurlan in manchen Punkten besser verstehst als ich."
"Nun, ich denke, dass es zum einen vom Blickwinkel der Zwerge abhängt. Hrothgar sagte mir gegenüber einmal, dass sein Volk das Urgestein dieser Welt sei. Das deutet darauf hin dass die Zwerge ihr eigenes Volk gewissermaßen als Zentrum ihres persönlichen Universums begreifen. Dein Volk, mein Stern, hat ein etwas fließenderes Weltbild. Ich kann es nicht besser beschreiben aber es gibt meiner Meinung Nachbau euch kein so klar definiertes Zentrum wie bei den Zwergen."
"Deine Beschreibung ist durchaus zutreffend Eragon." räumte Arya ein. "In welchem Zusammenhang steht das mit diesem mysteriösen Volk das angeblich nicht sein darf."
"Uns ist aus der Naturforschung bekannt, dass wie du schon sagst jedes Lebewesen einen Platz in der natürlichen Ordnung hat. Genau das ist aber der springende Punkt! Gleichgewicht besteht nur solange das Entsprechendewesen an seinem Platz ist. Entfernt man eine Tierart von ihrem angestammten Platz und verpflanzt sie an einen anderen Ort kann das Ergebnis verheerend sein. Oder noch einfacher formuliert: auf einer Waage des Gleichgewicht nicht nur davon abhängig ob auf beiden Seiten dieselbe Masse vorhanden ist. Es kommt auch darauf an wie man das Gewicht platziert. Sonst erhält man ein ungenaues Ergebnis."
"Ich verstehe deine Gedanken." erwiderte Arya. "Da mein Volk ein, wie du sagst, fließendes Weltbild hat vier höchstens von einem Volk sprechen das am derzeitigen Ort wo es sich befindet deplatziert ist. Da die Zwerge sich aber ins Zentrum der Welt Rücken ist die Störung so massiv, dass sie ihre gesamte Weltanschauung ins Wanken bringt. Ein Zustand der nicht sein darf."
Eragon nickte.
"Das ist auch ein Grund warum ich nicht glaube, dass es sich um die Ra zac handelt. Sicherlich sind es abscheuliche Kreaturen aber sie besitzen nicht die Macht das Weltbild der Zwerge der artige aus den Fugen zu heben."
Arya nickte. "Nein, so stark sind diese Wesen wirklich nicht. Wir sollten Orik kontaktieren und ihm mitteilen, dass die Expedition nach Vroengard in den nächsten Tagen aufbrechen wird."
Dem stimmt Eragon zu. Er richtete seinen Blick wieder auf dem Spiegel und beschwor seine Magie. Augenblicklich wandelte sich das Bild und er erkannte Orik, der mit müden Gesichtsausdruck an seinem Schreibtisch saß. Es war nicht verwunderlich, dass er den Zwergenkönig direkt erreichte. Sie hatten ohnehin ein Gespräch den heutigen Abend vereinbart.
Leise räusperte sich der Anführer der Drachenreiter.
Orik Blicke von seinen Papieren auf und begann zu Lächeln.
"Ein Lichtblick für meine alten Augen." brummte er.
"Ich bedaure dass sich die derzeit eine so schwere Zeit beschere alter Freund."
"Eta Eragon. eta! Nicht du beschwerst mir diese schwere Zeit sondern dieser dunkle Kult. Wir haben dieses Problem viel zu lange ignoriert und totgeschwiegen. Mit Problemen ist es wie mit Pflanzen. Bewässert man sie mit Nichtachtung, fügtals Dünger noch etwas Schweigen hinzu und schon werden aus Leinenproblemen große Probleme. Aber lassen wir das. Wie sieht es mit eurer Expedition nach Vroengard aus?"
"Marlena und Svenaja werden am morgigen Tag des Palancartals erreichen. Ismira und Aryas Bruder Aylon werden noch etwa zwei oder drei Tage brauchen. In etwa einer Woche sollten wir mit ersten Ergebnissen rechnen können."
Orik nickte und blickte dann mit einem verschmitzten Funkeln in den Augen seinen Clanbruder an.
"Der stolze Vater hätte nichts dagegen wenn sich sein Töchterchen von dieser Insel fernhalten würde oder?"
Eragon musste leise lachen und er erkannte, dass auch Aryas Mundwinkel verdächtig zuckten.
"Du kennst mich zu gut. Aber Arya und ich wussten, dass sich solche Situation nicht vermeiden lassen würden als sie es Marlena gestattet haben an einer Reiterprüfung teilzunehmen. Wir haben sie außerdem gut ausgebildet. Sie kann auf sich aufpassen."
"Oeí, das kann sie. Trotzdem werde ich ein Gebet an die Göttin Kiff und an Helzvog richten und darum bitten, dass sie über eure Tochter wachen." Oriks Blick glitt zu Arya. "Auch wenn manche nicht an unsere Götter glauben, schaden kann es auf keinen Fall."
"Auch wenn "manche" nicht an eure Götter glauben wissen sie trotzdem die Geste zu schätzen." erwiderte die dunkelhaarige Elfe und entlockte den Zwergenkönig damit ein gütiges Lächeln.
"Nun ich weiß auf jeden Fall wie ihr euch fühlt. Meine Jüngste treibt sich damit eurem Reiter Burod herum. Ich wünschte auch sie würde sich da heraus halten aber wie die Dinge nun einmal liegen gehört sie zu den wenigen denen ich wirklich noch voll vertrauen kann."
"Ich nehme an es hat mit diesem Arbeitsvermittler zu tun, den er in Verdacht gehabt oder? Wie steht es eigentlich damit?"
Orik lehnte sich in seinem Stuhl zurück und holte tief Luft.
"Wir haben uns entschlossen in dieser Angelegenheit einen etwas anderen Weg zu gehen als bisher. Wenn wir diesen Arbeitsvermittler verhaften würden, dann würde dieser dunkle Kult vermutlich versuchen auch ihm zu beseitigen bevor er reden kann. Deshalb haben meine Tochter und Shurtugal Burod beschlossen etwas subtiler vorzugehen. Sie beschatten sein Kontur und den Arbeitsvermittler selbst. Sie glauben bereits erkannt zu haben, dass er einigen seiner Arbeiter geheime Botschaften mitgibt und so mit dem dunkle Kult kommuniziert. Unser erster Impuls war es natürlich eine dieser Botschaften abzufangen aber vermutlich wären sie verschlüsselt und würden uns recht wenig sagen. Wir üben uns deshalb in Geduld. Ein Fischer zieht sein Netz nicht ein nur weil sich ein einzelner Fisch hinein verirrt hat. Er wartet bis das Netz gut gefüllt ist und dann zieht er ist zu. Wie jede Glaubensgemeinschaft muss auch dieser dunkle Kult um Marantera früher oder später einmal Versammlungen abhalten in denen die Mitglieder zusammenkommen. Das ist wichtig für die Einheit der Glaubensgemeinschaft. Ebenso wichtig sind Rituale oder Zeremonien."
Eragon schmunzelte. Der Jäger in ihm, der einmal durch den Buckel gestreift war, verstand worauf Orik hinaus wollte.
"Du willst warten bis ihr eine große Anzahl an Mitgliedern dieser Glaubensgemeinschaft festnehmen könnt."
"Oeí Clanbruder. Genau so ist es." bestätigte Orik. "Wenn es uns gelingt eine große Anzahl von Mitgliedern zu verhaften, fügen wir der ganzen Gemeinschaft damit einen schweren Schlag zu."
"Auch wenn mein Volk nicht der Jagd frönt erscheint mir das logisch." kommentierte Arya das Gehörte."Ein einzelnes Mitglied in seiner Zelle zu ermorden ist möglich und fällt nicht weiter auf. Doch eine größere Gruppe verschwinden zu lassen ist ein schwieriges Unterfangen das sich nicht ohne weiteres bewerkstelligen lässt."
"In der Tat." fügte Eragon noch hinzu. "Außerdem wird auch dieser dunkle Kult die Risiken abwägen. Je mehr Ressourcen sie einsetzen müssen um ihr Ziel zu erreichen desto mehr Hinweise geben sie ihren Verfolgern."
"Ich sehe wir haben uns verstanden." schmunzelte Orik.
"Dann bleibt uns wohl nur euch eine gute Jagd zu wünschen Grinstnzborith Orik." sagte Eragon und musste schmunzeln als Orik die Augen ob der Benutzung seines offiziellen Titel verdrehte.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top