Auf der Jagdt
Burod brummte ungehalten als er versuchte die Röhren aus festem Leder sicher am Sattel seines Drachen zu befestigen. Beoram hatte sich bereit erklärt seinen Reiter vor den Toren Tronjheim abzuholen und zum Drachenhort zu tragen.
Die ärgerliche sperrigen Röhren wie der Zwerg mit sich führte verzögerten das aufsitzen erheblich.
- "Was ist das eigentlich alles was du da mit dir trägst?" - erkundigte sich der braune Drache indes amüsiert.
- "Listen!" - gab Burod gereitzt zurück.
- "Ach wirklich? Ich dachte du versuchst mir gerade einen Feldunhorst auf den Rücken zu binden. Nun ja, das ist einverständliche Irrtum von meiner Seite. Ich bin ja nur ein dummer Drache." -
Burod hielt einen Moment inne und ließ zu, dass das Schamgefühl was er nun emfand seine Wut abkühlte.
- "Entschuldige Delva. Es war nicht richtig dich so anzufahren." -
- "Sehr richtig!" - legte Beoram klar fest. In einem etwas versöhnlicheren Tonfall fügte er allerdings hinzu. - "Ich hätte aber vielleicht auch nicht so schnippischen reagieren müssen. Es ist mir einfach zu wieder, dass du dich den ganzen Tag in diesem riesigen Maulwurfshügel herumtreibst ohne dass ich dir wirklich helfen kann. Zugegeben, die meisten Gänge habt ihr so großzügig angelegt, dass auch ein Drache durchpasst aber du hast mich ja schließlich darum gebeten im Drachenhort zu bleiben." -
- "Du regst eben Aufmerksamkeit wie jeder Sohn des Himmels und des Feuers." - erklärte Burod sein Ansinnen und endlich war es ihm auch gelungen die Aufbewahrungsbehälter der Listen die er mit sich trug sicher zu verstauen.
Als er dies Beoram mitteilte schließlich der braune Drache vom Boden ab und kreiste durch den riesigen Vulkankrater. Langsam strebte er dem Drachenhort zu.
- "Also, was sind das für wichtige Listen?" - nahm der Drache schließlich die Unterhaltung wieder auf.
- "Listen des Küchenpersonals." - seufzte Burod.
Der Zwerg war zu dem Schluss gekommen, dass die einzige Möglichkeit den Mörder des Gefangenen den er gemacht hatte aufzuspüren darin bestand, sich einen Überblick über das Personal zu verschaffen, dass das Essen zubereitete. Unglücklicherweise war die Liste der möglichen Verdächtigen sehr lang. Zum einen waren die Küchen im Tronjheim riesig. Eine Achilles Verse der mächtigen Zwergenhauptstadt war, dass sie Nahrung nicht im Krater anbauen konnten sondern aus anderen Teilen des Beorgebirges herbeischaffen mussten. Um die Verteilung der Nahrung und die Versorgung der Einwohner zu erleichtern wurde ein Großteil des Essens in riesigen Sammelküchen zubereitet und in großen, gemeinsamen Speisesälen ausgegeben. Nur die wenigsten Bewohner der Stadt kochten selbst oder nahmen das Essen in ihren Behausungen ein. Die Zwerge waren ein geselliges Volk und gemeinsamer Mahlzeiten wurden regelrecht zelebriert.
Dementsprechend groß waren allerdings auch die Küchen in denen das Essen zubereitet wurde und es wurde einiges an Personal benötigt.
Ein weiterer Umstand ließ die Listen der Angestellten noch weiter in die Länge wachsen:
nur ein Teil des Personals bestand aus fest angestellten Zwergen. Ein anderer Teil wechselte ständig. Zwerge, die auf der Suche nach Arbeitswaren konnten sich in so genannten Zuteilungsstellen in Tronjheim melden und bekamen dann Tätigkeiten zugewiesen, die meist kein gesondertes Fachwissen benötigten. Einfache Reinigungsarbeiten oder Hilfsdienste in den Küchen waren nichts ungewöhnliches.
Burod teilte seine Probleme mit Beoram und der Drache schnaubte nur frustriert.
- "Das hat man davon wenn man versucht eine Beute mithilfe des geschriebenen Wortes in die Enge zu treiben." -
Burod lachte in sich hinein und erinnerte sich wie er die Berge durchstreift hatte auf der Jagd mit den Kameraden seines Clans. Der würzige Geruch des Waldes im kalten Morgennebel, die Spuren des Wildes, die Aufregung des Jägers wenn man sich seiner Beute näherte! Der Zwerg genoss die Erinnerungen in vollen Zügen. Das hieß für ihn Jagen! Nicht sich durch Listen wühlen!
Durch die geistige Verbindung zu seinem Drachen spürte er, dass Beoram sich seiner Meinung vollständig anschloss. Geradezu wehmütig betrachtete der braune Drache die Erinnerungen seines Reiters an eine besonders erfolgreiche Jagd im Gebirge.
- "Der gefällt es hier nicht besonders oder?" - erkundigte sich Burod.
- "Ich will die Stadt deines Volkes nicht beleidigen. Es ist eine großartige Schöpfung auf die du sehr stolz sein kannst. Wir Drachen haben eigentlich nichts für Gebäude oder Denkmäler übrig aber ich habe sie zu schätzen gelernt. Schließlich haben wir ja selbst einige solcher Werke in der Ostmark geschaffen. Das ist eben was ich aus unserer Bindung gewonnen habe. Einverständnis für den Wunsch etwas zu erschaffen und den stolz den man empfindet wenn es gelingt." -
- "Mit deiner Hilfe habe ich im Osten wirklich Dinge aus dem Stein gehauen, für das sonst eine Armee von Künstlern nötig gewesen wäre. Wir haben wirklich etwas erschaffen Delva. Aber wir sind vom Thema abgekommen. Du scheinst mir auch etwas bedrückt zu sein. Wie hast Du gesagt? Dass du auch recht schnippischen gewesen bist? Das mag ja richtig sein aber auch wenn du anders als dein Volk Kunstwerke zu schätzen weißt, wenn es um Entschuldigungen geht bist Du genau so zurückhaltend wie jeder andere Sculblaka! Nicht nur hast Du dich entschuldigt, sondern du schienst auch etwas gereizt zu sein. Also, was bedrückt dich?" -
Beoram schnaubte etwas verlegen. Inzwischen hatte der braune Drache längst die Höhe des Drachenhortes erreicht der Tronjheim krönte, doch er verharrte und kreiste noch etwas um die Stadt.
- "Es gefällt mir nicht, dass ich dir bei diesem Auftrag so wenig helfen kann. Ich verstehe ja, dass du mich hier nicht überall hin mitnehmen kannst und glaube mir, ich habe kein Interesse daran an den Ratssitzungen teilzunehmen wo die ältesten deines Volkes sich die Köpfe darüber heiß reden wie sie weiter verfahren sollen. Doch es sind Mörder in dieser Stadt unterwegs und alles was ich tun kann ist im Drachenhort zu liegen während du dich in dieses Schlangennest begibst! Muss ich wirklich erklären warum mir das nicht gefällt?" -
Burod verneinte dies stumm durch die geistige Verbindung. Auch ihm fehlte die Gegenwart seines Drachen. Auch hatte er das Gefühl sich schon zu lange an einem Ort aufzuhalten. Es verlangte den Zwerg nach einem kräftigen Wind der ihm ins Gesicht blies während er mit seinem Seelenbruder durch den Himmel pflügte.
Burod musste lächeln. So wie Beoram offenbar von ihm den Wunsch geerbt hatte etwas zu erschaffen, so hatte er wohl den Drang der Drachen nach Freiheit und Abenteuer aus der Verbindung zu verstehen gelernt.
- "Ich verstehe deine Frustration. Ich wünschte auch wir könnten das alles hier hinter uns lassen aber es geht hier um mein Volk. Diese letzten Todesfälle zeigen mehr deutlich, dass sich dieser dunkle glaube um Marantera wie eine Krankheit ausgebreitet hat. Es ist schädlich für mein Volk! Es ist einfach etwas Böses! Ich will den Ursprung dieses Geschwürs entdecken und es heraus reißen bevor es alles verdirbt, was ich an den Knurlan schätzte. Besonders dieser letzte Mord! So heintückisch und still! Das ist nicht ehrenwert und es ist nicht die Lebensart die Helzvog uns eingemeißelt hat als er uns aus dem heiligen Stein gehauen hat. Ein Zwerg greift seinen Gegner offen an! Unterliegt man in einem Kampf indem man sich mit den Fähigkeiten seines Gegners gemessen hat so ist es ein ehrenvoller Tod und in unseren heiligen Schriften heißt es, dass man selbst seinem schlimmsten Feind einen ehrenvollen Tod schuldet!" -
Beoram brummte zustimmend.
- "Dann sehen wir uns diese Listen mal an damit wir diesen feigen Mördern geben können was wir Ihnen schulden." -
Mit diesen Worten drehte Beoram ab und bereitete sich auf die Landung im Drachenhort vor.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top