36. Selena


Vorsichtig zog Alonvy, nachdem sie gemeinsam mit Anarie aufgesetzt hatte ihre Flügel an den Körper. Marlena Verstandes durchaus, dass ihrer Drachendame Vorsicht walten ließ. Zwar war die Richtung auf der die beiden Drachenreiterrinnen mit ihren Seelenschwestern gelandet waren Genug für die beiden Drachendame aber kräftige Dornenbüsche begrenzten die freie Fläche inmitten der Wälder des Buckels.
- "Seltsamer Ort für einen Drachenhort." - Sagte Alonvy skeptisch als Marlena in den Sattel vom Rücken nahm. Argwöhnisch beäugte junge Drachendame die Dornensträucher um sich herum und ließ eine schwarze Rauchwolken aus ihren Nüstern paffen.
Marlena schmunzelte in sich hinein. Es schien ihr als wollte ihrer Drachendame die Dornensträucher einschüchtern. Schließlich leitete sie aber die Frage die Alonvy aufgeworfen hatte an ihre Cousine Ismira weiter.
Die ältere Drachenreiterin kicherte und begann zu erklären:
"Es stimmt dieser Ort ist wirklich etwas merkwürdig gewählt aber er hat eine gewisse Bedeutung. Wir haben sich damals Onkel Eragon und sein Vater Brom versteckt bevor sie auszogen um die Ra zac zu jagen. Hier hat Brom auch den ersten Sattel von Meisterin Saphira hergestellt."
Der überraschte Laut, den Alonvy ausstieß spiegelte auch die Verwunderung von Marlena wieder. Natürlich hatte ihr Vater der jungen Reiterin von seinen Abenteuern erzählt und auch diese Lichtung war darin vorgekommen. Jetzt allerdings hier zu stehen machte die Vergangenheit auf die ihrer Eltern zurückblickten junge Halbling wesentlich greifbarer.
Ismira indes setzt ihre Erklärungen fort:
"Als Cale und ich uns am Eingang des Palancartals niedergelassen haben wollten wir auch in der Nähe von Carvahall und meinen Eltern einen geeigneten Landeplatz für unsere Drachen schaffen. Gleichzeitig sollte er aber auch ein wenig versteckt liegen. Carvahall ist inzwischen eine wirkliche Stadt. Die Zeiten in denen man es gerade noch so als Dorf bezeichnen konnte sind wirklich vorbei. Natürlich leben noch immer Bekannte oder Nachkommen von Bekannten meiner Familie in der Stadt aber ein guter Teil der Bevölkerung hat keine so direkte Verbindung mehr zu meinen Eltern oder meinem Onkel Eragon. Der Besuch von Drachenreitern wird damit zu etwas besonderem. Hier können Anarie und Tailon landen ohne von der Stadt ausgemacht zu werden. Wir müssen dann zwar, wie auch wir sie getan haben, einen kleinen Bogen fliegen um nicht in Sichtweite von Carvahall zu gelangen aber dann können unsere Drachen hier ungestört lagern und ich kann meine Eltern besuchen ohne dass die ganze Stadt in Aufruhr gerät und es zu einem offiziellen Anlass wird. Der Orden genießt inzwischen große Hochachtung. Die ersten Male in denen ich meine Heimat weniger zurückhaltend besucht habe wurde die ganze Angelegenheit schnell zu einer recht steifen Anhäufung von offiziellen Pflichtübungen. Abordnungen aus der Stadt begrüßen, ein Besuch bei den Kranken einige Kinder segnen und so weiter."
"Ein wahrer Albtraum." kicherte Marlena.
"Macht sich meine Cousine etwa über mich lustig?" gab Ismira mit gespielter Strenge zurück.
"Natürlich nicht."
Marlena bemühte sich so unschuldig wie nur irgend möglich auszusehen.
Skeptisch verzog Ismira den Mund.
"Natürlich weiß ich, dass so etwas zu den Pflichten eines Drachenreiters gehört." erklärte die ältere Reiterin. "Aber ich will meine Eltern auch besuchen können ohne dass das Ganze zu einem diplomatischen Vorfall wird. Deshalb haben wir hier diesen Landeplatz geschaffen. Natürlich sei es zu Zeiten meines Vaters hier noch ganz anders aus. Wir haben die Lichtung noch etwas vergrößert damit auch ältere Drachen oder Tailon und Anarie gemeinsam hier landen können. Auch das da drüben haben wir errichtet."
Marlena hatte Ismira interessiert zugehört und war ihrer Cousine zu einer kleinen Hütte gefolgt die direkt aus den Dornensträuchern gesungen zu sein schien. So natürlich fügte sie sich in das enge Geflecht der Hecken ein, dass jemand der es nicht wusste hier niemals ein Gebäude vermutet hätte.
Groß war die Hütte auch nicht. Das Innere bestand im wesentlichen nur aus einem achteckigen Raum in dem sich zwei Betten, eine Waschgelegenheit, ein kleiner Schrank und eine Möglichkeit Drachensättel aufzuhängen dicht aneinander drängten.
"Nicht gerade ein Schloss ich weiß." schmunzelte Ismira und hängte ihren Sattel an einen dafür vorgesehenen Platz." Aber Cale und mir reicht es als Unterkunft wenn der meine Eltern besuchen und nicht auffallen wollen."
"Oh, ich bin sicher euch stört es überhaupt nicht dass sie ein wenig eng ist." neckte Marlena mit Unschuldmiene als auch sie ihren Sattel an die Wand hängte.
Ismira begriff natürlich worauf ihre Cousine an spielte und kniff Marlena spielerisch in die Seite. Lachend erfrischt sich die beiden Reiterinnen schnell am Waschbecken, verstauten ihr leichtes Reisegepäck im Schrank und traten dann wieder auf die Lichtung.
Alonvy und Anarie hatten es sich inzwischen bereits bequem gemacht und schienen angeregt miteinander zu plaudern. Die Weise Drachendame versicherte ihrer Reiterin, auf Marlenas Nachfrage hin, dass sie sich hier nicht langweilen würde und Anarie und sie gemeinsam zur Jagd aufbrechen würden sobald es ein wenig dunkler geworden war.
Ein Blick zum Himmel zeigte der jungen Halbling, dass der Nachmittag bereits recht weit fortgeschritten war. Alonvy würde sicher nicht mehr lange auf ihr Abendessen warten müssen.
Beruhigt folgte Marlena ihrer Cousine in einen schmalen Durchgang, der scheinbar vor einer undurchdringlichen Dornenhecke endete. Auf ein gemurmeltes Wort in der alten Sprache hin gaben die Ranken der Büsche jedoch einen ausreichend breiten Durchgang frei damit die beiden Frauen in den Wald hinaus treten konnten.
Noch während Marlena sich neugierig um sah und versuchte sich zu orientieren erklang eine ihr bekannte weibliche Stimme:
"Hab ich mich doch nicht geirrt! Na Mutter wird sich freuen!"
Marlena suchte nach der Quelle der Stimme und fand sie mit schiefen Lächeln an einen Baum gelehnt. Ein rot-braunes-Kleid, Wache, funkelnden Augen in einem durchaus hübschen Gesicht welches eingerahmt wurde von kräftigen naturblonden Locken.
"Selena! Das einzige Wesen in Alagaesia das noch schafft sich an mich heran zu schleichen!" lachte Ismira und zog ihre jüngere Schwester, die inzwischen zu den beiden Drachenreiterin getreten war in eine herzliche Umarmung.
Die Jüngere der beiden Schwestern lachte und erklärte: "Du weißt doch Mirie, dieser Wald ist mein Reich. Hier passiert nichts was mir nicht auffällt."
Wieder mussten die beiden Schwestern lachen doch schließlich wanderte Selenas Blick zu Ismiras Begleiterin.
"Marlena?" erkundigte sich die Letzgeborene des Grafen und der Gräfin des Palancartals.
Die Angesprochene nickte und ließ sich von ihrer Cousine ebenfalls in einer Umarmung ziehen. Im Grunde bedauerte es Marlena, dass sie Selena nicht zu gut kannte die Ismira aber der Umstand, dass Eragons Tochter in der Ostmark aufgewachsen war und Selena praktisch am anderen Ende von Alagaesia hatte das leider unmöglich gemacht. Selena waren im achten Sommer von Marlenas Leben geboren worden. Ihr Onkel Roran war damals recht besorgt gewesen. Im Grunde war es seine Gattin damals schon etwas spät gewesen noch ein Kind zu bekommen aber Gräfin Katrina hatte klargemacht, dass wenn die Götter sie noch einmal mit einem Kind gesegnet hätten sie das Kleine auch zur Welt bringen würde.
Marlenas Vater Eragon hatte seinen adeligen Verwandten damit beruhigen können, dass er einen der Magier die dem Reiterorden dienten nach Carvahall geschickt hatte. Dieser Magier hatte ein spezielles Talent zum Heilen offenbart und war eine wertvolle Hilfe während Katrinas letzter Schwangerschaft. Die Geburt war schließlich problemlos verlaufen und nun stand eine junge Frau vor Marlena die in der Blüte ihrer Jahre war.
"Sammel du wieder Kräuter Schwesterherz?" erkundigte sich Ismira schließlich.
Marlena wusste, dass Selena wie auch ihre ältere Schwester schon immer ihren eigenen Kopf gehabt hatte. Auch sie entsprach nicht unbedingt dem Idealbild einer sittsamen Grafentochter. Zwar hatte man kein besonderes magisches Talent bei ihr festgestellt aber sie hatte eine natürliche Begabung dafür wenn es um Kräuter und Pflanzen aller Art ging. In ihrer Kindheit hatte Selena viel Zeit bei den Heiland von Carvahall verbracht und sich in deren Kunst einführen lassen. Mit dem Einverständnis ihrer Eltern hatte sie schließlich mit dem Bau eines kleinen Hauses in der Nähe Carvahall begonnen und dort pflegte sie bedürftige Patienten. Um die anderen Heiler der Stadt nicht zu verprellen verlangte die Tochter der Grafenfamilie zwar Bezahlung ihre Dienste aber setzte das Geld, auf das sie glücklicherweise nicht angewiesen war, ein um das Leben von Leuten zu begünstigen, die nicht eben vom Glück verfolgt gewesen waren. Beispielsweise nutzte sie ihre Einnahmen um Magier des Reiches dafür zu bezahlen, die Krankheiten bei ihren Patienten zu heilen die sich nicht mit einer Kräutertinktur Kurieren ließen. Ein Umstand für den man ihr liebevollen Respekt entgegenbrachte. Die Dienste eines Magiers waren für das einfache Volk nicht immer leicht zu bezahlen.
"Heute nicht." lachte Selena schließlich und antwortete damit auf Ismiras Frage. "Ich habe Mutter begleitet. Hat meine Drachenreiterschwester etwas vergessen was heute für ein Tag ist?"
Die letzte Frage hatte Selena, das Wasser Marlena eindeutig, mit größerem Ernst gestellt als den übrigen Gespräch inne gewohnt hatte. Ein Blick zu Ismira zeigte der jungen Reiterin, dass dieser Ernst auch auf ihre ältere Cousine übergriff.
"Natürlich!" flüsterte Anaries Reiterin. "Großvater!"

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