35. Erinnerungen
Eragon entdeckte seine Gefährtin auf den Zinnen der Stadtmauer von Ilirea. Der Blick der Elfe war auf den Punkt am Horizont gerichtet wo Alonvy und Anarie mit ihren Reiterinnen aus ihrem Blickfeld entschwunden waren. Eragon trat hinter seine Gefährtin und legte ihr die Arme um die Hüften. Er konnte spüren wie Arya sich in seiner Umarmung entspannte und leicht gegen seine Brust lehnte. Unter seinem Kinn spürte der Anführer der Drachenreiter ihren seidigen Haarschopf.
Eine Weile genossen die beiden Gefährten einfach die Gesellschaft des anderen bis Arya schließlich sagte: "ich denke es ist gut, dass unser kleiner Stern mit Ismira nach Carvahall reist. Es ist ein Ort der Wärme und der Liebe. Verletzte Seelen können dort Ruhe finden und heilen."
Eragon nickte nur stumm und berührte den Geist seiner Gefährtin. Wer es erwartet hatte erfüllte jene Melodie den Geist der Elfe welche sie ihn damals bei der Zeremonie hatte hören lassen als Katrina Arya in die Familie aufnahm. Aryas übermenschlicher Verstand hatte all die Eindrücke des Abends, die Herzlichkeit der Dorfbewohner, ihre Ehrlichkeit und die allgemeine gelöste Stimmung damals in ein Lied verwandelt, dass das Wesen von Eragons ehemalige Heimat in einer wunderschönen Melodie ausdrückte.
Wiederkehrte zwischen den beiden Gefährten für einen Augenblick Stille ein und beide genossen sie lediglich den Klang der Melodie.
"Ich habe es dir schon damals gesagt Liebster, deine Mutter hat gut entschieden als sie diesen Ort gewählt hat um dich aufwachsen zu lassen."
Wieder nickte Eragon stumm noch ein gewisses Gefühl von Bitterkeit schlich sich in sein Herz. Arya schien dies bemerkt zu haben, denn der Anführer der Reiter spürte die sich der Blick der Elfe auf ihn richtete.
Leugnen, dass wusste Saphiras Reiter, war zwecklos. Die ehemalige Prinzessin der Elfen kannte ihn viel zu gut um sich durch eine Ausrede täuschen zu lassen.
"Meine Mutter ist immer noch ein schwieriges Thema für mich." räumte Eragon schließlich ein. "Mit den Erinnerungen an meinen Vater Brom habe ich inzwischen so weit Frieden geschlossen. Sicher bedaure ich es, dass wir zu sein lebt Zeiten nie wie Vater und Sohn miteinander geredet haben aber ich hatte die Gelegenheit ihn kennen zu lernen. Ich weiß wer er war und kann beurteilen was ich von ihm geerbt habe. Mit meiner Mutter Selena ist es etwas anderes. Sicher ich habe den Fairith, der sie zeigt. Ich weiß inzwischen auch genug über Wunschbilder um in diesem speziellen Bild auch den Blickwinkel meines Vaters zu ereahnen. Es verrät mir etwas über sie. Welche Eigenschaften er an ihr geschätzt hat. Ihre Stärke und Unabhängigkeit auf der einen Seite aber auch die Tatsache, dass sie sich eine sanfte, verwundbare Seite bewahrt hatte. Ich würde sie gern uneingeschränkt so sehen."
"Aber?" wollte arya schlicht wissen.
"Aber es gibt einige elemente bei ihr, die für mich noch keinen sinn ergeben und die ich nicht mit dem Bild, dass mein Vater von meiner Mutter hatte in Einklang bringen kann." gestand Eragon. "Es sind die Geschichten, die man über die schwarze Hand erzählt. Wenn ich an diese Geschichten denke, dann kann ich nicht anders als zu schaudern. Es sind Geschichten über eine Frau, die ohne Mitleid tötete und es genoss Schmerzen zuzufügen. Ich frage mich einfach wie das mit der ehrenhaften Kriegerin und fürsorglichen Mutter die mein Vater stets gesehen hat in Einklang zu bringen ist."
"Ich verstehe das der das Sorgen bereitet Liebster." räumte Arya ein und fuhr nach einer kurzen Pause, in der sie über ihre Antwort nachdachte, fort: "Du darfst einen Faktor nicht vergessen Eragon. Als dein Vater und deine Mutter sich verliebt haben war das für Selena eine so tief greifende Erfahrung, dass sich ihr wahrer Name gewandelt hat. Es steht also außer Frage, dass die Frau die Brom liebte und die Seinen Sohn geboren hat eine andere war als die, die Morzan diente."
Eragon wollte etwas erwidern doch Arya fuhr unbeirrt fort.
"Veränderungen des wahren Namens können sehr subtil sein. So war es zum Beispiel bei Murtagh. Er hat seinen Charakter im Grunde nicht verändert sondern ihnen nur ein wesentliches Element hinzugefügt. Daher erscheint es dir vielleicht so das sich keine derartig tief greifende Veränderungen vollzogen hat aber sie war es. Nicht immer geschehen diese Veränderungen aber so im Stillen. Oft ist die Veränderung mehr als nur deutlich. Ich habe die doch erzählt, dass Oromis und Glaedr auch mich eine Zeit lang ausgebildet haben als ich Hüterin für Saphiras Ei wurde. Sie gaben geheimes Wissen der Drachenreiter an mich weiter. Zum einen sollte es mich schützen, zum anderen sollte ich auch in der Lage sein einem jungen neu erwählten Reiter erste Lektion zu erteilen. Oromis hatte eine Eigenschaft als Lehrer, die ich besonders zu schätzen gelernt habe. Kannste dir denken wovon ich spreche Liebster?"
Eragon lächelte als er an die Unterrichtsstunden mit seinem alten Lehrmeister dachte. In der Tat hatte er eine Vermutung welche Eigenschaft die unabhängige und manchmal eigensinnige Elfe in seinen Armen besonders geschätzt hatte.
"Er führte einen zwar an das Wissen heran aber er vermittelte es so, dass der Schüler auch einen Teil dazu beitragen musste. Er hat mir so manche Frage gestellt über die ich tagelang nachdenken musste bevor ich eine Antwort gefunden habe. Wie zum Beispiel die einfache Frage warum es richtig ist gegen Galbatorix zu kämpfen. Auf den ersten Blick kamen die Frage fast lächerlich und überflüssig vor aber die Auseinandersetzung mit diesem Thema hat mich reifen lassen und ich denke es hat mich zu einem besseren Reiter gemacht."
"Genau das meine ich." bestätigte Arya. "Es gibt Lehrern dieser Viren ihren Schülern das Wissen in mundgerechten Happen und ihre Lektionen durchläuft man fast in einer Art Trance. Alles ist fein säuberlich strukturiert und ergibt bereits ein zusammenhängendes Bild. Oromis hatte die Fähigkeit nur einige Eckpunkte festzulegen und dem Schüler zu ermöglichen sich das Bild selbst zu erarbeiten."
"Eine Eigenschaft die für mich einen guten Lehrer auszeichnet." nickte Eragon.
"Weil das Wissen dadurch wesentlich greifbar wird. Es ist nicht einfach nur eine Sammlung von Fakten sondern ein Tagewerk welches man vollbracht hat und zu dem man eine persönliche Beziehung hat. Aber willkommen etwas vom Thema ab mein Liebster. Worauf ich eigentlich hinauswollte war, dass Oromis mir auch einige Lektionen über die Natur wahrer Namen beigebracht hat. Als Beispiel hat er den wahren Namen genommen, den Galbatorix trug als er noch angesehenes Mitglied des Ordens der Drachenreiter war."
Nun war Eragon mehr als nur milde überrascht. Es kam ihn aber auch, dass Arya es immer noch vollbringen konnte ihn so zu verblüffen.
"Dieser Name war Oromis bekannt?"
Arya nickte und setzte ihre Erzählung fort:
"ich habe dir damals, als wir vom Helgrinds zurück gereist sind, erzählt, dass Oromis zu den wenigen gehörte die sich immer noch auf der Suche nach Galbatorix wahren Namen befanden. Die meisten anderen magiekundigen hatten es aufgegeben, da der König einen Fluch über seinen wahren Namen ausgesprochen hatte der jeden tötete, der ihn aussprach. Der Name, den der Verräter und Mörder während seiner Zeit im Orden getragen hat war die Basis für Oromis Nachforschungen. Er setzte das Verhalten welches Galbatorix jetzt an den Tag legte in den Kontrast zu dem was ihn früher ausgezeichnet hat. Möchtest du erfahren wie Galbatorix hieß als sein erster Drache noch lebte?"
Eragon begriff nicht in welcher Verbindung Galbatorix ursprünglicher wahrer Name zu dem Problem stand, dass er noch heute mit den Erinnerungen an seine Mutter hatte aber der Anführer der Reiter vertraute seiner Gefährtin.
Nachdem er sein Einverständnis und seine Neugier mit einem kurzen Nicken bekräftigt hatte streckte sich Arya etwas und flüsterte ihm einen wahren Namen in sein linkes Ohr.
Eragons Überraschung war nun vollkommen. Der Name den er soeben erfahren hatte ließ sich in keinster Weise mit dem Mann in Einklang bringen, den er vor Jahren bekämpft hatte. Es schien unmöglich, dass der Träger dieses Namens und der tyrannische Despot der bereit gewesen war unschuldige Kinder zu töten um sich selbst zu beschützen ein und dieselbe Person waren. Der Name zeugte von einem starken Sinn für Gerechtigkeit, dem Wunsch zu helfen und zu dienen sowie großem Respekt für das Leben.
Arya, so schien es, erkannte die Verwirrung des anderen Drachenreiters.
"Mir ging es nicht anders als ich diesen Namen erfahren habe." sagte sie sanft. "Was ich dir damit sagen will ist, dass ein Mensch mehrfach in seinem Leben geboren wird. Es ist absolut möglich, dass die schwarze Hand nichts mit der Frau gemeinsam hatte, die dein Vater so sehr geliebt hat. Vielleicht ist dies Selena, die dich, ihren ungeborenen Sohn, so sehr geliebt hat, dass sie alles für dich aufs Spiel gesetzt hat erst in der Sekunde geboren worden als sie Gefühle für Brom entwickelte. Vielleicht war es der letzte Schritt auf einem Weg, den sie begonnen hatte als ihr erster Sohn Murtagh geboren wurde. Mit Murtagh ist zum ersten Mal Leben in ihr herangewachsen und in den Monaten indem sie ihn unter dem Herzen trug hat sich vielleicht etwas Neues in ihr entwickelt, ist gewachsen aber konnte sich nicht durchsetzen weil sie in Morzans grausamer Welt überleben musste. Als Brom dann in ihr Leben trat gab es für sie eine Möglichkeit dieses Neue ans Licht treten zu lassen."
Arya legte nun die Hand an Eragons Kinn und drehte den Kopf ihres Gefährten so, dass sie sich in die Augen sahen.
"Ich verstehe gut warum du gerne mehr über deine Mutter wissen möchtest. Wir beide haben nun schon einige Sommer gesehen und trotzdem frage ich mich immer noch oft was mein Vater zu einer Entscheidung gesagt hätte ich getroffen habe oder bedaure es ihm manche Frage nicht stellen zu können. Doch du solltest folgendes akzeptieren: die schwarze Hand mag grausamen und teuflisch gewesen sein doch deine Mutter war Selena! Du sagst, dass du in dem Fairith deines Vaters eine starke, selbstbewusste liebevolle Frau siehst. Nimm diese Frau als deine Mutter an! Es mag sein dass sie erst durch die Liebe zu Brom geboren wurde und vorher jemand anderes war. Ich bin jedenfalls froh, dass das Kind einer so tiefen Liebe heute bei mir ist."
Eragon konnte seiner Gefährtin nur zustimmen. Brom und Selena hatten nur wenig Zeit miteinander gehabt doch sie hatten sich genug geliebt für ein ganzes Leben. Er beschloss Aryas Worte in sich aufzunehmen und es von nun an so zu betrachten. Als Antwort auf Ihre Bemühungen ihn zu trösten beschloss der Anführer der Reiter sich jedoch nicht auf Worte zu verlassen. Stattdessen zog er seine Gefährtin in noch etwas näher an sich heran und versiegelte ihre lebten mit einem zärtlichen Kuss. Eragon genoss es als er spürte wie eben dieser Kurs erwidert wurde. Er ließ zu, dass Sorgen, die Gedanken an Pflichten und Erinnerungen sich auflösten wie Nebel unter den warmen Strahlen der Sonne. Er genoss einfach den Augenblick. Der würzige Duft von Tannennadeln der von Arya zu dem Aufstieg, die Wärme Tierkörper ausstrahlte und die seidigen, zarten Liebkosungen ihrer Lippen.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top