Kapitel 21



Als Era erwachte fand sie sich, mit Metallsträngen an Hand- und Fußgelenken gefesselt auf einer senkrechtstehenden Bare wieder. So gut es ging blickte sie sich in dem kleinen Raum um. Metallbeschlagene, beunruhigend schallschluckend aussehende Wände, weiße Leuchtröhren in schmalen Nischen.
Das Gefängnis einer imperialen Basis.
Vermutlich war sie noch immer auf dem Wüstenplaneten Zuno. Die Betäubung eines Blasterschusses hielt für gewöhnlich nicht länger als eine halbe Standartstunde an. Nicht lange genug, um sie irgendwo anders hinzubringen.
Plötzlich hielt Era in ihren Überlegungen inne. Jemand stand hinter ihr. Sie hörte ein leises, kaum wahrnehmbares Atmen. Man musste kein Genie sein um zu erraten, wer sie in ihrer Zelle besuchen würde.
„Vater."
Der Großadmiral trat in ihr Gesichtsfeld, wie immer in seiner weißen, glänzenden Uniform. Die roten Augen starr auf seine Tochter gerichtet.
„Interessant." Stellte er fest, „Ich dachte, ich hätte dich zu mehr Vernunft erzogen."
Da hatte er ohne Zweifel recht. Es war eine dumme Idee gewesen, ohne Rick bei den Soldaten aufzukreuzen. Vermutlich wäre es einfacher gewesen, Thrawn von seinem Nutzen zu überzeugen, als von ihrer Loyalität.
„Könntet Ihr mich bitte losbinden?" Bat sie in dem Versuch so zu tun, als hätte sie keine Ahnung, weshalb sie hier war.
„Das ist die standartmäßige Vorgehensweise für den Umgang mit Verrätern. Du kannst froh sein, dass ich dich noch nicht exekutiert habe."
„Ich bin keine Verräterin."
Jetzt lachte der Großadmiral beinahe.
„Du hast meine Befehle missachtet, einen imperialen Stoßtrupp angegriffen und dich mit einem potentiellen Feind verbündet," zählte er ihre Vergehen auf, „entweder ist das Verrat, oder du hast dich plötzlich als ausgesprochen unfähig erwiesen...In beiden Fällen bist du für das Imperium nicht mehr von sonderlich großem Nutzen. Eigentlich ein schwerer Verlust."
Wut kochte in seiner Tochter hoch, als sie diese Worte hörte. Sie hätte es besser wissen müssen, als auf die Gutgläubigkeit ihres Vaters zu vertrauen. Das hier war nicht die Art von Welt, wie Rick sie ihr gezeigt hatte und Era hatte den tödlichen Fehler begangen, dies für wenige Sekunden zu vergessen.
„Du wirst es verschmerzen." Erwiderte sie barsch, „Wie hast du mich gefunden?"
Wieder starrte Thrawn sie nur stumm an. Anscheinend sollte sie selbst darauf kommen. Wie es ihr beigebracht worden war, ging sie im Kopf die verschiedenen Varianten durch. Weniger schnell als sonst, da Zorn ihren Verstand blockierte. Doch schließlich blieb nur noch eine
Möglichkeit. Eine verrückte, unglaubliche Idee, aber doch zwingender Weise die Wahrheit.
„Das hast du nicht getan..." Fauchte sie bebend.
Das Schweigen ihres Gegenübers war Antwortgenug und das kleine Metallplättchen an Eras Stirn begann unangenehm zu kribbeln. Kein Überbleibsel eines Unfalls, sondern ein Sender, um sie zu überwachen.
Die Chiss hatte Welten bereist, auf denen Sklavenhandel eine Alltaglichkeit war. Sie hatte Menschen und Fremdwelter gesehen, mit implantierten Peilsendern, die sich bei einem Fluchtversuch in Bomben verwandelten.
„Lass mich raten," sagte sie resigniert," wenn ich versuche, ihn zu zerstören, sterbe ich?"
Das Lächeln ihres Vaters hätte jedem anderen das Blut in den Adern gefrieren lassen.
„Die technische Struktur des Gerätes ist mit deinen Gehirnwindungen verbunden." Erklärte er gelassen, „Der angerichtete Schaden wäre nicht schwer zu beheben, unglücklicher Weise tritt der Tod allerdings sofort ein." Das wütende zischen seiner Tochter ließ den Großadmiral gänzlich unbeeindruckt, „Du bist eine gefährliche Waffe, Era. Natürlich in ich darauf vorbereitet, dich jeder Zeit unschädlich zu machen."
„Dann töte mich doch."
„Das wäre Verschwendung." Der Anführer des Imperiums wandte sich zum Gehen, „Verräter haben einen einzigen, allerdings ziemlich bedeutsamen Nutzen: Man kann an ihnen ein Exempel statuieren." Die Tür glitt auf, sodass Era für einige Sekunden den grauen Flur des Gefängnistraktes sehen konnte. Ein winziger Ausblick auf die Freiheit. „Ich hoffe du entschuldigst, wenn ich diesem Ereignis nicht beiwohne. Es gibt leider wichtigeres zu tun. Ich habe einen Großangriff zu führen."
Natürlich: Der lang erwartete Angriff der neuen Republik auf die Werften von Billbringi. Eigentlich hätte Era dabei sein sollen, um praktische Erfahrungen zu sammeln. Daraus wurde jetzt vermutlich nichts.
Gerne hätte sie ihrem Vater noch etwas hinterhergerufen, um ihre Verachtung auszudrücken, aber da glitt die Tür bereits wieder zu und die Chiss war allein.
Wieder saß sie da, starrte die Tür an und dachte nach. Der einzige Unterschied bestand darin, dass sie jetzt gefesselt war. Ohne ihr zutun erschien der Jedi in ihrem Kopf. Mit etwas Glück war er jetzt bereits über alle Berge. Weit weg von Thrawn, dem Imperium und ihr. Era war überrascht, bei dieser Vorstellung einen leichten Anflug von Bedauern zu empfinden.
Plötzlich zitterte ihre Pritsche. Langsam kam Leben in die Fesseln und Stromstöße jagten durch ihren Körper. Erschrocken, aber nicht sonderlich überrascht presste Era ihre Kieferknochen aufeinander. Es war, als hätte jemand ihre Muskeln in Brand gesetzt. Als flösse Feuer an Stelle von Blut durch ihre Adern. Ihr Atem ging keuchend vor unerbittlichem Schmerz.
Abe sie würde nicht schreien. Sie hatte schon wesentlich schlimmeres überstanden. Wenn der Großadmiral sie zu Tode foltern wollte, würde er dabei keinen Laut von ihr hören.
Keine Tränen.
Kein sinnloses Aufbäumen gegen ihre Fesseln.
Sie lag ganz ruhig da und ertrug die Stromstöße, die sich durch ihren Körper fraßen und ihr Gehirn in Flammen setzten.

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