Kapitel 12


Das laufen auf dem heißen Sand war kräftezehrend, weshalb die beiden sich wo sie konnten auf etwas höher gelegenen Felsebenen bewegten. Manchmal redete Rick ein bisschen. Er stellte neugierige Fragen zu Eras Vergangenheit und erzählte eigene, seltsame Geschichten über sein eigenes Leben. Dabei schien es ihn nicht einmal zu stören, dass die Chiss nur ziemlich einsilbige Antworten gab. Oder gar keine.

Obwohl sie es sich nicht anmerken ließ, hörte diese aufmerksam zu und erfuhr dabei mehr, als der Jedi vermutlich preisgeben wollte. Seine Eltern waren jung gestorben und Rick von zuhause weggelaufen. Nach einigen aufregenden Jahren bei diversen Schmugglerorganisationen war er mit einem Handelsschiff nach Wayland gekommen und einfach geblieben. Dort hatte er auch C'baoth getroffen, der, wie Era vermutet hatte, tatsächlich vom Imperium geholt worden war. Sogar vom Großadmiral persönlich.
Rick redete und redete, sodass sie sich wunderte, ob die Hälfte seiner Erzählungen nicht frei erfunden waren. So viel konnte doch kein Mensch in einem Leben getan haben. Noch dazu einer, der gerade mal neunzehn war. Obwohl sie langsam anfing, ihn zu bewundern. Oder viel mehr die Tatsache, dass er noch am Leben war. Es musste seltsam sein, so zu leben. Ohne Befehle, ohne Basis, zu der man nach einer Mission zurückkehren konnte.
Allerdings auch ohne jemanden, der einen für Fehler bestrafte oder mit eisiger Gelassenheit zum Lernen zwang. Es wäre interessant, sich einfach Anweisungen widersetzen zu können, wenn sie unsinnig erschienen.
Allein von so einem Leben zu träumen wäre interessant.
Aber Era träumte nicht. Sie setzte sich Ziele, die erreichbar waren. Wenn sie es nicht waren, klammerte sie sich nicht daran. Außerdem war ihr Platz beim Imperium, das in Frage zu stellen wäre ebenso lächerlich wie töricht. Sie hatte eine Stellung, wie sonst niemand. Besaß Macht und Einfluss, selbst über die höchsten imperialen Generäle. Und selbst wenn das Imperium fiel, sie würde überleben.
Era war nicht glücklich mit ihrem Leben. Glück war etwas für die Schwachen die der Wirklichkeit nicht ins Auge blicken wollten. Aber sie hatte es akzeptiert, als das Beste, was sie bekommen konnte.
Eine Stunde vor Sonnenuntergang begannen die beiden, sich einen Unterschlupf für die Nacht zu suchen. Era hatte nicht vor zu schlafen, aber Rick schien müde. Sie selbst würde erst dann die Augen schließen, wenn Gryphon gelernt hatte, sie bei der kleinsten Bewegung des Jedi zu wecken.

Es dauerte nicht lange, bis sie eine der zahlreichen Höhlen fanden, die die Sandwürmer während der Brutzeit in den Felsen gegraben hatten und sie als Lager hergerichtet war. Era setzte sich mit dem Rücken zur Wand, während Rick sich draußen auf den Steinboden legte.
„Nachdenklich blickte er sie an.
„Glaubst du eigentlich an das Imperium...dass das, was du tust richtig ist, meine ich?"
Die Frage kam so unvermittelt, dass Era im ersten Moment keine Antwort darauf wusste. War es denn so? Hielt sie alles, was sie im Namen ihres Vaters tat für moralisch vertretbar?
„Was ich glaube..." antwortete sie schließlich, "ist irrelevant."
Wenn man überleben wollte, durfte man sich keine moralischen Fragen stellen. Ganz sicher glaubte sie nicht an das Imperium. Nicht so, wie beispielsweise Kaptain Palleon es tat, der für dessen Sache sterben würde. Sie diente unter Thrawn, weil es das beste war, das sie bekommen konnte. Es sicherte ihr ein Leben, so gut, dass sie nicht einmal darüber nachdenken wollte, ob sie das falsche tat oder das richtige.
Woran sie glaubte war tatsächlich irrelevant. Sowohl für sie, als auch für alle anderen.
Nur für Rick nicht.
Mit der Hand deutete er in Richtung Himmel.
„Siehst du sie?"
Irritiert blickte Era auf. „Was?"
„Die Sterne.", Der Jedi lächelte verträumt, „ist dir mal aufgefallen, wie verschieden sie alle sind?" Sein Finger wanderte von einer auf die andere Seite, „Der da ist groß und hell, der klein und dunkel", während er sprach, versuchte er auf die genannten Himmelskörper zu eigen, „Und der groß und dunkel..."
Er hatte Recht, doch Era war weit davon entfernt sich dadurch beeindrucken zu lassen. Sie hatte nie die Sterne beobachtet. Es brachte ihr nichts. Weder halfen sie ihr bei einer Mission, noch lösten sie ihre Probleme. Wenn sie sich überhaupt damit beschäftigte, dann nur, um sich mit ihnen zu orientieren (was bei tausenden von Systemen und mehr als einer Milliarde Planeten ebenfalls eine Kunst für sich war). Sterne waren etwas für Träumer wie Rick, nicht für imperiale Krieger.
„Aber du bist kein Stern." Wieder fragte die rothaarige sich, ob der Jedi ihre Gedanken las, „Du bist ein Diamant."
„Warum ein Diamant"
Rick lachte, aber irgendwie wirkte es traurig.
„Weil Diamanten kalt und hart sind, genau wie du. Sie sind gleichzeitig unzerbrechlich und auf eine faszinierende Art schön."
Era fuhr auf. Man hatte ihr schon vieles vor den Kopf geworfen, aber nie war ihr gesagt worden, sie sei schön. In einer Galaxie mit unzähligen Spezies war es schwachsinnig, sich über Schönheitsideale Gedanken zu machen. Es war wie mit Rohstoffen: was auf einem Planeten als wertloser Kiesel galt, wurde auf einem anderen in Tempeln verehrt.
Diese primitive Aussage ärgerte sie und noch mehr, dass es wohl ein Kompliment gewesen war.
„Diamanten sind nicht unzerbrechlich, Idiot!" fauchte sie, „Geh schlafen. Wir haben noch einen langen Weg vor uns"
Sie selbst tat, wie es in dieser Situation am klügsten war kein Auge zu (auch wenn ein tiefer, gedankenloser Schlaf durchaus willkommen gewesen wäre). Stattdessen saß sie aufrecht an die Höhlenwand gelehnt und machte sich ihre eigenen Gedanken über ganz persönliche Dinge.

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