7. Angriff auf Kattegat

Kurze Zeit später verabschiedete ich mich auch von Ivar. Ich hockte mich vor ihm hin und drückte ihn, "Mögen die Götter mit dir sein, mein Bruder.", flüsterte ich ihm ins Ohr und ließ ihn anschließend los.

Ich verließ den Pier, ging an meiner Mutter und meinen übrig gebliebenen Brüdern vorbei und setzte mich in der Halle auf den Thron meines Vaters, auf dem sonst Ivar täglich saß.

"Trauerst du schon?", Sigurd kam herein und sah mich spöttisch an.

"Warum sollte ich trauern, Sigurd.", sagte ich genervt.

"Mutter sagte sie habe gesehen, wie ein Sturm aufzog und Ivar ertrank."

"Auch Mutter kann sich täuschen. Die Götter stehen Ivar bei."

Sigurd setzte sich neben mir auf den Thron meiner Mutter. Kurze Zeit später kam eine Sklavin und brachte uns etwas zum Trinken.

"Glaubst du eigentlich...", begann ich und sah meinen Bruder fragend an, "Glaubst du eigentlich, dass jeder von uns irgendwann eigene Wege gehen wird?"

Sigurd schüttelte lachend den Kopf, "Wir sind Geschwister, und zwar nicht irgendwelche. Wir werden niemals getrennte Wege gehen können. Jeden Falls nicht richtig."

Wir tranken unseren Met und verstanden uns plötzlich besser als je zuvor.

"Ich hoffe dem ist so.", sagte ich schließlich, nachdem ich mir seine Worte durch den Kopf gehen ließ.
"Hast du etwa Zweifel, Tjara?", Sigurd sah mich ernst an, doch ich zuckte nur mit den Schultern.

"Sollte sich je einer von uns abwenden, wäre das töricht. Und wir beide wissen, wer dies am ehesten wäre.", er trank seinen restlichen Met aus und stand auf.
In dem Moment kam auch Ubbe herein, er setzte sich, ohne auch nur auf uns zu achten an das Feuer.

Sigurd und ich beäugten unseren Bruder, als hätten wir ihn noch nie zuvor gesehen.
"Bereut ihr es, nicht mit Vater gegangen zu sein?", er starrte in das Feuer.
Sigurd lachte auf, "Auf gar keinen Fall."

"Ragnar hat nicht gerade die stärksten Krieger mitgenommen.", Ubbe sah mich an, "Was ist mit dir?"

Ich setzte mich zu ihm und Sigurd ans Feuer, "Ich bereue es nicht, nicht mit Vater gegangen zu sein. Ich bereue es, dass ich Ivars Angebot mitzukommen ausgeschlagen habe."

Ubbe legte seine Hände auf meine Wangen, wie es mein Vater so oft getan hatte und sah mir in die Augen, "Du hast das richtige getan, Tjara."

Einige Tage später stürmte ich in die Halle, "Mutter, wo sind meine Brüder?", sie saß seelenruhig auf ihrem Thron und starrte ins Leere.

"Sie wurden nach Hedeby eingeladen."

"Ohne mir Bescheid zu sagen?", ich war enttäuscht, ich wurde sonst immer über alles unterrichtet, was meine Brüder so trieben.

Meine Mutter lächelte, "Sie sind keine kleinen Jungen mehr, genauso wie du kein kleines Mädchen mehr bist, lass ihnen ein wenig Freiraum."

Ich seufzte kurz und verließ die Halle. Ich ging an den Pier, an dem ich vor einigen Wochen Hvitserk und Ivar verabschiedet hatte. Inständig hoffte ich, dass sie in den nächsten Wochen wieder am Horizont auftauchten.

Eine Weile lang sah ich auf den Fjord und erblickte plötzlich viele Schiffe, die nicht zu uns gehörten.
So schnell ich konnte rannte ich zu meiner Mutter, um sie zu informieren, gleichzeitig griff ich nach meinem Schild, um mich für einen Kampf bereit zu machen. Im selben Moment hörte ich schon das Horn und anschließende Schreie im Dorf, aber die Schiffe konnten doch noch gar nicht angekommen sein.

Meine Mutter nahm ihr Schwert zur Hand. Ich sah sie entsetzt an.
"Nein, Mutter.", ich schüttelte kurz mit dem Kopf, doch ich wusste auch, dass ich sie nicht aufhalten konnte.
Ich stürmte aus der Halle und machte mich auf in den Kampf.

Meine Brüder hatten mir viel beigebracht und ich wusste, dass Tyr mir beistehen würde.
Schon auf dem Weg zum eigentlichen Schlachtfeld begegneten mir feindliche Krieger. Die ersten 2 konnte ich ohne viel Mühe aus dem Weg räumen. Doch der dritte Krieger war mehr als zwei Köpfe größer als ich, doch das sollte mir keine Angst machen.

Ich steckte mein Schwert weg und zog meine Axt hervor.
Der feindliche Krieger stand nun unmittelbar vor mir und setzte zum Angriff an.
Mit viel Mühe konnte ich, dank meines Schildes, seine Schläge abwehren, doch zum Angriff kam ich nicht.

Ich dachte an die vielen Kämpfe im Wald, mit meinen Brüdern.
Schließlich setzte ich zum Angriff an, stieß ihn mit meinem Schild zurück, doch der Krieger wackelte nur zwei Schritte nach hinten. Ich trat mit ganzer Kraft mit meinem Fuß nach, damit er von mir weichen würde, doch in dem Moment schliff die Klinge seines Schwertes mein Schienbein.

Ich kannte diesen Schmerz noch nicht, doch ich schluckte ihn einfach hinunter.
Ich ließ den Krieger nun dichter an mich heran, wehrte sein Schwert immer wieder mit meinem Schild ab.
Auf einmal holte mein rechter Arm aus und schleuderte mit voller Wucht meine Axt in seinen Brustkorb.

Von mir selbst überrascht zog ich die Axt aus ihm heraus und rannte weiter.
Ich war mir sicher, dass Tyr bei mir war und meine Geschicklichkeit anerkannte.
Der Schmerz meines Beines schoss durch meinen ganzen Körper, doch ich lief weiter, als wäre dort nichts.

Plötzlich hörte ich jemanden schreien, "Hört auf!"
Ich sah an einer Hütte um die Ecke und dort standen unsere Angreifer versammelt und angeführt von ihr.
Björns Mutter Lagertha.

"Das ist mein Volk.", hörte ich sie sprechen.
Die Leute jubelten.
Ich kam hinter der Hütte hervor und ging auf sie zu.
Mir wurde der Weg frei, gemacht, bis ich vor ihr stand und die Menge verstummte.
Sie bildeten einen Kreis um uns herum.
Ich sah sie fassungslos an.
"Tjara.", sagte sie ernst.

"Du hast meine Brüder fortgelockt, um Kattegat anzugreifen.", beschuldigte ich sie.
"Ich hole mir nur zurück, was mir zusteht.", sie sah mich streng an.

In dem Moment schoss der Schmerz erneut durch mein Bein. Ich hielt schmerzverzehrt die blutende Wunde, blickte ihr dabei aber weiterhin in die Augen.
"Dir steht hier rein gar nichts zu.", brachte ich gerade noch so hervor, "Wenn dann steht es meinen Brüdern zu."

Ich atmete tief durch und richtete mich wieder auf. Ich spürte, wie das Blut an meinem Bein entlang floss.
Ich hörte, wie einige Krieger mir zustimmten, jedoch waren sie in der Unterzahl.
Lagerthas Blick wanderte plötzlich an mir vorbei.
Ich drehte mich um.

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