67. Entschiedene Sache

Ich bedankte mich für das Essen und für den Met und machte mich auf die Suche nach Ivar. Ich wollte unbedingt wissen, ob er davon gewusst hatte, denn Ivar weiß alles.
Schnurstracks ging ich in Richtung des Unterstandes, in dem Ivar oft lag und grübelte.
Plötzlich hörte ich Schmerz erfüllte Schreie.
Sofort tummelten sich einige Männer an einer Stelle.

"Warte, nein.", hörte ich Ivars Stimme und ging auf die Männer zu. Grob schubste ich sie weg und sah meinen Bruder am Boden liegen. Ich wusste sofort, dass er sich nun etwas gebrochen hatte.
Zu meinem Glück ließ er sich von mir helfen und stand einen Augenblick später wieder auf den Beinen.
"Danke.", murmelte er leise und verzog das Gesicht vor Schmerz, "Es geht mir gut."
Er humpelte mehr als sonst auf den Unterstand zu und setzte sich erschwert auf eine Liege.
Hvitserk saß ihn gegenüber und musterte ihn mit einer Mischung aus Vorwurf und Brüderlichkeit, "Deine Augen sind sehr blau, ruh dich aus."

Ich setzte mich besorgt zu Ivar, "Er hat Recht, du brichst dir sonst noch mehr, Bruder.", sagte ich vorsichtig.
Ivar sah Hvitserk voller Hass an.

"Ivar!", sagte Hvitserk.

Plötzlich erhellte sich Ivars Gesichtsausdruck, "Ich weiß jetzt, was zu tun ist.", überrascht sah er uns an.

Fragend blickte ich zu Hvitserk, doch er gab mir einen genauso fragenden Blick zurück und wir musterten daraufhin Ivar fragend.

"Wie wir siegen werden.", immer noch überrascht von sich selbst sah Ivar uns an, "Wir werden sie zu Krüppeln machen.", sein überraschter Ausdruck auf seinem Gesicht ging in einen fiesen über.

"Was ist dein Plan, Bruder?", fragte ich.

"Wir können 500 Sachsen erschlagen. Aber dann haben wir nur 500 Sachsen erschlagen. Machen wir sie aber zu Krüppeln, werden immer mehr Sachsen vorrücken und zur Hilfe eilen. Sie sind uns dann alle ausgeliefert.", überlegen blickte Ivar von Hvitserk zu mir.

"Was macht dich da so sicher, dass König Alfred sie retten lässt?", Hvitserk blickte nachdenklich unseren Bruder an.

"Er ist ein Christ...er kann nicht anders, er wird Mitleid haben.", flüsterte ich. Ich hatte Ivars Plan verstanden und war überzeugt, dass er klappen würde.

Und so war es auch. Wir setzten Ivars Plan in die Tat um und stellten fallen unter dem Laub der Blätter im Wald auf.
Nach und nach liefen die Christen in die Fallen und der König schickte sofort Hilfe hinterher, die in die nächste Falle liefen.
Einige Krieger versteckten sich in einer Art Kiste unter dem Erdboden und griffen die zu Hilfe gekommenen Krieger an. Es war ein brillanter Plan meines Bruders gewesen.
Als zum dritten Mal das Horn ertönte durften Hvitserk und ich nun endlich wieder kämpfen. Wir metzelten mehr Sachsen nieder, als wir überhaupt zählen konnten. Es war wahrlich eine wunderbare Schlacht.
Ivar stand auf einer Erhöhung in den Bäumen und sah von dort oben zufrieden zu.

Ivars letzter Schachzug war es die Königin zu enzführen. Im ersten Augenblick schien alles nach Plan zu laufen, doch König Alfred bemerkte die Entführung und griff ein, die Königin floh in den tiefen Wald.

Als das Horn erneut ertönte war der Nebel bereits so dicht, dass man nichts mehr sehen konnte.
"Tjara.", Hvitserk packte mich und zog mich vom Schlachtfeld, denn dies war das Zeichen uns zurück zu ziehen.

Kurz bevor wir unser Lager erreichten stoppten Hvitserk und ich und warteten auf Ivar.

"Du weißt, was nun zutun ist?", Hvitserk legte eine Hand an meine Wange und sah mich an.
Ich nickte, "Ich werde Ivar zurück zu König Alfred begleiten.", sagte ich, als wäre es etwas Alltägliches.
Stolz klopfte er mir auf die Schulter und schob mich in Richtung Ivar, der gerade ankam.

So schnell mein Bruder konnte machten wir uns auf den Weg. Als wir uns unseren Weg durch die Feinde bahnten, wurden die Waffen gezogen, doch König Alfred herrschte seine Krieger an, die Waffen zurück zu stecken.

Einer unserer Männer brachte eine weiße Fahne und stach sie in den Boden, bevor er wieder abzog.
In Höhe dieser Fahne hielten Ivar und ich an und sahen durch die Menge.
Plötzlich verbeugte Ivar sich, "Ich Grüße euch.", sagte er mit falscher Freundlichkeit und stieß mich an, damit ich mich auch verbeugte.
Mein Bruder holte die alte Schachfigur heraus, "Dieses Spiel brachtet ihr mir bei."

"Und ihr spielt es ziemlich gut, Ivar. Es ist sehr lange her."

"Sieben Jahre.", flüsterte Ivar, "Darf ich euch meine jüngere Schwester Tjara vorstellen?", Ivar schob mich ein Stück nach vorne.

"Ich grüße euch, König Alfred.", sagte ich und trat wieder ein Stück zurück.

Alfred nickte mir kurz zu, "Unsere Väter sind bereits beide tot, wir beide wurden Könige...und wir kämpfen immer noch gegeneinander, wie unsere Väter. Ich hoffe auf ein baldiges Ende dieses Kreislaufs."

"Einverstanden. Ich schlage vor, dass wir eures Willens diese Schlacht nun beenden und Frieden schließen, wir tauschen Geiseln aus und leben weiter um wichtigere Kämpfe auszufechten. Was haltet ihr von dem Vorschlag?", fragte Ivar.

"Ich muss euer Angebot ablehnen.", sagte König Alfred sehr schnell, "Ihr seid ohne Einladung gekommen. Niemand will euch hier haben. Ihr wollt nur Frieden, weil ihr Angst habt zu verlieren. Ihr wollt keinen Frieden, stimmt's? Ivar der Knochenlose will auf der Welt nur Angst und Schrecken verbreiten. Ihr habt kein Mitleid für das gewöhnliche Volk."

Mein Bruder fing an zu grinsen, doch ich merkte, dass ihm die Worte des Königs nicht gefielen, jedoch sagte er nichts.

"Ihr wollt nur Aufschub, damit ihr euch sammeln könnt und dann ruft ihr andere Nordmänner zur Unterstützung. Ihr wollt nur töten und Ruhm ernten. Mein Gott ist der Gott des Friedens und der Liebe."

Ich konnte mir das Lachen nicht verkneifen und sah grinsend zu Ivar.

"Eure Götter wollen Opfer. Für sie ist Liebe ein Rätsel, eine Schwäche und Ihr haltet mich für schwach. Doch Ihr täuscht euch, eure Götter haben euch fehlgeleitet. Sie glauben der Tod siegt über das Leben, aber das ist nicht so."

Ivar schien von König Alfred Rede unbeeindruckt zu sein, "Heißt das also nein? Ich war mir nicht sicher, ich dachte ihr würdet christliches Erbarmen für eure Krieger zeigen.", er zog die weiße Flagge aus der Erde.
"Alfred, ihr seid in der Unterzahl. Die letzten aus Wessex."

"Ivar.", Alfred legte eine Hand auf die Flagge, "Erbarmen für meine Krieger geht zu weit. Ich überlasse sie nicht eurer Gewalt und Schreckensherrschaft. Sie leben oder sterben für die Liebe Gottes, für ihr Land. Warum geht ihr nicht einfach wieder? Gebt auf, rettet eure Leute."

Genervt sah Ivar Alfred an und schmiss die Flagge zu Boden, "Dann ist es also entschieden.", sagte er voller Hass und verließ mit mir im Schlepptau die Feinde.

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