63. Lager in England

Einige Nächte später erreichten wir endlich England.

Es war neblig und nass, als wir durch die schmalen Flüsse in das Landesinnere fuhren.
Ivar und Hvitserk sahen sich wachsam um.
"Hier ist es gut.", sagte Ivar ruhig und gab den anderen Schiffen ein Zeichen.

Wir schlugen unser Lager am Ufer auf, schnell standen viele Zelte.

Später versammelten König Harald, Ivar, Hvitserk und ich uns, um den Angriff vorzubereiten.
Viele Krieger standen um uns herum und hörten gespannt zu.

"Wir sollten nicht den Hof von König Alfred angreifen.", König Harald sah in die Runde.
Ivar nickte zustimmend, "Das sehe ich auch so, wir müssen den König aus seiner Festung locken. Wir müssen auf einem Schlachtfeld unserer Wahl kämpfen."

"Und wo soll das sein?", fragte Hvitserk.
Erwartungsvoll sahen wir Ivar an, der nach kurzer Überlegung mit einem Stock auf die Karte in unserer Mitte tippte, "Hier. Ich erinnere mich daran. Ich war mit Vater dort, er trug mich einen steilen Felsen hinauf. Dort oben sind Überreste einer alten Festung.", Ivar sah mich an, "Als er in das Tal blickte, sagte er dieses Feld eignet sich wunderbar für eine Schlacht."

"Wenn unser Vater das dachte, dann sollten wir dort kämpfen.", sagte ich, während ich mit einem Finger über den Ort auf der Karte strich.
König Harald und Hvitserk nickten zustimmend.

Im Laufe des Tages fingen viele Männer und Frauen mit den Vorbereitungen an, viele stellten Waffen her und testeten sie.
Ich selbst ging neugierig durch das Lager, lange ist es her, dass ich an diesem Ort gewesen bin.
Damals waren meine fünf Brüder dabei, heute sind es nur noch zwei, doch das sollte uns niemals aufhalten in die Schlacht zu ziehen.

Dennoch dachte ich oft an Ubbe. Ich wusste, dass ich ihn verraten hatte und einfach gegangen bin, doch er hatte damals auch Ivar und mich verraten.

"Nur die Götter wissen, wo du nun bist, Bruder.", sagte ich seufzend und setzte mich gegen einen umgefallenen Baum leicht abseits vom Lager.
Ich beobachte die Menschen und suchte meine Brüder, doch sie waren weit und breit nicht zu sehen.
Kurz darauf entdeckte ich Nels, mit zwei weiteren Kriegern, die ein Tier erlegt haben, ins Lager brachten und schließlich in einem großen Zelt verschwanden.

Ich schluckte und stand mit einem mulmigen Gefühl auf, um ihnen zu folgen.
Kurz vor dem Zelt blieb ich stehen und lauschte.

"Sie ist die Schwester von König Ivar dem Knochenlosen.", hörte ich jemanden flüstern, "Zudem ist sie eine der besten Kriegerinnen in ganz Kattegat, wenn nicht sogar in ganz Norwegen.", fügte ein anderer hinzu.

"Sie ist Ragnar Lothbroks Tochter, die Götter standen ihr leben lang an ihrer Seite. Sie ist etwas Besonderes, denn sie lässt sich auch mit Bauernjungen, wie ich es einst war ein, trotz ihrer Abstammung ein.", sagte Nels energisch.

Kurze Zeit herrschte Stille.

"Doch König Ivar kann mich nicht leiden, er taucht immer auf, wenn ich versuche ihr näher zu kommen. Er hat meinen Bruder umgebracht, er hat zwei seiner Brüder umgebracht und er wird nicht davor zurückschrecken mich zu erschlagen.", flüsterte Nels nun eingeschüchtert.

"Mein Bruder versucht jeden von mir fern zu halten.", sagte ich, als ich eintrat und mich zu ihnen setzte.
Die zwei Krieger sahen mich entgeistert und schockiert zugleich an. Waren sie über meine Worte entsetzt oder darüber, dass ich, die Tochter von Ragnar mich zu ihnen setzte.

"Das sind Thorin und Kjell.", Nels nickte knapp.

Interessiert sah ich Thorin an, "Thorin. Wie Thor.", anerkennend nickte ich ihm zu und wendete mich Kjell zu, dessen Name ich noch nie zuvor gehört hatte, ihm nickte ich ebenfalls zu.

"Ich bin Tjara Lothbrok, Tochter von Ragnar und Schwester von vielen."

Lachend sahen die beiden zu Nels.

"Wir wissen wer ihr seid.", sagte Kjell.

Er hatte wunderschöne tiefblaue Augen und braune Haare, die zu einer besonderen Friesur zusammengeflochten waren.
Thorin hingegen hatte Blonde kurze Haare, beide waren kräftig gebaut und mit Sicherheit sehr gute Krieger.

Ich bemerkte, dass Nels unsicher vor sich hinstarrte und mir immer wieder Blicke zuwarf, doch ich ignorierte dies und erhob mich wieder.

"Ich hoffe ihr seid bereit für die große Schlacht.", ich blickte kurz jeden an und verließ das Zelt.
Erleichtert atmete ich aus, denn die Stimmung dort drin war kaum auszuhalten.
Ich glaube ich brauche Met, dachte ich mir und machte mich auf die Suche nach bekannten Gesichtern. Doch als ich nach einer gefühlten Ewigkeit niemanden fand, setzte ich mich in das große Zelt meiner Brüder und mir und nahm mir Bier, welches bereitstand.
"Besser als nichts.", murmelte ich vor mich hin und trank einen Becher leer. Anschließend legte ich mich auf den Bauch und begann die Karte, auf der auch unser künftiges Schlachtfeld verzeichnet war zu studieren.
Sie war merkwürdig aufgebaut, doch wenn unser Vater sagte, dass der Ort, an dem wir kämpfen werden gut für eine Schlacht sei, denn ist dem auch so.
Müde rollte ich die Karte zusammen und legte sie weg.

Aus der Ferne hörte ich Stimmen, die immer näherkamen, "So darfst du nicht denken, Ivar."

"Du hast Recht.", stimmte dieser zu, als er mit Hvitserk um Schlepptau das Zelt betrat.

Langsam setzte ich mich aufrecht hin, als beide mich erwartungsvoll ansahen.
Ivar kam auf mich zu und beugte sich langsam zu mir herunter, "Ich habe meine Augen und Ohren überall, vergiss das niemals, Schwester.", flüsterte er.

Mir lief ein kalter Schauer den Rücken herunter, doch ich versuchte seine Worte zu ignorieren, "Ich habe euch beide gesucht."

"Wir saßen am Ufer des Flusses.", Hvitserk setzte sich schwungvoll neben mich und entfernte sein Schwert vom Gürtel.

Ivar warf einen prüfenden Blick vor das Zelt, wo bereits seine Wachen standen, "Wir legen uns schlafen, es liegt viel Arbeit vor uns.", wie ausgewechselt lächelte er mir nun zu und legte im vorbei gehen seine Hand kurz auf meinen Kopf, "Schlaft nun.", wiederholte er sich fast.

Ich tat es Hvitserk gleich und legte meine Waffen neben mir ab.
Anschließend rückte ich die Felle auf dem Boden zurecht und legte mich schlafen.

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