55. Prinz Dir

"Ivar. Hvitserk.", ich sah meine Brüder an, "Wir brauchen einander.", flüsterte ich.

Hvitserk sah kurz zu mir und wendete sich anschließend wieder Ivar zu, "Mein Schicksal ist es dich umzubringen. Also bleibe ich wohl besser bei dir.", sagte er ernst.

Entsetzt sah Ivar ihn an, "Also. Ich habe erfahren, dass Prinz Oleg einen Bruder hat, Prinz Dir. Ich habe einen Vertrauten losgeschickt und Prinz Dir würde uns helfen Oleg zu stürzen."

"Natürlich möchte Ivar nicht über Kiew herrschen, doch um unsere Ziele zu erreichen, muss Oleg aus dem Weg geschafft werden.", ergänzte ich und sah Hvitserk prüfend an.

Er nickte leicht und sah zu Ivar, "Diese Christen werden in ein paar Tagen ein Fest feiern. Sie sind noch nicht lange Christen und die Stadt wird in Aufregung sein. Viele Rus werden kommen, um dieses Fest zu erleben. Jeder will sehen, wie es hier zugeht."

"Das ist die Gelegenheit die Stadt zu verlassen und Prinz Dir aufzusuchen.", flüsterte Ivar und sah uns an, als hätte er einen Plan.

Einige Tage später war es schon so weit.
Ivar wollte seinen Plan endlich umsetzten.
Es war früh am Morgen und die Christen hatten sich versammelt, um ihr Fest zu feiern.

Wir wussten nicht, was Ivars Plan war, doch wir folgten ihm durch die Stadt, es schien, als würden wir nur ein wenig durch die Stadt laufen, ohne einen Plan zu haben.
Doch plötzlich erschienen links und rechts neben uns Männer, die wie die Wachen von Oleg aussahen.

"Es ist alles vorbereitet, König Ivar. Ihr und eure Geschwister werdet den Osttunnel nutzen. Am Ende des Tunnels warten Pferde auf euch.", Ivar sah weiter geradeaus und tat, als würde er den man nicht kennen, doch er nickte kurz.

"Wir werden für eure Rückkehr alles vorbereiten, König Ivar.", flüsterte der andere Mann, der ebenfalls unsere Sprache sprach.

Sie verschwanden so unscheinbar, wie sie erschienen waren.

"Was soll das heißen, Ivar?", fragte ich ihn.

Er lachte, "Glaubst du, wir sind die einzigen, die König Oleg loswerden wollen?", flüsterte er und ging schnurstracks weiter.

Kurz sah ich zu Hvitserk, der Ivar schnell folgte.
Wir kamen an einer winzigen Scheune an, vor der ein Mann stand.
Als er uns erblickte, öffnete er eine kleine Nebentür und ließ uns unauffällig verschwinden.
Im Vorbeigehen flüsterte er Ivar noch etwas zu.
In der Scheune führte eine Treppe weit hinab ins Dunkle.
Hvitserk griff sich zwei Fackeln und übergab mir eine.

"Und es ist sicher keine Falle?", fragte ich Ivar unsicher.

Er verdrehte die Augen und schubste mich voran.
Je tiefer unter der Erde wir waren, desto kälter uns nasser wurde der schmale Gang.
Es schien, als wäre es ein Gang, den nicht einmal der Prinz kannte, denn er war sehr bröckelig und uneben gegraben.

Keiner von uns sagte ein Wort, denn wir waren zu gespannt, wo wir am Ende rauskommen würden.
Es fühlte sich an, als wenn wir mindestens einen Tag dort unten waren, bis wir schließlich aus einem Felsen im Wald herauskamen.

Ivar war sichtlich geschafft und ließ sich auf den Boden fallen. Schnell hockte ich mich vor ihn und sah ihn an. Doch er hob nur die Hand und sah zur Seite.
Ich wusste, dass es heißen sollte, dass ich ihn in Ruhe lassen soll und er keine Hilfe oder der gleichen wollte.

Hvitserk, der sich währenddessen umgesehen hatte, trat näher, "Ivar.", sagte er mit ernster Stimme, "Hier sind weit und breit keine Pferde zu sehen.", flüsterte er und legte seine Hand an den Griff seines Schwertes.

Überrascht sah ich mich um.
Wir waren mitten in einem Wald. Er sah anders aus, als die Wälder in Norwegen, er war dichter und schien grüner zu sein.

Mühsam richtete Ivar sich wieder auf und sah sich um.
Er wischte sich konzentriert über sein Gesicht und ging zum Felsen, aus dem der Tunnel führte.
Nachdenklich wischte er über verschiedene Zeichen, die links und rechts an den Mauern des Felsens waren.
Schließlich sah er in eine Richtung, "Wir müssen hier entlang.", sagte er entschlossen und ging voran.

"Aber warum sind hier keine Pferde, Ivar? Ist es doch eine Falle?", fragte ich leise.

Mein Bruder schüttelte den Kopf, "Wären wir in eine Falle gelaufen, wären wir schon tot. Auf diesem Weg müssen wir auf die Pferde treffen."

Und er hatte Recht. Nach einem kurzen Fußmarsch, standen wir auf einer Lichtung, auf der drei braune Pferde an die Bäume angebunden waren.

Hvitserk blieb stehen und atmete erleichtert aus.
Glücklich ging ich auf eines der Pferde zu und streichelte es leicht, bevor ich es vom Baum löste.

Hvitserk half Ivar sehr mühevoll auf das Pferd zu kommen.
Als es ihnen schließlich gelungen war ritten wir los.
Ivar wusste genau in welche Richtung wir mussten.
Schließlich standen wir vor einer hölzernen Festung, mitten im Wald, vor der Wachen standen.
Die Wachen kamen drohend auf uns zu, doch Ivar sprach mit ihnen.
Scheinbar sagte er, wer er war und dass Prinz Dir uns erwarten würde.

Ohne lange zu zögern, ließen uns die Männer in die Festung. Scheinbar wussten sie, dass der Prinz Pläne mit uns hatte.

Sofort kam ein Mann und führte uns durch die Stadt, direkt zum König.
Hvitserk und ich stiegen vom Pferd und halfen schließlich unserem Bruder auch von seinem herunter zu steigen.
Ich gab ihm seinen Gehstock und wir gingen die Holztreppe zu einer art Halle hinauf und traten ein.
Dort wurden wir mit großem Gejubel empfangen. Hier fühlte ich mich gleich viel wohler, als in Kiew.

Plötzlich trat ein Mann aus der Menschenmenge hervor, "König Ivar.", sagte sie freundlich lächelnde Mann.
Er kam auf Ivar zu und begrüßte ihn fast wie einen alten Freund, "Ich wusste nicht, wie ihr es anstellen würdet aus Kiew zu fliehen, doch ich war mir gewiss, dass ihr es schaffen würdet.", er lächelte jeden von uns an und wendete sich schließlich seinem Volk zu, "Schon morgen beraten wir uns über unseren Angriff auf Kiew.", rief er freudig, "Es wird eine große Herausforderung sein, doch es muss getan werden! Also müssen wir uns sehr gut vorbereiten.", sagte Prinz Dir sehr ernst.

"Kommt.", flüsterte uns der Prinz zu, während das Volk begann zu feiern.





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