33. Nächtlicher Besuch
Ich legte mich in mein Bett, doch schlafen wollte ich noch nicht.
Ich sah hinauf an die Decke und fragte mich, wo Ivar hingehen würde.
Langsam verschränkte ich die Arme hinter dem Kopf.
Auch wenn ich es mir nicht eingestehen wollte, war ich sehr müde und schlief kurze Zeit später schon ein.
Tief in der Nacht wachte ich auf. Ich war mir sicher draußen etwas gehört zu haben.
Leise richtete ich mich auf und lauschte.
Ich hörte wieder das Knacken, welches mich geweckt hatte. Es war jemand in der Halle, da war ich mir sicher.
"Ivar!", zischte ich flüsternd, doch keine Reaktion von meinem Bruder.
Ich griff mir meine Axt und Ivars Messer.
"Ivar!", ich versuchte es erneut, als ich an ihm vorbei ging, doch vergebens.
Leise schlich ich mich in die Halle, wo ich bemerkte, dass meine Vermutung richtig war.
Dort schlich ein bewaffneter Mann herum, doch er war ganz alleine. Dies war eher unüblich für einen Überfall, außerdem wo waren die Wachen? Wie ist der Mann an ihnen vorbeigekommen?
Ich schlich mich an den Mann heran und richtete meine Axt auf ihn, "Wer bist du? Was machst du hier?"
Ohne mir zu antworten zog der Mann sein Schwert und griff mich an.
Wir kämpften gegeneinander, bis er schließlich zu Boden ging.
Ich drückte ihn mit meinem Knie runter und hielt ihm Ivars Messer an die Kehle, "Was willst du hier? Sprich oder stirb.", drohte ich ihm, "Wolltest du meinen Bruder umbringen?", ungehalten zischte ich den Mann an.
Doch er grinste einfach nur.
Da ich mir sicher war aus diesem Mann nichts mehr herauszuholen, erhob ich meine Axt und rammte sie ihm immer und immer wieder in den Brustkorb, "Niemand bedroht meinen Bruder!", schrie ich dabei.
Ich spürte die Wut in mir, wie lange nicht mehr. Es tat gut diesen Mann zu töten, nicht nur, weil er es verdient hatte, sondern, weil ich große Wut hatte, die endlich raus musste.
Das Blut lief an meinen Wangen herunter. Er war schon lange tot, doch ich schlug immer weiter mit meiner Axt auf ihn ein.
Plötzlich ertönte hinter mir die Stimme meines Bruders, "Er ist tot, Tjara.", sagte er gelassen und kam immer näher, doch ich konnte nicht aufhören, ich war so in Fahrt, dass ich nicht mehr wusste, was ich tat.
Sanft legte mein Bruder, der inzwischen bei mir angelangt war, seine Hand auf meine Schulter, "Es reicht, kleine Schwester.", flüsterte er und holte mich aus meinem Wahn zurück.
Langsam drehte ich meinen Kopf zu ihm und sah ihn an, "Ich war mir sicher, dass er dich töten wollte, Ivar.", sagte ich außer Atem.
Ivar stieß mit seinem Stock gegen den leblosen Körper.
Langsam richtete ich mich auf und sah zur Tür, "Wo sind deine Wachen, Ivar?"
Ich drückte ihm sein Messer in die Hand und ging zur Tür.
Weit und breit waren keine Wachen zu sehen.
Mein Bruder folgte mir und sah sich um, "Wasch dein Gesicht und leg dich wieder schlafen, das ist nun meine Angelegenheit."
"Nein, ich bleibe bei dir.", sagte ich entschlossen und wollte gerade die Stufen der Halle herunter gehen, als Ivar mein Arm packte und mich zurückzog, "Ich brauche niemanden, der mich beschützt, ich bin ein Gott, ich bin unsterblich.", lachend schubste er mich in die Halle zurück.
Stumm ging ich zu dem Man hinüber und sah ihn an. Vielleicht gehörte er ja zu den Männern, die Ivar hat aufhängen lassen.
Seufzend befolgte ich Ivars Anweisungen und begab mich zurück in mein Bett.
Nach langem hin und her wälzen stand ich wieder auf, ich konnte nicht mehr schlafen und Ivar war auch noch nicht zurückgekehrt.
Ich verließ das Hinterzimmer, betrat die Halle und setzte mich vor mich hinstarrend auf Ivars Thron.
Wenn Ivars Wachen nicht im Stande waren uns zu beschützen, musste ich es eben selbst in die Hand nehmen.
Ich hielt meine Axt in der Hand und strich über den Griff, als 3 wachen eintraten. Zielstrebig gingen sie zu der Leiche und trugen sie unsanft aus der Halle.
Ivar trat herein. Auf ihm lag ein verbissener Ausdruck, als er mich auf seinem Thron sitzen sah.
"Du solltest doch schon längst am Schlafen sein, Tjara.", seufzte er und kam auf mich zu.
Ich antwortete nicht und sah weiterhin stumm auf meine Axt.
"Auch wenn du meine Schwester bist, dulde ich nicht, dass du dich auf meinem Stuhl niederlässt. Jeden Falls nicht, wenn die Halle von Menschenmengen überfüllt ist.", mein Bruder blieb vor mir stehen.
Ich sah ihm an, dass er wütend war, seine wachen hatten ihre Posten ohne Anweisungen dies zu tun verlassen.
"Ich werde wach bleiben und uns schützen.", prüfend sah ich ihn an, "Wenn die Wachen das schon nicht können.", murmelte ich noch leise.
Ivar schüttelte mit einem künstlichen Lächeln den Kopf, "Das wird ganz gewiss nie wieder vorkommen."
Ein wenig enttäuscht sah ich zu Boden, doch dann erhob ich mich und ging schlafen.
Am nächsten Tag schlief ich trotz der nächtlichen Störung nicht länger.
Ich stand vor Ivar auf und verließ die Halle, um Hvitserk einen Besuch abzustatten.
Kattegat war noch verhältnismäßig ruhig, als ich am Wasser entlang zu der Hütte meines Bruders ging.
Es war eiskalt, also schlug ich die Tür zu seiner Hütte auf und setzte mich schnell ans Feuer.
Daraufhin sah ich mich um, doch statt in die Augen meines Bruders, sah ich in die Augen einer Frau, die mich weder entsetzt noch überrascht ansah.
Mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen begrüßte sie mich, sie kannte sogar meinen Namen.
"Ich bin Thora.", sagte sie und brachte mir im nächsten Moment schon etwas zum Essen.
"So wie Thor.", ich grinste und nahm dankend das Essen entgegen.
Ich fand heraus, dass sie die Freundin von Hvitserk war, warum hatte ich sie noch nicht kennengelernt?
Sie erzählte mir, dass mein Bruder einen Auftrag von Ivar bekommen hatte und schon früh aufgebrochen war.
Sie bot mir an noch eine Weile zu bleiben. Wir redeten sehr nett, ich konnte mich nicht einmal mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal so ein Gespräch von Frau zu Frau hatte.
"Wieso hast du keine eigene Hütte? Als Schwester vom König könntest du doch jede haben.", immer noch lächelnd sah sie mich an.
Ich zuckte kurz mit den Schultern, "Ivar und ich, wir sind unzertrennlich.", noch während ich sprach griff ich zu meinem Krug und trank einen großen Schluck, während ich auf ihre Reaktion wartete.
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