16. König Egberts Schicksal

"Ich verstehe nicht, was es zu entscheiden gibt.", sagte Ivar, der auf einem alten Stuhl saß.

"Wir machen ihn zum Blutadler, so wie Aelle auch.", sagte ich schulterzuckend.

Björn schüttelte den Kopf.

"Egbert ist so schuldig, wie Aelle und sollte genauso bestraft werden.", ergänzte Ivar.
Ich habe gesehen, wie Egbert Vater an Aelle ausgeliefert hat."

"Wir alle kennen dieses Gefühl, Ivar!", rief Björn und ging auf ihn zu, "Niemand streitet ab, was du sagst. Aber manchmal, manchmal müssen wir Entscheidungen ohne unsere Gefühle treffen und überlegen, was das beste für unser Volk ist!"

"Ich weiß, was das Volk will, Björn. Es will, was ich will.", Ivar lachte laut und stieß mich lachend an.
"Du machst Dinge schwieriger als sie sind, weil du denkst, dass du dann schlau aussiehst.", setzte Ivar oben drauf.

"Wenn wir Egbert einfach umbringen, was ist dann, Ivar?"

"Na dann ist er tot, Ubbe."

Ich lachte auf, "Da hat er Recht."

"Unser Vater wollte nicht töten oder Schlachten gewinnen, er wollte hier Land haben und Siedlungen aufbauen.", Ubbe sah mich autoritär an.

"Und was ist damit geschehen, Ubbe?", hakte ich provokant nach.

"Er hatte damals keinen König als Geisel und keine große Streitmacht. Wir schon.", Hvitserk sah uns an.

"Was ist mit dir, Sigurd, du warst bis jetzt sehr schweigsam.", Ivar drehte sich zu ihm um und wir sahen ihn alle an, "Du hast doch wohl auch eine Meinung."

"Ich bin deiner Meinung."

"Wie bitte?", fragte Ivar unseren Bruder, als hätte er sich verhört.

Ich sah Sigurd verwundert an. Hat er tatsächlich gerade gesagt, dass er auf Ivars Seite ist?

"Wir sollten ihn zum Blutadler machen.", Sigurd sah zu Egbert hoch, "Aber ich bin nicht sicher, wie die anderen darüber denken."

"Ich sage, dass wir das tun, was unser Vater wollte.", Björn stand inzwischen mit dem Kopf gegen eine Säule gelehnt.

"So kommen wir niemals weiter!", aufgebracht sah ich meine Brüder an, "Wir können nicht auf unsere Gefühle hören und wir können nicht machen, was unser Vater wollte. Was sollen wir dann machen Björn?", gereizt sah ich zu ihm.

Er hob den Kopf vom Pfosten, strich sich über sein Gesicht und schwieg einen Moment lang, dann verließ er den großen Raum.
Ich sah ihm kurz hinterher, bis Ubbe sich erhob und mich kopfschüttelnd ansah, er folgte Björn.

Ich sah zu meinen übrig gebliebenen Brüdern.
Hvitserk sah mit verschränkten Armen zu Boden, Sigurd stand gegen eine Wand gelehnt und starrte ins Leere und Ivar schien sich wieder einmal etwas auszudenken.
Schließlich seufzte Hvitserk laut auf und verließ uns mit Sigurd im Schlepptau.

Ivar sah kurz zu Tür, "Ich will ihn zum Blutadler machen."
Er sah mich entschlossen an.
"Was ist deine Meinung dazu?"

Ich holte tief Luft und sah zu König Egbert hoch, "Er muss sterben für das, was er Vater angetan hat. Es muss lange und schmerzvoll sein. Stück für Stück.", ich sah zu Ivar.
"Jedoch werden unsere Brüder uns übergehen. Björn wird sicher nicht tun, was wir für richtig halten."
Ivar nickte nachdenklich.

Wir saßen noch einige Zeit in dem Raum herum. Ivar polierte seinen Helm, ich hantierte nachdenklich mit meiner Axt herum.
Plötzlich öffneten sich die Türen und Björn trat ein.
Er schien uns zu ignorieren und kam vor dem Käfig des Königs zum Stehen.
Er redete mit ihm in einer anderen Sprache.
"Das kannst du nicht machen.", schrie Ivar schließlich.
Björn kam auf ihn zu, "Das kann ich nicht machen?", er deutete auf die Tür, "Dort draußen stehen viele Männer, die auf unsere Entscheidung warten. Wir können nicht noch länger zanken, bis wir uns einig sind!"
Er sah kurz zu mir herüber, es schien als würde er warten, dass ich diskutieren würde. Doch da ich nicht wusste worum es ging sah ich ihn schweigend an.
Selbstsicher verließ er uns auch schon wieder.
"Er hat sein Land für eine Siedlung angenommen.", sagte Ivar schließlich, "Er darf sich seinen Tod aussuchen.", er verzog das Gesicht und verließ mich.

Ich packte meine Axt und stand auf, ich wollte noch mehr erkunden.
Ich wanderte umher und blieb vor einem völlig zerstörten Haus stehen. Mit meiner Axt stocherte ich in den Trümmern herum, ich wusste selbst nicht, was ich mir davon erhofft hatte.
Ich irrte ein wenig herum, doch es gab nichts interessantes mehr zu sehen, also begab ich mich zurück in den großen Raum, in dem ich zuvor mit Ivar saß.

Ich trat ein und schloss die Türen hinter mir. Als ich mich umdrehte bemerkte ich, dass der Käfig auf dem Boden stand und Egbert verschwunden war.
Ich war mir sicher, dass er inzwischen tot war.
Seufzend setzte ich mich schwungvoll auf einen hohen Tisch am Ende des Raumes.
Ich hoffte, dass meine Brüder zurückkehren würden oder wenigstens einer von ihnen, mir war sogar egal wer.

Als könnte er meine Gedanken lesen stand Ubbe plötzlich in der Tür, "Komm, wir wollen feiern, Tjara.", er lächelte mich an und ich folgte ihm hinaus.

Draußen waren alle schon in Feierlaune. Für uns, die Kinder Ragnars wurde eine große Tafel auf einer Erhöhung gedeckt.
Ich setzte mich zwischen Ivar und Ubbe.
Ivar schien immer noch wütend zu sein, er wechselte nicht einmal mehr mit mir einen Blick.
Er saß nur dort und aß.
Ich tat es ihm gleich, denn ich hatte inzwischen einen riesigen Hunger bekommen. Glücklich saß ich nun zwischen meinen Brüdern, denn es gab keinen Ort, an dem ich gerade lieber sein würde.

Nach dem Essen hielt Björn eine Rede, "Wir haben gesiegt.", begann er, "Mit einer Streitmacht unserer Völker. Nicht nur über ein, sondern über zwei Königreiche.", alle begannen zu Jubeln.
"Wir, meine Brüder, meine Schwester und ich hatten die Pflicht den Tod unseres Vaters zu rächen. Dies haben wir getan und zudem den Traum unseres Vaters erfüllt. Denn wir haben Land zugesichert bekommen, es gehört uns und wir werden es bebauen. Nun liegt es an uns Siedler hier her zu schaffen. Leider werde ich nicht hier sein, um zu sehen wie die Siedlungen wachsen. Mein Schicksal führt mich fort. Ich werde weiter das Mittelmeer erkunden. Aber meine Geschwister werden für euch da sein.", er lachte, "Skål!"

Ich sah leicht lächelnd zu Ivar, der tief Luft holte, "Ich werde da sein. Aber nicht um zu siedeln und Land zu beackern. Wer will in dieser Zeit ein Bauer sein? Es gibt noch mehr andere Orte, wir haben eine große Streitmacht und ich will diese Orte überfallen. Diejenigen, die das auch wollen sollten mit mir kommen. Und die, die das nicht wollen, sollten sich fragen Wer kann sich uns jetzt noch in den Weg stellen?"

Unsere Leute jubelten. Sie jubelten noch lauter, als bei Björns Rede.

Ubbe lehnte sich vor und sah Ivar fast väterlich an, "Du kannst diese Streitmacht nicht anführen."

"Das will ich auch nicht, Ubbe. Ich werde nur die, die die richtige Entscheidung treffen werden anführen."

Ivar wendete sich dem Volk zu, "Wer von euch wird sich mir anschließen und für Ehre und Ruhm kämpfen?"

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