teure Schuhe

 Kapitel 19
Nora wurde zwangsweise an die Nacht erinnert, in der sie sich freiwillig in Alecs Hände begeben hatte und war noch immer der Meinung, dass er sie gerettet hatte. Und so sollte sie jetzt auch nicht daran zweifeln. Aber es war schwer daran festzuhalten, wenn er sie ansah wie jetzt. Wie ein Wolf, der seine Fangzähne in ihr Fleisch bohren wollte und im Schatten einer kalten Winternacht darauf lauerte, mehr zu kosten als nur ihr ängstliches Blut.
Ihr ging das Warten auf den Geist, denn alles in ihrem Inneren wartete nur darauf, dass er damit beginnen würde sie zu Konditionieren, was fast schon schlimmer war als sein Vorhaben an sich. Sie hatte ja schon einmal über die Qual des Wartenden-Momentes philosophiert. Es war Jahre her, aber ähnlich grausam. Nora war nie sonderlich geduldig gewesen und das würde sich jetzt wohl auch nicht ändern.
„Du hast nicht gegessen," stellte Alec missmutig fest und betrachtete die unangetasteten Fastfood-Tüten, die er von einem Imbiss in der Nähe mitgebracht hatte. Zum Frühstück. Nora konnte sich nichts Ekelhafteres vorstellen als Burger am Morgen.
„Ich bleibe lieber bei meinen Smoothi", entgegnete sie trotzig und versuchte, die nach Fett riechende Tüte nicht wie ein verwöhntes Kind einfach beiseite zu wischen. Obwohl ihr gerade nichts lieber war als ein handfester Streit, der ihn auf die Palme brachte.
Alec hatte solches Feingefühl für Nahrung nicht und hatte ungeachtet der Tageszeit zwei Bürger und einen Haufen Pommes vertilgt, als hätte er seit Monaten nichts mehr gegessen. Er starrte von seinem Computerbildschirm vor ihr hoch und zuckte mit den Schultern.
„Vielleicht bekommen wir unterwegs einen dieser abgepackten Salate", sagte er so sanft, dass sie glaubte Verständnis in seiner Stimme zu hören. Man konnte von ihrer „Gefangenschaft" halten was man wollte, aber er hatte ihr ihre verwöhnten Attitüden immer durchgehen lassen, als gefiele es ihm eine Prinzessin zur Geisel zu haben. Als ob es ihm gefallen würde, sie zu verwöhnen und nach belieben zu missbrauchen. Und das hatte er getan. Nach den doch eher sanften Sex von gestern Abend, war sie heute Morgen von einem brutalen Fick geweckt worden, bei dem sie erst wachgeworden war als er schon in ihr wahr und sich einen scheiß darum gekümmert hatte, ob sie bereit war ihn aufzunehmen.
Man könnte dem Gedanken erliegen, dass es sich um eine Vergewaltigung gehandelt hatte und das Brennen zwischen ihren Beinen schien ihr recht zu geben. Aber bei einem tatsächlichen Missbrauch reagierte das Opfer nicht, wie sie reagiert hatte. Ergeben hatte sie seine Stöße hingenommen und war dabei einmal mehr so heftig gekommen, dass es ihr den Atem geraubt hatte. Vielleicht hatte Alec recht, was brutalen Sex anging und sie stand tatsächlich drauf. Aber eine leise Stimme in ihren Hinterkopf sagte ihr ganz deutlich, das sie schlicht und ergreifend auf Alec stand. Er ist der erste Mann, zu dem sie sich tatsächlich hingezogen fühlte und diese ständige Aura von Gefahr, die um ihn herum schwebte, turnte sich zusätzlich an.
Nora glaubte nicht daran, dass Alec sie tatsächlich konditionieren könnte. Er hatte keinerlei psychologisches Verständnis das durchzuziehen und da sie ein verdammt schwereres Opfer war, weil sie wusste wie es funktionierte. Aber vielleicht war das gar nicht mehr nötig, vielleicht waren ihre großen Worte von gestern Abend genau das: Worte. Ihre Weigerung ihn zu lieben klang im Nachhinein albern. Nur weil sie ihm diese Gefühle nicht zeigte und sie diese nicht akzeptierte, hieß es ja nicht, dass sie nicht da waren. Die Liebe war da irgendwo. Tief in ihr drinnen, vergraben unter einem Haufen aus Angst und Stolz.
„Beeil dich mit dem Packen, ich will in einer viertel Stunde von hier we..."
Es klopfte und Alec hielt mitten im Satz inne. Ebenso wie Nora, die wie erstarrt auf die Zimmertür starrte und nur aus den Augenwinkeln sah, wie Alec misstrauisch die Augenbrauen zusammen zog und ihr Wortlos eine Waffe über den Tisch zuschob. Nora griff nach der kleinen Handfeuerwaffe, erhob sich langsam und ging in Richtung Bad – den einzig anderen Raum in dieser Unterkunft. Sie wusste, was zu tun war wenn es zu Zwischenfällen kam. Trotz all ihrer Konflikte mit Alec, all ihrer Differenzen funktionierten sie irgendwie zusammen und zumindest für außenstehende wirkten sie immer wie ein Team. Das sie sich gegenseitig misstrauten, Pläne schmiedeten um den jeweils anderen zu Fall zu bringen und sogar Mordgedanken hegten, ging niemanden etwas an.
„Wenn jemand durch die Tür zu dir hereinkommen will, drückst du ab ohne Fragen zu stellen!", ordnete er ganz leise an und Nora blickte zurück und verdrehte sarkastisch die Augen. Alec verstand es sofort. Sie war nicht blöd und sie würde immer erst schießen und dann fragen.
Alecs Blick giftete etwas zurück, was wohl heißen sollte, dass sie sich ihren Sarkasmus sparen konnte, dann verzog sich Nora ins Bad, ließ die Tür aber einen Spalt offen damit sie sehen konnte was draußen vor sich ging. Es klopfte noch einmal, bevor Alec gespielt lässig zur Tür gehen konnte und seine Waffe wiederum unauffällig hinter seinem Oberschenkel versteckte.
Als er die Tür öffnete, standen zwei Polizisten vor der Tür die etwas zu angespannt wirkten, als dass sie lediglich nach dem Weg fragen wollten.
„Kann ich etwas für Sie tun, Officer?", fragte Alec etwas lahm um die beiden Männer in falscher Sicherheit zu wiegen. Die Polizisten betrachteten Alecs nackte Brust und die tief sitzende Jeans und die Verletzlichkeit dieses Outfits schien sie zu beruhigen. Arme Idioten. Sie konnten ja nicht ahnen, dass Alec keine Kampfmontur brauchte um gefährlich zu sein. Das hatte er nie.
„Ein paar Jugendliche meldeten einen Angriff an einer Tankstelle. Ist das ihr schwarzer Hummer da unten?", fragte einer. Alec zuckte lässig mit den Schultern, als hätte er absolut nichts zu verbergen. Nora war da nicht ganz so ruhig. Sie fluchte innerlich und bereute tatsächlich diese Jungs gehen gelassen zu haben. Sie hätte niemals geglaubt, dass die mal den Mund aufmachen.
„Ja. Wollen Sie ihn sich anschauen?", fragte Alec, doch da schaute der zweite Polizist an Alec vorbei in das Zimmer.
„Sind Sie alleine?", fragte der Zweite und der Kollege blieb Alec die Antwort schuldig. Was ziemlich verdächtig war, welcher Polizist würde es ablehnen ohne Durchsuchungsbeschluss ein verdächtiges Fahrzeug filzen zu können? In Noras Nacken stellten sich die Nackenhaare auf und Alec schien es ähnlich zu gehen. Er verlagerte sein Gewicht auf sein anderes Bein um sowohl angreifen als auch verteidigen zu können und Nora entsicherte bereits ihre eigene Waffe.
„Meine Frau ist im Bad, wollen Sie hereinkommen?", fragte Alec wieder sehr zuvorkommend. Wieder etwas, was kein Polizist abschlagen würde. Kooperation war schließlich wichtig. Für beide Seiten. Sie zögerten beide und das schien Alec zu reichen.
Er zog seine Waffe und schoss den ersten Beamten mitten ins Gesicht, noch bevor der Zweite überhaupt nach seiner Waffe hatte greifen können. Der halblaute Knall, würde hoffentlich nicht die Nachbarn alarmieren – dem Schalldämpfer sei dank Dank. Er wich in einer fließenden Bewegung der zu Boden sinkenden Leiche aus, schlug dem Zweiten die Pistole aus der Hand und drückte ihm die eigene Mündung gegen den Kehlkopf.
Der Polizist erschrak, schien sich dann aber wieder an sein Training zu erinnern und zog ein Messer aus seinem Gürtel, das definitiv nicht zur Ausstattung eines Beamten gehörte. Nora reagierte instinktiv. Sie trat aus dem Badezimmer zielte und drückte ab.
Alec stöhnte vor Schmerz, als das Messer seine Seite streifte und Noras Kugel etwas Haut aus seiner Schulter riss, bevor sie in den Hals des Polizisten eindrang. Der Mann gurgelte, griff nach seiner Kehle und während Alec ihr einen bösen Blick zuwarf, fluchte er und versuchte die Blutung an dem Hals des Mannes mit den Fingern zu stoppen.
„Nein, du wirst jetzt nicht verrecken! Für wen arbeitet ihr? ANTWORTE!" brüllte Alec, doch der Mann verblutete so schnell, dass er kein Wort von sich geben konnte.
„Fuck!", fauchte er, ließ von dem zweiten Toten ab und inspizierte noch kurz seine Wunden.
„Das mit den Zielen üben wir noch!", blaffte Alec, kam zu ihr und entriss ihr die Pistole wieder.
„Konnte ja nicht ahnen, dass du wie ein verängstigter Hase zusammen zuckt wenn ich abdrücke!", hielt Nora dagegen und Alec griff nach ihrer Reisetasche.
„Lass uns verschwinden, und zwar schnell!", sagte er und ignorierte ihre Provokation. Nora griff nach dem Laptop der immer noch auf den kleinen Tisch stand und folgte Alec. Er half ihr dabei über die Leichen zu steigen, dennoch rutschte Nora kurz auf der Blutlache aus und wäre fast hingefallen. Sie fluchte leise und betrachtete ihre Schuhe, die nun ruiniert waren.
Alec schob sie zum Wagen und setzte sich dann auf die Fahrerseite, während Nora den Laptop auf den Rücksitz warf und dann aus dem Handschuhfach Taschentücher herausfischte um doch noch ihre Schuhen zu retten.
Alec grinste breit, als er sie bei ihrem Tun beobachtete.
„Die sind hinüber, Darling. Find dich damit ab!"
„Das ist Gucci! Ich musste dir drei Monate immer wieder kleine Beträge aus dem Portemonnaie klauen bis ich das Geld zusammen hatte!", fauchte sie empört zurück. Es kam überhaupt nicht infrage, dass sie ihre heißgeliebten Schuhe aufgab! Wenn er glaubte, sie würde sie einfach als Kollateralschaden abtun, kannte er sie nur halb so gut wie sie gedacht hatte.  Alec grinste lediglich und trat das Gaspedal durch.

Beta: Zitronenlimo

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