Kapitel 2.2
„Das dachte ich mir bereits. Was wollt Ihr hier?", wiederholte ich meine Frage unnachgiebiger. Wenn sie mir nicht antworteten, würden sie auch von mir nichts mehr bekommen.
Ich bemerkte, dass Ophelia unter den Blicken der Männer ganz klein wurde und sich förmlich hinter mir versteckte. Die Ausstrahlung dieser musste auf Ophelia drückend wirken. Da ich das allerdings gewohnt war und diese Art mir nicht unbekannt war, konnte ich damit umgehen.
Warum war sie auch mit zur Tür gekommen? Wäre sie einfach sitzengeblieben, müsste sie sich jetzt nicht mit ihnen herumschlagen und ich hätte hinausgehen und die Tür zumachen können. Aber leider ging das jetzt nicht mehr, weshalb ich versuchte, sie anderweitig vor ihnen zu schützen.
„Ihr seid eine Magierin ohne Abschluss. Euch sollte bewusst sein, dass Ihr hier nicht einfach herumlaufen könnt", bemerkte der rechte Mann mit ruhiger Stimme. Er war ein wenig größer als sein Kamerad und wirkte dadurch auch bedrohlicher. Zudem wies seine Robe goldene Verzierungen auf, wodurch er sich von seinen Begleitern abhob.
Mein Blick wanderte kurz zu Ronin, da ich diesen kannte. Er mischte sich jedoch nicht ein. Im Gegenteil. Er trat sogar zurück, um nicht zu stören. Das zeigte ganz deutlich in welcher Position er sich befand. Er schien nichts zu sagen zu haben und schien nur hier, um mich zu identifizieren. Das war ungünstig.
„Wir befinden uns hier nicht auf Mana oder einer der anderen Welten, auf der Magier diese Regeln befolgen müssen", sagte ich mit fester Stimme. Woher wussten sie überhaupt, dass ich keinen Abschluss hatte? Weil ich das Siegel nicht trug? „Wir sind hier auf der Erde. Hier gibt es keine Magier, magische Schulen oder Dämonen", antwortete ich mit erhoben Haupt. „Niemand gibt Euch das Recht, uns auf diese Schule zu zwingen." Da war ich mir ziemlich sicher, hatte aber trotzdem Angst, mich zu irren. Ich lebte immerhin schon sehr lange mit Ophelia hier und in der Zeit konnte sich einiges geändert haben.
Der Mann mit der edleren Robe schob seine Kapuze zurück und präsentierte so sein Gesicht. Er blickte mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an, während er mich musterte und ich ihn. Sein Gesicht war kantig, aber nicht unansehnlich. Im Gegenteil. Der leichte Bartansatz und die fast makellose Haut ließen ihn auf mich sehr anziehend wirken. Allerdings verfiel ich ihm nicht. Dazu hatte ich mich zu sehr im Griff.
„Du scheinst mit den Regeln nur halb vertraut", stellte er fest, was dafür sorgte, dass ich mich versteifte. Hieß das etwa, das sich die Regeln geändert hatten? Mein Wissen war vermutlich nicht mehr aktuell, was ich schon befürchtet hatte. Vielleicht hätte ich uns nicht ganz so sehr von dem abschotten sollen, was in anderen Welten geschah. Dann hätten wir uns leichter kundig machen können. Doch dann wäre Ophelia auch auf viele Dinge aufmerksam geworden, die für noch mehr Ärger gesorgt hätten. „Magier sind unabhängig ihrer Herkunft oder ihres Wohnortes verpflichtet auf die Mana Traeta zu gehen." Er sagte es so überzeugend, dass ich kurz zögerte. War das wirklich so?
„Seit wann?", fragte ich, denn das war mir tatsächlich neu. Von diesem Gesetz hatte ich noch nie gehört. Wenn, dann hätte ich uns besser beschützt und schon nach Ronins Auftauchen hier unseren Wohnort verlegt. Jetzt rächte sich, dass ich nicht doch übervorsichtig gewesen war.
„Seit dem Aufstand der Dämonen vor sechzehn Jahren", antwortete er, was mich erschaudern ließ. Sprach er etwa von dem Tag, an dem sich die Dämonen entschieden hatten, ihre eigene Herrschaftsstruktur zu ändern? Davon hatte gehört, doch wieso war das jetzt plötzlich so wichtig, dass man dafür die Regeln ändern musste? Hatte es andere Welten betroffen? Wenn ja, dann hatte ich davon nichts bemerkt.
„Warum hat dieses Ereignis die Regeln für Magier geändert?", fragte ich neugierig, aber auch angespannt. Ich war nicht bereit, nachzugeben. Die Schule war kein Ort an dem ich sein wollte. Dort würde ich zu sehr aufpassen müssen. Zudem wusste ich nicht, wie die Regeln bezüglich der Dämonenpakte standen. Das könnte mir das Genick brechen. „Immerhin leben die Dämonen in der Hölle. Das beeinflusst doch die anderen Welten nicht", behauptete ich ernst.
Soweit ich informiert war, bildete die Mana Traeta nicht nur Magier aus, sondern verpaktete sie auch mit Dämonen. Etwas, das ich noch nie ganz verstanden hatte. Es zur Pflicht zu machen, ergab für mich keinen Sinn. Allerdings war ich in diesem Bereich auch nicht ganz so informiert, wie es vielleicht gut gewesen wäre.
„Da irrt Ihr Euch", antwortete der Magier, der sich seine rote Robe richtete. Warum konnte er sich nicht endlich vorstellen? „Es beeinflusst sehr viel. Dämonen strömen aus ihrem Reich und suchen Zuflucht auf anderen Welten. Dafür wird jeder Magier gebraucht", sagte er, wobei sein raubtierhafter Blick aus unnatürlich hellen, blauen Augen mich fixierte.
Überrascht ließ ich mir die Worte durch den Kopf gehen. Also war die Schule gar nicht mehr wirklich eine Schule, sondern da, damit Magier sich mit Dämonen verpakten konnten? Verstand ich das richtig. Das war doch dämlich, aber vermutlich blieb ihnen wirklich nichts anderes übrig.
„Und was hat das mit uns zu tun?", fragte ich, da mir noch immer nicht klar war, warum wir da hineingezogen werden sollten. Dass sie etwas ahnten, glaubte ich nicht. Sie sahen mich als normale Magier. Vielleicht war ich daher potentiell dazu da, um die Flut der Dämonen einzudämmen? Reichten die Freiwilligen nicht?
„Ihr seid magisch und werdet damit Ziel der Dämonen. Um Euch selbst zu schützen und die Welt nicht in Gefahr zu bringen, ist es Eure Pflicht zu lernen, wie Ihr einen Pakt eingehen, ihn kontrollieren oder brechen, wenn nicht sogar verhindern könnt", sagte er, wobei er weiterhin höflich, wenn auch belehrend klang. Als hätte er diese Worte schon sehr oft gesagt und sie zu seinem Credo gemacht. Mich beeindruckte das jedoch wenig. Wenn es nach mir ging, waren alle drei Dinge nichts, was man auf einer Schule lernen musste. Trotzdem konnte ich irgendwo nachvollziehen, warum die Dämonen sich Magier suchten, die nicht wussten, wie sie mit einem Pakt umgehen konnten. Ich wollte es nur nicht wirklich wahrhaben.
Frustriert knirschte ich mit den Zähnen. Er wollte mir also ein schlechtes Gewissen machen. Na wunderbar! Was sollte ich denn darauf sagen, ohne wie ein Miststück zu klingen, das sich nicht für andere interessierte?
Ophelia legte mir eine Hand auf den Rücken. Sie fühlte sich viel heißer an, als sie sein sollte. Seltsamerweise gab sie mit damit ein Gefühl von Ruhe und das kampflustige Kribbeln nahm ab. „Heißt das, wir müssen auf diese ... Schule oder was das ist?", wollte sie wissen, wobei ich Neugier in ihrer Stimme hörte, während sie sich ganz leicht an mir vorbeibeugte.
Wunderbar! Mir hätte bewusst sein sollen, dass Ophelia sofort dabei sein würde. Eine Schule für Magie war genau das, was ihr gefiel. Dort konnte sie jeden Tag ihre Magie nutzen und auch verbessern.
„Genau so ist es, junge Dame", antwortete der Mann Ophelia, wobei er diese eingängig musterte. Vermutlich, um zu prüfen, ob auch sie magisch war. Viele konnten das durch reinen Blickkontakt sehen, wenn man seine Magie nicht unterdrücken konnte. Was Ophelia definitiv nicht beherrschte. Soweit waren unsere Lektionen noch nicht gekommen, weshalb wir auch hier in diesem Wald herumhingen. Nicht, dass ich es hier nicht schön und gemütlich fand, doch manchmal wünschte ich mir, dass wir uns einfach unter Menschen mischen konnten. „Sofern Ihr ebenfalls über Magie verfügt", fügte er hinzu. Es schien, als könne er es doch nicht sehen, was mich überraschte. Warum hatte er sie dann so intensiv gemustert?
Zuerst wollte ich sagen, dass sie das nicht tat, doch ich wusste nicht, ob sie diese Lüge erkennen würden. Zudem konnte ich Ophelia nicht einfach allein lassen. Außer mir hatte sie niemanden mehr. Es war Teil unseres Versprechens, um ein ruhiges Leben zu haben.
Noch während ich darüber nachdachte, was ich sagen sollte, kam mir Ophelia zuvor. „Ja, tue ich", strahlte sie, wobei ich fast spüren konnte, wie aufgeregt sie war. Mir war bewusst, dass Ophelia sich darauf freute, doch mir machte eher Sorge, dass dabei vielleicht Dinge geweckt wurden, die lieber noch ein paar Jahre im Verborgenen bleiben sollten.
Frustriert seufzte ich leise, wodurch ich die Aufmerksamkeit des Mannes wieder auf mich zog. „Dann habt ihr fünf Tage, um euch vorzubereiten." Mit diesen Worten drückte er mir einen Briefumschlag in die Hand, den ich nur überrascht anstarren konnte. Was war das denn? „Hier ist alles aufgeschrieben, was ihr braucht. Besorgt es euch und dann holen wir euch am Ende der fünf Tage ab. Wenn ihr nicht da seid, dann werden wir euch finden und gewaltsam holen."
Mir entging die Drohung nicht. Sie war auch kaum zu überhöre, weshalb ich am liebsten geknurrt hätte. Sofort regte sich wieder das wütende Kribbeln in meinem Bauch, das mir sagte, ich solle das Ganze hier und jetzt beenden. Ophelias Hand auf meinen Rücken half dabei nur bedingt. Allerdings erinnerte sie mich daran, dass Ophelia von mir besseres gewöhnt war. Also unterdrängte ich den Drang Blut zu vergießen und konzentrierte mich darauf, ruhig zu atmeten. Ich wollte Ophelia nicht enttäuschen.
Diese zitterte leicht und versteckte sich sogar weiter hinter mir. Natürlich hatte auch sie die Drohung verstanden. Hoffentlich verstand sie dann auch, dass das hier wirklich problematisch werden könnte.
„Wir werden darüber nachdenken", sagte ich mit ruhiger Stimme, wofür ich einen ernsten, fast schon bösen Blick erhielt. So eine Antwort hatte er offensichtlich nicht erwartet. Damit machte ich mir keine Freunde, das war mir klar.
„Es gibt nichts nachzudenken", herrschte er mich an, doch ich zuckte nicht einmal. Glaubte er wirklich, dass ich mich so leicht beeindrucken ließ? Bei Ophelia, die hinter mir heftig zuckte, funktionierte es allerdings.
Ich unterdrückte ein Knurren und hob eine Augenbraue. „Bitte verlasst jetzt mein Grundstück", sagte ich versucht ruhig. „Kaela. Geleite sie aus dem Wald", sagte ich, wobei hinter den drei Männer die riesige Katze erschien. Sie war da, seitdem die Männer geklopft hatten. Nach der Sache mit dem Drachen hatte ich sie gar nicht erst wieder zurückgeschickt, ihr aber einen Unsichtsbarkeitszauber auferlegt.
Ich konnte sehen, wie die Männer sich versteiften, als sie den heißen Atem des Tieres spürten. Ronin wurde sogar blass. Er hatte immerhin gesehen, wie sie mit dem Drachen gekämpft hatte. Er musste verstehen, dass sie gefährlich war.
Die Angst, die kurz über die Gesichter der ach so großartigen Magier huschte, ließ mich eine diebische Freude empfinden.
Nach der Angst in ihren Augen zu schließen, überlegten sie, ob es gut war, mir zu drohen und vermutlich auch, ob sie nicht mit einer Armee zurückkehren sollten. Zumindest wären das meine Gedanken an ihrer Stelle.
„Fressen?", fragte Kaela mit rauer, tiefer Stimme, während ich dabei zusah, wie der Mann, der es gewagt hatte, mich und Ophelia zu bedrohen, nach oben blickte. Seine Augen weiteten sich und er zitterte sogar vor Angst. Kaela das erste Mal zu erblicken war für jeden furchteinflößend. Ein Gefühl, dass ich sehr gut kannte.
„Nein. Nur, wenn sie dieses Grundstück nicht wieder verlassen", wies ich sie an, was dafür sorgte, dass sie sich die Lefzen leckte.
„Fressen", wiederholte Kaela und begann zu sabbern. Ihr Speichelt tropfte auf den Magier, der heftig zuckte.
Ich wandte mich an die Männer. „Ihr habt es gehört. Wenn Ihr nicht von hier verschwindet, werdet Ihr Katzenfutter." Im Gegensatz zu ihnen machte ich keine leeren Drohungen und auch nicht erst später. Kaela würde sie sofort fressen, wenn sie nicht gehorchten. Für sie gab es keine zweite Chance.
Alle drei blickten mich an. Zwei davon entsetzt und einer wütend. Vor diesem würde ich mich in Acht nehmen müssen. Entweder er überschätzte sich, oder aber er war wirklich stärker als Kaela. Bei geübten Magiern würde mich das nicht wundern. „Das hat ein Nachspiel", drohte er mit rauer, heiserer Stimme, in der hörbar Angst mitschwang. Ich versuchte mein zufriedenes Lächeln nicht zu sehr zur Schau zu stellen. Von wegen stark. Er überschätzte sich und wusste es sogar. Also auch nur eine leere Drohung. Wer mir oder Ophelia drohte, musste mit den Konsequenzen rechnen. Etwas, was sie lieber sehr schnell lernen sollten.
„Dessen bin ich mir bewusst, aber ich bin keine kleine Magierin, die nichts auf die Ketten bekommt. Legt Euch nicht mit mir an", warnte ich, wobei ich in die Augen des Mannes blickte, der Ophelia Angst gemacht hatte. Ich ließ viel mit mir machen, aber niemand ging so mit meinen Schützlingen um!
Ronin räusperte sich. „Wir sollten jetzt gehen", bemerkte er angespannt. Vermutlich, um die Situation zu entschärfen. Was gut war, denn ich war noch immer kurz davor, Blut zu vergießen.
Ich lächelte in mich hinein. Wenigstens einer davon war schlau genug es gut sein zu lassen. Warum hatte er nichts zu sagen? Dann wäre dieses Gespräch vermutlich anders verlaufen. Da er mich und Kaela bereits kämpfen gesehen hatte, hätte er vielleicht mehr Höflichkeit an den Tag gelegt.
„Das nächste Mal kommen wir mit unseren Dämonen", hörte ich den dritten Mann murmeln, der bisher eher wenig gesagt hatte. Sollten sie das doch tun, wenn sie sich damit stärker fühlten. Vielleicht würden sie uns dann hier nicht einmal mehr finden. Je nachdem, wie sich Ophelia entschied.
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