Kapitel 1.5


Alles ging so schnell, dass ich verwirrt feststellte, dass uns das Portal wirklich zurück zur Mana Traeta gebracht hatte. Ich konnte mich jedoch kaum darauf konzentrieren, denn der Drache brauchte noch immer meine Aufmerksamkeit.

Armer Lanao. Was auch immer mit ihm los war, schien ihm starke Schmerzen zu bereiten. Ich wollte ihm helfen, wusste aber nicht wie. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihn toben zu lassen. Es war nicht das erste Mal, dass einer unserer Drachenreiterdrachen durchdrehte. Leider machte ich in meiner Recherche darüber keine Fortschritte. Es gab keine Krankheit, die derartige Symptome bei Drachen auslösten. Darum wusste ich auch nicht, wie ich sie heilen konnte.

Warum hatte er gerade dann anfangen müssen zu toben, als die Magier die Magiekreise für die neuen Schülern vorbereiteten? Es wirkte fast wie ein geplantes Ablenkungsmanöver, doch dafür hatte ich keine Beweise. Genauso wenig wie für eine Vergiftung. Selbst, wenn ich Lanao untersuchen konnte, würde es mir nur etwas bringen, solange er tobte. Wenn er aufhörte, wäre das vermeidliche Gift vermutlich schon soweit abgeklungen, dass es nicht mehr nachweißbar wäre.

Solange es nicht sicher war, dass dieser Ausfall wirklich geplant war, konnte ich nicht zu Direktor Digin.

Frustriert sammelte ich Magie in meiner Hand. Jetzt, da wir wieder auf dem Schulgelände waren, konnte ich ihn ohne große Sorgen umhauen. Er würde zwar nicht sanft fallen, doch dann konnte ich ihn zumindest behandeln.

Windmagie sammelte sich in meiner Hand, während ich Lanao dabei zusah, wie er einem großen Vogel hinterherflog und diesen mit einem gezielten Biss verschlang. Ich musste unbedingt verhindern, dass er sich von der Schule entfernte.

Mit einem lauten Pfeifen hoffte ich, seine Aufmerksamkeit zu erlangen und als er sich zu mir drehte, schleuderte ich ihm den Wind entgegen. Ich konnte sehen, wie er Lanao traf und ihn zum Wanken brachte. So sehr, dass er mit den Flügeln wild um sich schlug und sich schließlich sogar verhedderte.

Scheinbar hatte ich ihn so getroffen, dass er sogar leicht benommen davon war, denn er konnte seine Angriffe und seine Bewegungen nicht mehr ganz koordinieren. Allerdings konnte das auch an seinem Zustand liegen. Seine Bewegungen und Angriffe bisher sprachen sehr dafür. Hätte er mich wirklich verletzen wollen, wäre ich nicht heil aus dieser Sache gekommen.

Vermutlich wäre ich das auch nicht, wäre nicht diese seltsame Magierin aufgetaucht. Schon allein der Gedanke an sie ließ mich schaudern.

Ihre Aura hatte etwas Seltsames an sich, das ich nicht einordnen konnte. Sie war mächtig, aber irgendwie hatte die Aura unkontrolliert gewirkt. Was nicht möglich war, so gut, wie sie Magie eingesetzt hatte. Ihr Körper hatte nicht zu der Macht gepasst, die sie verströmt hatte. Im Gegenteil. Er hatte sogar eher schmächtig gewirkt. So, als könnte er die Macht nicht halten. Was ein Zeichen davon war, dass ihre Magie erwacht war, ohne, dass jemand ihr beigebracht hatte, wie sie diese kontrollieren musste. Allerdings sprach dagegen, wie gut sie damit umgehen konnte.

Abgelenkt von den Gedanken an die junge Magierin, spürte ich einen Schlag von Magie, der mich zum Wanken brachte. Ich brauchte einen Moment, um zu realisieren, dass dieser Angriff von Lanao ausging. Er versuchte, sich im Fall zu stabilisieren, doch es gelang ihm nicht so richtig. Trotzdem sorgten seine heftigen Flügelschläge für genügend Gegenwind und wurden zur Gefahr für ich. Gleichzeitig sank er jedoch immer tiefer.

Ich sah zu, wie er schließlich auf dem Boden einschlug und erst einmal benommen liegenblieb.

Das war meine einzige Chance.

Ich ließ mich fallen, legte meine Hand auf den Boden und sorgte dafür, dass der Stein sich meinen Wünschen beugte. Er bildete große Hände, die den Drachen packten und fixierten.

Lanao wehrte sich dagegen, doch er war schon so erschöpft, dass es kaum etwas brachte. Trotzdem hielt ich dagegen. Selbst ein schwacher Drache konnte viel Kraft aufbringen.

Es war ein kurzer, aber intensiver Kampf, bis Lanao den Kopf niederlegte. Ich seufzte erleichtert. „So ist es gut", sagte ich sanft, bevor ich mich ihm näherte. Obwohl er mich aus seinen großen, silbergrauen Augen anstarrte, machte er auf mich nicht den Eindruck, als wollte er mich angreifen.

Sanft berührte ich seine Nüstern und streichelte diese, während ich meine Magie in ihn fließen ließ. Würde er sich dagegen wehren, würde der Zauber nicht wirken.

Allerdings konnte ich zusehen, wie seine Lider langsam zufielen und er schließlich ruhiger atmete, weil er eingeschlafen war.

Erleichtert atmete ich durch und erhob mich. Die Erdhände ließ ich verschwinden, bevor ich mich streckte. Das war ein Tag. Es war wirklich viel geschehen und ich musste mit Direktor Digin sprechen.

„Ich komme später zu dir", sagte ich sanft und streichelte ihn erneut, bevor ich mich abwandte. Zum Glück waren kaum Schüler hier, sodass ich recht ungesehen über den Schulhof wandern konnte. Mir war bewusst, dass ich ziemlich mitgenommen aussah, doch als Hausmeister war das nichts Ungewöhnliches. Da so gut wie jeder wusste, dass ich mich auch um die Tiere kümmerte, würde niemand nachfragen. Ich musste nur rechtzeitig wieder hier sein, damit Lanao nicht allein erwachte.

Vor dem Zimmer des Direktors angekommen, klopfte ich leise an und wartete geduldig. Ich konnte niemanden im Inneren spüren, doch das musste nichts heißen.

Als ich die Stimme unseres Direktors und meines Freundes hörte, trat ich ein.

Hinter seinem Schreibtisch, auf einem erhöhten Stuhl, saß Direktor Glondig Digin. Sein langer, weißer Bart lag auf dem dunklen Holz des Tisches, während er mich aus seinen dunklen Augen besorgt ansah. Die breite Axt, die er eigentlich immer an seinem Gürtel trug, lag neben ihm auf einem Stuhl. Immer griffbereit. Auch den schweren Fellumhang hatte er abgenommen, da es im Raum recht warm war. „Ronin", begrüßte er mich mit seiner dunklen Stimme. „Wie siehst du denn aus?"

Ich wusste, dass er von dem Drachen erfahren hatte. Einer der Lehrer hatte es ihn mit Sicherheit gesagt.

Langsam fuhr ich mir durch meine dichten, schwarzen Locken, wobei ich an meinen Fingern spürte, dass diese staubig waren. Auch rieselte ein wenig Sand nach unten. „Ich habe mich um Lanao gekümmert", erklärte ich mit ruhiger Stimme. „Allerdings ist mir dabei etwas sehr Interessantes aufgefallen", setzte ich an, als jemand einfach die Tür öffnete.

Ich drehte mich sofort kampfbereit herum und starrte die Person an, die einfach so unverschämt eintrat. Der Mann war älter und hatte bereits ergrautes Haar. Zudem bewegte er sich etwas ungelenk. Ich erkannte ihn sofort als Lord Samael Lindburg, das Oberhaupt des Magierrates. War er hier, um zu sagen, dass sie mit den Magiekreisen fertig waren?

„Ich bin ebenfalls neugierig, was es mit dem Drachen hier draußen auf sich hat", erklärte er unumwunden und richtete dabei seinen kalten Blick auf Glondig.

Ich versuchte nicht zu laut mit den Zähnen zu knirschen, während ich meine angespannte, kampfbereite Haltung beibehielt. Ähnlich wie der Direktor hielt ich nicht viel vom selbsternannten Magierrat, doch solange Hochkönig Solomon nichts dagegen unternahm, würden wir mit ihnen leben müssen.

Obwohl ich Hochkönig Solomons Motto: Leben und leben lassen, unterstützte, war ich mir in dem Fall des Magierrates jedoch nicht sicher. In meinen Augen war er nicht gerade vertrauenswürdig, doch er hatte bisher auch noch nichts getan, was man ahnten musste. Starke Magier um sich scharren war kein Verbrechen, auch wenn es deutlich auf ein gewisses Ziel hinarbeitete.

Glondig nickte mir zu, was mir gar nicht zusagte. Dennoch begann ich zu erzählen und bemerkte in dem Moment, in dem ich die Magierin erwähnte, dass Glondig nicht so begeistert davon war, dieses Thema in Anwesenheit des Magiers zu besprechen. Jetzt war es jedoch zu spät.

„Diese Frau darf definitiv nicht frei herumlaufen", bemerkte Lord Lindburg, was mich fast schnauben ließ. Natürlich wollte er das nicht, doch aus einem anderen Grund als ich.

Glondig und ich wollten sie trainieren, damit sie ihre Kraft nutzen konnte und keine Gefahr wurde. Lord Lindburg wollte lediglich ihre Macht unter Kontrolle bringen, damit diese ihm nicht gefährlich werden konnte.

„Was schlagt Ihr also vor, Lord Lindburg?", fragte Glondig, dem es gelang, seine Miene ruhiger zu halten, als mir. Zum Glück sah mich Lord Lindburg nicht an, denn ich war mir sicher, dass man meinen Ärger in meinem Gesicht deutlich sehen konnte.

„Ich will, dass Ihr sie auf die Schule holt. Mit allen Mitteln. Ich werde Euch Luonier mitschicken", entschied er, wobei ich wusste, dass dies keine Bitte war.

Glondig neigte den Kopf, wobei ich etwas Widerwilliges erkennen konnte. „Dann werde ich Lestor mitschicken. Ronin, du weißt, wo sie lebt? Bitte geht sie aufsuchen, sobald es möglich ist."

Ich neigte meinen Kopf. „Wie Ihr wünscht."

Eigentlich hatte ich gehofft, dass es ein wenig ruhiger verlaufen würde, doch mit dem Magierrat zusammen würde das im Chaos enden, da war ich mir sicher. Hoffentlich hielten sich diese selbsternannten Schützer der Gerechtigkeit zurück.

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