Kapitel 1.3
Panisch riss ich meine Augen auf und löste meinen Schwebzauber, was dafür sorgte, dass ich den Boden unter den Füßen verlor und in die Tiefe stürzte. Der Wind zischte mir um die Ohren, schleuderte meine Haare umher, sodass diese mir in die Wangen schnitten und der Fall hinterließ ein Kribbeln in meinem Bauch, das ich mit offenen Armen willkommen hieß.
Dort, wo ich gerade eben noch gewesen war, sauste ein Feuerball entlang. Die Hitze war so stark, dass sie bis zu mir vordrang, obwohl ich mich mit rasender Geschwindigkeit von der Stelle fortbewegte und der Boden immer näherkam.
Trotz meiner Entfernung spürte ich, wie meine Haut an meinen Armen rot und heiß wurde, als hätte ich einen Sonnenbrand. Das zeigte mir, wie gefährlich dieses Wesen war. Wenn es mich direkt erwischt hätte, hätte ich vermutlich schlimmer Verbrennungen davongetragen. Jetzt aber heilte meine Haut in dem Moment, wo ich aus dem Radius der Hitze kam.
Wieso griff mich dieser Drache überhaupt an?
Noch im Fall fokussierte ich diesen. Ich nutzte nur leichten Wind, um meinem Fall zu verlangsamen. Noch immer fokussierte ich die Stelle, wo der Feuerball mich fast gegrillt hätte. Dort tauchte der Drache auf, der scheinbar seine Beute suchte.
Jetzt, da ich den Drachen sehen konnte, leitete ich Magie in meine Augen, um meinen Blick zu verbessern. Für mich änderte sich die Farbintensität und die Weite, doch ich wusste, dass meine Augen kurz glühten. Damit hatte ich schon oft andere verschreckt.
Im Fall betrachtete ich den Drachen und bemerkte, dass sein Feuerstrahl gar nicht auf mich gerichtet gewesen war. Er hatte ein anderes Ziel.
Ich wandte mich um und entdeckte zwischen den Wolken einen schwebenden Mann. Er trug einen dreckigen, sehr oft geflickten Mantel, der jedoch so sehr wehte, dass ich seinen drahtigen, ziemlich gut trainierten Körper erkennen konnte. Es hatte etwas Heldenhaftes, wie er zwischen den Wolken schwebte und dem Drachen die Stirn bot, denn er schützte sich durch einen magischen Schild vor den Flammen des Tieres. Ich erkannte es, weil das Feuer an einer Stelle in der Luft nach oben abgelenkt wurde. Dazu kam seine Magie, die in einer schimmernden, blauen Farbe manifestiert war. Es schien, als hatte er mich noch nicht bemerkt.
Für einen Moment kniff ich die Augen zusammen, während ich mich magisch in der Luft wieder fing. Dieses Mal jedoch, indem ich meinen Körper leichter machte und Windmagie um mich herum wehen ließ. Damit konnte ich mich leichter bewegen und war wendiger. Trotzdem ließ ich den Blick nicht von dem Mann.
Die schwarzen, sehr lockigen Haare, waren kurz und etwas angesengt. Wahrscheinlich hatte er einen vorherigen Feuerangriff teilweise abbekommen. Wie lange er schon mit diesem Drachen kämpfte? Irgendwie wirkte er auf mich erschöpft, da seine Haltung etwas eingesunken aussah.
Sein Anblick irritierte mich, denn die Kleidung und die Art und Weise, wie er sich in der Luft bewegte, wollten nicht so ganz zusammenpassen. So wie er schwebte, war er ein guter Magier. Seine Bewegungen waren geschmeidig und nicht, als würde er von einem Ort zum anderen springen und sich dort gerade so auf magischen Plattformen halten. Das war immerhin die einfache Variante der Flugmagie, die auch sehr weit verbreitet war. Er hingegen nutzte eine ähnliche Art wie ich gerade. Eine, die nicht unbedingt leicht zu erlernen und noch schwerer zu meistern war. Warum also diese dreckigen, schmutzigen und geflickten Sachen? War er vielleicht ein ehemaliger Adliger, der alles verloren hatte? Aber warum sollte er dann mit einem Drachen kämpfen? Vielleicht verdiente er sein Geld als Abenteurer. Gab es so etwas überhaupt noch?
Er entdeckte mich, denn er drehte den Kopf zu mir und starrte mich aus seinen braunen Augen heraus direkt an.
Es war, als würde mich ein Schlag treffen und ich gab ein überraschtes Keuchen von mir. Diese Kraft in seinem Blick und die Tiefe des Brauns ... Er musste in sich eine tiefe, aber unkontrollierte Kraft tragen. Ich spürte sie förmlich auf meiner Haut kitzeln.
Diese Kraft sorgte dafür, dass sich in mir etwas regte und erwachte. Ein Gefühl, das ich schon lange nicht mehr gehabt hatte. Ich wollte ihn kennenlernen und in seiner Nähe sein, doch ich drängte das Gefühl nieder. Solange ich Ophelia hatte, durfte ich mich nicht in derartige Gefahren begeben. Das würde sie nur in Schwierigkeiten bringen.
Ich konnte beobachten, wie der Magier mit einer Handbewegung das Feuer zurückdrängte.
Der Drache quittierte dies mit einem schrillen Schrei, bevor er sich erst einmal in die Wolken zurückzog, um dort Deckung zu suchen. Er würde jedoch bald wieder angreifen.
Da er jedoch nicht auf mich losging, konnte ich meine Aufmerksamkeit erst einmal auf den Mann richten. Im Grunde war dieser auch gefährlicher als der Drache.
Gerade jetzt, da er sich langsam auf mich zubewegte. Er starrte mir noch immer direkt in die Augen und musterte mich eingängig.
„Eine Magierin", bemerkte er mit rauer, irgendwie krank klingender Stimme. Es irritierte mich, da man für derart kraftvolle Magie auch einen starken Körper brauchte. Seine Stimme sprach allerdings für das Gegenteil.
Als Antwort auf seine Feststellung neigte ich leicht den Kopf. Mehr blieb mir auch nicht übrig, da es ganz offensichtlich war, dass auch er ein Magier war. Immerhin befanden wir uns noch immer hoch in der Luft. „Seid Ihr derjenige, der den Drachen hierhergeführt hat?", fragte ich direkt, wobei ich versuchte meine Stimme möglichst gefühllos klingen zu lassen. Ich wollte nicht zeigen, dass mich diese Tatsache ärgerte. Das könnte man nur zu leicht falsch verstehen.
Ob es Zufall war oder Absicht war schwer zu sagen. Vielleicht war es sogar ein geplantes Manöver, um uns hervorzulocken. Daher wollte ich mich vorerst eher unbeteiligt und bedeckt halten. Wer wusste schon, was hier los war. Vielleicht gab es noch mehr von ihnen. Dann hätten wir ein Problem.
Seine Kleidung zeigte mir leider nicht, zu wem er gehörte. Er konnte im Auftrag eines Adligen handeln oder von sich aus. Vielleicht gab es auch Kopfgeld auf mich. Das war schwer zu sagen.
Ich hatte mich die letzte Zeit viel zu sehr zurückgezogen, um das zu wissen.
Allerdings hätte er dann vermutlich anders auf mich reagiert. Generell warf sein Verhalten für mich mehr Fragen auf, als es beantwortete.
„Ich bin derjenige, der ihn einfangen soll", antwortete mir der Magier mit beherrschter und ernster Stimme. Ich musterte ihn eingängig. Für mich wirkten seine Worte aufrichtig. Er schien ihn nicht mitgebracht zu haben, um Ärger zu machen.
„Dann lasst mich Euch helfen, bevor er mein Heim niederbrennt", sagte ich, doch eigentlich war es keine Frage. Ich würde helfen, ob er wollte oder nicht. Obwohl unser Haus magisch geschützt war, hieß das nicht, dass dieser Schutz auf einen Drachen ausgelegt war. Mit dieser Feuerkraft brauchte er drei, vielleicht vier, Angriffe und das Haus wäre Asche. Da half es nicht, dass es aus Holz gebaut war.
Der Mann blickte sich um. Ob er wohl unser Haus suchte? Von hier oben würde er jedoch nur Wald erblicken. Selbst vor einer magischen Sicht war das Haus getarnt. Was vielleicht im Moment nicht gut war, da er dann einschätzen konnte, wie stark wir waren. Wenn ich Pech hatte, weckte ich damit sein Interesse nur noch mehr.
Wenn das der Fall war, würden wir vermutlich bald umziehen müssen.
Der Magier kam zwar nicht aus unserer Welt, doch das war egal. Dass er wusste, wo wir lebten, stellte eine Gefahr dar.
„Ihr seid keine Absolventin der Mana Traeta", stellte er fest. Seine Stimme klang fast fragend und doch irgendwie auch anklagend.
Der Name der Schule für Magier war mir durchaus geläufig und dass er ihn erwähnte, gefiel mir gar nicht. Natürlich war ich keine Schülerin dieser Schule und das könnte mir noch Probleme machen. Obwohl ich nicht wusste, wie es in dieser Welt gehalten wurde, war mir doch bewusst, dass es so etwas wie eine Schulpflicht gab. Etwas, dem ich mich mit Ophelia verweigerte. Aus gutem Grund.
Ich musterte den Mann eingängig. Für mich sprach seine Aufmachung allerdings auch Bände. Warum sollte jemand, der an der bekanntesten Schule für Magie war, so gekleidet sein?
„Ihr ebenfalls nicht", antwortete ich, blieb dabei aber aufrecht und versuchte, einen selbstsicheren Eindruck zu machen. Es war besser, Selbstsicherheit und vielleicht Hochmut auszustrahlen. Gleichzeitig ging mir dieses Thema jedoch auf die Nerven. Ich war noch nie gut in Politik gewesen und im Moment konnte ich sowieso nur an diesen blöden Drachen denken, der gerade über meinem Wald kreiste! Er war eine Gefahr für Ophelia! Trotzdem durfte ich den Mann nicht aus den Augen lassen.
Dieser machte ein Gesicht, als würde ihm nicht gefallen, dass ich wusste, dass er ebenfalls die Schule nicht abgeschlossen hatte. Vielleicht war es nicht gut gewesen, ihn darauf hinzuweisen, doch ich hatte gehofft, dass er mir vielleicht mehr als nur einen bösen Blick gab. Da die Reaktion aber ausblieb, sah ich mich suchend um.
Wo war dieser Drache ...?
Ein Pfeifen erklang in der Luft und ließ mein Herz heftig schlagen. Sofort ließ ich mich fallen und schaffte es damit dem Drachen, der plötzlich an mir vorbeizischte, auszuweichen.
Der Flügelschlag erzeugte so viel Wind, dass ich herumgeschleudert wurde, doch dieses Mal gelang es mir, mich zu fangen. Trotzdem brauchte ich einen kleinen Moment, um meinem Schwindel Herr zu werden und wieder klar zu sehen.
Sofort suchte ich den Himmel nach dem anderen Magier ab, den ich jedoch nicht finden konnte. War er noch am Leben oder schon gefressen?
Schließlich entdeckte ich den Drachen, der seltsame Manöver in der Luft vollführte.
Erstaunt beobachtete ich, wie der Drache um den Magier kreiste. Es sah fast so aus, als würde dieser versuchen, ihn zu beruhigen. Die Geste, die er mit den Händen machte, deutete daraufhin und schien sogar zu funktionieren. Der Drache wurde ruhiger und spuckte nicht sofort wieder Feuer. War es vielleicht doch ein intelligenter Drache, der neben sich stand?
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