Kapitel 8
Langsam schlenderte ich über das Schulgelände, während ich meine Gedanken schweifen ließ. Warum konnte der Unterricht nicht wieder losgehen, dann hätte ich wenigstens etwas zu tun.
Achanox übte mit Asara. Etwas, was er in letzter Zeit häufig tat und ich störte ihn nicht dabei. Während Asara mit Ophelia ihre Fähigkeiten testen mussten, wusste ich recht gut, was ich mit Achanox anfangen konnte.
Heute war wirklich nichts los. Ophelia war bei ihrer Therapie und Magister Revonius war beschäftigt.
Ich vermisste Dorian sehr. Wann kam er endlich wieder?
Bei meiner Wanderung war ich in Richtung Brücke gegangen und stand nun in der Nähe des großen Tores. Das weckte Erinnerungen.
Leider keine guten. Ob der Zauber – der mich ausgesperrt hatte – noch aktiv war?
Gerade, als ich meine Sinne ausstrecken wollte, spürte ich ein Kribbeln im Nacken, weshalb ich mich kampfbereit umdrehte.
Zuerst verstand ich nicht ganz, was ich da sah. Es wirkte wie mein Schatten, doch es gab keinen Hintergrund, an dem er sich abzeichnen konnte. Stattdessen stand er in der Luft und bewegte sich, obwohl ich stillhielt.
Von diesem Wesen ging eine Kälte aus, die mir in die Knochen fuhr und mich zittern ließ.
„Was bist du?", fragte ich angespannt. Mir war klar, dass dieses Wesen nicht ungefährlich war. Was auch mein Artefakt zeigte, denn es pulsierte leicht. Magie ging davon aus, die mich schützen sollte, weshalb ich mich sicher fühlte.
„Bist du es nicht leid, so herumgeschubst zu werden?", erklang eine hallende Stimme, die mich sehr an meine eigene erinnerte. Ich spürte den Zauber hinter den Worten.
„Nein", erwiderte ich ruhig. „Ich werde nicht herumgeschubst." Ich ließ mich absichtlich herumschubsen, wenn mir danach war. Das war etwas anderes. Wenn es mich zu sehr störte, würde ich es ändern.
„Und was ist mit diesem Leon? Willst du ihm das Ganze nicht heimzahlen?", fragte die Stimme weiter. Sie kam von dem Schatten, der sich noch immer leicht bewegte.
„Ja, aber auf meine Art", sagte ich, wobei ich den Schatten nicht aus den Augen ließ und versuchte, jede Magie in meiner Umgebung zu spüren. Würde er mich angreifen oder wollte er mich nur bequatschen? War es so ein Wesen, das ich bei Luke und Amka gesehen hatte? Hatte es ähnliche Worte benutzt? Was wollte es?
„Du solltest dich rächen", sagte die Stimme drängend. Sollte die Magie, die der Schatten nutzte, mich dazu bringen, es zu tun? Manipulierte sie mich?
Ein Quietschen in meinem Rücken ließ mich zucken und ich blickte zum Tor. Dieses öffnete sich, was mich den Mund verärgert verziehen ließ. Warum ging dieses Tor jetzt auf einmal normal!
Ich schielte zurück, doch der Schatten war verschwunden, was mich leise seufzen ließ.
„Ephe", erklang eine bekannte Stimme und sofort spürte ich Freude in mir aufsteigen.
„Dorian", erwiderte ich und drehte mich strahlend zu ihm um. Er wirkte zwar erschöpft, schenkte mir aber ein breites Grinsen.
„Kommst du mich etwa extra abholen?", fragte er neckend. Hinter ihm trat sein Dämon ein, der seine Koffer trug.
Ich lief mit schnellen Schritten auf ihn zu und umarmte ihn zur Begrüßung. „Das war nur Zufall", sagte ich, obwohl ich mir da nicht so sicher war. Ich hatte mich von meinen Gefühlen leiten lassen und diese hatten mich hierhergebracht.
Dorian schlang seine Arme um mich und gab mir dann einen innigen, sehnsüchtigen Kuss. Ich schloss meine Augen und krallte mich kurz an ihm fest, während ich seine warmen Lippen genoss.
Er schmeckte so gut und ich hatte ihn sehr vermisst.
Dorian löste sich von mir und schenkte mir ein arrogantes Lächeln. „So, wie du gerade geküsst hast, musst du mich ja sehr vermisst haben", sagte er neckend.
Ich kicherte leise. „Ja. Habe ich auch", gab ich zu. Warum auch leugnen?
Dorian sah mich überrascht an, bevor er lachte und mir einen Arm um die Schulter legte.
„Erzähl mir, was so passiert ist, während ich nicht da war", bat er und führte mich die Brücke entlang.
Ich verzog meinen Mund. „Keine Ahnung. Ich bin erst seit zwei Tage hier und musste Strafarbeit machen, obwohl ich nichts dafürkann, dass ich zu spät gekommen bin", sagte ich verärgert.
Dorian blickte mich von der Seite mit hochgezogener Augenbraue an. „Das musst du mir erklären", sagte er, weshalb ich anfing, ihm die ganze Geschichte zu erzählen.
Währenddessen gingen wir zur Seite und ein Stück den Strand entlang, bis wir einen bequemen Felsen gefunden hatten, wo wir uns niederließen.
Dorian hatte die ganze Zeit seinen Arm um meine Schultern und als wir endlich saßen, legte ich meinen Kopf auf seiner ab.
Sofort spürte ich seine Finger, die meinen Nacken kraulten und mir immer mal wieder sanft durch die Haare fuhren.
Der Schatten war vergessen und ich spürte, dass mein Körper schwer wurde, weil ich mich ganz entspannen konnte.
Allerdings war Dorian nicht so freundlich, es bei meiner Geschichte zu belassen. „Das mit den Schatten klingt wirklich gruselig", bemerkte er und küsste meine Wange. „Und das mit dem Schüler auch. Wie geht es dir damit?", fragte er hörbar besorgt.
Ich stieß die Luft aus, weil die Ruhe – die ich gespürt hatte – wieder verschwand.
„Ich komme damit klar", versicherte ich brummend. „Ich ... bin nicht so zimperlich."
„Das hat nichts mit zimperlich zu tun", fuhr er mich ernst an. „Du hast gesehen, wie jemand gestorben ist. Das ist keine Kleinigkeit."
„Der Tod gehört zum Leben dazu. Es war nicht das erste Mal und es wird nicht das letzte Mal sein. Tun kann ich nichts mehr. Die Lehrer kümmern sich um alles."
Dorian brummte, denn meine Antwort gefiel ihm nicht.
Daher löste ich mich von ihm und setzte mich breitbeinig auf seine Oberschenkel. Mein Blick lag direkt auf ihm. „Ich will nicht darüber reden", sagte ich mit Nachdruck. „Ich will einfach nu-" Mein Satz ging in einem Schrei unter.
Sofort sprang ich auf und sah mich um. Ein rotes Flackern zog meine Aufmerksamkeit auf sich, sodass ich zur Brücke sah.
Dort brannte etwas und von dir ging auch der Schrei aus.
Dorian erhob sich ebenfalls. „Das ist ..." Weiter kam er nicht, denn da stürzten sich die Flammen ins Meer.
Erst, als sie auf das Wasser aufschlugen, konnte ich erkennen, dass es sich um einen Schüler handelte.
Mit weit aufgerissenen Augen schnappte ich nach Luft, bevor ich losrannte. Dorian an meiner Seite.
Zusammen sprangen wir uns Wasser und tauchten unter.
Das Meer war klar. Trotzdem war es schwer, den Schüler zu finden.
Ich ließ meinen Blick umherwandern, bis ich in der Tiefe etwas erkannte. Sofort tauchte ich weiter.
Dorian folgte, doch er gab auf halben Weg auf und musste auftauchen, um Luft zu holen.
Mich störte weder die fehlende Luft noch der Druck. Mein Ziel war klar. Erst, als ich den Schüler greifen konnte, drehte ich um und schwamm nach oben.
Als ich meinen Kopf aus dem Wasser streckte und den Schüler hochzog, war Dorian sofort bei mir. Er griff nach dem jungen Mann, der völlig verbrannte Haut hatte.
Dorian warf ihn sich über die Schulter und schwamm an Land, um ihn dort auf einen flachen Stein zu legen. Sofort begann er mit Wiederbelebungsmaßnahmen, doch ich konnte schon von weitem sehen, dass es zu spät war. Er war so sehr verbrannt, dass es kaum möglich war, dass er es überlebte.
//Aran! Ich brauch Lehrer an der Brücke im Wasser//, informierte ich ihn, doch Mesophis kam uns zuvor. Er kam gerade mit einigen Lehrern angelaufen.
Dorian musste ihn informiert haben.
Als die Lehrer bei ihm ankamen, zog er sich schwer atmend zurück. Sein Blick zeigte mir deutlich, wie entsetzt er war.
„Was ist hier los?", fragte Magister Dravon streng, der mich direkt ansah.
„Wir saßen auf den Steinen, als der Schüler brennend von der Brücke sprang", fasste ich zusammen. Ich hörte, dass meine Stimme ruhig und emotionslos klang, obwohl mein Herz wild schlug. Hatte das etwas mit dem Schatte zu tun, den ich auf der Brücke begegnet war?
Magister Dravon sah mich ernst an, bevor er zu Dorian blickte, der lediglich benommen nickte.
„Das ist schon das zweite Mal, dass du in der Nähe bist, während ein Schüler stirbt", bemerkte der Lehrer, doch ich ignorierte es. Was sollte ich auch darauf sagen? Es war eine Feststellung, welche der Wahrheit entsprach.
„Ich kann ihm leider nicht mehr helfen", mischte sich nun Dryas ein. Ich senkte meinen Blick. Das hatte ich mir leider schon gedacht. „Danke, dass ihr trotzdem versucht habt, ihn zu retten. Es war gefährlich, einfach ins Meer zu springen", sagte sie, wobei sie tadelnd und lobend zugleich klang. Als könnte sie sich nicht entschieden. „Geht euch erstmal trocknen, bevor ihr krank werdet", fügte sie hinzu und machte eine scheuchende Geste.
Ich setzte mich in Bewegung und bemerkte, dass Dorian mir langsam, schleppend folgte.
„Was ist hier los?", fragte er angespannt.
Ein Seufzen verließ meine Lippen, bevor ich ihm leise von dem angeblichen Fluch erzählte und, dass ich mich nicht einmischen sollte und auch nicht würde.
Dorian blieb plötzlich stehen und griff mich an den Schultern, um mich zu sich umzudrehen. Dabei starrte er mir tief in die Augen.
Ein Kribbeln in meinem Nacken sagte mir, dass irgendwer uns sehen konnte, doch ich sah mich nicht um.
„Warum hältst du dich raus?", fragte er angespannt. „Du könntest ihnen sicherlich helfen."
Ich hob meine Hand und legte sie Dorian auf die Brust. „Das letzte Mal, als ich mich eingemischt habe, hätte ich dich fast verloren", sagte ich ernst. „Das will ich nicht noch einmal mitmachen."
Dorians Blick wurde sanfter, bevor er mein Kinn hob und mich leidenschaftlich küsste.
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