Kapitel 2.2
Zufrieden sah ich zu, wie Belal die Tür aufriss.
Wie ich ihn in Erinnerung hatte, trug er einen einfachen Lederschutz und einen großen Hammer bei sich. Zudem hatte er das längliche, graue Haar nach hinten gebunden, sodass es ihn nicht störte.
Auf den ersten Blick sah er aus wie ein zu groß gewachsener Mensch. Auf den zweiten konnte man jedoch die Schuppen ausmachen, die seine Haut wie Tätowierungen zierten.
Als er im Raum stand, ließ er seinen festen Blick aus hellen, silberfarbenen Augen umherwandern. Diese ließen ihn immer kalt und irgendwie böse wirken. „Wer hat dieses Artefakt hier mitgebracht?", fragte er brummend und deutete auf meine Caldra.
Achanox stellte sich bereits schützend vor mich, doch ich trat sofort zur Seite, hob meinen Arm und sprang ein Stück nach oben. „Hier ich, ich", sagte ich, wie ein kleines Kind, das nach Aufmerksamkeit suchte.
Selbst Ophelia blickte mich überrascht an und wich dann zur Seite, als der große Dämon mit schweren Schritten direkt auf mich zu kam. Sein Blick musterte mich eingängig. Dann war da der Moment, in dem er erkannte, er ich war.
Belal beugte sich ein Stück nach unten und schlang einen Arm um mich, mit dem er mich an sich drückte. „Wenn das nicht meine kleine Luxilein ist", sagte er grüßend, während er sich aufrichtete und mich mit sich zog. „Sag, wie ist es dir ergangen?", fragte er mit tiefer Stimme, die immer sehr laut war, mich jedoch nicht störte. „Und wie siehst du überhaupt aus?"
Ich zog mich etwas hoch, um mich auf seinen starken Arm zu setzen. „Lange Geschichte", sagte ich langgezogen, wobei das Grinsen in meinem Gesicht immer breiter wurde. Dann deutete ich auf Ophelia und die anderen. „Das sind Freunde von mir und ich wollte dich darum bitten, dir Caldra anzusehen", sagte ich, wobei ich diese wieder zu mir nahm und unsichtbar machte.
Belal musterte meine Begleitung, bevor er den Hammer an seinem Gürtel verstaute und seine große Hand am Lederschutz abwischte, bevor er sie Ophelia hinhielt. Nur zögerlich und schüchtern griff Ophelia danach, bevor sie diese leicht schüttelte. „Ophelia", flüsterte sie etwas überfordert. Davon ließ sich Belal aber nicht abschrecken.
„Kommt mal mit", sagte er und deutete ihnen, zu folgen, während er mich auf seinem Arm sitzen ließ. Das erinnerte mich sehr an früher, weshalb ich kurz seinen Geruch von Asche und Feuer einatmete.
//Du kennst ihn persönlich?//, fragte Achanox entsetzt, während er uns folgte. //Und was heißt hier Luxilein?//, wollte er wissen, bevor er kurz stehenblieb. Das war vermutlich der Moment, in dem er verstand.
//Natürlich kenne ich ihn persönlich//, sagte ich zufrieden. //Er hat Caldra für mich ... erschaffen, wenn du so willst.//
Belal führte uns in einen Raum, wo uns heiße Luft entgegenschlug. Vermischt mit Rauch und dem Geruch nach Asche und Eisen.
„Also, was kann ich für dich tun?", fragte Belal und setzte mich bei einem Sessel ab. Dieser stand weit von dem restlichen Arbeitsgegenständen ab, denn das hier war einer der Bereiche, in dem Belal die geschmiedeten Stücke mit Magie bearbeitete. Daher gab es einen großen Arbeitstisch und viele Regale mit diversen Mixturen und Kräutern.
„Dir Caldra anschauen und wenn möglich eine Art Anzeige erschaffen, die mir hilft herauszufinden, wie viel Magie ich noch nutzen kann, bis mein Körper keine Lust mehr hat", erklärte ich unumwunden.
Belal rieb sich das Kinn. „Du kommst immer mit sehr interessanten Wünschen", stellte er fest, als gerade der junge Dämon eintrat. „Asmo, hol ihnen etwas zum Trinken", befahl Belal, was den Dämon sichtlich irritierte. Trotzdem neigte er leicht den Kopf und verschwand wieder.
Einen kurzen Moment überlegte ich, ob ich darauf eingehen sollte, dass er versucht hatte, uns abzuspeisen, doch ich wollte Belal keine weitere Arbwit machen.
„Seit meinem letzte Besuch hier hat sich einiges getan", stellte ich belustigt fest. „Seit wann hast du Mitarbeiter?", wollte ich wissen.
Belal, der sich neben mich in einen weiteren Sessel fallen ließ, winkte Ophelia und die anderen heran.
„Ach. Irgendwann wurde es zu viel alleine. Ich habe sogar einige Auszubildende", bemerkte er stolz.
Ich musste leise kichern. „Ich hoffe keiner von ihnen zerstört die den Amboss", bemerkte ich gut gelaunt.
Dafür erhielt ich ein Brummen. „Nein. Zum Glück nicht. Auch, wenn ich mir manchmal wünsche, dass sie etwas fester zuschlagen."
Erneut musste ich leise kichern. „Ich bin jetzt auf der Mana Traeta", erklärte ich, da ich mir ziemlich sicher war, dass er danach fragen würde. Er blickte immer wieder zu Achanox und auch Ophelia, als würde er abschätzen, was er sagen konnte und was nicht.
„Das erklärt diese sehr überraschende Zusammenstellung", bemerkte Belal schmunzelnd.
Die Tür ging auf und Asmo trat ein. „Meister Belal. Prinz Dellwood ist hier", informierte er mit ruhiger Stimme, in der jedoch eine Frage mitschwang. Ich hingegen fragte mich, ob dieser Kerl mich verfolgte. Das konnte doch schon kein Zufall mehr sein.
„Sag ihm, ich habe zu tun", brummte Belal.
„Nein schon gut", erwiderte ich grinsend.
Belal hob eine Augenbraue uns bevor Asmo verschwand, rief er ihm dich hinterher, den Prinzen reinzuholen.
Kurt blieb Asmo verwirrt stehen, setzte sich dann aber wieder in Bewegung. „Ihr kennt euch?", fragte Belal neugierig.
„Sofern es um Prinz Dorian Dellwood geht, ja", erwiderte ich.
„Der Typ hängt an dir, wie eine Klette", schnaubte Achanox leise und ein wenig frustriert.
„Glaubst du, er verfolgt uns? So viel Zufall gibt es doch gar nicht", bemerkte Ophelia besorgt.
„Er kommt seit etwa einem Monat regelmäßig", erklärte Belal. „Er hat ein paar größere Bestellungen für sein Königreich gemacht, aber auch ein Einzelstück."
Das war interessant. Warum rüstet sein Reich auf und dann auch noch mit Waffen aus einer so teuren Schmiede? Wie konnten sie sich so viel leisten?
„Er gibt euch Aufträge für das Heer?", fragte ich skeptisch nach. Es fiel mir schwer zu glauben, dass Belal diese annahm.
„Ja. Diese werden von meinen Lehrlingen bearbeitet", erklärte er mir, als auch schon die Tür auf ging.
Groß und elegant betrat Dorian den Raum und blieb dann stehen. Sein Blick wanderte über uns, bevor er sich durch die Haare fuhr. „Ist doch nicht wahr. Verfolgst du mich?", fragte er, wobei er mich anklagen ansah.
Ich konnte nur grinsen und ihm einen Luftkuss zuwerfen. Sein Gesichtsausdruck war einfach unbezahlbar.
„Prinz Dellwood. Wie Ihr seht, habe ich gerade eine wichtige Kundin", bemerkte Belal. „Ich hoffe, es stört Euch nicht, wenn ich mich zuerst um ihr Anliegen kümmere."
Belal sagte diese Worte auf eine Art und Weise, die zwar höflich war, doch gleichzeitig deutlich machten, dass ihm Dorians Erwiderung egal war.
Dorian sah einen Moment tatsächlich verärgert aus und richtete seinen Blick auf mich, den ich unschuldig erwiderte. „Caldra ist kaputt und Belal soll sie sich ansehen", erklärte ich, woraufhin Dorian schnaubte.
„Wäre nicht ganz verkehrt, damit du dich am Ende damit nicht selbst noch umbringst", bemerkte er, wobei er sich auf einen nahen Sessel fallen lässt. „Gut für dich, dass ich Zeit mitgebracht habe."
Ich wandte mich an Belal, der sich erhob und mir deutete, ihm zu folgen.
Gemeinsam begaben wir uns zu dem großen Tisch, wo ich Caldra erscheinen ließ. „Also, wo liegt das Problem?", fragte er, während er sich das Artefakt besah.
Obwohl Belal es erschaffen hatte, war der Kern von Caldra doch schon vorher da gewesen und er hatte lediglich ein paar Funktionen ergänzt und ausgebaut.
Da ich selbst nicht genau wusste, was los war, erzählte ich ihm das, was im letzten Schuljahr vorgefallen war.
Belal hörte zu und rieb sich das Kinn. „Ich werde sie mir ansehen, aber ich vermute, dass es nicht direkt etwas mit Caldra zu tun hat", murmelte er vor sich hin, bevor er begann, das Artefakt auseinanderzunehmen. Den Kern ließ er unberührt, weshalb ich mir die kleine Kugel griff und fest an mich drückte. Sie war warm und pulsierte leicht. Wie ein Herzschlag.
Ich schloss meine Augen und hielt krampfhaft die Tränen zurück.
„Was möchtest du sonst noch?", wollte er wissen.
Blinzelnd öffnete ich meine Augen und sah ihn an. Mein Blick war leicht verschwommen und ich musste schlucken, damit meine Stimme verständlich war. „Etwas für Ophelia. Zum Schutz aber unauffällig", brachte ich hervor.
Belal – der ganz auf Caldra konzentriert war – nickte lediglich. „Ich hätte eine Kette, die ihr stehen würde", bemerkte er wie nebenbei.
Zuerst wollte ich sagen, dass sie genug Schmuck hatte, doch eine Kette vom Meisterschmied persönlich war sicher nicht nur ein Schmuckstück. „Wird es sie beschützen?", fragte ich vorsichtig.
Belal nickte. „Allerdings ist Ophelia ... anders", bemerkte er und ich verstand, dass er versuchte, sie nicht zu beleidigen.
Natürlich war Ophelia für Dämonen anders. Die meisten würden jedoch nicht verstehen warum. „Wird es ihr schaden?", fragte ich, denn Belal war noch immer ein Dämon und stellte dämonische Artefakte her.
Er schüttelte den Kopf. „Nein, aber ich bin unsicher, ob sie sich damit wohlfühlt und die Kräfte auch nutzen wird."
„Das kann ich auch nicht garantieren, aber mir ist es wichtig, dass sie geschützt ist", sagte ich entschieden. Solange es nicht zu auffällig war, würde Ophelia es sicher tragen.
Belal nickte. Er war so in seine Arbeit vertieft, dass ich ihn nicht weiter stören wollte, weshalb ich mich zu Dorian und den anderen zurückzog. Ophelia war gerade dabei diesem zu erzählen, was wir alles so erlebt hatten.
Überraschenderweise konnte ich Neugier in Dorians Augen erkennen und er hörte gebannt zu.
//Mesophis richtet aus, dass Dorian wohl erst ein bis zwei Wochen später zur Schule zurückkehren wird. Er hat noch Hofangelegenheiten zu regeln//, erklang plötzlich Achanox Stimme in meinem Kopf. Da ich selbst so sehr in Gedanken gewesen war, ließ mich das leicht zucken.
//Oh, schade//, bemerkte ich ein wenig enttäuscht. Aber zwei Wochen waren nicht lange. Ich würde mich schon anders beschäftigen können.
„Was machst du eigentlich hier?", wollte ich von Dorian wissen, der mich überrascht ansah.
„Vorrangig bin ich im Auftrag meines Königreiches hier, aber auch persönlich. Nach der Sache mit dem Drachen und den Tunneln wollte ich mir eine Waffe anfertigen lassen, die ich leicht mit auf die Schule schmuggeln kann", bemerkte er grinsend.
Ich sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an. „Schmuggeln?", fragte ich. Warum sollte er das tun? Warum Waffen etwa verboten?
„Es kann nicht jeder so ein ausgefallenes Stück haben wie du", bemerkte er naserümpfend und vielleicht ein bisschen beleidigt. „Eigentlich dürfen wir keine Waffen mitbringen", klärte er mich auf, wobei sein Lächeln schneidend wirkte. „Gib es zu, du hast die Lehrer bestochen."
Ich erwiderte das Lächeln zögerlich. „Nein. Ich wusste es nur nicht und selbst wenn, wäre es mir egal."
Dorian lachte rau. „Du bist mir eine. Aber gut, du hast auch keine Angst von der Schule zu fliegen", bemerkte er nüchtern.
Ich hob meine Augenbraue. „Als könnten sie uns von der Schule schmeißen. Die brauchen jeden Magier, sonst hätten sie uns auch nicht mit so viel Aufwand auf die Schule geholt", stellte ich ebenso nüchtern fest und blickte Dorian dabei direkt in die Augen.
Dieser erwiderte meinen Blick nachdenklich. „Da ist wohl was dran", murmelte er und schien abzuwägen, was genau das hieß.
Meiner Meinung nach konnten wir tun und lassen, was wir wollten. Rauswerfen konnten sie uns nicht so leicht.
Ich erkannte den Moment, in dem auch Dorian das verstand und sich plötzlich entspannte. „Du bist immer wieder für eine Überraschung gut", sagte er belustigt, als auch schon Belal zurückkehrte und mit den Teil von Caldra reichte, den er bearbeitet hatte.
„Das Artefakt ist in Takt. Ich glaube allerdings, dass dein Körper die Mengen an Magie nicht mehr aushält. Ich werde dir etwas machen, womit du das im Blick hast. Du solltest nur voll erholt und bei Kräften Caldras Gaben nutzen", erklärte er mir mit seiner brummigen Stimme.
„Ich verstehe. Danke", erwiderte ich und begann damit, den magischen Kern wieder einzusetzen.
Kaum war dieser wieder an Ort und Stelle, begann Caldra unsichtbar zu werden, bevor sie komplett verschwunden war.
Damit wandte sich Belal wieder den anderen Arbeiten zu. Davon hatte er reichlich, wenn er auch für Dorian die Waffe noch herstellen wollte.
Eigentlich hatte ich gehofft, mit Belal ein wenig über alte Zeiten reden zu können, doch das war schon allein deshalb nicht möglich, weil Ophelia bei mir war. Jetzt kam auch noch Dorian dazu.
Daher unterhielt ich mich mit ihnen, während ich Belal beobachtete, wie ich es schon viele Male getan hatte. Vermutlich musste ich einmal allein hierherkommen. Am besten, während Ophelia auf der Schule war. Dort war sie sicherer als an anderen Orten.
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