RAUM 3

╝ RAUM 3 ╔
❝Kaiser und Wolf❞

ROE GLITT PROBLEMLOS durch das Kraftfeld und blickte sich neugierig um. Die Hoffnung erstarb wieder, als sie realisierte, dass es hier genauso aussah wie im letzten Raum. Seufzend ging sie auf die Gruppe zu und blieb am Rand stehen.

"Gut. Am besten, wir arbeiten mal alle Vermutungen aus und fassen zusammen, was wir wissen", schlug Caesar vor. "Jeder Denkanstoß könnte hilfreich sein." Er rieb sich die Hände und blickte suchend umher. Er blieb an jemandem hängen und deutete auf ihn. "Du. Hattest du nicht eine interessante Theorie zu dem Ganzen? Stell dich doch bitte vor."

Roe erkannte den Typen wieder. Er hatte kritische Aussagen zu transnationalen Unternehmen geäußert. Es überraschte ihn sichtlich, dass Caesar ihn ansprach. Er riss seinen Blick vom Boden und spielte mit seinen Händen.

"Theorie? Nun ja. Meine Aussage vorher war eher spontan ...", meinte er und kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf. "Wie auch immer, ich bin Wolvie. Ich studiere Mathematik und Physik. Wenn ihr mich fragt, sind die Konstellationen dieser Räume viel zu kompliziert für eine einzelne Person. Diese Technik, wenn man sich alleine die Kraftfelder ansieht, kostet noch dazu definitiv viel Geld. Das muss jemand mit viel Macht und Einfluss organisiert haben. Jemand, der Zugang zur Forschung und Wissenschaft hat."

"Und deswegen hieltest du es für naheliegend, dass ein Großkonzern dahintersteckt, richtig?", schlussfolgerte Caesar.

"Nun ja, in der heutigen Zeit traue ich diversen multinationalen Unternehmen sehr viel zu. Es gab bereits zu viele Skandale ...", überlegte Wolvie vorsichtig. Er blickte unsicher zu Caesar, der ihn ermutigend anlächelte. Roe bewunderte es, dass er noch die Kraft hatte, sich zu verstellen. Seine freundliche Miene wirkte echt. Die Gesichtszüge der anderen Menschen hier waren hingegen alle entgleist.

"Deine Vermutung ist berechtigt. Auch wenn es erschreckend wäre, könnte es gut möglich sein", stimmte Caesar ihm zu. "Wir sollten auf jeden Fall die Augen offenhalten, was das betrifft. Vor allem stellt sich die Frage, warum gerade wir dafür ausgewählt wurden. Wo sind die Zusammenhänge?" Er begann gedankenversunken einige Schritte nach vorne zu gehen und sah sich die Menschen an, die ihn erwartungsvoll anblickten.

"Es gibt in der Tat einige Auffälligkeiten ...", deutete Wolvie leise an. Alle Blicke wandten sich wieder ihm zu. Er räusperte sich. "Beispielsweise sind alle hier, wie ich es bereits erwähnt habe, zwischen ... 18 und 25 Jahre alt", schätzte er und biss sich kurz auf die Lippen.

"Stimmt", gab Caesar zu und sah prüfend durch die Runden. "Alle sind gleichalt, es gibt sowohl junge Männer als auch junge Frauen und alle scheinen einander fremd zu sein." Er kratzte sich am Kinn und hielt im nächsten Moment in seiner Bewegung inne. "Das sollten wir vielleicht nochmal kontrollieren. Kennt mich jemand? Oder Wolvie? Oder sonst irgendwen hier?"

Neugierig begannen sich alle umzusehen. Blicke huschten zögerlich über fremde Gesichter. Jeder sah sich hoffnungsvoll um, doch die meisten gafften sich im Endeffekt bloß ratlos an. Roe beobachtete passiv das Geschehen. Unwillkürlich betrachtete sie einzelne Menschen. Sie ließ ihre Augen von Person zu Person springen.

Sie blieb an jemandem hängen und erstarrte zu Eis. Ein Typ starrte sie an. Sein Blick bohrte sich in sie und ließ sie nicht mehr los. Er stand wie eine Statue da und machte keine Anstalten sich wegzudrehen. Die klaren, hellen Augen brachten sie für einen Moment aus der Fassung.

Roe sammelte sich und schüttelte den Kopf, doch ihr eigener Blick wollte nicht von ihm ablassen. Sie wusste nicht, wer er war. Doch vielleicht hatten sie sich schon einmal gesehen. Sonst hätte sie nicht dieses seltsam vertraute Gefühl. Er kam ihr bekannt vor.

Sie biss sich auf die Lippe und riss sich von seinem starrenden Blick los. Suchend sah sie sich nach Caesar um. Jede Kleinigkeit konnte helfen. Besser sie erzählte den anderen, dass ihr jemand vertraut vorkam. Egal, ob sie sich irrte oder nicht.

"Roe?" Sie hatte bereits Luft geholt und ihren Mund geöffnet, als sie von jemandem unterbrochen wurde. "Roe, bist du das?" Ihr Kopf wandte sich in die Richtung, aus der die helle Stimme kam und verblüfft weiteten sich ihre Augen.

"Natalie", glitt es ihr automatisch über die Lippen. Ihre blonden Locken würde sie überall wiedererkennen. "Damit habe ich jetzt nicht gerechnet", gab sie zu und lächelte müde. Dass sie hier jemanden treffen würde, den sie kannte, hätte sie sich beim besten Willen nicht gedacht.

"Ich auch nicht", sagte Natalie und fuhr sich unwillkürlich durch ihre Haare. Sie zog ihre Augenbrauen vor Unglauben zusammen und kam zögerlich auf Roe zu.

"Also ihr beide kennt euch? Seid ihr Freundinnen?", erkundigte sich Caesar, der neugierig, zwischen den beiden hin und herblickte.

"Wir kennen uns, ja. Vom Studium. Wir haben ein paar Male miteinander geredet", erklärte Natalie und blieb vor Roe stehen. Sie sah von Caesar zurück zu ihr. "Wie geht es dir? Alles wieder in Ordnung?", fragte sie etwas leiser und besorgt. Trotzdem war es für alle hörbar. Innerlich ärgerte sie sich darüber, dass es Leute wie ihre Studienkollegin gab, die ohne Bedenken alles ausplauderten, was niemanden etwas anging.

"Ja", sagte sie knapp und versuchte möglichst neutral dreinzusehen. Natalies Hundeblick durchbohrte sie und forschte in ihrer Miene voller Sorge nach.

Schlagartig begann der Untergrund zu beben. Alle wurden von ihren Beinen gerissen. Prompt kam Roe auf dem harten Boden auf. Ein dumpfes Geräusch hallte durch den Raum und veranlasste die meisten sofort dazu, sich schmerzerfüllt die Ohren zuzuhalten. Roe tat es ihnen gleich. Die Vibration wurde stärker, sodass sie ihre Augenlider verkrampft zupressen musste.

Ein schrilles Knirschen stimmte mit ein. Es fraß sich in ihr Inneres. Hilflos rollte sie sich ein und krümmte sich vor Schmerz. Der ekelhaft metallische Geschmack von Blut breitete sich in ihrem Mund aus. Die hohe Frequenz brachte sie förmlich um. Das überlebte sie nicht. Es tat ihr höllisch weh.

Nein. Plötzlich schoss ihr der Gedanke durch den Kopf und erfüllte sie mit Kraft. Sie musste Widerstand leisten. Dagegen ankämpfen. Sie drückte sich gegen den Boden und fühlte die Last auf ihrer Schulter, die sie in die Knie zwingen wollte. Nicht mit ihr. Ein Schmerzenslaut entfloh ihrer Kehle, als sie sich energievoll aufschwang. Ihre Sicht war verschwommen, doch sie sah einzelne Leute mühevoll in Richtung des nächsten sich bildenden Kraftfelds humpeln. Andere lagen am Boden und versuchten sich verzweifelt aufzurichten.

Sie wandte ihren Blick schnurstracks nach vorne und biss sich in die Lippe, um nicht ihre Augen wieder zusammenzukneifen. Das Kraftfeld war jetzt wichtig. Alles andere musste sie ausblenden. Die flimmernde Wand kam näher und ihr Bewusstsein rückte immer weiter in den Hintergrund. Blaue Farben blitzten auf, als die letzten Leute in den nächsten Raum flüchteten. Es war nicht mehr weit. Nur noch ein kleines Stück. Nur noch ein bisschen.

Voller Sehnsucht erreichte sie es. Sie war die letzte, die sich noch im alten Raum befand. Zumindest glaubte sie, dass nur noch sie übrig war. Über ihr schwoll das Knirschen noch weiter an. Feine Glasscherben regneten auf sie hinab, als sie sich noch einmal umdrehte und sich prüfend umsah.

Schockiert erstarrte sie. Natalies zarter Körper lag regungslos in der linken Ecke des Raumes, wo sie gerade noch gestanden war. Sie konnte sie nicht zurücklassen. Ohne groß zu überlegen, begann sie, ihren Körper wieder zurückzubewegen. Sie schleppte sich mühevoll wenige Zentimeter und ihr wurde bewusst, dass sie es unmöglich schaffen konnte. Doch sie ging immer weiter.

Ein riesiger Glasbrocken fiel knapp vor ihre Füße. Roe blieb stehen und starrte panisch zu Boden. Ihre Atmung wurde unkontrolliert und hektisch. Um ein Haar wären ihre Zehen abgehackt worden. Um ein Haar. Hin und her gerissen schaute sie zwischen der mageren Natalie und dem Klumpen vor ihr her. Wie eine kaputte Puppe lag sie leblos da.

Plötzlich umfasste jemand grob ihr Handgelenk und zog sie harsch zurück in Richtung des neuen Raums. Der Glasstaub brachte sie zum Husten. Während sie unwillentlich dem Feld immer näherkam, versuchte sie mit aller Kraft, die Person vor sich zu erkennen. Sie stolperte energielos hinterher, doch vor ihren Augen tanzten schwarze Punkte. Sie drohten sie zu überfallen.

Nur an eines konnte sie sich noch erinnern. Kurz bevor sie durch das unsichtbare Feld hindurchging, zuckten ihre Augen auf. Ihr Kopf lag im Nacken. Sie starrte auf eine Stelle an der Wand. Sie fokussierte sie und erblickte Schrift. W11. Diese drei Ziffern leuchteten hell auf.

┘┌ฬ11┘┌

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top