DREIundDREIßIG Gedanken

Befreiter. So habe ich mich gefühlt, nachdem ich meine Stellungnahme bei der Beraterin abgab sowie unserem anschließenden Gespräch darüber. 

Letzteres hatte ich gar nicht erwartet, denn ich entschied mich dagegen, meine zwei mir unsicheren Stichpunkte aufzulisten und hatte Sorge, dass sie es aus mir herauskitzeln könnte. 

Sie war nun eben eine gute Beraterin und konnte solche Tatsachen erspüren. 

Wie ich erahnte, war dem so und ich fühlte mich grauenvoll. Wir legten eine Pause ein. Daraufhin klärte sie mich auf, was es wirklich zu bedeuten hatte und was es bedeuten würde, hätte ich es schlussendlich nicht angegeben. So willigte ich ein, dass sie dies auf meiner Liste ergänzte und gegebenenfalls offiziell preisgeben durfte. 

Durch ihre Art fühlte ich mich dadurch noch befreiter. Etwas löste sich dadurch in mir. Jahre zuvor wünschte ich mir jemanden, einen Menschen, mit dem ich darüber sprechen kann, konnte mir nie vorstellen, dass es wirklich einmal wahr werden und mir dann auch noch Verständnis entgegengebracht werden würde. Aber so war es. 

Auf dem Weg nach Hause tankte ich Energie, lächelte, wurde eins mit der Umwelt, für diesen Moment. 

Ich schloss die Tür zur Wohnung auf, hatte kaum einen Schritt hinein gewagt, prasselte alles Mögliche in mich hinein. 

Allein das war mir fremd. Zudem konnte ich mich selbst nicht verstehen. Eben noch so gut gelaunt, im nächsten Augenblick das. 

Meine Gedanken kamen, schlugen wild durcheinander dort oben umher, als würden sie sich irgendwo durchbohren, ein Ziel suchen wollen, irgendetwas. Sie waren nicht zuzuordnen, nicht zu fassen zu bekommen. 

In meinem Kopf machte es bloß husch, husch, husch ... Wie eine leidende Beobachterin meiner selbst war ich da. Hilflos, nicht wissend, was zu tun ist. Mal wieder. 

Einmal konnte ich nur bis drei zählen, darauf immerhin bis dreißig. Aha, das waren also schon einmal dreiunddreißig Gedanken. Und es wurden noch so viele mehr. 

Was kann ich tun? 
Wir tun? 
Wie steht es um uns? 
Was wird aus mir? 
War es richtig, es ihr zu sagen? 
Wird jetzt was Schlimmes passieren? 
Ich bin schon so weit gekommen ... 
Ich will nicht wieder zurück. 
Wohin zurück? 
Welches zurück? 
Lässt er mich nur hier, weil ich sonst nirgends hinkann? 
Ganz weg bin ich ja noch nicht ... 
Ich will nicht weg von ihm. 

Dies sind nur ein paar der Gedankenfetzen, die durch meinen Kopf fegten. Irgendwann kam er nach Hause und fand mich auf dem Boden zusammenkauernd liegend, mit meinen Händen an den Ohren gepresst. 

Er half mir hoch und wir setzten uns auf das Sofa. Unser Sofa. Ich sollte mir angewöhnen, mich ebenso zu Hause zu fühlen, wusste aber eigentlich gar nicht mehr, was das bedeuten soll. 

Mit einem beruhigenden Tee saßen wir dort, er gab mir wie immer Zeit. Nach einer Weile erzählte ich, was an jenem Tag passierte. Er hatte Verständnis, obwohl ich es noch immer nicht kapierte. 

Statt weiter zu reden, weil wir beide doch ziemlich erschöpft waren, legten wir eine Pause ein, aßen und später am Tag, als ich auch wieder ruhiger war, machten wir uns einen gemütlichen Filmabend. Bis dahin hatte ich noch nicht viele Filme gesehen und wir waren dabei herauszufinden, welche Genres ich gerne mögen könnte. An diesem Abend gab es einen Actionfilm. 

Zum Ende hin, gab es eine sehr schnulzige Liebesszene, die mich dennoch sehr berührte. Denn ich fragte mich, ob es das war, was wir hatten. Ob ich die Einzige war, die es nicht verstand. Wahrscheinlich. 

Dann fiel mir auf, wie er mich beobachtete, anscheinend kannte er den Film schon. 

»Und?«, fragte er. 

»Ja«, sagte ich in der Hoffnung, dass er das Gleiche meinte wie ich, und dass er eventuell nur auf so einen Moment wartete oder sogar nur deswegen diesen Film auswählte. 

»Schön. Ich empfinde auch so«, sagte er in seiner so schönen sanften Stimme zu mir. 

Ich lehnte mich an ihn heran und in diesem Moment wurde es mir klar. Das ist zu Hause, mein zu Hause. Und kuschelte mich noch enger heran. 

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