Kapitel 32 - Götterdämmerung 2.0

„Ein Tesla?", sagte Sylvia, als er sie am Ende ihres Arbeitstages an der Universität abholte, und sie neben ihm im Auto Platz genommen hatte. Ihre Augenbrauen wanderten nach oben, während sie sich umsah.

„Ist er etwa nicht nach deinem Geschmack?" Er warf den Bordcomputer an, während er sie aus dem Augenwinkel heraus beobachtete. Sie sah heute wirklich ausnehmend hübsch aus und der leichte Hauch von Röte auf ihren Wangen erinnerte ihn an die erwachende Morgensonne.

Sie verstaute ihre Handtasche im Fußraum und legte den Gurt an. „Doch, natürlich. Sieht sehr edel aus. Ich dachte nur, die wären so richtig teuer." Sie fuhr ehrfurchtsvoll mit einem Finger über den glatten Sitz.

Armand zwinkerte ihr zu. „Das sind sie auch, aber wer sagt denn, dass ich dafür bezahlen muss?"

„Was?" Sylvia sah ihn plötzlich mit aufgerissenen Augen an. „Heißt das, du —"

„Nein, nein, keine Angst. Der ist nicht gestohlen."

Mist, Armand, du musst mehr aufpassen, was du sagst. Du willst doch nicht ihr gerade erst wiedererlangtes Vertrauen aufs Spiel setzen mit deinen unbedachten Aussagen.

„Tarkov hat es irgendwie hinbekommen, meinen Zugang zu der Göttersoftware inklusive GPS und einigen anderen praktischen Funktionen an Mr. Zs Argusaugen vorbeizuschmuggeln. Solange es der Alte nicht merkt, wäre ich doch dumm, das nicht auszunutzen, vor allem wenn dabei so nützliche Dinge wie eine permanente Parkbewilligung für den Fakultätsparkplatz dabei rausspringen." Er hielt ihr eine kleine Karte hin mit dem offiziellen Siegel der Universität.

Sylvias Augen waren immer noch geweitet. „Da ... da steht ja sogar mein Name drauf. Wie kommst du denn zu dem? Edgar musste zwei Jahre warten bis der Rektor ihm endlich eine zugestanden hat."

„Ein Ex-Gott zu sein hat seine Vorteile."

Mal sehen, ob ich Tarkov dazu bringen kann, Edgars Bewilligung ungültig zu machen.

Mit einem zufriedenen Lächeln fuhr Armand rückwärts aus der Parklücke.

„Aber ich hab doch nicht mal ein eigenes Auto", bemerkte sie, während sie immer noch ungläubig auf die Karte in ihrer Hand starrte.

„Das lässt sich leicht ändern. Du kannst gerne den hier benutzen, oder wir können sehen, was der göttliche Fuhrpark hergibt, wenn du etwas Kompakteres bevorzugst."

„Aber wäre das nicht trotzdem irgendwie illegal?" Sylvia knabberte an ihrer Unterlippe während sie die Parkkarte in ihrer Tasche verschwinden ließ.

Armand zuckte mit der Schulter und legte seine Hände entspannt ums Lenkrad, da der Bordcomputer mittels Autopilot einen Großteil der Steuerung übernehmen würde. „Nicht wirklich. Nach allem, was ich für Mr. Z in den tausenden von Jahren getan habe, wird er wohl ein paar fahrbare Untersätze entbehren können."

Sylvia nickte und lehnte sich in ihrem Sitz zurück. „Wenn man es so betrachtet, dann hast du wohl recht."

„So ist es. Kein Grund, ein schlechtes Gewissen zu haben."

Ihre Blicke trafen sich und als Sylvia ihn anlächelte, wäre er am liebsten auf die Bremse gestiegen, um sie in seine Arme zu ziehen und leidenschaftlich zu küssen. Und nicht nur das. Da war noch so einiges mehr, was er mit ihr tun wollte. Aber damit musste er wohl noch ein wenig warten, zumindest bis sie bei seinem Haus angekommen waren.

Im Laufe der Autofahrt schien Sylvia sich zunehmend zu entspannen und begann, ihm von ihrem Arbeitstag zu erzählen, als sie plötzlich herausplatzte: „Ich hab übrigens mit Natalia telefoniert."

„Du hast was?" Armand hätte fast das Lenkrad herumgerissen, wenn der Bordcomputer nicht rechtzeitig seiner Bewegung gegengesteuert wäre. „W—wieso denn das?"

Wenn das nur nicht wieder schlechte Nachrichten sind. Himmel nochmal, kann Natalia nicht endlich mal aus meinem Leben verschwinden?

Sylvia blickte geradeaus durch die Windschutzscheibe und sagte, ohne ihn anzusehen: „Ich wollte nicht, dass dieses Missverständnis auf ewig zwischen uns steht, also habe ich beschlossen, das mit ihr zu klären, bevor mich der Mut wieder verlassen würde. Jetzt wo ich Bescheid weiß über euch beide, da ..." Sie schluckte und ihre Wangen wurden rot wie Granatäpfel. „Da wurde mir bewusst, wie dumm meine Reaktion war. Ich weiß, dass ich kein Recht hatte, euch beide für etwas zu verurteilen, das mich rein gar nichts angeht. Auch wenn Natalia mir wahrscheinlich nur geholfen hat, weil sie dir offensichtlich mehr als freundschaftlich verbunden ist, so rechne ich ihr doch hoch an, was sie für mich getan hat." Sie blickte ihn etwas zögerlich an und die Anspannung auf ihrem Gesicht war mehr als offensichtlich.

Armand lächelte sie an. „Ich bin mir sicher, Natalia weiß das sehr zu schätzen." Erleichterung machte sich in seiner Magengrube breit.

Sylvias Mundwinkel hob sich zu einem Lächeln. „Und dann hat sie mir außerdem gesagt, dass ich gut auf dich aufpassen solle, da du so auf dich allein gestellt auf der Erde wohl verloren wärst und falls es Probleme gäbe, dann wäre sie sofort zur Stelle."

Armand schüttelte seinen Kopf und grinste. „Das sieht ihr wieder ähnlich. Dann werden wir uns wohl bemühen müssen, dass es zu keinen Problemen kommt."

„Sehe ich auch so." Sie grinste zurück und die Erleichterung in seiner Magengrube wich einem zunehmend loderndem Feuer.

Eine Unmenge von Ideen, wie er Sylvia am besten mit seinen Händen und seiner Zunge seine Zuneigung zeigen konnte, schossen ihm durch den Kopf. Er setzte sich rasch aufrechter hin. Das fehlte ihm noch, dass Sylvia seinen wachsenden Ständer bemerkte. Obwohl, der Blick, den sie ihm zuwarf und dann ebenfalls in ihrem Sitz herumrutschte, war ziemlich eindeutig. Er stieg ein wenig aufs Gas und nach einem kurzen Stopp bei der Wohnung von Sylvias Freundin, um die Sachen abzuholen, mit denen sie gestern so Hals über Kopf geflüchtet war, steuerte der Tesla auf der am wenigsten befahrenen Route sein Haus an.

„Fühl dich ganz wie zu Hause", sagte er, als sie endlich angekommen waren und er ihr galant die Haustür öffnete.

„Das Haus gehört also jetzt wirklich dir?" Sie ließ den Blick über die efeubewachsene Fassade schweifen, während sie ihre Handtasche an ihre Brust presste. „Denkst du nicht, dass Mr. Z das irgendwann zurückfordern wird?"

„Vielleicht, vielleicht auch nicht. Aber darüber sollten wir uns jetzt nicht den Kopf zerbrechen. Es gibt jetzt wirklich tausend andere Dinge, die ich lieber tun würde." Er beugte sich zu ihr und flüsterte in ihr Ohr: „Zum Beispiel dort weitermachen, wo wir gestern aufgehört haben." Ihr süßer Duft stieg ihm in die Nase und er musste sich zurückhalten, nicht sofort seine Lippen gegen ihren schlanken Hals zu pressen.

„Und woran genau hattest du da gedacht?", erwiderte sie und ihr warmer Atem kitzelte seine Wange.

„Da gibt es viele Möglichkeiten, aber vielleicht sollten wir zuerst deine Sachen ins Haus bringen." Er hielt ihre Reisetasche hoch.

„Oh, ja, da hast du recht." Sie lächelte ihn verlegen an und betrat dann eilig das Haus.

„Was hältst du davon, wenn wir noch einen kurzen Abstecher in den Garten machen, bevor es dunkel wird?" Er stellte ihre Reisetasche im Vorraum ab und deutete zum Hinterausgang am Ende des Ganges. „Der Sonnenuntergang ist vom Teich aus besonders schön."

„Das würde ich gerne sehen, ja."

„Dann komm."

Sie ließ ihre Handtasche neben ihre Reisetasche sinken und nahm seine Hand, die er ihr entgegenstreckte.

„Ich kann es kaum erwarten, all das hier im Sommer zu sehen, wenn es so richtig grünt und blüht. Wir könnten auch Erdbeeren anpflanzen und Himbeeren und unsere eigenen Tomaten ziehen." Sylvia sah sich begeistert um, während sie Hand in Hand durch den Garten schlenderten. „Dort hinten wäre der Sonnenstand ideal." Sie deutete an das eine Ende des Gartens, wo sich eine niedrige Eibenhecke befand. „Und eine kleine Kräuterspirale könnten wir auch anlegen. Ich liebe den Geruch von frischem Basilikum und Thymian."

„Maurizio hätte seine Freude an dir", bemerkte Armand mit einem amüsierten Schmunzeln, als sie ihn mit leuchtenden Augen anstrahlte.

Doch plötzlich verdunkelte sich ihre Miene und sie sah ihn forschend an.

„Was ist?" Er blieb stehen und erwiderte ihren fragenden Blick. „Habe ich etwas Falsches gesagt?"

„Nein, nein." Sie seufzte und sagte dann: „Ich dachte mir nur, dass du jetzt nie wieder deine Freunde sehen kannst, und dass du sie vermissen wirst und dass das alles meine Schuld ist." Sie presste ihre Lippen aufeinander und senkte ihren Blick zu Boden.

„Aber nein, wie kommst du denn auf sowas." Er nahm ihr Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger und hob es hoch, bis sich ihre Blicke wieder trafen. „Das ist doch nicht deine Schuld. Das war einzig und allein meine Entscheidung, und ich würde mich jederzeit wieder für dich entscheiden. Außerdem wer sagt denn, dass ich meine Freunde nie wieder sehen kann. Ich mag vielleicht nicht mehr Zutritt zu Wolkenstadt haben, aber den Göttern steht es natürlich frei, uns auf der Erde zu besuchen, wenn ihnen danach ist."

„Dann ist es ja kein Abschied für immer." Als sich ihre Mundwinkeln zu einem kleinen Lächeln hoben, brachte das die Sommersprossen auf ihren Wangen zum Tanzen.

„Ist es nicht. Du wirst sehen, wir müssen meine Freunde wohl eher einbremsen, wenn wir sie nicht täglich hier bei uns rumhängen haben wollen. Besonders Tarkov brennt wahrscheinlich darauf, dir seine Sammlung an göttlichen Videospielen zu zeigen und wenn Maurizio erstmal sieht, dass du den Garten hier auf Vordermann gebracht hast, dann werden wir wohl einen gigantischen Zaun um unser Haus bauen müssen, wenn wir endlich unsere Ruhe haben wollen."

„Das klingt ja wahrhaft bedrohlich." Sylvias Lächeln weitete sich zu einem breiten Grinsen.

„Gewaltig." Er erwiderte ihr Grinsen, legte seinen Arm um ihre Taille und dann wanderten sie gemächlich über den knirschenden Kiesweg, der sich wie ein weißes Band durch die grüne Wiese bis zum Teich am Ende des Gartens schlängelte. Die Sonne hing bereits wie ein aufgeblähter orangeroter Ball zwischen den Wipfeln der Bäume. Für einen Augenblick überkam ihn die Erinnerung an die ständig präsente Sonne oben in Wolkenstadt wie ein übermächtiger feuerroter Schatten. Doch mit der ewigen Gleichförmigkeit war es nun vorbei. Er würde nun, wie jeder andere Mensch auch, dem stetigen Wechsel von Tag und Nacht, dem der Jahreszeiten und dem unaufhaltsamen Fortschreiten seines Lebensalters unterworfen sein. Das war zugleich furchteinflößend und aufregend. Furchteinflößend, weil es für ihn ein Sprung ins Unbekannte war, aufregend, weil er diesen Sprung an der Seite der Frau machen würde, die er liebte.

Sylvia hatte sich an ihn geschmiegt und war in die Betrachtung des Himmels versunken. Das Licht verlieh ihrem Haar einen goldenen Schimmer und ließ ihr Gesicht wie von innen heraus leuchten.

„Wieso siehst du mich so an?", sagte sie, als sie seinen Blick bemerkte und zu ihm aufsah.

„Weil du hübscher anzusehen bist als jeder Sonnenuntergang es jemals sein könnte."

„Komplimente zu machen ist dir jedenfalls auch als Mensch noch nicht abhandengekommen."

„Das wird es auch niemals, nicht solange du bei mir bist."

Sie waren jetzt bei dem Platz unter der Trauerweide angekommen und Armand deutete auf das saftige Gras vor dem alten knorrigen Baumstamm. „Wir können uns hier hinsetzen bis die Sonne weg ist, denn danach wird es wohl schon recht schnell kühl."

„Dann müsstest du mich eben wärmen." Sylvia ließ sich im Gras nieder und lehnte sich, mit ihren Ellbogen am Boden abgestützt, nach hinten.

Das Bild, das sich ihm bot, Sylvia, die sich in ihrem etwas hochgerutschten Rock vor ihm am Gras räkelte und ihm ein aufreizendes Lächeln schenkte, wollte er am liebsten einrahmen, um es für immer in seinem Gedächtnis zu behalten.

„Nichts lieber als das." Er setzte sich neben ihr ins Gras, strich mit einer Handfläche sanft über ihre Wange, erlaubte seinem Finger über ihren Hals zu wandern, bis zu dem Ausschnitt ihrer Bluse, wo er Halt machte. 

Sie sah ihn unverwandt an und sagte dann leicht atemlos: „Ich glaube, mir ist noch nicht warm genug."

„Du willst also, dass ich weiter mache?" Er lehnte sich nun über sie, bis sein Gesicht genau über ihrem war.

„Ja, ich glaube, du bist sehr begabt im Aufwärmen", hauchte sie und leckte sich mit ihrer Zungenspitze über ihre Unterlippe.

Der Anblick schoss ihm wie ein Blitz in die Lenden. Lange würde er seinen offensichtlichen Ständer nicht mehr verbergen können, doch Sylvia schien dies nicht zu stören, denn sie hob nur wissend eine Augenbraue und schlang einen Arm um seinen Nacken.

„Dann muss ich wohl weitermachen, um sicherzugehen, dass dir nicht kalt wird." Seine Hand nahm ihre Wanderschaft wieder auf, legte sich um eine ihrer Brüste, während er sich mit der anderen am Boden abstützte.

„Ja, mach weiter." Sie küsste ihn stürmisch, zog ihn weiter zu sich heran, bis er zwischen ihren Beinen zu liegen kam. Die Hitze, die ihn dort erwartete, machte es zwar klar, dass Sylvia garantiert nicht Gefahr lief, kalt zu werden, aber das behielt er tunlichst für sich.

Er schob ihren Rock hoch, ließ seine Hand über die Außenseite ihrer Oberschenkel gleiten. Die Wärme ihrer Haut, ihr Geruch, ihre weichen Lippen, die mit seinen verschmolzen waren, raubten ihm beinahe den Verstand. Der Sonnenuntergang konnte ihm jetzt sowas von gestohlen bleiben, und es bestand kein Zweifel daran, dass Sylvia genauso wenig Interesse an dem Naturschauspiel hatte.

Ohne den Kuss zu unterbrechen, machte sie sich an seiner Hose zu schaffen, und als sie sich endlich der störenden Kleidungsstücke entledigt hatten, ließ er kurz von ihren Lippen ab, um sie anzusehen. Sie lag unter ihm in völliger Hingabe, ihre Augen und die sattgrünen Ohrstecker leuchteten mit dem Gras um die Wette.

„Sylvia", murmelte er, während er eine Haarsträhne von ihrem Gesicht strich. „Es macht mich sehr glücklich, dass du bereit bist, die Liebe mit mir zu wagen."

Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Es gibt keinen in diesem Universum, mit dem ich lieber die Liebe wagen würde."

Er küsste sie wieder auf den Mund, langsam und zärtlich, denn die Worte hatten ihn plötzlich verlassen. Als ihre Körper endlich zueinander fanden, brauchte es auch keine mehr, denn was sie sich zu sagen hatten, lag jenseits der Grenzen der Buchstaben.

Die Abenddämmerung senkte sich wie eine goldgewirkte Decke über die zwei Liebenden, hüllte sie ein in den Schutz der Ewigkeit. Auch wenn der Tod für Armand nun das unausweichliche Ende sein mochte, so hatte er sich doch noch nie so lebendig gefühlt wie in diesem Moment.


~~ENDE~~

A/N: Hier ist es nun, das Happyend für Armand und Sylvia. Die beiden haben es sich redlich verdient nach all den Aufregungen und Missverständnissen und ich hoffe, die Geschichte hat euch gefallen.

Flora ^-^

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