Kapitel. 46 - Die Angst zu Vertrauen
„Gehen wir noch was gemeinsam trinken?" fragte er erneut.
,,Ich weiß nicht..!" murmelte ich fraglich.
,,Ich bring dich dann auch nachhause!"
Ob meine Eltern das gut finden werden...
,,Komm schon. Du bist mir was schuldig!" zwinkerte er mir zu und zog eine Grimasse.
Nur ein Getränk.
,,Nur ein Cocktail! Ich möchte nämlich nicht vollkommend besoffen nachhause laufen."
,,Versprochen."
Da die Polizei vermutlich noch nach uns suchte, nahmen wir komplizierte Umwege um dafür sicherer am Ziel anzukommen.
Er brachte mich zu einer gewöhnlichen Bar.
Es waren kaum Gäste da.
Umso besser.
Wir setzten uns an einem freien Tisch und warteten auf eine Bedienung.
Eine Blondine mit Italienischen Wurzel kam zu uns rüber.
John schien ihr zu gefallen. Sie konnte kaum ihre Finger vom ihm lassen und flirtete extrem mit ihm.
Er blieb kühl und zeigte kein Hauch von Interesse.
Als die Frau dann auch noch extra mit ihren Hintern davon wackelte, verdrehte ich meine Augen.
So eine bitch.
,,Ich hab sie kaum verstanden" machte er sich lustig über sie.
Schmunzelnd schüttelte ich den Kopf.
,,Erzähl mir was von dir" war er direkt.
Lieber nicht.
,,Es gibt da nicht soviel zu erzählen. Mein Leben ist total langweilig" log ich nur teilweise.
,,Das glaube ich dir nicht. Du wirkst mir zu geheimnisvoll."
,,Du kennst mich doch gar nicht!" widersprach ich ihm.
,,Deine Augen erzählen mir was anders."
Seine Augen durchbohrten mich, während ich den Augenkontakt so gut wie möglich versuchte zu vermeiden.
,,Du kommst mir so bekannt vor..!" grübelte er nachdenklich.
Hoffen wir nicht.
,,Wie lange braucht diese Frau noch?" wechselte ich das Thema.
Er warf ein Blick nach hinten um nach ihr zu sehen.
,,Da ist sie doch."
Ich folgte seinem Blick und sah wie die Kellnerin mit unserer Bestellung auf uns zu kam.
Sie bückte sich absichtlich um auf ihren Ausschnitt aufmerksam zu machen.
,,Deine Operierten Titten, kannst du bei dir behalten." kommentierte er frech und lächelte sie dabei unschuldig an.
Da sie kein Wort verstand, nahm sie es als Kompliment an und spielte verlegen mit ihren Haare rum.
,,Grazie.." versuchte sie, sexy zu klingen und wackelte wieder mit ihren gewaltigen hintern davon.
,,Die spinnt doch" lachte er.
,,Wieso?"
,,Die hat mir ihre Nummer auf diesem Notizzettel hinterlassen" sagte er und zeigte mir das Stück Papier.
Ich zuckte mit den Achseln.
,,Du bist doch nicht etwa eifersüchtig?" fragte er grinsend.
,,Wieso sollte ich? Ich kenn dich doch kaum!" fühlte ich mich angegriffen.
,,Schade" scherzte er weiter.
,,Wohnst du hier? Oder bist du nur eine Touristin?" lockerte er das Gespräch wieder auf.
,,Ich lebe hier. Vor kurzem bin ich aus Deutschland ausgewandert um hier ein neuen Anfang mit meiner Familie zu beginnen" erzählte ich ihm.
,,Hat das gründe gehabt, dass ihr ausgewandert seid?"stellte er mir direkt die nächste frage.
,,Das war schon immer deren Wunsch" log ich wieder.
,,Und du?"
,,Ich lebe hier seid einem Jahr mit meinem Vater. Hab mich auch noch nicht so wirklich eingelebt" gestand er.
Er erzählte mir, dass er mit seinem Vater eine Werkstatt für Autos besaß.
Und auch dort in der Nähe wohnte.
Seine Mutter starb, als er noch ganz klein war an einem Tumor.
Ihm fiel es schwer über sie zu reden. Der Verlust schien ihm noch zu beschäftigen und machte ihm sehr zu schaffen.
Ohne meine Mutter auf dieser Welt, würde ich mich auch verloren fühlen..
Um ihn abzulenken, ließ ich mich auf noch paar weitere Cocktails ein.
Der restliche Abend verlief super.
Wir stellten fest, das wir viele Gemeinsamkeiten und ähnliche Vorstellungen vom Leben hatten.
Sein Charakter war pures Gold wert.
Neben ihn fühlte ich mich wieder lebendig.
Die Zeit ging leider viel zu schnell um.
Ich schaute auf meine Uhr.
Drei Uhr.
Es ist spät geworden..! Und ich bin Betrunkener als mir lieber ist.
,,Ich muss nachhause..!" lallte ich und kicherte albernd.
Zuhause sollte ich lieber nicht soviel reden. Sondern mich direkt auf mein Bett schmeißen.
Er nickte verständnisvoll, mein Zustand bereitete ihm sorgen.
Obwohl er mehr als ich getrunken hatte, war er um einiges nüchterner.
,,Alleine gehst du nirgendwohin. Ich hab dir versprochen dich nachhause zu begleiten!" erinnerte er mich.
Ich rieb mir die Augen und konnte mir mein Gähnen nicht verdrücken.
,,Kannst du laufen?" fragte er beunruhigt und wollte mich wohl in keinen weiteren Ärger mit meinen Eltern verwickeln.
,,Ja.." nuschelte ich und wäre fast gestolpert.
Er legte seinen Arm um mich und drückte mich fest an sich.
,,Ich pass auf dich auf. Bei mir bist du sicher."
In seinen Arm fühlte ich mich wohl und vertraute ihn blind.
Seine Stimme hatte eine beruhigende Wirkung auf mich.
Auf den Weg nachhause, übergab ich mich mehrmals.
Hilfsbereit hielt er mir jedes Mal die Haare hoch und kümmerte sich fürsorglich um mich.
Dafür war ihm sehr dankbar.
Schließlich wurde mein Vertrauen zu oft ausgenutzt.
,,Sind wir hier richtig?" fragte er und blieb stehen.
Das Licht im Haus von meinen Eltern war noch an.
Sie haben auf mich gewartet.
,,Da beobachtet uns ja jemand" stellte John fest.
Mein Vater blickte ungeduldig aus den Fenster heraus, bis er mich ansah und erkannte.
,,D-Du solltest lieber gehen..!" warnte ich ihm vor.
Mir war immer noch schlecht und ich wollte nicht, dass John sieht wie mein Vater sich aufführen könnte.
Wie ich es vorhergesehen hatte, kam mein Vater aus dem Haus gestürmt.
Mein Mutter war dicht hinter ihm.
,,Wer bist du?!" fuhr mein Vater, den noch ahnungslosen John an.
,,Dad, hör auf..!" versuchte ihn zu verteidigen.
,,Du bist doch vollkommend betrunken..! Du siehst furchtbar aus, Kira!" sprach meine Mutter bestürzt und fassungslos.
Sie drückte mich, wie ein kleines Kind an sich und wollte mich an der Hand zum Haus führen.
,,Was hast du mit meiner Tochter gemacht?!" beschuldigte mein Vater ihn und packte ihn am Kragen.
,,Keiner wird ihr mehr weh tun!" machte er John eine Ansage.
Wie peinlich.
,,E-r hat mir geholfen, hör doch auf, Dad!!!" forderte ich ihn auf und riss mich von meiner Mutter los.
,,Bitte. Lass uns rein gehen" versuchte ich mein Vater zu besänftigen.
,,Du solltest am besten gehen" riet ich John.
,,Ich würde niemals eine Frau weh tun, Sir."
Seine Augen sah mein Vater aufrichtig an und er rührte sich nicht vom Fleck.
Mein Herz pochte.
„Arash! Das können wir morgen mit Kira besprechen. Wir gehen jetzt rein!" bestimmte meine Mutter.
Mein Vater drehte ihm den Rücken zu und ging als erstes ins Haus rein.
Das war seltsam.
Vielleicht hat John ihn doch irgendwie beruhigen können.
Beschämt verabschiedete ich mich von ihm und ging mit meiner Mutter ins Haus rein.
Wie peinlich...
Mein Vater war im Schlafzimmer verschwunden.
Hoffentlich lässt meine Mutter mich auch in Ruhe.
,,Du musst ihn verstehen. Du musst uns verstehen. Wir haben uns Sorgen gemacht.
Und das auch noch zurecht!" machte sie mir Vorwürfe.
Ich rollte meine Augen nach hinten.
,,Ich geh mich hinlegen" beendete ich die Konversation und ging in mein Zimmer.
Ich bin zu betrunken für ein vernünftiges Gespräch.
Und ich hatte auch kein Bock mir ein Standpauke von ihr zu geben.
Erschöpft legte ich mich hin und dachte über John nach.
Was er wohl jetzt über mich dachte?
Ob ich ihn wieder sehen würde?
Meine Augen klappten zu und ich ließ mich in den Schlaf fallen.
Am frühen Morgen herrschte eine peinliche Stille am Küchentisch.
Meine Mutter zwang mich viel Wasser zu trinken.
Da der Alkohol mir viel Wasser aus dem Körper entzogen hat.
Dementsprechend fühlte ich mich auch schwach und hatte Kopfschmerzen.
Vor allem durch den Muskelkater fühlte ich mich beschissen.
,,Wer war dieser Mann gestern?" fragte mein Vater misstrauisch.
,,John. Wir haben uns gestern erst kennen gelernt. Er ist eigentlich ganz nett."
Meine Stimme klang aufgeregt, was mich ärgerte.
,,Du kennst ihn doch kaum!" mischte meine Mutter sich wie immer ein.
Ich verdrehte die Augen.
,,Du solltest besser aufpassen. Deine Mutter hat recht" stimmte mein Vater ihr zu.
Das war ja klar.
,,Ihr habt gesagt, amüsier dich!" fühlte ich mich angegriffen.
,,Kira. Du warst Sturz betrunken und du kannst froh sein, dass der Kerl dass nicht ausgenutzt hat!"
Sie meinten es nicht böse, aber es verletzte mich trotzdem sehr.
,,Ist klar, nur weil ich einen falschen Mann in die Hände geraten bin..!"
,,KIRA!" unterbrach mich meine Mutter aufgebracht.
Sie wusste, was ich sagen wollte.
Ich schnappte nach Luft und unterdrückte die Wut in mir.
Plötzlich klingelte es an der Haustür und ich zuckte zusammen.
Wer ist das..?
Für einen kurzen Moment hatte ich Angst und hoffte dass es bloß nicht Taylor war.
Meine Mutter trocknete sich die Hände ab und war dabei zur Haustür zu laufen.
,,Warte, Schatz. Ich mach das!" hinderte mein Vater sie.
Er legte seine Hand auf ihre Schulter und lächelte sie an.
Wahrscheinlich hat auch mein Vater ein seltsames Gefühl bekommen.
Ich wollte meinen Vater folgen, doch meine Mutter blockierte mir den Weg.
,,Mum."
,,Wir wissen nicht, wer vor der Haustür ist..!" flüsterte sie.
Dass die beiden so Angst hatten, tat mir leid.
,,Du?" hörte ich meinen Vater reden.
Wer ist das?
,,Darf ich rein kommen?"
War das gerade Johns Stimme?!
,,Komm rein..!" gewährte ihn mein Vater Eintritt zu unserem Haus.
Nervös und verwundert sah ich zu wie John uns Gesellschaft leistete.
Er nahm sich ein Platz neben mir und grinste mich gut gelaunt an.
Sein äußeres Erscheinungsbild schien meine Mutter zu beeindrucken.
Alles an ihm sah einfach perfekt aus.
,,Was machst du hier?" fragte ich erstaunt.
Mein Vater und meine Mutter hatten sich zu uns gesetzt.
,,Ich wollte mich für gestern bei deinen Eltern entschuldigen. Ich mag dich sehr. Und ich hoffe sie denken nicht all zu schlimm von mir."
Dabei wechselte er den Blick zu meinen Vater auf.
Der wusste wohl nicht, wie er reagieren sollte.
Johns ehrliche und offene Art, bewirkte etwas bei meinem Vater.
Selbst meine Mutter war überrascht.
,,Wenn sie wollen gehe ich wieder. Ich wollte ihnen nur sagen, dass ich niemals die Absicht hatte, ihre Tochter in Gefahr zu bringen oder sie zu verletzen" beteuerte er.
,,Du kennst meine Tochter erst seid gestern. Wieso bemühst du dich so?" konnte mein Vater nicht verstehen.
Das frage ich mich auch.
,,Sie ist etwas besonders, das fühle ich" antwortete John.
Meine Wangen glühten, sie wurden ganz rot.
Mein Vater verschränkte seine Arme und sah ihn nachdenklich an.
,,Du scheinst ein guter Junge zu sein. Dass sehe ich an deinen Augen. Es tut mir leid, dass ich dich angegriffen habe" entschuldigte mein Vater sich bei ihm.
Meine Mutter und mir fielen die Kinnlade runter.
Das mein Vater sich bei jemanden entschuldigt, war uns neu.
Er reichte John sogar die Hand.
John war erfreut darüber, dass mein Vater keinen Groll mehr gegenüber ihn hatte.
,,Das freut mich sehr, dann störe ich euch beim gemeinsamen Essen nicht mehr weiter."
Er schüttelte meine beiden Eltern die Hand und stand auf.
,,Willst du nicht mit uns essen?" fragte meine Mutter.
Was geht hier ab? Eben haben sich mich noch fertig gemacht und jetzt soll er mit uns essen?
,,Danke, aber ich muss zu meinem Vater und ihm bei der Werkstatt helfen" lehnte er freundlich ab.
,,Gehört die euch? Oder seid ihr nur Angestellte?" wollte mein Papa wissen.
,,Die gehört uns."
„Vielleicht komme ich mal mit meinem Auto später vorbei, ich hab nämlich einige Defekte bei meinem Fahrzeug entdeckt" erzählte mein Vater.
,,Wollen sie vielleicht jetzt mit kommen?" bot John ihn an.
Ok? Was passiert hier gerade?
Ohne großartig zu zögern, nahm mein Vater sein Angebot an und stand ebenfalls vom Tisch auf.
,,Wollen wir uns später noch treffen?" fragte John mich dann direkt.
,,Ähm..ich w-weiß nicht..!" stotterte ich und sah abwechselnd zu meinen Eltern hin und her.
,,Kannst dir das ja noch bis später überlegen" schlug er mir vor und wollte mir kein Druck machen.
Die beiden verließen das Haus und fuhren gemeinsam weg.
Das kommt mir alles so vor wie in ein Film.
,,Wieso habt ihr eure Meinung gewechselt?" konfrontierte ich meine Mutter.
Sie zuckte mit den Achseln und meinte: ,,Er kam mir wie ein guter Junge vor. Wir hätten ihn nicht verurteilen sollen.
Vielleicht solltest du wirklich mit ihm später verabreden."
Das muss doch ein Traum sein.
Wie konnte er so schnell meine Eltern um die Finger wickeln?
,,Mal schauen...!" murmelte ich.
Das war echt komisch.
Ich dachte nach der Sache vom vorherigen Tag, würde er auf Abstand gehen und denken wir sind verrückt.
Hab mich wohl getäuscht.
Irgendwie fand ich das schon süß, dass er sich bemüht hatte, alles wieder gerade zu biegen.
Am nachmittag kehrten beiden zurück und tranken gemeinsam ein Bier.
John schaute mich die ganze Zeit an, während mein Vater ihm voll quatschte.
Sein Auto lief wieder einwandfrei und die gesamten Kosten hatte John übernommen.
,,Arash, du musst langsam los. Komm nicht zu spät zur Arbeit" erinnerte meine Mama ihn.
,,Du hast recht" seufzte mein Dad.
Er zog sich in Flur die Schuhe und Jacke an.
Dann gab er John die Hand und bedankte sich nochmal.
,,Ich hoffe, wir sehen uns wieder" meinte mein Vater, bevor er raus ging.
Meine Mutter blickte uns seltsam an und schmunzelte.
Was hat die den für ein Auftrag?
,,Wollen wir etwas im Park Spazieren gehen?" fragte John.
Ich nickte verlegen.
,,Viel Spaß!" rief meine Mutter uns noch hinter her.
Der Park war nicht weit weg. Auf den Weg dahin schwiegen wir beide.
,,Wieso machst du das alles ?"
,,Was den?" tat er so, als wüsste er nicht wovon ich sprach.
,,Du hast mich gerettet, warst nett zu mir und hast auch ein guten Eindruck bei meiner Familie hinterlassen. Obwohl du nichts davon hast...!"
,,Ich hab doch dich" war er schlagfertig und grinste.
,,John, was möchtest du eigentlich?"
,,Ich dachte, wir könnten Freunde werden.
Ich glaub nämlich, dass du ein guten Freund gebrauchen könntest" sagte er und kratze sich am Kopf.
Seine Augen waren die hellsten braunen Augen, die ich jemals gesehen hatte.
Egal wie sehr ich versuchte irgendwelche schlechten Absichten an ihm zu finden, es gab keine.
Wir blieben vor einem kleinen See stehen.
Ich muss etwas sagen. Aber was nur?
Zu gerne würde ich wieder jemanden haben den ich vertrauen kann.
Selbst meine Eltern trauen ihm..
Ich darf nicht wegen Taylor, die Hoffnung in alle Menschen verlieren.
Nicht jeder ist wie er.
Es gibt noch gute Menschen.
Es gibt John...
,,Wenn du denkst, du haltest es mit mir aus.!"
Ich hab es gesagt. Ich hab indirekt zugestimmt.
Sein unsicherer Ausdruck veränderte sich in ein breites glückliches Lächeln.
,,Du wirst das nicht bereuen. Versprochen."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top