Wie ein gebruzeltes Hühnchen - 2
Vielen Dank an sonjaingridrr für das Aufspüren größerer und kleinerer Fehler. In Zeiten der "Betanot" hilfst du mir sehr viel.
P.S. Das mit beige finde ich immer noch ganz erstaunlich
Dieses Kapitel ist leider noch nicht Beta gelesen.
Betroffen blickte ich zu Boden, doch rasch bemerkte ich, dass auch meine Kleidung Samuels kleinen Wutausbruch nicht gut bekommen war. Mein Hosenanzug, diesmal gehalten in einer beigen Farbe, hatte einige schwarze Flecken bekommen. Hier und dort war sogar ein kleines Loch hineingebrannt worden. Meine Kleidung sah aus, als wäre ein Funkenschwarm über mich hergefallen. Wie sollte ich den Stoff nur wieder flicken?
Samuel blickte vom Plakat zu mir und für einen Moment spiegelte sich so etwas wie ein schlechtes Gewissen auf seinem Gesicht wieder. Er räusperte sich und erklärte kurz: „Bitte entschuldigen Sie mein Benehmen Miss Laurence."
Meine Wangen nahmen die Farbe von reifen Tomaten an. Ohne zu überlegen senkte ich meinen Kopf und flüsterte mit heißerer Stimme: „Nein ich muss mich entschuldigen, Mr. Samuel."
Samuel wollte noch etwas sagen, doch Liam kam ihn zuvor: „Bevor Ihr nun anfangt zu diskutieren, wer an diesem Schlammassel schuld ist, würde ich vorschlagen, dass wir unseren Standort verlegen. Ich bin mir sicher, dass keiner von Ihnen unliebsame Fragen beantworten möchte."
Rasch warf ich einen Blick zu Samuel. Seine braunen Augen blickten tief in die meinen und im Bruchteil einer Sekunde einigten wir uns stumm, das Thema ruhen zu lassen. „Wohin darf ich Sie denn begleiten?", fragte ich Liam, der er mir bei Weitem umgänglicher erschien als Samuel.
Liam warf mir ein breites Lächeln zu. Seine Zähne waren strahlend weiß und blitzten in der Vormittagssonne schelmisch auf. „Nicht weit von hier befindet sich ein Doktor. Er ist unser erstes Ziel."
Ein tiefes Seufzen entfloh meiner Kehle und ich ballte meine Hände zu Fäuste. Hatte mir Samuel nicht geradeeben versichert, dass keine unmenschlichen Experimente an mir durchgeführt werden sollten? Nun ich glaube, ich hatte soeben den Beweis dagegen, auf einem Silbertablett serviert bekommen. Eigentlich hätte ich mich freuen müssen, denn immerhin hatte ich Samuel richtig eingeschätzt, doch das tat ich nicht. Viel mehr schmerzte mich diese Tatsache tief in meiner Brust. Anscheinend hatte trotzdem ein kleiner Funken in mir dem Süßholzgeraspel des gutaussehenden Mannes geglaubt. Wie dumm dieser Teil von mir doch war.
Liam bemerkte meine Todesstimmung und fügte sofort hinzu: „Es ist einer der besten Ärzte dieser Gegend."
Meine Laune verschlechterte sich weiter und ich fing an wütend vor mir herzugrummeln. Fast wäre meinen Lippen sogar ein „verlogener Flammengeborener" entflohen, doch gerade so konnte ich mich noch rechtzeitig bremsen. Ich war zuvor schon fast gegrillt worden und musste nun eindeutig vorsichtiger sein. Vielleicht war ich ein Sturkopf und hatte ein recht hitziges Temperament, doch todessüchtig war ich nicht, auch wenn das einige Menschen von mir behaupten.
„Er hat zudem einen guten Kaffee", fügte Samuel hinzu. Sein Lächeln war dabei so verführerisch wie der Gesang einer Sirene.
Dieser Mann mit seinen perfekten Zügen reizten meine Geduld und meine Nerven wirklich bis auf das Allerletzte aus. Ich konnte mir eine Antwort einfach nicht verkneifen und zischte ihn honigsüß zu: „Glauben Sie wirklich, man kann mich mit einer Tasse Kaffee bestechen?"
„Nun ich habe gehört, dass Kaffee Ihre große Schwäche sei", erklärte Samuel mit ebenso honigsüßer Stimme. Er hatte sogar die Nerven dabei noch leicht zu Lachen. Zu meiner Schande stellten sich von diesem Geräusch meine Nackenhaare auf und mein Verstand war kurz vor dem totalen Chaos. Sollte ich diesem Mann lieber eine Ohrfeige geben oder doch hemmungslos küssen?
Gott sei Dank brauchte meine scharfe Zunge keinen Befehl von meinem Gehirn, um eine bissige Antwort zu erwidern: „Nun vielleicht ist dies bei kleinen Delikten der Fall, aber ganz sicher nicht wenn man mein Leben bedrohen will!"
Überrascht drehte sich Liam zu mir um, dabei hielt er es nicht für nötig stehen zu bleiben, sondern lief gelassen rückwärts weiter. „Und ich hatte gedacht, die Nadelhasser wären gemeinsam mit den Impfgegnern ausgestorben. Wie Ihnen jeder halbwegs vernunftbegabte Mensch erklären kann, bringt ein kleiner Stich Sie nicht um."
Er wollte noch weiter reden, doch ich unterbrach ihn: „Was meinen Sie damit? Ein kleiner Stich? Wollt Ihr mir irgendetwas Seltsames injizieren?" Meine Beine weigerten sich voranzugehen. Ich würde doch ganz sicher nicht freiwillig zu meiner eigenen Hinrichtung laufen!
„Seltsames injizieren?", griff Liam meine Worte auf, dann drehte er sich erstaunt zu Samuel um: „Sie haben es Ihr noch nicht erklärt?"
„Was haben Sie mir noch nicht erklärt?", fragte ich sofort nach.
„Nun leider hat sich noch keine Gelegenheit dazu ergeben. Miss Laurence wir brauchen von Ihnen eine kleine Blutprobe, damit wir ihre Gene und Zellstrukturen untersuchen können." Samuel lächelte mir beschwichtigend zu. Seine wundervollen brauen Augen drückten aus, dass er leicht verärgert war. Dieses Mal konnte ich ihnen dafür keinen Vorwurf machen, immerhin hatte mir Samuel erklärt, dass sie keine seltsamen Experimente an mir durchführen würden.
Ich lachte leicht verlegen und erleichtert auf. „Nur eine kleine Blutprobe?", fragte ich beide Anwesenden nach und sofort nickten sie. Ein tiefer befreiender Seufzer verließ meine Kehle. Mit einem Mal schien die Welt um mich herum nicht mehr so schwer auf meinen Schultern zu lasten. Ich war zwar kein großer Fan von Nadeln und Blutabnahmen, doch es waren Dinge mit denen ich Umgehen konnte.
„Was haben Sie denn gedacht, was wir Ihnen antun wollen?", fragte Liam leicht verlegen hüstelnd nach. Um sein breites Grinsen zumindest etwas vor mir zu verbergen, drehte er sich um und lief weiter.
Ich schwieg betroffen. Was hatte ich genau gedacht, dass sie mit mir anstellen wollten?
Die Praxis von Fr. Dr. Cordes war hell und geräumig. Sie befand sich in einen der obersten Stockwerke eines Hochhaueses, ganz in der Nähe von meinem Arbeitsort. Die Doktorin selbst würde man ihrem äußeren Erscheinungsbild nach auf ein Alter von dreißig schätzen. Wenn die tiefen Augenringe nicht unter ihren hübschen blass grauen Augen säßen, würde man sie sogar Mitte zwanzig einordnen. Doch das Aussehen war trügerisch, denn unter ihren weißen Kittel leuchtete das ein oder andere Mal eine komplizierte flammende Zeichnung hervor, die ganz sicher mindestens fünf bis sechs Jahrzehnte gebraucht hatte um zu wachsen. Leider hatte ich kaum einen Blick auf das feurige Muster werfen können, doch was ich gesehen hatte, war wunderschön. Ihr flammendes Tattoo bestand aus vielen runden Ornamenten, die einen Blütenähnlichen Charakter besaßen und von Frieden, Harmonie und Hilfsbereitschaft verkündeten.
Trotz dieser lieblichen Zeichnung hatte die Frau eher eine raue und kurzangebundene Art zu Eigen. Auch merkte man es Dr. Cordes an, dass sie nicht gerade erfreut über unseren Besuch war. Den tiefen Augenringen nach hatte sie in ihrem Alltag sehr viel Stress und Samuel hatte scheinbar verlangt, dass Sie mir persönlich Blut abnehmen sollte. Was dies bringen sollte und warum eine einfache Assistentin nicht für diesen Zweck ausreichte, wusste ich nicht. Auch Dr. Cordes schien das nicht zu verstehen, doch sie blieb immer professionell höflich.
Die Blutabnahme dauerte nicht lange und dank absolut keiner Wartezeit konnten wir bereits nach einer viertel Stunde die Praxis wieder verlassen. Liam verabschiedete sich mit einem freundlichen Händedruck von uns und ging anschließend wieder seiner Wege. Ich hingegen stand auf der Straße wie bestellt und nicht abgeholt. Normalerweise würde ich nun zur Arbeit gehen, doch meine liebe Sekretärin Lisa hatte mich freundlicherweise beurlaubt. In Gedanken sortierte ich meine nichtexistenten Möglichkeiten, als eine samtige Stimme zu meinem Verstand vordrang: „Hätten Sie noch ein wenig Zeit? Ich habe Ihnen immerhin einen Kaffee in Aussicht gestellt."
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