Schreck der Männerwelt - 1

Ein schallendes Klatschen hallte durch den Wald. Ängstlich zogen sich die kleinen Glühwürmchen tiefer in ihre Versteckte zurück, während die zuvor blau leuchtenden Kristalle ein unheilverkündendes Rot annahmen. Über Samuels Kopf erschien auf einmal die schwarze Schrift: „-20 HP". Erstaunt starrte ich ihr nach, während die Worte hinauf zu den Pilzhüten segelten. Mit jedem Moment der verstrich, verblassten sie, bis ich ihre Umrisse nicht mehr wahrnehmen konnte.

„Ich glaube, das habe ich verdient", erklärte Samuel mit einem kleinen Lachen. Vollkommen verwirrt blickte ich zuerst ihn, dann meine Hand an. Auch wenn ich dem Flammengeborenen mit aller Kraft eine Ohrfeige gegeben hatte, taten meine Finger nicht weh. Eine böse Vorahnung schlich sich in meinen Verstand.

„Keine Schmerzsimulation?", fragte ich Samuel mit einem bitterbösen Blick und zu meinem Bedauern nickte dieser belustigt.

„Nein, die Schmerzsimulation wurde nach den ersten Tests eingestellt. Man bekommt heutzutage höchstens ein ungutes Gefühl, wenn man schwer verletzt wird", erklärte mir der Mistkerl mit dem freundlichsten Lächeln, dass er in Petto hatte und ich knurrte frustriert auf.

„Ein ungutes Gefühl?", hakte ich mit einer enttäuschten Grimasse nach, im roten Licht musste ich wie eine leibhaftige Teufelin wirken. Das sollte doch wohl ein Scherz sein!

„Ja, man bekommt ein ungutes Gefühl und das auch nur bei schweren Verletzungen." Samuels zuckersüßes Grinsen verriet mir sofort, dass ich für einen starken Treffer eindeutig zu schwach war.

Zumindest unter normalen Umständen, fügte ich rasch in Gedanken hinzu, doch dieser Mistkerl hatte Rache verdient. Wo kämen wir denn in dieser Welt hin, wenn man eine Person zuerst eindeutig zurückwies und sie dann dank eines Sinneswandels im nächsten Moment ohne zu Fragen küsste? Mit langsamen Schritten ging ich auf den Flammengeborenen zu und fragte scheinbar besorgt: „Dein echter Körper nimmt keinen Schaden, oder?"

Samuel wirkte aufgrund meines plötzlichen Gemütswandels und der scheinbar sehr dummen Frage verwirrt. Ich als Informatikerin musste doch wissen, dass man in einer Simulation dem echten Körper zumindest physisch nicht schaden konnte. Seine kleine Verwirrung reichte mir jedoch vollkommen aus. Ich war nun nur noch ein paar Zentimeter von meinem Opfer entfernt. Mein nächster Schritt war fies, aber immerhin war das hier nur ein Spiel und würde Samuel ganz sicher nicht im realen Leben schaden. Blitzschnell legte ich den letzten Schritt zurück und holte bereits während des Laufens mit meinem Bein Schwung. Die donnernde Landung meines Knies in Samuels Kronjuwelen war die unausweichliche Schlussfolgerung. Der Flammengeborene verzog sein hübsches Gesicht. Er konnte einen fast schon leidtun. Das Gefühl musste wirklich unangenehm sein. Ein hoch auf den Entwickler, der sich mit diesem Gadget einen spaßigen Gruß in das Spiel programmiert hatte.

„Verflucht Jenny!", schrie Samuel wütend, über seinem Kopf trudelte fröhlich ein „-200 HP" davon, während sich vor mir auf einmal eine Art Menü Bildschirm öffnete. In einer eleganten silbernen Schrift stand dort: „Sie haben den Titel „Schreck der Männerwelt" erworben, wollen Sie ihn jetzt anlegen? Spezialeffekt des Titels: In einem Nahkampf mit einem männlichen Wesen erhöht sich Ihr Angriffswert um 2%." Unter dieser Nachricht waren zwei Tasten, die eine mit der Aufschrift „Ja", die andere mit „Nein".

Kichernd klickte ich auf das Erstere und bemerkte stolz wie der Titel über meinen Kopf erschien. Auf einmal erklang eine freundliche Frauenstimme: „Wollen Sie nun die Simulation verlassen und in das echte Spiel zurückkehren?"

Samuel schaute mich wütend an und knurrte: „Bist du bereit für meine Revanche?"

„Du möchtest eine arme kleine Level 1 Spielerin zu Kleinstücken verarbeiten? Was bist du nur für ein großer und mächtiger Gegner", erwiderte ich zuckersüß. Ich hatte nicht wirklich Angst, aber ich wusste, dass wahrscheinlich ein Schlag von Samuel reichen würde, um mich aus dem Spiel zu werfen.

„Die kleine Level 1 Spielerin hat mich soeben eindeutig herausgefordert", parierte Samuel mit einem verheißungsvollen teuflischen Grinsen.

Ich schluckte bei seinem Gesichtsausdruck und revidierte meinen Gedankengang. Wahrscheinlich würde Samuel nicht einmal kräftig zu schlagen, sondern sich viel Zeit lassen. Er würde mir mit winzigen Stößchen den Rest geben, sodass ich langsam dahinsiechen musste ohne eine Hoffnung auf Entrinnen. Eisige Schauer rannten über meinen Rücken und ich versuchte mich zu beruhigen, indem ich mich immer wieder daran erinnerte, dass das alles hier nur eine Simulation war.

Plötzlich wurde die Welt um mich herum vollkommen schwarz. Verwirrt schaute ich mich um, doch nicht ein winziges Quäntchen an Licht war vorhanden. Panisch begann ich schneller zu atmen. Was war jetzt los? Gab es etwa einen Fehler mit den Virtual Reality Instrumenten? Würde ich für immer in dieser Dunkelheit gefangen bleiben? Eisige Angst schnürte meine Kehle zu. Ich wollte schreien, doch kein Ton kam aus meinem Mund. Tastend bewegte ich meine Finger umher, doch ich konnte nichts fühlen. Wo zuvor noch die großen Pilze aus der Erde gesprossen waren, war nun nichts weiter als ein schwarzes Loch. Verzweifelt wollte ich mir durch die Haare raufen, doch ich musste feststellen, dass auch mein Kopf verschwunden war. Er war einfach nicht da, genauso wie mein Oberkörper, meine Beine und meine Arme. Das musste bedeuten, dass ich noch nicht einmal Hände besaß. Wie konnte das überhaupt sein? War es möglich, dass ich überhaupt nicht mehr existierte? Verzweifelt versuchte ich tief einzuatmen, doch es gelang mir nicht, denn ich besaß keinen Mund, keine Luftröhre und auch keine Lunge.

„Was zum Teufel haben Sie getan!?", hörte ich auf einmal eine panisch schrille Stimme fragen.

„Sie können nicht einfach die Simulation abbrechen, dies kann zu Angstzuständen, langanhaltende Traumas und im schlimmsten Fall zu dauerhaftem Koma führen!", erklärte eine männliche Stimme. Sie war ebenfalls aufgebracht, doch lag in ihr eine bittere Wut und nicht die schrille Angst.

„Es tut mir leid, doch es ist ein Notfall. Ich muss sofort mit Mr. Samuel sprechen." Die Stimme des Fremden wirkte keineswegs auch nur ein Fünkchen eingeschüchtert. Sie blieb vom ersten Wort bis zur letzten Silbe hart, sicher und vollkommen ruhig. Der tiefe Klang, der ihr beiwohnte, war so faszinierend wie das Meisterwerk eines mitterlalterlichen Waffenschmiedes, tödlich, blutrünstig, aber doch von einer seltsamen Schönheit geprägt.

„Sie können sich nicht alles leisten. Ich muss Sie bitten auf der Stelle den Raum zu verlassen", erklang wieder die andere männliche Stimme. Sie war nun ebenso hart, doch die lodernde Wut hatte sich ebenfalls weiter in ihr gesteigert.

„Bürschchen", die Stimme des Fremden wirkte nun geschmeidig und warm, wie der Körper einer Schlange, der sich um seine Beute schlang. „Ich an deiner Stelle würde nun ganz schnell selbst aus diesem Raum verschwinden. Es sei denn du möchtest hier auf der Stelle in ein Häufchen Asche verwandelt werden. Ich habe keinerlei Zeit für diese lächerliche Diskussion."


Herzlich willkommen zurück ;)

Ich hoffe, dass Kapitel hat euch gefallen ^^ Wer mag dieser Unbekannte wohl sein?

Die Zeit für die Votingswoche für das Special Kapitel ist gekommen. Leider haben nur zwei Personen eine Idee abgegeben, weswegen ich selbst noch ein paar weitere hinzugefügt habe. Wenn ihr einfach mit einem "Vote" für eure Lieblingsidee abstimmen würdet, würde mir das sehr helfen.

Und noch eine weitere gute Nachricht, die Geschichte kam letzte Woche auf Rang 19 ^^ Das ist wirklich unglaublich ;) Vielen Dank an alle Leser, für die vielen Kommentarre und die vielen Sternchen. Ihr seid eine unglaublich große Motivationsquelle

LG Sarah

P.S.: Habe derzeit etwas um die Ohren, aber ich hoffe, dass ich bis heute Abend auch die letzten Kommentarre beantworten kann ;)

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