Riesen fliegen nicht - 2
Ich wachte von einem seltsamen Rauschen auf. Wieso war es um mich herum bloß so dunkel? Verwirrt blinzelte ich einmal, dann ein zweites Mal, bis mir langsam dämmerte, was passiert war. Sofort verflog meine müde Benommenheit und mein Gehirn begann hektisch seine Arbeit wieder aufzunehmen. Wie lange war ich weggetreten gewesen? Verzweifelt blickte ich mich um und kreischte voller Panik los. Das konnte doch nicht sein!
„Schrei noch einmal so laut und ich lasse dich fallen Menschlein!" Vielleicht wäre eine unausgesprochene Warnung besser gewesen, denn sobald ich die raue Stimme meines Entführers dicht an meinem Ohr vernahm, tat ich zu meiner Bestürzung genau das. Ich schrie ein weiteres Mal voller Panik auf und sofort begann ich zu fallen. Ich plumpste nicht etwa nach einem Meter unsanft auf den Boden auf, sondern gewann innerhalb weniger Augenblicke an Geschwindigkeit, denn vor mir lagen hunderte Meter ungebremster freier Fall.
Verzweifelt ruderte ich mit den Armen. Mein vollkommen verwirrter Verstand versuchte wie in einem Traum in der Luft zu schwimmen, doch ich konnte der Schwerkraft nicht trotzen. Tränen stiegen mir in die Augen. Ich hätte es auf den eisigen Wind schieben können, der mir entgegenpeitschte, doch die Wahrheit war, dass es Tränen der Angst waren. Ich wollte nicht sterben! Erneut blickte ich nach unten und erkannte, dass die dunklen Schatten unter mir ein ganzer Wald sein mussten. In ein paar Sekunden würde ich mit einem gigantischen Tempo auf einen der Wipfel einschlagen. Ich würde mir alle Knochen in meinem Körper brechen. Schniefend presste ich die Augen zusammen. Mein Körper erschlaffte. Es ist alles in Ordnung, versuchte ich mir einzureden, doch das war es absolut nicht.
Starke Arme klaubten mich mühelos aus dem freien Fall. Das seltsame Rauschen war wieder da und eine wohlige Hitze erwärmte meinen schockgefrorenen Rücken. Ich schluchzte und zahllose Tränen rannen aus meinen Augen. Der eisige Wind wehte sie fast vollständig fort, doch wie zur Mahnung blieb ein gefrorenes salzhaltiges Rinnsal auf meinen Wangen zurück.
„Ich habe schon gedacht, dass du gar nicht aufhörst zu zappeln. Es ist nicht einfach ein herumstrampelndes Objekt aus der Luft zu fangen", rügte mich der Mann hinter mir, so als wäre die ganze Situation meine Schuld.
Ich schluchzte bloß, obwohl eine brodelnde Wut in mir aufstieg, war ich für eine freche Antwort nicht stark genug. Das Nahtoderlebnis war eindeutig zu viel für mich gewesen.
Meine immer noch fließenden Tränen schienen aus irgendeinem Grund meinem fliegenden Entführer nicht zu erfreuen, denn er fragte fast schon nett: „Ist alles in Ordnung?" Als ich nur mit einem schweren Schluchzen antwortete, befahl er: „Sprich oder ich lasse dich noch einmal fallen und diesmal werde ich dich nicht wieder auffangen"
Halb wütend, halb ängstlich zischte ich: „Wie sollte alles in Ordnung sein? Ich werde eben von einem vollkommen fremden gigantischen Mann entführt, der aus irgendeinem Grund wie ein Vogel durch die Luft fliegt."
Hinter mir hörte ich ein brummiges Lachen. „Völlig fremd bin ich dir nicht. Du hast mich bereits kennengelernt." Voller Verwirrung vergaß ich ganz zu weinen. Wann hatte ich bitte einen verrückten, mindestens zwei Meter großen Psychopathen kennengelernt, der ganz nebenbei auch noch durch die Luft fliegen konnte? Daran müsste ich mich doch erinnern, es sei denn dieser Mann beherrschte auch die Kunst Gedächtnisse zu manipulieren. „Außerdem", fuhr mein Entführer fort, „flieg ich ganz sicher nicht wie ein Vogel. Schau dir einmal ganz genau den Himmel an."
Ich tat, wie befohlen und stellte fest, dass winzige schwarze Partikel durch die Nacht flogen. Sie waren kaum vom dunklen Himmel zu unterscheiden, doch im Gegensatz zur Luft absorbierten sie das schwache Licht, so dass sie wie winzige schwarze Löcher zu einer anderen Dimension wirkten. Was konnten das für Teilchen sein? Ein winziger orangeglühender Stern flog auf einmal an mir vorbei und erlosch vor meinen Augen in der Luft. Es dauerte zwei weitere Sekunden bis mein Gehirn begriff, was es da für Zeichen sah und fühlte, denn die Hitze in meinem Rücken war nur ein weiterer Hinweis. Ich drehte meinen Kopf so weit wie möglich und erkannte aus den Augenwinkel ein strahlendes Leuchten. Dort über mir befanden sich gigantische Flammen, mit dem dieser Typ irgendwie durch die Luft flog, als sei er ein Vogel.
Es brauchte mal wieder ein paar weitere Momente bis mein Gehirn mit diesen Daten halbwegs umgehen konnte, doch selbst als es die ersten Schlussfolgerungen zog, war der Großteil von mir immer noch vollkommen ungläubig und weigerte sich das Gesehene zu akzeptieren. „Du bist ein Flammengeborener?", hauchte ich schwach hervor. Keine andere Art auf dieser Welt würde so ein großes Feuer scheinbar aus dem Nichts erschaffen können. Trotzdem verstand ich einfach nicht, wie er damit fliegen konnte.
„Samuel hat eindeutig Recht. Du bist schlaues Köpfchen, Menschlein", kam es als Antwort von meinem Entführer.
Das war zwar kein klares Ja, doch ich nahm es als eines hin. Außerdem kannte mein Entführer Samuel und war scheinbar gut genug mit ihm befreundet, um mit ihm über mich zu sprechen. Irgendwie beruhigte mich diese Tatsache zumindest etwas, obwohl mir die Situation so hoch über den Boden immer noch eine gewaltige Angst einjagte. „Ich muss unbedingt mit Samuel sprechen." In meinen Worten lag so viel Dringlichkeit wie es nur möglich war, ohne dass der kleine Satz zu einem Befehl wurde.
„Das war uns bewusst, als wir dich auf den Überwachungsvideos gesehen haben, deswegen bin ich dich auch abholen gekommen", erklärte mein Entführer fast freundlich.
Einen kleinen Sekundenbruchteil dauerte es, dann fiel auch dieser Groschen. „Abholen?", fragte ich schwach nach, um mir auch ganz sicher zu sein. Wenn dieses Gebaren einer freundlichen Begrüßung gleich kam, wollte ich nicht wissen wie hier ungebetene Gäste in Empfang genommen wurden.
„Genau abholen und schau einmal nach unten, wo wir auch schon sind", stimmte mir die tiefe Stimme fast schon lachend zu.
Ich blickte nach unten, doch noch konnte ich nicht viel erkennen. Nach ein paar Sekunden gingen wir zu einem leichten Sinkflug über. Kreisend wie ein Adler auf Beutefang bewegten wir uns auf einer Spirale zu Boden. Unter uns befand sich eine riesige Ausanlage, die zu einem gigantischen Anwesen gehörte. Ich wusste nicht wohin ich als erstes Schauen sollte und verfluchte die Dunkelheit dafür, dass ich dieses Gebäude nicht in seiner vollen Pracht in mich aufnehmen konnte. Es musste ein majestätischer Anblick bei Tag sein. Selbst bei Nacht konnte ich erkennen, dass das Anwesen einem englischen Herrenhaus aus altere Zeit nachempfunden war.
Meine Füße wurden sanft auf dichtes Gras abgesetzt, doch ich bewegte mich keinen Zentimeter, sondern starrte nur weiter staunend das Gebäude vor mir an. Die hohen steinernen Mauern, zeichneten sich eindrucksvoll von der Nacht ab. Hell beleuchtete Fenster warfen gerade genug Licht auf den Vorgarten, damit ich die gewaltigen Beete voller Blumen bewundern konnte. Waren das am Rande der Nacht etwa Obstbäume? Dieses Anwesen war wirklich ein kleines Paradies.
Also... aus irgendeinem Grund funktioniert Wattpad derzeit bei mir so gut wie gar nicht...
Kapitel hochladen, klappt erst nach 15 Versuchen und aus irgendeinem Grun
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