Herzschmerz - 1
„JENNY!", schrie Samuel und rannte sofort auf mich zu. Seine Augen funkelten wütend und versprühten mehr Funken, als seine Finger zuvor.
„Samuel!", rief ich zuckersüß, dabei verdrehte ich jedoch genervt meine Augen und begann mich langsam aufzurappeln. Sofort wollten mir helfende Hände beistehen, doch ich schlug sie bloß wütend weg. Verletzt blickte mich Samuel an, aber ich ignorierte seinen Welpenblick und knurrte ihm stattdessen laut zu: „Fass mich ja nicht an!"
Zitternd stolzierte ich an ihm vorbei. Mit vorsichtigen Bewegungen ging ich durch das vollkommen zerstörte Apartment. Große Löcher hatten sich in den Boden eingebrannt. An vielen Stellen fürchtete ich sogar einzubrechen. An anderen Orten hatte sich das Wasser zu riesigen Pfützen gesammelt. Kein einziges Möbelstück war heil geblieben und noch immer ertönte das schrille, furchtbar laute Piepsen des Feueralarms.
„JENNY, BLEIB AUF DER STELLE STEHEN!", befahl Samuel, aber ich gehorchte ihm nicht. Der Dummkopf hatte mich eingesperrt und nun sollte ich wieder nach seiner Pfeife tanzen? Wenn er sich das wirklich so vorstellte, war er ein größerer Idiot, als ich vermutet hatte.
Aidan befand sich immer noch bei dem bewusstlosen Mr. Giordano und den fünf vielleicht toten oder ebenfalls ohnmächtigen Sicherheitsmännern, als ich eben an ihnen vorbei stapfen wollte, blickte er auf. Einen Moment schien der Flammengeborene mit sich zu hadern, dann rief er mir zu: „Du bist doch nicht so schlecht wie gedacht, Menschlein."
Ich zeigte ihm dem Mittelfinger und ging weiter. Immer bloß weg von diesem furchtbaren Feueralarm. Plötzlich legte sich eine Hand auf meine Schulter. Zischend wie eine wütende Furiere wirbelte ich herum und schrie: „LASS MICH LOS!"
„Nein", erwiderte Samuel fest. Seine Augen hatten ihren Zorn verloren und blickten mir nun sanft, aber auch leicht verloren entgegen. Mein Herz begann schneller zu schlagen. Wieso mussten diese verdammten Augen auch die herrliche Farbe von warmer geschmolzener Schokolade haben? Wieso waren sie nicht einfach so kalt wie Eis?
„Das war keine Frage Samuel! Lass mich sofort gehen! Ich will keinen Moment länger diesen furchtbaren Lärm ausgesetzt sein!", rief ich ihm zornig entgegen und ballte meine Hände fest zu Fäusten. Auch wenn mein Herz danach schrie einfach die Tatsachen zu vergessen, verlangte der logische Teil von mir unerbittlich einen Schussstrich zu ziehen.
„Du möchtest keinen Lärm? Na gut, aber gehe nicht!", befahl Samuel. Im nächsten Moment schloss er konzentriert die Augen. Bereits kurz darauf stank es ekelerregend nach Kabelbrand. Schwarzer Rauch strömte aus den Fugen der Decke hervor. Das Piepsen in diesem Zimmer erlosch, doch noch immer konnte ich es schrill in der Ferne hören. Das Wasser der Sprinkleranlage plätscherte jedoch weiterhin fröhlich auf uns herab. Scheinbar hatte Samuel wirklich nur die Alarmanlage stumm geschaltet.
„Was möchtest du?", fragte ich schließlich ergeben. Traurig blickte ich den Mann an, in den ich mich verliebt hatte. Nun zerfraßen die Wut und der bittere Geschmack des Verrats, die zuvor so wundervollen wilden Gefühle.
„Jenny, ich möchte mich bei dir entschuldigen", bat mich Samuel sanft. Seine Hand legte sich zärtlich, um mein Kinn und zwang mich hinauf in seine warmen Augen zu blicken. „Bitte, Jenny. Es tut mir wirklich aufrichtig leid. Ich hätte nie an dir Zweifeln sollen, sondern meinem Herzen vertrauen müssen."
Ich lachte trocken auf. „Ach, Samuel", seufzte ich. Ein verwirrter Blick ließ mich schwach lächeln, auch wenn mein Herz vor Schmerz schrie. „Es gibt nichts zu entschuldigen", erwiderte ich. Verwirrung, Freude und Hoffnungen lagen mit einem Mal in Samuels Augen. Sanft legte ich meine Hand auf seine Stirn. Ich schloss meine Augen und begann langsam zu seinen Lippen zu streicheln. Jede kleine Unebenheit, jede Erhebung eines noch nicht sichtbaren Barthaars, selbst die sanfte Wärme seiner Haut merkte ich mir ganz genau, bevor ich meine Finger zögerlich von seinem Gesicht nahm.
„Ich lieb...", begann Samuel, doch sofort schoss meine Hand wieder vor. Der Zeigefinger legte sich sanft auf seine verführerischen Lippen und ich flüsterte ganz leise: „Nicht."
„Wieso?", fragte Samuel, trotz meines Fingers.
„Weil es vorbei ist", antwortete ich leise, doch grausam entschlossen.
„Ich dachte, du verzeihst mir?", fragte Samuel mit einem verletzten und verzweifelten Gesichtsausdruck.
Mein Herz bettelte genau dies zu tun, doch dieses eine Mal blieb mein Verstand standhaft. „Nein, ich verzeihe dir deine Tat nicht, aber ich werde sie dir zu liebe vergessen."
„Dann bleib bei mir! Gib uns eine Chance!", bat mich Samuel. Seine Hand, die zuvor immer noch an meinem Kinn gelegen hatte, wanderte zu meinem Nacken. Besitzergreifend legten sich dort seine Finger hin und hielten mich fest, gaben mir Stand und gleichzeitig Sicherheit.
Doch diese Sicherheit war ein falsches Gefühl, wie ich nun wusste. „Nein Samuel, das kann ich nicht tun", erwiderte ich mit einem sanften Lächeln. Kleine Tränen wollten sich in meinen Augenwinkeln bilden, doch ich blinzelte sie stur aus dem Weg. Ich musste nun tapfer sein. Würde ich nur ein Zeichen der Hoffnung diesem Mann schenken, würde er wahrscheinlich nicht aufgeben. Vielleicht würde ich es aushalten eine Woche seinen lieblichen Worten zu wiederstehen, aber was war mit zwei, drei oder einem ganzen Monat? Ich war mir sicher, dass ich eines Tages nachgeben würde. Wahrscheinlich sogar viel früher, als ich mir jetzt vorstellen konnte. Auch wenn ich mir gerne einreden wollte, dass ich das Feuer zwischen uns ignorieren konnte, so wusste ich doch, dass das eine Lüge war.
„Wieso? Wieso willst du uns keine Chance geben?", flüsterte Samuel mit einer fast schon gebrochenen Stimme.
Ich lächelte schwach und berührte sanft die Finger in meinem Nacken, bevor ich sie ohne zu zögern löste. „Ich kann dir nicht verzeihen, dass du nicht an mir geglaubt hast. Du hast in mir eine hinterhältige Massenmörderin gesehen, jemand der nicht zwei Mal zögert für seinen Hass auch Unschuldige zu töten. Wenn du etwas Derartiges von mir geglaubt hast, wie kann dann jemals zwischen uns einen Basis aus Vertrauen entstehen?" Sofort wollte mich Samuel unterbrechen, doch ich redete einfach weiter und unterband damit seine verzweifelten Versuche: „Bitte lass mich gehen. Lass mich vergessen, dass ein Mann, dem ich mein Herz geschenkt habe, mir etwas Derartiges unterstellt hat. Bitte lass mich gehen, vergessen und schließlich auch heilen. Ich kann dir keine Chance geben, denn jeden Morgen an dem ich an deiner Seite aufwachen würde, würde ich in dein Gesicht blicken und wieder an diesen Verrat denken. Lass mich frei, gib mir eine Chance mein Leben ohne Angst auf einen erneuten Verrat zu leben. Ich bitte dich."
Einen Moment befürchtete ich, nein hoffte mein Herz fest, dass mir Samuel widersprechen würde, doch schließlich wurde sein Blick verschlossen. Er verschränkte seine Arme und blickte zu dem ohnmächtigen Mr. Giordano, als er mit trockener Stimme antwortete: „In Ordnung, wenn das dein Wunsch ist, werde ich ihn respektieren. Du solltest jetzt gehen. Die Beamten werden jeden Moment auftauchen. Ich werde Ihnen die Situation erklären. Falls du jemals unsere Hilfe benötigst, wende dich an Aidan, Lisa hat seine Kontaktdaten bekommen. Wir Flammengeborenen stehen in deiner Schuld. Dank dir wurde endlich dieses Monster gefangen." Schließlich schaute Samuel wieder auf und blickte mir direkt in die Augen. Mein Herz schrie, bettelte und weinte darum, doch bitte nachzugeben, aber mein Mund blieb verschlossen, als Samuel mir zuflüsterte: „Ich wünsche dir ein schönes und erfolgreiches Leben. Bitte werde glücklich."
Ich nickte Samuel bloß als Antwort zu, denn ich vertraute meiner Stimme nicht. Wahrscheinlich hätte ich beim Reden sogar losgeweint wie ein kleines Kind. Mein Herz zerbrach in meiner Brust, als ich Aidan kurz zuwinkte, bevor ich mich umdrehte und davonschritt.
Keine Sorge, es ist noch nicht vorbei ;) (Das ist auch gut am Titel erkennbar)
Was haltet ihr von der ganzen Wendung? Riecht ihr etwas?
Falls ihr eine neue Werwolfgeschichte sucht, hätte ich vielleicht etwas für euch:
Eine starke Kriegerin soll eine handzahme Prinzessin sein? Der wilde Anführer der Alphas soll plötzlich als friedliches Schoßhündchen dienen? Das kann doch nicht funktionieren!
Genau das würden auch die Menschenwächterin Serina oder der Anführer der Alphas Gideon behaupten, wenn man ihnen eine dieser Fragen stellen würde. Trotzdem verlangen die beiden genau das von dem jeweils anderem. Keiner von ihnen möchte nachgeben, doch der Druck der Außenwelt auf das ungleiche Paar wird immer größer. Die Wölfe verlangen eine Luna, die zu ihnen steht. Die wenigen verbliebenen freien Menschen fordern den Tod von dem Wolf aller Wölfe.
Haben Serina und Gideon in dieser Welt überhaupt eine Chance oder wird erst der Tod die beiden einen?
Ein kleines Nebenprojekt, das eigentlich als etwas längere Weihnachtskurzgeschichte gedacht war, ist ein bisschen aus den Fugen geraten. Also wurde es bereits jetzt hochgeladen. Falls euch Werwölfe interessieren schaut gerne einmal vorbei ;)
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top