Gigantische Pilze - 1

Dieses Kapitel widme ich AT1909 . Es hat mich riesig gefreut, dass du den Weg von "Soulmates" zu dieser kleinen Fantasygeschichte gefunden hast. Vielen lieben Dank für deine vielen Sternchen.


Zu meiner Enttäuschung wurden jegliche spannenden Erwartungen sofort zu Nichte gemacht, denn zuerst bekam ich nichts weiter als seitenweise bedrucktes Papier zu sehen. Ganz ungefährlich war eine Traumreise scheinbar nicht und so musste ich einen Vertrag unterschreiben, mit dem ich erklärte, dass ich über die möglichen Risiken und einhergehenden Folgen aufgeklärt war. Während ich mich durch die unverständliche Beamtensprache kämpfte, sprach Samuel bereits mit einem Mitarbeiter und klärte scheinbar ab in welcher Welt wir reisen wollten. Damit mein erstes Erlebnis mit Virtual Reality für meinen Verstand einfacher war, musste ich für den Anfang meinen eigenen Körper simuliert bekommen. Erst wenn ich mit den Grundlagen vertraut war, durfte ich mir einen Avatar erstellen, der wie bei einem Computerspiel mein „neues Ich" repräsentieren sollte.

Nach etwa einer halben Stunde durfte ich endlich auf einer speziellen Liege Platz nehmen. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich meinen halbwegs gemütlichen Schlafplatz auch in einem Krankenhaus als Operationstisch finden würde. Nicht die grünen, recht harten, Kunstlederpolster brachten mich auf diesen Gedanken, sondern die vielen eingebauten Funktionen. Mit Hilfe der Liege konnte man etwa meine Vitalfunktionen überwachen, um mich im Notfall sofort aus der virtuellen Welt wieder zurück zu holen. Leider war es mit den langatmigen Erklärungen immer noch nicht vorbei, denn anhand eines Videos erfolgte die Beschreibung der Simulation. Irgendwann schaltete mein Verstand automatisch auf Durchzug, auch wenn einige nützliche Erklärungen, etwa wie man aus der virtuellen Welt wieder in die Realität kam, unter vielen selbstverständlichen Regeln dabei waren. Erst danach bekam ich einen seltsamen Aluminium Helm aufgesetzt, der eher zu einem Verschwörungstheoritiker passte, als zu dieser hochmodernen Technik. Währenddessen schlummerte Samuel bereits friedlich auf einer Liege neben mir und war schon längst in der anderen Welt.

Als es dann endlich losgehen konnte, war ich unglaublich aufgeregt. Ich klappte eine Art Visier von dem seltsamen Helm über mein Gesicht und plötzlich war die Welt um mich herum stockdunkel. Ich sah nichts mehr, konnte meinen Körper nicht spüren und wusste noch nicht einmal, wo oben und unten war. Panik breitet sich in mir aus und sofort ertönte eine freundliche Stimme: „Bitte bleiben Sie ruhig. Es wird Ihnen nichts geschehen. Ihre ausgesuchte Welt wird nun geladen."

Ich wusste nicht, welche Welt Samuel vereinbart hatte, doch auf einmal hatte ich eine sehr dunkle Vorahnung. Diese Traumreise war die optimale Gelegenheit um sich für mein Benehmen zu rächen. Ich bereitete mich seelisch darauf vor im nächsten Moment einen riesigen Vulkan kurz vor der Eruption zu sehen. Wahrscheinlich würde mich sogar eine Herde panisch fliehender Dinosaurier zertrampeln. Panik wallte in stoßartigen Wellen in mir auf. Verzweifelt redete ich mir wieder und wieder ein, dass was auch immer ich gleich sehen würde, nicht real war.

Auf einmal hatte ich das Gefühl, als würde ich meine Augen langsam öffnen. Licht flutete mit einem Mal in mein Sichtfeld und ich blinzelte mehrfach. Die plötzliche Helligkeit nach der absoluten Dunkelheit blendete mich, als ich jedoch endlich wieder einen halbwegs klaren Blick bekam, fiel mir meine Kinnlade herunter.

Es gab nur ein Wort, das die Umgebung um mich herum beschreiben konnte, nämlich wunderschön. Ich saß auf einer grünen Wiese. Das Gras unter mir war weich und wiegte sich langsam im sanften Wind. Durch die herrlich frische Luft flatterten aufgeregt unzählig viele kleine Schmetterlinge. Sie alle hatten nur ein Ziel, die Blumenwiese, die sich ein gutes Stück vor mir erstreckte und auf der sich schon hunderte von ihrer Art tummelten. Die meisten Blütenkelche wirkten vertraut und gleichzeitig vollkommen exotisch. Auf den ersten Blick bekam man den Eindruck die Blumen aus einer Dokumentation zu kennen, doch dieser Gedanke wurde bei genauerem Hinsehen vollkommen unsinnig. Wenn ein paar winzige Sonnenstrahlen bis zur Mitte der Blume vordrangen, funkelte das Innerste der Blüte strahlend auf, so als befände ein winziger Edelstein in jedem einzelnen Kelch. Um die Wiese herum wuchs ein Wald aus gigantischen lilafarbenen Pilzen. Sie waren so hoch wie Bäume und fingen mit ihren großen Schirmen das Licht der Sonne ab, sodass nicht ein einziger Strahl den dunklen Boden erreichte. Trotzdem konnte ich selbst von weitem ein bläuliches Leuchten erkennen, dass von den einzelnen Stielen der Pilze ausging. Vielleicht kam es von Laternen, doch dafür wirkte es eher zu unregelmäßig. Hinter dem Wald ragten gerade so die weißen Spitzen von gigantischen Bergen hervor.

„Es ist wunderschön nicht wahr?"

Überrascht wandte ich meinen Kopf zur Seite. Die Simulation meines Körpers reagierte genauso wie mein echtes Ich. Neben mir stand Samuel. Auch er besaß einen virtuellen Körper, der die exakte Kopie seines Reellen war. Seine braunen Augen blickten verträumt in die Ferne und beobachten das faszinierende Spiel der flatternden Schmetterlinge.

Ich schluckte und testete dann vorsichtig meine Stimme: „Das ist es." Wegen irgendeinem lächerlichen Grund bildete sich eine einzelne Träne in meinem rechten Auge und kullerte anschließend über meine Wange. Ich betrachtete erneut die wunderschöne Welt und war bis in mein Innerstes tief berührt. Seit ich von Zuhause ausgezogen war, hatte ich keine Natur mehr um mir gehabt. Ich hatte immer behauptet, als ein einfacher Mensch bräuchte ich diese nicht, doch das war gelogen, wie mir nun schmerzlich auffiel. Auch wenn ich mich nicht in eine Leopardin wie meine Schwester und Mutter oder in einen Wolf wie mein Vater verwandeln konnte, hatte ich der Natur doch ein Stück meines Herzens geschenkt.

„Sie müssen nicht weinen. Ich wollte Ihnen eigentlich eine Freude machen. Tatsächlich hatte ich sogar die Hoffnung, dass Sie meiner Bitte um Vergebung nach diesem Anblick eher nachgeben würden." Samuel trat noch ein Stück näher zu mir und setzte sich anschließend neben mich. Er wartete einen Moment ab, ob ich zurückweichen würde, doch als ich das nicht tat, lächelte er glücklich. Die Flammen auf seinen Armen wirkten auf einmal fast friedlich und schienen nun fröhlich vor sich hin zu züngeln.

„Vielen Dank", meine Worte waren nur ein leises Flüstern, doch Samuel schien sie trotzdem zu verstehen. Einen Moment überlegte ich noch, dann tat ich etwas, was selbst mich überraschte: „Wenn Sie es wünschen, können Sie mich gerne duzen."

Zuerst wirkte Samuel überrascht, dann legte sich ein breites Grinsen auf sein Gesicht. „Dasselbe gilt natürlich auch für dich."

Ich lächelte ebenfalls und doch war ich immer noch erstaunt über meine Entscheidung. War ich nicht zuvor unglaublich wütend auf ihn gewesen? Mein Blick fiel wieder auf die Landschaft und ich seufzte. Auch wenn ich zuvor vielleicht wütend gewesen war, war dieses Erlebnis das wundervollste Geschenk, das mir je ein Mensch oder Flammengeborener gegeben hatte. Vielleicht sollte ich Samuel wirklich eine zweite Chance geben, wer weiß vielleicht war dieser unglaublich mächtige Mann auch einfach nur schüchtern und wollte es langsam angehen lassen?


Herzlich Willkommen zurück ^^

Und was sagt ihr? Würdet ihr Samuel eine zweite Chance geben und wenn ja glaubt ihr ebenfalls, dass er einfach schüchtern ist?

Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass man nur noch bis diesen Sonntag einen Wettbewerbsbeitrag einreichen kann. Vieleicht habt ihr Dank diesem Kapitel ja eine neue Inspiration gefunden und wollt ebenfalls daran teilnehmen ;)

Ich hoffe, dass wir uns dann am Donnerstag wiedersehen.

GLG Sarah

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