Epilog
Pieps, pieps, pieps....
Oh bitte nicht schon wieder! Konnte dieser verdammte Wecker nicht einfach seinen vorlauten Schnabel halten? Wenigstens klang er heute nicht so als würde er gleich sterben, wann hatte ich mir die Zeit genommen ihn zu reparieren? Müde hob ich meinen Arm und schlug neben mich. Besser gesagt hob ich meinen Arm angestrengt hoch und ließ ihn dann nach unten klatschen. Aus irgendeinem Grund waren meine Muskeln vollkommen erschlafft. Wie lange hatte ich gestern Nacht noch gearbeitet, dass ich heute so müde war?
„Autsch! Verdammt, was sollte das?", rief plötzlich eine eindeutig sehr männliche Stimme neben mir. Das Piepsen erklang jedoch stetig weiter.
Wieso lag ein Mann neben mir? War ich in der vergangenen Nacht feiern gewesen? Wieso hätte ich das tun sollen? Ich war doch schon seit so langer Zeit mit meiner Arbeit verheiratet. Nichts konnte sich zwischen uns stellen.
„Jenny, bist du wach?", hörte ich die männliche Stimme neben mir voller Freude fragen. Was zum Kuckuck hatte dieser Kerl gestern Abend eingeworfen, dass er heute in aller Früh so gut gelaunt war?
Grummelnd versuchte ich mich an einem „Ja", dass jedoch zu einem kaum hörbaren Krächzen mutierte.
Plötzlich umschlossen mich zwei starke Arme. Ich keuchte erschrocken auf, doch im nächsten Moment fühlte ich mich seltsam geborgen. Wärme durchflutete meinen Körper. Sanft berührte sie jeden einzelnen Muskel, bis sie schließlich meinen Rücken hoch zu meinem Kopf gelang. Verwirrt begann ich zu blinzeln. Die Müdigkeit verschwand langsam aus meinem Körper und noch immer durchströmte mich diese seltsame Wärme, gemeinsam mit dem steten Gefühl der Geborgenheit.
Nur einen Moment später begann mein Gehirn wieder anständig zu arbeiten. Ich riss meine Augen panisch auf. Doch bereits kurz darauf, musste ich sie schon wieder schließen, denn gleißend helles Licht blendete mich. Vorsichtig begann ich erneut meine Lider zu heben. Nach einigen Blinzeln gewöhnte ich mich langsam an das helle Licht. Als ich das wundervolle Gesicht von Samuel neben mir erkannte, konnte ich nicht anders als zu lächeln. „Samuel", flüsterte ich voller Staunen mit einer sehr kratzigen Stimme.
„Ich weiß, du wolltest mich eigentlich nicht mehr sehen, doch das kannst du nun getrost vergessen!", sprudelte mein liebenswürdiger Flammengeborener los. Ich lächelte bloß weiter und hielt meinen Mund brav fest verschlossen. Der Dummkopf sollte bloß nicht erfahren, dass ich schon längst meine guten Vorsätze über Bord geworfen hatte. „Von mir aus, können wir auch ganz von vorne anfangen. Wir könnten uns neu kennenlernen, etwas zusammen unternehmen und uns vorsichtig wieder an den anderen gewöhnen, aber schicke mich nicht weg! Die Wochen in denen du dich im künstlichen Koma befunden hast, haben mich dazu gebracht sehr viel nachzudenken und einiges zu bereuen. Ich...", Samuel wollte fortsetzen, doch ich unterbrach ihn mit rauer Stimme: „Einige Wochen?", fragte ich besorgt nach.
Samuel nickte. „Keiner der Ärzte konnte sagen, ob du dich jemals wieder erholen wirst. Sie wussten noch nicht einmal, ob man dich vielleicht nur noch maschinell schlafend am Leben halten kann. Du hast die geballte Macht von Aidan und mir absorbiert, damit hast du deinem menschlichen Körper stark zugesetzt. Die Ärzte glauben jedoch, dass nur die plötzliche Freisetzung jeglicher Energie dich fast umgebracht hätte. Scheinbar hat sich dein Körper irgendwie dem eines Flammengeborenen angepasst. Selbst jetzt sind noch einige Veränderungen in deiner Genetik feststellbar. Möglicherweise erwachen in dir nun ungeahnte Kräfte, wahrscheinlich hast du eine verlängerte Lebensspanne oder vielleicht braucht es einfach nur ein bisschen Zeit bis du wieder vollkommen menschlich wirst", erklärte Samuel, während ich sanft sein Gesicht beobachtete. Er sah erstaunlich gut aus, wenn ich bedachte wie er beim letzten Mal aussah, als ich in einem Krankenhaus erwachte. Zitternd streckte ich meine Hand aus. Mit stockenden Bewegungen strich ich Samuel langsam über seine Wange und genoss dabei das kleine Kribbeln, das bei jeder neuen Berührung zwischen uns entstand.
Nach kurzer Zeit nahm Samuel zärtlich meine Finger und setzte auf jeden einzelnen einen kleinen Kuss. „Jenny, bitte gib mir eine zweite Chance. Ich wünschte, ich könnte dir die ewige Liebe schwören. Natürlich weiß ich, dass viele Frauen davon träumen, doch ich kenne das grausame Schicksal einer langen Zeitspanne. Man kann nicht vorhersehen, was morgen, in einer Woche oder sogar in vielen Jahren passiert, aber ich kann versprechen, was ich für dich jetzt empfinde. Ich liebe dich und möchte mit dir viele Jahre glücklich sein. Auch wenn ich dir nicht ewige Liebe schwören kann, schwöre ich dir, dass ich dich für die hoffentlich sehr lange Dauer unsere Beziehung niemals hintergehen werde."
Mein Herz hüpfte in meiner Brust und ich konnte nicht anders als breit zu grinsen. Dieser Mann war einfach unmöglich. Statt einer normalen Liebeserklärung bekam man so etwas vorgeworfen. Anderseits konnte ich diese Einstellung besser nachvollziehen, als ein Versprechen, dass keiner wusste, ob man es jemals halten konnte. „Kleiner Dummkopf", seufzte ich bevor ich mich kurz sammelte, um mit rauer Stimme eine kleine Rede vorzutragen: „Viele Frauen wären nun ziemlich erbost, wenn du ihnen ehrlich erklärst, dass du nicht weißt, was die Zukunft für ihre Liebe bereit hält." Samuel wollte mich unterbrechen, doch ich legte sanft einen Finger an seine Lippen. „Es ist ein Glück für dich, dass ich nicht zu diesen Frauen gehöre. Ich werde uns beiden eine zweite Chance geben. Ganz ehrlich, ich würde diese aufregende Spannung zwischen uns viel zu sehr vermissen. Im Gegenzug für dein Versprechen, schwöre ich dir ebenfalls, dass ich für die hoffentlich lange Dauer unsere Beziehung, dich niemals hintergehen werde."
Plötzlich grinste Samuel wie ein Honigkuchenpferd. Er beugte sich zu mir herab und küsste mich wild und stürmisch. Sofort spürte ich wie über diese Verbindung weitere Wärme in meinen Körper schoss. Meine Lippen begannen zu kribbeln und ich wollte mich begierig auf Samuel stürzen, doch dieser hielt mich sanft nach unten gepresst.
„Ich möchte so viel mehr von dir, als einen einfachen Kuss, doch wir dürfen es heute noch nicht übertreiben. Du bist erst aus dem Koma erwacht und auch wenn ich dir neue Energie schenken kann, heißt das nicht automatisch, dass dein Körper so schneller heilt. Außerdem wartet auf dich noch eine Besucherin. Sie ist jeden Tag hierhergekommen, nur um dich zu sehen. Ich werde jetzt Fr. Dr. Cordes suchen. Sie würde mir sicherlich den Hals umdrehen, wenn sie erfährt, dass du wach bist und ich sie immer noch nicht gerufen habe", erwiderte Samuel mit einer Mischung aus halb ernsten halb schalkhaften Gesichtsausdruck. Man konnte ihm einfach anmerken, dass er viel zu froh über die Tatsache war, dass ich wieder erwacht war, als dass er sich seine Laune große verschlechtern lassen würde.
„Dann hol Fr. Dr. Cordes", stimmte ich ihm mit einem schweren Seufzer zu. Es passte mir überhaupt nicht, dass Samuel jetzt gehen wollte, wenn auch nur für einen kleinen Moment. Ich hatte eine zu große Begierde nach Berührungen und auch zu viele Fragen lagen mir auf der Zunge. Ich entschied mich drei zu stellen, bevor Samuel aus dem Raum ging: „Hat Mrs. Johnson alleine hinter den Anschlägen gesteckt? Was ist mit ihr passiert? Wer ist meine geheimnisvolle Besucherin?"
Samuel grinste bei meinem Fragenausbruch. Scheinbar beruhigte ihn meine Neugier und überzeugte ihn davon, dass ich mich auf dem Weg der Besserung befand. „Nein, Mrs. Johnson hat nicht alleine hinter den Anschlägen gesteckt. Sie war jedoch der Kopf der kleinen Organisation. Einige Mitarbeiter und Vertraute halfen ihr bei ihrem schrecklichen Plan. Ich habe die vergangenen Wochen damit verbracht jeden einzelnen von ihnen zu finden und der gerechten Strafe zu übergeben. Wegen Mrs. Johnson brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Sie ist bei deinem Angriff gestorben. Dich trifft jedoch keine Schuld. Es war reine Notwehr. Wenn du jemanden zum Reden brauchst, bin ich jederzeit für dich da."
Einen Moment wartete Samuel auf meine Reaktion. Ich wusste jedoch nicht, was ich von Mrs. Johnsons Tod halten sollte. Es war kein gutes Gefühl zu wissen, dass man eine Frau umgebracht hatte, selbst wenn es aus Notwehr geschehen war. Anderseits hatte diese falsche Schlange versucht Samuel, Aidan und mich zu töten. Sie hatte viele Flammengeborene, Menschen und Leviathane umgebracht, weswegen im Moment mein Zorn immer noch groß genug war, um meine Schuldgefühle zu verdecken. Vielleicht würde ich eines Tages anders darüber denken, doch im Moment war ich froh, dass diese Frau tot war.
Nachdem keine Reaktion von mir erfolgte, fuhr Samuel schließlich fort: „Vor der Tür wartete eine geheimnisvolle Besucherin namens „Arya Aedian". Wenn mich meine Quellen nicht täuschen, ist sie die eine Großmutter, oder?", fragte Samuel schalkhaft nach und ich erblasste.
Wenn einer in meiner Familie, dasselbe Temperament wie ich besaß, dann war das meine Großmutter Arya. Sie und ihr Mann waren nicht nur in der Stadt, sondern im gesamten Land weit bekannt. Arya war eine der ersten Schneeleopardengestalwandlerinnen. Ihr Mann hingegen gehörte zu den Wölfen und diente ihnen mittlerweile seit mehr als einem Jahrhundert, als starker Alpha. Bei diesem Lebenspartner war es also kein Wunder, dass Arya irgendwann gelernt hatte sich durchzusetzen und fast noch sturer war als ich.
„Bitte lass mich nicht allein!", bat ich Samuel, doch dieser lachte bloß und antwortete: „Wenn ich eine Sache von dir gelernt habe, dann das man sich besser nicht mit dir und scheinbar auch deiner Großmutter anlegt. Sie hat mir gedroht in das Verteidigungssystem der Flammengeborenen einzudringen und alle geheimen Daten an die Öffentlichkeit zu bringen. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie dabei nicht geblufft hat."
Ich seufzte verzweifelt auf und begann mich zitternd aufzurichten. Innerlich bereitete ich mich bereits auf einen Kampf vor. Früher hatte ich meine Großmutter immer bewundert, doch mittlerweile fürchtete ich mich auch ein klein wenig vor ihr.
Samuel ging durch das Zimmer, öffnete die Tür und sofort stürmte meine Oma herein. Ihr Haar war mittlerweile vollkommen silbern, auch zahllose kleine Falten in ihrem Gesicht zeugten von einem hohen Alter. Es war ungewöhnlich, dass ein Gestaltwandler so alt wurde, dass er eines natürlichen Todes starb, doch bei meinen Großeltern standen die Chancen gut, genau das zu erreichen. Wütend funkelnd baute sich meine Oma vor meinem Bett auf. Auch wenn ihre Körpergröße, wie bei mir, eher zu klein tendierte, musste ich doch heftig schlucken, als mich ihr zorniger Blick durchbohrte.
„So junges Fräulein!", rief sie aufgebracht.
Ich schluckte und fühlte mich auf einmal wie ein kleines Kind, das etwas Verbotenes angestellt hatte. „Hi Oma", flüsterte ich leise und wünschte dabei mich in das nächstbeste Loch zu verkriechen. Ein Lachen von Samuel an der Tür ließ mich wütend meinen Kopf drehen, auch Arya wirbelte auf der Stelle herum. Wir beide taxierten Samuel böse und dieser floh sofort mit erhobenen Armen aus dem Zimmer.
„Was muss ich mir da anhören?", fragte meine Oma, sobald sich die Türe hinter ihm geschlossen hatte.
„Wie meinst du das?", hakte ich zittrig nach und knetete nervös meine Hände.
„Ganz ehrlich ich kann es verstehen, dass du Abstand von deiner Familie gebraucht hast. Ich an deiner Stelle hätte das ebenfalls gewollt. Deine Eltern wollten natürlich nur das Beste für dich, doch alleine mit dem Gedanken zu spielen, dich mittels Wissenschaft zu einem Gestaltwandlerdasein zu zwingen, ist furchtbar. Also habe ich dir deine nötige Freiheit geschenkt und dich sogar beim Aufbau deiner Firma im Geheimen unterstützt, dass du dich jedoch vollkommen von deiner Familie abspaltest, habe ich nicht gewollt. Aber der Tropfen, der das Fass schließlich zum Überlaufen gebracht hat, war das du dich wissentlich in einem Kampf, den du scheinbar nur verlieren konntest, geworfen hast und fast umgekommen wärst! Was soll das!? Haben deine Eltern dir nicht ein Mindestmaß an Verstand mit auf dem Weg gegeben?", meine Oma schien nicht mehr aus ihrem Zorn herauszukommen. Sie redete weiter und weiter. Immer wieder beschimpfte sie mich, doch gleichzeitig verstand ich langsam den Grund für ihren Besuch. Ich sah die winzigen Tränchen in ihren Augen, die sie tapfer versuchte zurückzuhalten und auf einmal begriff ich.
Vorsichtig streckte ich meine Hände aus, ergriff ihre und zog sie sanft auf das Bett. „Ich wollte nicht sterben, aber ich musste doch irgendetwas unternehmen! Was würdest du tun, wenn dein Mann Lucian in Lebensgefahr schweben würde?", fragte ich sanft nach.
„Ich würde ihn natürlich retten, aber ich würde ganz sicher nicht einfach alleine losstürmen. Schon gar nicht mit einem stumpfen Messer und einer Bratpfanne bewaffnet!", erklärte meine Oma halb wütend, halb belustigt.
Ich lachte verlegen auf und strich mir durch meine Haare „Da hast du vielleicht nicht ganz unrecht", stimmte ich ihr mit einem leicht qualvollen Grinsen zu. Diese verrückte Tat würde mir sicherlich noch ewig nach hängen. „Das nächste Mal werde ich euch um Hilfe bitten", fügte ich sanft hinzu.
„Das will ich auch hoffen!", schimpfte mich meine Oma. Plötzlich wurde ihr Blick sehr sanft: „Wir vermissen dich. Du solltest deiner Familie zumindest einen Besuch abstatten. Deine Schwester ist mittlerweile ebenfalls sehr zornig auf dich, doch vor allem ist sie, wie deine Eltern auch, sehr traurig. Sie lieben dich wirklich. Du warst lang genug von ihnen getrennt, nutze die Zeit und besuche sie."
Ich nickte und lächelte meine Oma an. Plötzlich hob sie den Kopf und lauschte in die Ferne. Ich horchte ebenfalls, doch ich konnte nichts vernehmen. Das Gehör eines Gestaltwandlers war weitaus schärfer, als das eines Menschen. Da meine Großmutter aufstand, vermutete ich, dass eben jemand auf den Weg hierher war, wahrscheinlich Frau Dr. Cordes in Begleitung von Samuel.
„Pass auf dich auf mein Kind", flüsterte meine Oma bevor sie sich umdrehte und zur Tür ging. Sie war fast bei dieser angelangt, als sie sich erneut zu mir drehte und sanft fragte: „Macht dich dieser Mann glücklich?"
Ohne dass sie den Namen sagte, wusste ich sofort wen sie meinte. Ich lächelte breit und antwortete voller Hoffnung: „Er macht mich glücklicher als alles andere auf dieser Welt."
So meine lieben Leser und Leserinnen,
dass war nun das tatsächliche Ende der Geschichte. Eigentlich wollte ich es bereits in den Kommentaren auflösen, aber irgendwie fand ich die Panik doch zu witzig. (Ich bin ein böser Mensch, ich weiß xD)
Wenn euch das Buch gefallen hat, solltet ihr evtl. noch kurz unter die Danksagung sehen, dort ist ein kleines Geheimnis verborgen ;)
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