Einmal aufladen bitte - 2

Ich behielt tatsächlich Recht. Die Wartezeit auf Fr. Dr. Cordes war wirklich wundervoll, doch zu meinem Glück war sie immerhin bloß langweile. Bereits nach kurzer Zeit hatte das Adrenalin in meinem Körper nachgelassen. Nach ein paar weiteren Minuten hatte ich mich seufzend auf dem kalten Boden niedergelassen. Aidan war weiterhin stoisch an demselben Fleck wie zuvor stehe geblieben, während Samuel mir nach kurzer Zeit auf dem Boden Gesellschaft leistete. Zuerst hatten wir beide einige klägliche Kommunikationsversuche gestartet, doch sie verliefen alle recht schnell im Sande. Meistens tauschten wir nur unwichtige Kleinigkeiten aus, da keiner von uns das große Thema ansprechen wollte, dass ihm durch den Kopf gespukte.

Nach einer guten halben Stunde Wartezeit rückte ich ein kleines Stückchen näher zu Samuel. Als er sich nicht beschwerte und auch nicht zurückwich, überwand ich die Distanz zwischen uns beiden ganz. Vorsichtig kuschelte ich meinen Kopf an seine Schulter. Es war mit Sicherheit nicht die gemütlichste Position, doch als Samuel begann langsam über mein Haar zu streicheln, wollte ich um keinen Preis von ihm weichen. Die kleinen stetigen Bewegungen seiner Finger taten mir sehr gut. Sie beruhigten meine Nerven und luden meine Gedanken dazu ein sich frei zu bewegen. Ich begann mich langsam mit meiner Situation auseinanderzusetzen und erkannte zum ersten Mal auch ein paar kleine Vorteile.

Mit meiner neuen Kraft würde kein Geschäftspartner auch nur ein schlechtes Wort über mich verlieren. Sie würden aus Vorsicht schweigen und selbst meine neue rote Haarfarbe stumm tolerieren. Falls ich mich jedoch wirklich nur aufgeladen hatte, konnte ich schon bald wieder in mein normales Leben zurückkehren. Vielleicht würde sich sogar meine Haarfarbe wieder verändern, wenn ich Samuels absorbierte Energie vollkommen freilassen konnte.

Während ich Pro und Kontra meiner Situation abwog, verstrich die Zeit langsam. Ab und an beugte sich Samuel zu mir herab und setzte einen kleinen Kuss auf meine Stirn, während seine Finger weiterhin gleichmäßig durch meine Haare streichelten.

Trotzdem erschien es mir als wäre eine halbe Ewigkeit vergangen, bis sich endlich die Tür des Bunkers öffnete. Samuel ließ den Feuerball, der die ganze Zeit über unseren Köpfen geschwebt war, näher zum Eingang fliegen, sodass die Halle für Fr. Dr. Cordes gut einsehbar sein würde. Ich nutzte die Trägheit der Tür aus, um meinen Kopf sehr langsam von Samuels Schulter anzuheben. Meine Halswirbel knackten dabei unnatürlich. Ein Ziehen ging von meinem Kopf bis in mein linkes Schulterblatt, doch ich ignorierte es. Stattdessen schenkte ich Samuel noch einen letzten flüchtigen Kuss. Die winzige Berührung unserer Lippen reichte aus, um ein herrliches Kribbeln in meinem Magen auszulösen. Am Rande meines Blickfeldes erkannte ich zwei kleine Funken, die fröhlich durch die Luft tanzten. Hatte Samuel oder ich sie beschworen?

Ich kam nicht mehr dazu meine stumme Frage zu stellen, denn in diesem Moment trat Fr. Dr. Cordes ein. Sie trug nicht wie das letzte Mal einen weißen Kittel, sondern einfache Freizeitkleidung, bestehend aus einem weitem dunklen T-Shirt und einem luftigen Sommerrock mit weißen Blümchen. Ein Großteil ihrer Arme und Beine war aus diesem Grund unbedeckt, so dass sich die herrlichen Flammentattoos leuchtend abzeichneten. Die Male strahlten vor Energie und Hitze. Dieser Anblick erinnerte mich daran, dass Aidans Tattoos zuvor nicht die Dunkelheit vertrieben hatten. Nur die kleine Flamme in seiner Hand hatte als einzige Lichtquelle gedient.

Als ob Fr. Dr. Cordes meine Gedanken gelassen hatte, warf sie Aidan genau in diesem Moment einen scharfen Blick zu und erklärte streng: „Habe ich Ihnen nicht schon dutzende Male erklärt, dass Sie genug Nahrung zu sich nehmen müssen?! Sie besitzen einen hohen Energieverbrauch, der durch das Fliegen zu einer enormen Größe heranwächst." Mit einem genervten Seufzer ging Fr. Dr. Cordes zurück auf den Gang und holte von dort eine gewaltige Tasche. Sie war so groß, dass man ohne Zweifel einen Babyelefanten in ihr transportieren konnte.

Sofort lief Samuel auf die Ärztin zu und bot ihr seine Hilfe an, doch Fr. Dr. Cordes ließ sich ihr gewaltiges Gepäckstück nicht abnehmen. Stattdessen schleppte sie die Tasche einen Meter hinter die Tür und stellte sie dort äußerst vorsichtig ab. Dann zog sie zwei in Aluminium eingepackte Nahrungsriegel aus ihr hervor und warf sie Aidan mit den Worten: „Wenn Sie diese beiden nicht unverzüglich essen, weigere ich mich Sie je wieder zusammenzuflicken!", zu.

Wie ein eingeschüchterter Musterschüler fing Aidan die beiden Riegel auf und begann sie brav zu essen. Einen Moment musterte Fr. Dr. Cordes ihn noch streng, dann wandte sie sich mir zu. „Dann wollen wir doch einmal sehen, was mit Ihnen passiert ist. Ich werde Ihnen zuerst Blut abnehmen. Ein paar Untersuchungen kann ich direkt vor Ort durchführen, doch ich würde die Proben anschließend sehr gern im Labor untersuchen." Mit geübten Bewegungen holte sie alles Nötige wie Desinfektionsmittel, keimfrei verpackte Spritze, ein paar Phiolen und einigen weitere Gegenstände, aus ihrer Tasche hervor.

Ohne zu zögern, begann sie sogleich mit ihrer Arbeit. Während sie ein Band um meinen Arm legte und es sich langsam festzuziehen begann, stellte sie mir einige Fragen. Manche waren vollkommen harmlos, etwa wann ich zum ersten Mal eine Veränderung an mir wahrgenommen hatte, andere waren mir so peinlich, dass ich rot wie eine überreife Tomate anlief, denn Fr. Dr. Cordes schreckte nicht zurück sehr genau nach ein paar Details der vergangenen Nacht zu fragen.

Mithilfe einiger seltsam anmutenden Geräte, die ich nicht genauer identifizieren konnte, führte sie weitere Tests an mir durch. Sie gab mir dabei von Zeit zu Zeit einige Anweisungen, während sie die Ergebnisse der Tests vorerst für sich behielt, was meine Nervosität und Gereiztheit wieder auf den Plan riefen.

Nach ca. einer weiteren halben Stunde verlangte sie von mir meine Hand auszustrecken und mir vorzustellen wie meine Finger langsam heiß wurden. Zu ihrer großen Enttäuschung geschah jedoch nicht viel. Trotzdem gab sie nicht auf, sondern versuchte mich mit vielen weiteren sachlichen Erklärungen, dazu anzuleiten, mein inneres Feuer kontrolliert freizusetzen. Doch auch nach dem zwanzigsten Versuch hatte ich noch nicht einmal einen Funken heraufbeschworen.

Schließlich mischte sich Aidan ein: „Fr. Dr. Cordes Sie verschwenden Ihre Zeit. Glauben Sie wirklich, dass ein Mensch es einfach so schafft eine innere Flamme zu beherrschen? Selbst wenn Samuel die Energie einer Atombombe in dieses Menschlein reinstopfen würde, könnte sie nichts weiter tun, als ab und an wütend Funken zu versprühen, sodass man sie mit einem Eimer eiskalten Wasser abkühlen muss. Menschen sind einfach nicht dafür geschaffen, eine solche innere Macht zu beherrschen, erst recht nicht dieses impulsive Menschlein."

Wut ballte sich in meinem Magen zusammen und begann unheilverkündend zu brodeln. Ein abwertende Blick aus Aidans Augen und die gewaltige Hitze in mir kochte hoch. Wütend stieß ich hervor: „Ach ja? Wenn du die Energie kontrollieren kannst, dann kann das jeder halbwegs gesunde Menschenverstand. Es ist wirklich eine Schande, dass die Natur einen so dummen Verstand wie deinen überhaupt überleben lässt."

Ich wollte weiter schimpfen, doch die um mich herumeilende Fr. Dr. Cordes irritierte mich zu sehr. Verwirrt beobachtete ich ein blinkendes Gerät in ihrer Hand, mit dem sie eben einen Funken einfing. Als sie meinen Blick bemerkte, befahl sie bloß: „Nicht von mir ablenken lassen."

Ihre Worte lenkten mich jedoch sogar noch mehr von Aidan ab, bis dieser zu seiner Widerrede ansetzte: „Dann sind wir scheinbar schon zwei, die an Mutter Natur verzweifeln, dann ich hingegen frage mich, wie DU überhaupt bis heute überleben konntest, Menschlein. Deine gesamte Familie weiß sich halbwegs zu verteidigen, indem sie sich in Raubtiere verwandeln können. Du hingegen bist eine Schande für sie, denn du bist bloß ein einfacher, hilfloser, schwacher Mensch. Ich frage mich wirklich wie sie dich solange in ihrer Nähe ertragen konnten. Vielleicht sind sie selber bloß ein dummer, schwacher, kurzsichtiger Haufen."

Seine Worte schienen eine Art Schalter in meinem Gehirn umzulegen. Auf einmal sah ich nichts weiter als Rot: „Du verdammter Drecksack!", schrie ich, während wütende Flammen um mich herum hochzüngelten. „Wage es noch ein Wort über meine Familie zu verlieren und ich werde dich töten!"

„Du und mich töten? Glaubst du wirklich, dass du das schaffen könntest, Menschlein?", fragte Aidan sofort zielsicher nach.

Einen Moment hörte ich noch Samuels Stimme, doch ich blendete sie vollkommen aus, stattdessen stürzte ich mich auf Aidan. Gewaltige Flammen peitschten um mich herum. Sie jagte wie hungrige Wölfe auf meinen Feind zu. Eine wilde Bahn aus feurigen Funken folgte ihnen. Mit einem schrillen Aufschrei schmiss ich mich mit aller Wucht auf Aidan.

Plötzlich ertönte ein lauter Schlag. Mein Trommelfell drohte zu zerreißen. Ich wurde von einer gewaltigen Kraft zurückgeschleudert. Wie eine hilflose Puppe flog ich durch die Luft. Ich konnte mich nicht mehr bewegen. Mein gesamter Körper schien keinerlei Kraftreserven mehr zu besitzen. Mit einem lauten Knall landete ich hart auf den Boden. Mein Sichtfeld wurde schwarz. Ein letzter unsinniger Gedanke streifte durch mein Bewusstsein. Vor meinem inneren Auge sah ich mein zerstörtes XPad auf dem mit leuchtend roter Schrift stand: „Bitte aufladen!"

Hey^^

Ich hoffe, ihr hattet ein schönes Wochenende ;)
Leider mache ich mir derzeit sehr viel Stress, da ich in zwei Wochen in Urlaub fahren möchte, allerdings mein Projekt (auf der Arbeit) noch unbedingt davor zu Ende programmieren möchte. (Hurra zehn Stunden Tage ^^°)

Deswegen habe ich Moment leider nicht die Zeit alle eure wundervollen Kommentare zu beantworten. Ich möchte euch jedoch wissen lassen, dass jedes Sternchen und jedes einzelne Wort eine unglaublich große Motivation für mich sind, stetig weiterzuschreiben. Es berührt mich jedes Mal zu tiefst, wenn jemand begeistert mitfiebert, mir hilft Fehler zu finden, sich auf das nächste Kapitel freut oder einfach meint, dass er dieses Buch gern hat. Wirklich vielen, vielen Dank dafür ;)

LG Sarah

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