Ein Schaf unter Wölfen - 2

Vielen Dank, dass du mich auf meinem Weg bei der Geschichte „Soulmates" begleitet hast. Ich habe mich über jedes kleine Sternchen unglaublich gefreut.

Ich nickte und holte aus einer Schublade die bereits vorgefertigten Dokumente. Es waren nicht die einzigen, die ich für dieses Gespräch vorbereitet hatte, doch ich hatte auf genau dieses Ende gehofft. Mit einem freundlichen Lächeln unterschrieb ich zweimal auf zwei gleichen Anträge, den einen für Mrs Johnson, den anderen für mich, dann reichte ich ihr die Unterlagen. Natürlich würde man die Blätter nach diesem Gespräch digitalisieren und auf einem Server abspeichern, doch in dieser Hinsicht war ich altmodisch und bevorzugte ein echtes Blatt in der Rückhand zu behalten.

Nachdem Mrs Johnson den Vertrag ausführlich gelesen hatte und noch mehrfach kleinere Versuche gewagt hatte, die ein oder andere Klausel zu diskutieren, unterschrieb sie schließlich mit einem Zähneknirschen und spuckte mir den Satz: „Jetzt weiß ich wieso kein Mann mit Ihnen auch nur ins Bett steigen möchte!", entgegen.

Autsch – ihre Worte taten weh, doch ich konnte froh sein, dass es bei diesen blieb. Anscheinend war da jemand wirklich ernsthaft wütend, aber in gewisser Weise war ihre Reaktion verständlich. Ich war in ihren Augen nicht mehr als ein kleines Insekt. Zirpend saß es auf ihrer Nase und zu allem Übel konnte sie es nicht erschlagen, da sie sich sonst selbst verletzten würde. Doch so war nun einmal das Leben. Auch die kleinsten Wesen konnten giftig sein.

Trotz ihrer Worte durfte ich Mrs Johnson auf keinen Fall weiter provozieren. Aus diesem Grund ignorierte ich die Beleidigung, zwang mich zu einem höflichen Lächeln und verabschiedete mich mit süßer Stimme: „Ich wünsche Ihnen auch noch einen erfolgreichen Tag."

Ich stand auf und wollte ihr die Türe öffnen, doch noch bevor ich mich aus meinem Schreibtischstuhl erhoben hatte, war sie aufgestanden und durch das Zimmer geschritten. Sie schaute nicht zurück, als sie die Tür aufriss und Stolz erhobenen Hauptes aus dem Zimmer marschierte.

Einen Moment lang wartete ich noch, bevor ich ihr leise nachflüsterte: „Blutsaugendes, fieses Biest!"

Ich ging zu dem Schreibtisch und begann die einzelnen Blätter aus den Schubladen zu räumen, dann stapelte ich sie zu einem ordentlichen Turm auf. Ganz oben lang meine neuste Errungenschaft, unterzeichnet mit der Unterschrift meiner neuen Feindin.

„Wie ich sehe ist Ihre Besprechung erfolgreich verlaufen."

Ich sah zu Tür und erblickte meine Sekretärin. Auch sie war wie alle Angestellten ein Mensch. Keine andere Rasse hätte unter mir arbeiten wollen, doch ich beschwerte mich keineswegs deswegen. Wir alle hatten bereits wegen unserer Herkunft oft gekämpft und irgendwie vereinte uns dies. Doch gerade für die gute Seele Lisa war es wohl die härteste Aufgabe mit ihrer Abstammung umzugehen. Als Sekretärin musste sie sich jeden Tag mit den Kunden herumschlagen und durfte sich viele unschöne Sachen anhören. Trotzdem blieb sie immer in ihrer Rolle professionell, höflich und eindeutig. Sie hatte Nerven aus Drahtseil und ein Fingerspitzengefühl für schwierige Kunden wie keine andere Person. Mehr als einmal hatte sie einen Leviathan oder sogar Flammengeborenen mit ihrem rhetorischen Geschick um den kleinen Finger gewickelt.

Wären nicht die Gebühren für die Uni viel zu teuer für die normalen Menschen, wäre sie wohl eine absolut hochbegabte Studentin geworden, egal ob sie nun Germanistik, Lehramt, Management, Politik oder etwas in der Art studiert hätte.

Mit ihrer freundlichen Stimme unterbrach sich mich aus meinen Gedanken: „Eines Tages werde ich Sie noch tot auf dem Boden vorfinden. Sie haben Mrs Johnson wirklich erfolgreich verärgert, genauso wie die anderen zwei Klienten vor ihr."

Ich zuckte mit den Schultern und erwiderte mit einem Augendreher: „Das Biest kann mich mal."

„Naja, wenn Sie schon dabei sind, dann können sie gleich eine wilde Orgie feiern und die anderen zwei Klienten gleich miteinladen", erwiderte Lisa trocken. Hätte ich sie nicht seit mehreren Jahren gekannt, wäre ich nun vielleicht überrascht oder gar schockiert über ihre zynisch freche Zunge gewesen, doch so schätzte ich ihren Kommentar. Er brachte mich zumindest trotz meiner Erschöpfung zum Grinsen. Lisa lachte und tadelte mich ein weiteres Mal in ihrer Engelsgeduld: „Nun wie ich Ihnen bereits mehrfach erklärt haben, sollten sie wirklich vorsichtiger werden."

Ich verdrehte die Augen. „Wir haben doch das was wir wollten. Das ist das einzig wichtige. Außerdem muss man in diesem Beruf hart sein. Die Umgebung lässt nichts anderes zu. Unsere Klienten sind wie Aasgeier, die nur darauf warten, dass man zu Boden stürzt."

Ich stand auf und ging zu den großen Fenstern. Die Aussicht war ein gewaltiger Luxus, denn je höher die Wohnung lag, desto teurer wurden die Mietpreise bis man irgendwo etwa im 250. Stock ein gutes Vermögen brauchte. Nur ein eigenes Haus war noch teurer und gerade mal 1% der Bevölkerung konnte es sich leisten. Privat hätte ich mir eine zwei Zimmerwohnung wie diese im 25. Stock ganz sicher nicht leisten können und auch für die Firma waren diese Räume auf Dauer zu teuer. Deshalb gab es Orte wie diese, die sich kleinere Firmen für geschäftliche Besprechungen mieten konnten. Selbst ein Tag in diesem Raum war teuer, doch die meisten Klienten fanden bereits diese Herberge als absolute Untergrenze des Erträglichen.

„Sie haben heute noch einen weiteren Termin."

Entsetzt blickte ich meine Sekretärin an. „Einen weitere?" Das Blut pochte durch meine Adern. In Panik ging ich meinen Terminkalender erneut durch, doch ich konnte mich nicht an etwas Derartiges erinnern.

„Es tut mir wirklich leid, der Kunde hat erst eben angerufen", begann Lisa zu erklären.

Ungläubig wie ein Kind, das eben gelernt hatte, dass es unter Wasser nicht atmen konnte, schaute ich sie an. Wir beide standen uns mittlerweile recht nahe. Auch wenn wir unsere Arbeit und Freizeit komplett trennten, waren wir mittlerweile doch zu so etwas wie Freunden geworden. Noch nie hatte Lisa es geschafft mich derartig zu Erschrecken. Sie wusste es besser, als ich wie viel Recherche vor einem ersten Kundengespräch von Nöten war.

„Ich weiß es ist ziemlich plötzlich", begann Lisa erneut, so als würde eine Erklärung alles zum Guten wenden.

„Wieso?", mit schwacher Stimme unterbrach ich ihre Worte. Ich hatte das Gefühl als ob jegliche Kräfte meinen Körper verlassen hatten. Mit zittrigen Bewegungen ging ich auf den Stuhl zu. Mit einer fahrigen Handbewegung zog ich ihn nach hinten und setzte mich langsam auf ihn. Ein schwerer Seufzer entwich dabei meinen Lippen. Er klang fast wie der verzweifelte letzten Atemzuges eines Menschen auf seinem Sterbebett.

Lisa biss sich einem Moment lang verlegen auf die Lippe, bevor sie leise mit der Sprache herausrückte: „Er hat mich überlistet."

Wie hatte das passieren können? So etwas kam noch nie vor! Immerhin hatte Lisa sonst so gut wie jedes Gespräch unter ihrer festen Kontrolle. Selbst damals bei ihrer Gehaltsverhandlung hat eher sie die Führung gehabt als ich und natürlich hatte sie die obere Grenze für ihr Gehalt erreicht.

„Wer ist es?", fragte ich leise, denn wer auch immer es war, ich würde mich in Acht nehmen müssen.

„Er heißt Samuel und gehört zu den ältesten der Flammengeborenen auf diesem Planeten."

Entsetzt blickte ich Lisa an. Sie musste einfach einen schlechten Scherz machen! Doch ihr Blick blieb ernst, viel zu ernst.


Hallo liebe Leseratten,

das erste Kapitel ist damit erschienen. Ich hoffe, Ihr hattet einen schönen kleinen Einblick wie sich der Weltmarkt verändert hat und wie die einzelnen Arten in der Welt angeordnet sind. Ich persönlich bin kein Freund von langen Erklärung vor den Kapiteln, sondern versuche alle wichtigen Informationen im Kontext unterzubringen. Falls Ihr Fragen habt, dann könnt Ihr sie gerne stellen, denn evtl. habe ich ein wichtiges Detail vergessen. Was ist Euch lieber ein schneller Einstieg in die Geschichte (z.B. wie bei „Eragon") oder zuvor eine große Erklärung (z.B. „Herr der Ringe")?

Wir sehen uns dann wieder nächste Woche ;) Bleibt gesund und bleibt kleine Leseratten ^-^

LG Sarah

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