Die Entscheidung - 1
„Nein, ich möchte nicht, dass du mit Aidan fliegst...", setzte Samuel an, doch ich unterbrach ihn, denn mein Hitzkopf war scheinbar zu genau der rechten Zeit wieder zum Leben erwacht: „Ach ja, was möchtest du denn dann? Mich den Paparazzi zum Fraß vorwerfen?"
Samuel zog eine Augenbraue hoch, doch er blieb stumm. Er schien tatsächlich einfach abwarten zu wollen, bis ich meine komplette Wut an ihm ausgelassen hatte. Noch nicht einmal einen winzigen Finger hob er an, um sich gegen mich zu wehren. Diese Erkenntnis machte mich noch wütender, doch dieses eine Mal reagierte ich nicht über, dafür fehlte mir einfach die Kraft. Stattdessen beschränkte ich mich darauf zornig meine Arme zu verschränken und Samuel mit giftigen Blicken zu erdolchen.
Als ich mit aufgeplusterten Wangen, wie ein empörter Gockel, schwieg, beantwortete Samuel endlich meine Frage: „Ich möchte dich weder den Paparazzi zum Fraß vorwerfen, noch möchte ich dich dazu zwingen mit Aidan zu fliegen. Diese zwei Möglichkeiten sind jedoch die einzigen Alternativen wie du aus diesem Krankenhaus herauskommst. Ich möchte, dass du dich selbst für eine Lösung entscheidest."
„Was ist, wenn ich mich entscheiden würde, hier zu bleiben?", fragte ich sofort zickig nach. Es schien mir die einzige logische Möglichkeit zu sein, um aus meiner Bredouille zu entfliehen, schließlich konnten die Reporter nicht für immer vor dem Krankenhaus verweilen.
Einen Moment überlegte Samuel, dann seufzte er schwer: „Ich würde dich bitten deine Entscheidung zu überdenken. Unter normalen Umständen würde ich dir sofort zustimmen, doch wir brauchen die Männer und Frauen, die derzeit das Krankenhaus bewachen, dringend an anderen Orten."
„Und wenn ich mich trotzdem weigern würde das Krankenhaus zu verlassen?", hakte ich frech nach.
Samuel zuckte gelassen mit den Schultern, so als hätte er genau diese Reaktion von mir erwartet. „Dann würde ich dich hier bleiben lassen. Ich würde so viele Kräfte wie möglich von diesem Krankenhaus abziehen und dir erklären, dass du durch deine Handlung nicht nur dich, sondern auch viele andere Flammengeborene in Gefahr bringst, die in diesem Moment eigentlich nur ihre Verluste betrauen wollen."
„Du würdest mich also emotionell erpressen?", erwiderte ich zuckersüß. Ein bitterer Geschmack legte sich auf meine Zunge und die Wut pochte lodernd in mir.
„Nein, ich würde bloß an deiner Vernunft appellieren", widersprach Samuel, dabei blieb er weiterhin so erschreckend ruhig, dass sich meine Wut für uns beide verdoppelte. Vielleicht war ich im Moment streitlustig, doch was war schon dabei? Ich hatte Samuel mit meinen Worten angegriffen und was bekam ich dafür zurück? Reine logische Argumente, das war doch einfach nicht auszuhalten!
Wütend verschränkte ich meine Arme vor der Brust und starrte Samuel zornig an. Als wäre seine überhebliche Neutralität nicht genug, stahl sich nun auch noch ein charmantes Lächeln auf die sinnlichen Lippen meines Widersachers. Ich beschloss meine Würde zumindest teilweise zu wahren und weiterhin bloß demonstrativ in meinem Bett zu verharren, anstatt mit meinen Fäusten auf die breite Brust vor mir einzuhämmern.
Samuel schien diesen Entschluss jedoch um jeden Preis ins Wanken bringen zu wollen, denn er brachte doch tatsächlich die Worte: „Du bist so süß, wenn du dich aufregst", hervor. Entsetzt schnappte ich nach Luft und wollte mit allem, was ich noch an Kraft besaß protestieren, als er hinzufügte: „Ich habe dich unglaublich vermisst, Jenny. Bitte tu mir so etwas nie wieder an."
Ich hätte sehr gerne behauptet, dass mein Zorn hinsichtlich dieser süßen Worte verraucht war, doch das war er keineswegs. Die wütenden Flammen brodelten in meinem Magen und legten ihr Feuer nur zu gerne in meine hitzigen Worte: „Tu doch bitte nicht so, als könntest du ohne mich nicht leben. Wir beide wissen sehr genau, dass ich in den nächsten Jahren zu einer runzeligen Rosine altere und schließlich sterben werde, während du putzmunter weiter existierst."
Samuels braune Augen musterten mich ernst. „Vielleicht bist du der Wink meines Schicksals, dass es auch langsam für mich an der Zeit ist die Erde zu verlassen. Ich habe hunderte von Menschenleben existiert, sogar einige Gestaltwandlerleben sind an mir vorbeigezogen und doch haben mich meine wenigen Menschenjahre und jetzt auch die kurze Zeit mit dir, mehr als alles andere geprägt. Wieso sollte ich bei meinem Ende nicht noch einmal so empfinden dürfen wie an meinem Anfang?"
Ich lachte und verdrehte die Augen. Auch wenn seine Worte so ehrlich und voller Zuneigung klangen, kannte der bittere Schmerz in mir doch die Wahrheit. „Schön gespielt mein kleiner Casanova. Noch mehr romantische Schnulzensprüche musst du nicht mehr zitieren. Ich weiß, dass ich nur kurzzeitig lebe. Ich werde früher sterben als meine gesamte Familie und nun auch als mein Liebhaber. Das war mir von Anfang an bewusst. Der Vorteil ist jedoch, dass ich meine Vergänglichkeit deswegen immer vor Augen habe. Aus diesem Grund habe ich in kurzer Zeit viel erreicht und empfinde in diesem Moment so viel für dich..."
Samuel unterbrach mich: „Und genau so ergeht es mir in diesem Moment auch. Jenny ich glaube wirklich, dass ich nach der Zeit mit dir nicht mehr die ewige, gleiche, dumpfe Zukunft ertragen kann."
Entgeistert und voller Entsetzten blickte ich in Samuels Augen, doch darin spiegelte sich reinste Aufrichtigkeit. Mein Herz schmerzte, als mein Verstand langsam begriff, dass dieser Mann vor hatte sich selbst umzubringen. Meine Kehle schnürte sich zu. War das alles meine Schuld? Vielleicht, doch nach seinen Worten schien er auch zuvor nicht wirklich die Ewigkeit genossen zu haben. Meine Hände zitterten leicht, als mein Verstand und mein Herz miteinander stritten, was ich nun tun sollte.
Vielleicht half es, wenn ich mich einfach von Samuel fernhielt, vielleicht hatte ich eine zu kurze Zeit auf ihn Einfluss gehabt und er würde wieder zu seinem alten Leben zurückfinden. Anderseits schien ihm der Blick in die Vergangenheit keine große Freude zu bereiten, was war wenn er schon seit längerem vor hatte sich umzubringen und durch mich nur einen Zeitpunkt festgelegt hatte. Würde er sich schneller töten, wenn ich ihm die kalte Schulter zeigte? Konnte ich das überhaupt?
Schließlich war es mein Herz, das die Lösung fand. Es selbst zerbrach fast unter der sich selbst auferlegten Last. Eine kleine Träne rann über mein Gesicht, als ich beschloss mein Leben von Grund auf zu ändern. Ich würde versuchen Samuel die Freude am Leben beizubringen. Ich war begierig auf jeden einzelnen Tag und haderte mit dem Schicksal, dass es meine Zeit auf Erden so kurz vermessen hatte. Wieso war ich auch bloß ein einfacher Mensch und hatte nie erfahren dürfen wie es war sich in ein gefährliches Raubtier zu verwandeln?
Samuel war ein langes Leben geschenkt worden. Er konnte so viel Gutes damit erreichen und all seine innersten Wünsche erfüllen, ohne wie ich hetzen zu müssen. Dieser wundervolle Mann hatte es verdient, dass Leben mit anderen Augen zu sehen. Ich würde bei ihm bleiben, bis ich alt und runzelig war. Irgendwann würde ich ihm nur noch mit einem verwirrenden voll Unsinn getränkten Ratschlag helfen können, bis mein sterblicher Geist sich dazu entschloss den Tod ganz in sich einzulassen, während Samuel weiterlebte. Bei diesem Gedanken zog sich mein Innerstes erneut schmerzhaft zusammen, doch ich wischte entschlossen die kleine Träne von meiner Wange. Ich musste mich wirklich zusammenreißen. Ein letztes Mal erinnerte ich mich selbst daran, was ich für Samuel alles empfand und wie sehr er es verdient hatte glücklich zu sein, dann riss ich meine Gedanken wieder zurück in die Realität.
Willkommen zurück^^
Obwohl in diesem Kapitel nicht viel Action ist, ist es tatsächlich eines meiner Lieblingskapitel. Der innere Kampf von Jenny hat mich beim Schreiben sehr mitgenommen und fast hätte ich selbst geweint ^^°
Ich hoffe, dass ich die Gefühle euch gut vermitteln konnte. ;)
Hoffentlich habt ihr noch eine schöne restliche Woche. Wir sehen uns dann am Wochenende wieder ;)
LG Sarah
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