Die Kriegssense
Bevor ich beginne, möchte ich nochmal verdeutlichen, dass ich absolut gegen jegliche Gewaltverherrlichung bin und die Beiträge über Waffen nicht als solche von mir geschrieben werden. Mein Ziel ist es auch nicht, andere zu ermutigen und beizubringen, nach Waffen zu greifen, um andere Menschen damit anzugreifen. Leider ist die menschliche Geschichte gezeichnet von Tod und Gewalt. Weswegen dies auch in der Literatur vorkommt, die ich jedoch als wertvolles Mittel empfinde, um die Grausamkeit der Menschheit zu verdeutlichen und nicht zu verklären. Diese Beiträge sollen Euch helfen, denn um diese Grausamkeit glaubwürdig und deutlich darstellen zu können, muss man wissen, wie und mit welchen Mitteln Menschen anderen Leid zugefügt haben und immer noch zufügen. Ich kann nachvollziehen, dass Selbstverteidigung und Notwehr in bestimmten Situationen einfach nicht vermeidbar ist, doch mein größter Wunsch wäre es, dass es gar keinen Bedarf für Selbstverteidigung gäbe und dass die Welt Konflikte anders lösen würde, als durch körperliche und/oder psychische Gewalt.
Bevor ich anfange, erwähne ich noch einmal, dass ich keine Waffenexpertin bin. Aber ich habe die Infos über die Kriegssense für meine Geschichte gebraucht und hoffe, sie kann jemanden in der eigenen Waffenrecherche vielleicht ein wenig weiterbringen.
Ich bin zufällig auf diese Sense gestoßen, als ich in einem Blog über Kampf und Waffen für Autoren unterwegs war (How to Fight Write). Dort werden immer wieder von Lesern Sensen als Waffe vorgeschlagen. Also die normalen, die Bauern benutzen. Diese sind anscheinend nicht so toll zum Kämpfen. Kann man aus Notwehr benutzen, wenn gerade nichts anderes da ist, doch die Menschen haben wohl früh gemerkt, dass zum Kämpfen etwas Besseres hermusste und haben ihre Bauernsensen umgeschmiedet. So ist irgendwann die Kriegssense entstanden.
Die Kriegssense gehört zu den Stangenwaffen und wurde bis zum 19. Jahrhundert eingesetzt, im Angriff und auch in der Defensive. Anders als die normale Sense, deren Klinge quasi rechtwinklig am Schaft liegt (Der Stiel der Sense wird auch oft Baum oder Sensenbaum genannt), wird die Klinge oben an das Stielende angebracht, sodass die Klinge eine Verlängerung des Stiels bildet. Die Klingenform erinnert an ein Säbel und üblicherweise ist nur die konkave Seite der Klinge scharf.
Die früheste Erwähnung dieser Stangenwaffe kommt ungefähr aus dem 12. Jahrhundert. Wie es vielen Waffen ergangen ist, wurden sie mit Erfindung und Verbreitung der Schusswaffen nicht mehr gebraucht. Wer nach Literatur zu der Kriegssense sucht, die wahrscheinlich auch für umsonst irgendwo in Google zu finden sein müsste, der Waffenführer von Chrystian Piotr Aigner, auf Englisch Short Treatise on Pikes and Scythes, könnte etwas für Euch sein.
Die Kriegssense, oder Sturmsense, hat sich von der Getreidesense entwickelt. Grund dafür war, dass auch Bauern oft in den Krieg ziehen mussten. Doch Schwert und Schild waren teuer und oft gab es nicht die finanziellen Mittel, um Kämpfer aus den unteren sozialen Schichten mit diesen Waffen auszustatten. Und dann hat es auch noch viel Zeit gebraucht, um den Umgang mit Waffen wie Schwert, Schießwaffen zu lernen. Man hat also genommen, was bereits da war, doch da die normale Sense sich als nicht besonders effektiv herausgestellt hatte, musste sie umgewandelt werden.
Warum eine normale Bauernsense nicht als Waffe geeignet ist, wenn man in einen Kampf/Krieg ziehen will: Die Schärfe liegt auf der falschen Seite. Also, Ihr stellt euch jetzt eine Getreidesense vor, ja? Die scharfe Seite zeigt auf Euch. Das ist auch gut so, fürs Getreidesschneiden. Aber es ist nicht so gut, wenn man damit einen Gegner angreifen will. Denn dann müsste dieser zwischen Euch und der Klinge stehen. Nicht sehr gut. Am besten ist es ja, wenn die Waffe sich zwischen Euch und dem Gegner befindet.
Wahrscheinlich hat man mehr Erfolg, den Gegner mit der Getreidesense einen über den Kopf zu hauen, wenn man von einem überraschendem Angriff spricht, oder einem Bauern, der gerade einen Dieb aus seinem Hof vertreiben will, aber nicht für einen geübten Krieger, oder für eine Kriegssituation. Eine weitere Gefahr, die man bedenken sollte: Man muss in einem Kampf die Getreidesense immer zu sich selbst ziehen, um den Gegner mit der scharfen Seite der Klinge zu verletzen und im Eifer des Gefechts, wäre das Risiko einer Selbstverletzung höher.
Für den Krieg ist die Bauernsense also nicht geeignet. Zur Not, kann ein geschickter Kämpfer sicher mehr daraus machen, aber wie gesagt, das sollte eher in Notsituationen verwendet werden. Habt ihr einen ernsthaften Kämpfer, dem ihr eine "coole", "alternative" Waffe in die Hand geben wollt (in einem Setting ohne Magie, da kann man natürlich noch ganz andere Sachen mit der normalen Bauernsense machen), dann lasst ihn eine Sturmsense, statt einer Getreidesense führen.
Der wichtigste Unterschied zwischen Sturmsense und Bauernsense liegt also an der Klinge, die ich weiter oben bereits beschrieben habe. Da die Kriegssense tatsächlich auch effektiv war, hat man diese schrittweise weiterentwickelt und für den Kampf verbessert. Sie war irgendwann auch recht weit verbreitet. Einfach und kostengünstig in der Herstellung, einfacher in der Handhabung als ein Schwert, hatte man eine weitere Waffe für das einfache Volk parat. Das ist nur meine eigene Meinung, aber ich könnte mir vorstellen, dass es den Bauern ein wenig mehr Selbstsicherheit gegeben hat, wenn sie eine Waffe in der Hand hielten, die ihrem täglichen Arbeitsgerät ähnelte.
Ich habe gelesen, dass Stangenwaffen oft besser für Kampfanfänger waren, denn mit mehr Distanz, ist das Risiko geringer in Angriffsnähe des Gegners zu geraten. Schwerter und Streitäxte waren für den Nahkampf gedacht (Ausnahme: Wurfäxte). Natürlich gäbe es da noch Pfeil und Bogen, die einen noch größeren Abstand zum Gegner gebracht haben, doch so wie ich das mitbekommen habe, hat man den Bogen vielleicht noch eher Jägern in die Hand gedrückt, die bereits damit umgehen konnten, aber Bauern, Handwerker, etc. hat man das Schießen nicht beigebracht.
Bauernsensen die zu provisorischen Kriegssensen umgeschmiedet wurden, waren auch in vielen Bauern- und Volksaufständen eine beliebte Waffe und wurden vor allem durch diese bekannt. Man hat die Klinge dafür, wie bereits erwähnt, nicht im rechten Winkel an der Stange angebracht, sondern sie an der Stangenspitze nach vorne hin auslaufend.
Die Kriegssense ist als Stangenwaffe recht flexibel und dynamisch. Der Abstand zwischen dem Kämpfer und seinem Gegner kann etwas variieren, ohne dass die Sense an Effektivität verliert. Mit einer Sturmsense kann man stoßen (hierfür kann man auch das Stielende benutzen), hauen/schlagen, stechen, parieren, schneiden und schlitzen. Letzteres ist bei einem Speer nicht möglich.
Ich hatte das oben schon mal angedeutet: Das Gute an einer Kriegssense (und vielen anderen Stabswaffen) ist, dass man mehrere Angriffswinkel hat, in denen man die ganze Waffe einsetzen kann. Sei es die blinde Seite der Klinge, das Klingenblatt, die ganze Stiellänge oder das Stielende. Die Länge des Stiels kann man auch gut zum Parieren benutzen. Diese Stoßwaffen kann mal also für den Angriff und für die Defensive benutzen und sind deswegen äußerst flexibel. Mit genug Übung und Geschick, kann man sie erfolgreich nach allen Seiten hin einsetzen, sei es durch das Drehen, das Wechseln der Führhand, usw.
An sich, ist die Kriegssense für zwei Hände gedacht, doch es gab einige Schulen, die auch das Führen mit einer Hand und sogar das Werfen beigebracht haben. Mit einer Hand, kann man eventuell etwas von der sogenannten Hebelkraft verlieren, also die Kraft, die die Waffe von den Armen auf den Gegner überträgt, doch mit einer Hand kann man noch andere Angriffswinkel erreichen.
Der Vorteil von allen Stangenwaffen ist, dass man sie in unterschiedlichen Längen von sich führen kann. Man kann etwas entferntere Gegner erreichen, wenn man den hinteren Bereich des Stiels packt. Man kann die Sturmsense auch weiter vorne greifen, um naheliegende Gegner anzugreifen. Gleichzeitig kann man dann sofort das Stielende für einen kräftigen Stoß benutzen, wenn sich ein Gegner von hinten nähert. Der ideale Ort zum Führen, liegt aber ungefähr in der Mitte. Dort hat man anscheinend am besten die Kontrolle über die Waffenführung und die Kraft, die übertragen wird.
Zu den möglichen Verletzungen: Wie immer weise ich auf das Kapitel über das Schwert. Dort wird nochmal näher auf Verletzungen eingegangen (Schnitt-, Stich- und Schlagwunden) und wie und ob man sie überleben kann. Man kann einige der Informationen auch auf andere Waffen übertragen, dazu gehört die Sturmsense, mit der man ja ebenfalls schlagen, stechen und schneiden kann.
Falls jemand nach weiteren Informationen zum Thema rund um die Kriegssense sucht, kann man Fragen gerne in den Kommentaren loswerden. Ich würde mich sehr darüber freuen, falls sich hier auf Wattpad ein Waffenexperte tummelt und Korrekturen und/oder Ergänzungen hätte. Dafür einfach gerne eine PN an mich schicken.
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