Threats 《9》

Jisung wurde bereits an der Tür erwartet.
Park Jimin stand mit verschränkten Armen davor und ließ niemanden herein. Er war ebenfalls Ermittler eines Sondereinsatzkommandos und unterstand Kim Namjoon in direkter Linie. Nur das sein Team die sogenannte Elite war. Jisung störte sich nicht daran die Zweitbesetzung zu sein. Es gab genügend Monster und Schauplätze des Todes, sodass jeder etwas von dem Ruhm abbekam. Zumal er viel mehr aufblickte als betreten daneben zu stehen. Sie waren alles Koryphäen in ihren jeweiligen Fachgebieten und nahmen ihren Job ernst.
Das war das Wichtigste.
"Mein Prinz", verneigte sich Jimin, wobei ihm sein orange gefärbtes Haar ins Gesicht fiel. Man sollte meinen, dass Jisung sich an diese Anrede im Laufe seiner fünfundsiebzig Jahre gewöhnt hatte, aber dem war nicht so. Ihm war es eher unangenehm, wenn Ältere, wie Park Jimin, mit seinem Titel ansprachen. Es löste Unbehagen aus, weil es ihn stets an das Unausweichliche erinnerte. Er würde irgendwann diesen Job, den er liebte, aufgeben müssen, um 'sein' Volk zu regieren. Und dann traten wieder Fragen auf, was aus ihm und Minho werden würde....
Denn sein Volk würde sich niemals mit dem der Wölfe vereinen.
Selbst, wenn er es als 'König' befahl.
"Du sollst mich bei der Arbeit doch nicht so ansprechen! Hier bin ich nur Jisung", tadelte er den Älteren und erntete ein entschuldigendes Zwinkern. Jimin besaß ein frisches Gesicht und wirkte dadurch nicht älter als fünfundzwanzig. Jisung fragte sich, wie lange sein Gegenüber schon wie fünfundzwanzig aussah. Seine aufgeweckten Augen und die schüchterne Art rundeten das Gesamtwerk perfekt ab. Allerdings täuschten diese Annahmen über seine kalkulierende und erschreckend beängstigende Magiewirkung hinweg.
Park Jimin konnte Gefühle manipulieren.
Im Angesicht eines Gefechtes oder eines Verhörs ein großartige Möglichkeit Täter dingfest zu machen. In dem er seinen Gegner zum Beispiel mit Angst durchflutete oder ein Liebespaar mit Eifersucht fütterte, um Zwietracht zu sähen, kam man schnell zu einem Ergebnis. Aber in seiner Nähe zu sein, machte den Vampiren stets nervös. Nicht das Jimin es wagen würde die Gefühle des kommenden Oberhaupt der Vampire zu erzürnen, jedoch war es auch nicht auszuschließen. Jedenfalls wahrte Jisung stets eine gewisse Distanz zu dem Älteren, zumindest in der mentalen Ebene.
"Was haben wir?", lenkte er das Thema zurück auf ihr eigentliches Zusammenkommen.
Einem Mord.
Einem neuen Mord.
Mit gleicher Herangehensweise und keinerlei zurückgelassenen Spuren.
"Ein Paar, beide siebenundzwanzig Jahre. Massive Schnittwunden am Körper, gebrochene Knochen und ein entnommenes Herz. Keiner der Nachbarn hat etwas bemerkt. Jedoch hatte sich am heutigen Morgen ein Mann als neuer Flurreiniger vorgestellt."
Jisung zuckte bei der Erwähnung des Herzens zusammen. Die Erinnerungen an ihren letzten Serienmörder stiegen ihm wieder in den Sinn. Mit Mühe konnte er ein Schaudern unterdrücken, denn er verband noch eine andere Sache mit den Morden.
Seine eigene Entführung und Folter.
Noch immer plagten ihn Rückblicke dieses Augenblickes. Noch immer befand er sich in Therapie und versuchte damit klarzukommen. Es gelang ihm oft, die Phantomschmerzen und die Erinnerungen, welche sich wie ein Schraubstock um ihn legten, zu ignorieren. Aber nicht immer.
Der Vampir räusperte sich und nickte.
"Jemand sollte ein Phantombild anfertigen lassen, um ein Bild von dem Mann zu haben. Vielleicht ist das einer unserer Täter", sagte Jisung und nickte in Richtung der Tür.
"Lass uns hineingehen."
Die Spurensicherung war schon durch. Der Einzige, der noch fehlte, war der Gerichtsmediziner. Minho. Jisung fragte sich, wo er blieb. Sie hatten verabredet sich zu vor der Wohnung zu treffen, doch bisher war der Wolf nicht erschienen.
Bevor Jisung jedoch einen Schritt in die Wohnung machen konnte, blieb er stehen. Direkt hinter der Wohnungstür lag etwas auf dem Boden.
Etwas, dass auch die letzten zwei Tatorte ausgezeichnet hatte:
Ein Rätsel.

-Ich kann in Stücke gerissen werden, aber nur, wenn ich vorher verschenkt werde, ich kann verstopft und angegriffen werden, aber das ist meist mein eigenes Verschulden. Egal, wie viele Probleme ich habe, du würdest es nicht wagen, mich gehen zu lassen. Was bin ich?-

"Es ist eine Herausforderung", sagte Jisung und betrachtete das Stück Leder auf dem Boden eingehend. Dort, wo es mit hoher Wahrscheinlichkeit für sie abgelegt wurde, damit sie es auch ja nicht übersahen. Das zeugte von Überheblichkeit. Es war wie eine Art Neonschild, dass sie anstrahlte und meinte: Seht her, ich überlasse Euch einen Hinweis, den ihr nicht übersehen könnt! Aber ihr werdet ihn nicht nutzen können, weil ich keine Spuren hinterlasse!
Gleichzeitig verhöhnten die Täter sie.
Sie spielten mit ihnen. Je länger sie für die Rätsel brauchten oder dem Herausfinden der Herkunft des Lederstückes, desto eher geschah ein neuer Mord.
"Eindeutig Psychopathen", murmelte Jimin und trat richtig in die Wohnung hinein. Jisung nickte und versank in seiner Analyse. Wenn niemand die Täter bemerkt hatte, zeugte das von einer ausgeprägten Anpassungsfähigkeit. Nachbarn waren grundsätzlich neugierig, sie beobachteten einander, fragten sich insgeheim, was der andere tat und wusste stets, wenn jemand nicht zu ihrem Wohnblock gehörte.
Extreme Kaltblütigkeit, wie sie für Psychopathen typisch war, und eine hohe soziale Intelligenz schlossen sich nicht wechselseitig aus.
Zu den herausstechendsten Merkmalen von Psychopathen gehörte, dass sie völlig unbeteiligt am Leiden anderer Menschen waren, keine oder nur sehr gering ausgeprägte Angstreaktionen besaßen und selbst in emotional belastenden Situationen kühl blieben und dabei stets zu ihrem eigenen Vorteil kalkulierten. Zugleich konnten sie aber auch charmant, kreativ und einnehmend sein, um andere Menschen geschickt zu manipulieren. Das musste hier der Fall gewesen sein.
Jisung stieg über den Hinweis hinweg und befand sich nun ebenfalls im Inneren der Wohnung. Jimin hatte das Licht eingeschalten und observierte die Umgebung.
"Warum bist du wirklich hier, Jimin?"
Jisung betrachtete den Älteren, wobei sein künstliches Auge die üblichen surrenden Töne von sich gab, sobald er jemanden fixierte. Auch wenn er die Augenklappe trug. Das sofortige Unbehagen seines Gegenübers bestätigte Jisungs These, dass hier etwas faul war. Niemals entließ Namjoon jemanden aus seiner Elite, um Changbin unter die Arme zu greifen. Sein Chef war fähig genug Morde allein mit seinem Team aufzuklären. Das hatte er schon hunderte Male bewiesen. Wieso also jemanden an seine Seite stellen, der nicht aus seinem Team stammte, aber zu derselben Spezies gehörte wie er?
"Ich kann dich auch zum Sprechen zwingen", meinte Jisung gelangweilt, ehe sich ein diabolisches Grinsen auf seine Lippen schlich und seine Zähne freigab.
Jimin begann seinen Nacken zu massieren. Ihm stand die Zerrissenheit förmlich ins Gesicht geschrieben. Daraus schloss der Vampir, dass es etwas mit seiner Mutter zu tun hatte. Er verdrehte genervt die Augen. Er hatte jetzt keinen Nerv sich auch noch mit seiner Mutter rumschlagen zu müssen. Es gab genügend zu tun. Mehrere Mordopfer, die auf brutalste Weise zerstückelt, zerhackt oder zerrisen wurden, drei unaufgeklärte Rätsel, die keinen Hinweis boten, keine Spuren, die zu den Täter führten und ein Angriff auf das Team, bei dem Jeongin verletzt wurde.
Das sind ausreichend Probleme, die es zu bewältigen gab, da brauchte er seine überfürsorgliche Mutter nicht auch noch.
"Ich bin dein Geleitschutz", murmelte der Größere, wobei Jisung die Augenbrauen hochzog in der Hoffnung er habe sich verhört.
"Bitte was?"
Das innere Brodeln ignorierend, verschränkte der Vampir die Arme vor der Brust und fixierte Jimin mit zusammengekniffenem Auge.
Warum zum Henker brauchte er einen Geleitschutz? Er war kompetent genug auf sich alleine zu achten. Zumal er Minho an seiner Seite hatte, der quasi ein verdammter Wachhund war!
"Es gibt gewisse Andeutungen, das jemand einen Anschlag plant. Auf die Vampire. Ich bin nur hier, um dich auf Geheiß der Königin zu beaufsichtigen", nuschelte Jimin und wurde in seiner Gestalt immer kleiner, während Jisung zu Knurren begann.
Das sprengte den Rahmen vollkommen. Ja, er wurde schon einmal wegen eines beschissenen Artefakts von Wölfen gekidnappt und gefoltert, aber das hieß noch lange nicht, dass dies noch einmal geschehen würde.
Dafür würde er sorgen.
Er wollte schon zu einer Schimpftriade ansetzen, als ihm die Worte im Mund erstarben.
"Deiner Mutter wird nach dem Leben getrachtet."
Scheiße.
Verdammte Scheiße.
Das änderte natürlich alles.

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Guten Abend, meine lieben Leser und Leserinnen!

Ich habe versucht Jisungs Ängste etwas näher zu beschreiben. Vor allem die Beziehung zu seiner Mum.
Wie fandet Ihr das Kapitel?

Feel free to comment!
Flair 🌸🌿

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