Kapitel 16

Kapitel 16

Da Sezuna nicht einmal ihren Kopf bewegen konnte, konnte sie nicht schauen, was er gerade tat. Doch sie hörte, wie er sich bewegte und schließlich hob er sie hoch. Es war ein ganz eigenartiges Gefühl, denn sie spürte seine Hände nicht auf ihren Körper und sie spürte generell nichts. Dennoch wurde ihr ein wenig schlecht, als sich alles um sie herum einfach bewegte.

Sephiroth warf sie sich einfach über die Schulter, was dafür sorgte, dass Sezuna nun zu Boden blickte und nur sehen konnte, wie sie sich bewegten. Leider aber nicht, wo er sie hinbrachte.

Allerdings sah sie, wie sie Blutspuren am Boden hinterließ und das gefiel ihr gar nicht. Sie wusste, dass sie verletzt war, doch sie spürte die Schmerzen nicht und das war etwas, was sie einfach nicht verstand. Sie wusste nicht, wie sie damit umgehen sollte.

„Wie hast du es nur geschafft deine Flügel so zu zerstören", murmelte Sephiroth kopfschüttelnd, denn er wusste nicht, ob diese jemals wieder heilen würden. Engelsflügel waren da anders. Ihre Federn wuchsen recht schnell wieder nach, doch das lederartige Gewebe der Vampire brauchte lange, um Wunden zu heilen und die Belastbarkeit der Flügel wieder zu regenerieren. Außerdem mussten die Flügel für den Heilungsprozess draußen bleiben, was den Vampir sehr angreifbar machte. Mit zerstörten Flügeln war auch das Gleichgewicht nicht so leicht zu halten.

In jungen Jahren hatte sich Sephiroth einmal einen Flügel verletzt. Die Heilung hatte zum Glück nicht lange gedauert, doch in der Zeit hatte er selbst damit Probleme, geradeaus zu gehen.

Der Boden änderte sich und Sezuna erkannte, wie sie eine Tür durchschritten. Der Bodes der Flure wurde zu einem feinen Teppich aus roten und goldenen Mustern, die Sezuna irgendwie faszinierend fand. Doch sie konnte diese nicht lange genug betrachten, denn Sephiroth legte sie auf eine Art Bett und drehte dann ihren Kopf zur Seite, damit sie Luft bekam und etwas sehen konnte.

Die Einrichtung des Raumes wirkte irgendwie steril und es roch nach Kräutern.

„Was hast du denn mit ihr angestellt?", fragte Lilith, die Sezuna bereits kennengelernt hatte. Sie war hier so etwas wie die Ärztin.

„Ich hab sie gelähmt und die Schmerzen betäubt, damit sie nicht so leidet. Für die Flügel kann ich nichts, die waren schon so", erklärte Sephiroth und schien seine Stimme monoton zu halten, doch Sezuna glaubte Wut darin mitschwingen zu hören. Doch das bildete sie sich wahrscheinlich nur ein.

„Gut, dann werde ich mir ihre Flügel ansehen, bevor dein Staub nachlässt", erklärte Lilith und ging seltsam vertraut mit dem Engel um. Sezuna verstand es nicht und konzentrierte sich auch nur auf die weißhaarige Ärztin mit den gruselig aussehenden, pupillenlosen grünen Augen, die nun auf sie zu kam und begann ihre Flügel zu untersuchen.

Sezuna erwartete eigentlich, dass durch Sephiroths Magie oder was auch immer er mit ihr getan hatte, die Schmerzen nicht bis zu ihr durchdrangen, doch als Lilith etwas berührte, durchzuckte sie ein schmerzhafter Blitz und sie schrie auf.

Erschrocken machte Lilith einen Satz zur Seite und blickte von Sezuna, die ihr Gesicht schmerzverzerrt hatte und versuchte ruhig zu atmen, zu Sephiroth, der ebenso überrascht wirkte.

„Untersuch sie weiter, sie kann sich nicht bewegen und sie braucht Hilfe", wies der Engel Lilith an und als diese auf Sezuna zutrat, erhielt sie ein wütendes Fauchen der jungen Frau.

Schluckend und vorsichtig näherte sich Lilith erneut Sezunas Flügeln. Wenn sie trotz Sephiroths Staub den Schmerz fühlen konnte, dann konnte sie sich vielleicht auch aus seiner lähmenden Wirkung befreien. Dann würde sie Lilith angreifen, da war sich die Ärztin sicher. Es war ein natürlicher Reflex, der durch die Schmerzen verstärkt wurde. Das, was die Schmerzen zufügte, sollte aus den Weg geräumt werden. In diesem Falle Lilith.

Sephiroth trat auf Sezuna zu und griff ihr in den Nacken und auch ihre Arme, um sie zusätzlich zu halten. Er konnte es nicht zulassen, dass Lilith beim Heilen verletzt wurde.

Ganz vorsichtig versuchte Lilith die Flügel ein wenig zu strecken, damit sie diese genau betrachten konnte. „Das wird nicht so einfach werden", erklärte die Weißhaarige, die versuchte Sezunas Schreie und ihr Schluchzen zu ignorieren. Die Flügel schienen überall verletzt zu sein und es gab sogar einige Stellen, die geeitert waren.

„Bekommst du es wieder hin?", fragte Sephiroth und Lilith starrte konzentriert auf die Flügel und nickte vorsichtig.

„Ich denke schon, aber nicht mit einmal. Erst einmal werde ich die Flügel reinigen müssen. Das könnte dauern und wird ungemütlich", murmelte die Ärztin, bevor sie von Sezuna abließ, um an einen Tisch mit Kräutern zu gehen und dort einen warmen Kräutersud zum Reinigen zusammenzumischen. Dazu nahm sie einige Kräuter, doch auch ihre Hände begannen eine grünliche Substanz abzusondern, die sie in die kleine Schale mit den Kräutern tropfen ließ. Über ihre Haut konnte sie allerlei Kräuter absondern, doch sie nutzte nur diejenige, die sie nicht vorrätig hatte. Beim Heilen war das eine sehr hilfreiche Gabe. Auch wenn sie erst lernen musste, diese Tatsache als Gabe und nicht als Fluch zu betrachten.

Sephiroth hingegen versuchte die Gefühle der jungen Vampirin auszublenden. Er konnte spüren, dass sie der Panik verfiel und Schmerzen hatte. Er war versucht erneut seinen Staub zu nutzen, um ihre Schmerzen zu lindern, doch das konnte Folgen hinterlassen, die er nicht wollte. Es brachte ihm nicht viel, wenn der Staub am Ende dafür sorgte, dass sie Berührungen generell nicht mehr sonderlich gut wahrnahm. Die Betäubung konnte dauerhaft sein. Wobei er sich nicht sicher war, wie es bei Sezuna wirken würde. Bei einem Menschen würde eine zweite Dosis für dauerhafte Schäden folgen, bei einem Engel konnte er auch eine vierfache Dosis nutzen. Von Vampiren hatte er jedoch keine Ahnung.

Während er nachdachte begann er damit Sezunas Wange beruhigend zu streicheln. Da Lilith jetzt nicht in ihrer Nähe war, konnte er sie loslassen und musste sie nicht mehr festhalten. Dennoch blieb er bei ihr, um sie ein wenig zu beruhigen. „Kennst du etwas, das helfen könnte, damit es nicht so schmerzt?", fragte Sephiroth, da Sezuna wohl die Einzige war, die wirklich Ahnung von dem Thema hatte.

„Kühlen und kein Hautkontakt", murmelte sie erschöpft. Das alles sorgte dafür, dass sie generell nicht viel Kraft hatte. Am liebsten wollte sie die Augen schließen und sich der Ohnmacht hergeben.

Sephiroth strich weiter beruhigend über ihre Wange und versuchte so dafür zu sorgen, dass ich Sezuna auf seine Berührungen konzentrierte. Ohne dass Lilith sie untersuchte oder berührte, schien sich Sezuna auch ein wenig beruhigen zu lassen, doch sobald die Weißhaarige mit der Kräutermischung zurückkehrte, spürte Sephiroth die Panik in Sezuna erneut aufwallen.

„Ich denke ich habe da eine Idee", murmelte Lilith, bevor sie Sezuna berührte. Sie hob ihre Hand, die begann erneut etwas abzusondern, das aussah wie der Saft einer Pflanze. Dieser legte sich um Liliths komplette Hand, mit der sie nach den Flügeln der jungen Frau griff.

Sezuna keuchte zwar auf, doch sie spürte den Schmerz nicht mehr so stark wie zuvor. Die Schicht um Liliths Hand wirkte wie ein Schutz vor dem Körperkontakt und die Kräutermischung, die sie darstellte, betäubte die betreffenden Stellen ein wenig. Ähnlich einer dicken Schicht Salbe.

So konnte Lilith die Flügel erneut bewegen, um mit der anderen Hand einen kleinen Stofffetzen zu greifen, den sie in den Kräutersud tauchte. Danach begann sie damit vorsichtig die Stellen der Flügel zu säubern, die Knochen und Membran zusammenhielten.

Sezuna biss sich auf ihre Zähne und kniff die Augen zusammen, während sie die ganze Sache über sich ergehen ließ. Sie wusste, dass es nötig war und dass sie selbst schuld daran war, dass es so schlimm geworden war. Im Grunde hatte sie noch Glück gehabt, denn in wenigen Wochen wäre es so schlimm geworden, dass keiner die Flügel mehr hätte heilen können. Trotz dieser Gefahr hatte sich Sezuna nicht getraut eine solche Schwäche zu zeigen. Immerhin kannte sie den Engel noch nicht so lange, dass sie ihm vertrauen konnte.

Nachdem ihre Flügel bei einem Angriff solchen Schaden genommen hatten, hatte sie diese verdreckt und zerrissen, wie sie gewesen waren, einfach eingezogen, um ihren Verfolgern zu entkommen. So hatte sich der Schmerz lediglich in ihrem Rücken gesammelt und sie nur bedingt behindert. Allerdings hatte sie ihren Körper wohl mehr geschadet, als sie gedacht hatte. Noch nie waren ihre Flügel so stark verletzt gewesen, dass sie Erfahrungen hätte sammeln können.

Sie wusste wirklich nicht, was noch auf sie zukommen würde. Im Moment konnte sie sich nicht bewegen und spürte die Schmerzen auch nur durch eine Art Schleier. Was sie Sephiroth zu verdanken hatte. Doch wenn dieser Zauber oder was auch immer Sephiroth getan hatte, nachließ, würde sie gewaltige Probleme bekommen. Vor allem, da sie nicht davon ausging, dass Sephiroth einfach zulassen würde, dass sie ihre Flügel wieder einzog. Sie würde für den Prozess der Heilung ihre Flügel außerhalb ihres Körpers lassen müssen und damit war sie ein gefundenes Fressen für alle Leute, die auf eine gute Gelegenheit warteten. Aber hier wurde sie nicht verfolgt und sollte sicher sein. Zumindest im Moment. Vielleicht schafften es ihre Verfolger bis hierhin vorzudringen, dann wäre sie in ihrer Momentanen Lage geliefert.

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