Kapitel 8

Belial hatte für die Reise seine Kampfkleidung angezogen und einen Mantel darüber geworfen. Niemand wusste, wem sie begegnen würden, also musste er auf alles vorbereitet sein. Geduldig wartete er in der Eingangshalle auf Haniel.

Haniel hingegen zog eine elastische schwarze Lederhose und das dazu passende T-Shirt an. Robuste Schuhe und sein grauer Mantel rundeten sein neutrales Outfit ab und zufrieden mit sich selbst, ging er zur Eingangshalle, wo Belial auf ihn warten sollte. "Ist das deine Kampfkleidung?", fragte der Dämon und ließ seinen Blick skeptisch an ihm auf und ab fahren.

"Nein, die Kampfkleidung der Engel besteht aus einer eisernen Rüstung, die viele Goldverzierungen und Rangedelsteine besitzen", erklärte Haniel. "Was sind Rangedelsteine?" Belial trat vor den Engel und zupfte dessen Mantel am Kragen zurecht. "Die Edelsteine stehen für die Einheit in welche man eingeteilt wird. Smaragdgrün steht für die erste Einheit, die somit die stärksten Krieger besitzt. Lila hingegen steht für die letzte Einheit, in welche die Heiler eingeteilt wurden."

"Welchen Edelstein besitzt du in deiner Rüstung?" Belial brannte förmlich danach diese Information zu erfahren, denn wer weiß, ob er diese in Zukunft gebrauchen könnte. "Smaragdgrün."

"Wenn die Krieger alle so tollpatschig und naiv wie du sind, steht es aber schlecht um den Himmel", erwiderte Belial frotzelnd und der Engel zog eine beleidigte Miene. "Gut, nun zurück zu unserer Mission. Meine Krieger haben mir drei mögliche Verdächtige geschickt, die wir überprüfen. Achte darauf, ob es irgendwelche Hinweise auf einen Kontakt mit anderen Engeln gibt oder etwas Verdächtiges. Der erste auf der Liste ist ein Kage-Dämon namens Petzel. Er wohnt im untersten Teil von Astaroths Reich. Ihm wird nachgesagt, dass er in letzter Zeit immer wieder für einen längeren Zeitraum einfach verschwand und niemand wusste wohin."

Daraufhin rief der Dämon ein Portal, welches sie in die Nähe bringen würde. Haniel nickte kurz und folgte ihm durch das Portal. Dieses führte sie zu einem kleinen Dorf mitten in einem Gebirgszug. Zielsicher steuerte Belial ein kleines Häuschen am Rand an und klopfte an der Tür. Es war ein kleines Häuschen mit vielen Holzstreben, die Quer über die Wände verliefen. Ein großer Garten mit unzähligen Bäumen umgab es und diente auch als eine Art Sichtschutz.

Ein Sylphdämon mit hellgrünen Haaren und ebenso grünen Augen öffnete die Tür und begrüßte sie freundlich. Ian war ein Freund von Samuel und würde sie für die Zeit ihrer Recherche in seine Obhut nehmen. Dankend traten sie ein und sahen das gemütliche Innere, dass noch mehr verdeutlichte, dass der Sylphdämon mit dem Element Erde verbunden war. Überall war viel Holz und zahlreiche Pflanzen.

"Ich wusste nicht, dass es Dämonen gibt, die so schön naturbezogen wohnen", sagte Haniel und schaute sich interessiert um, bis ihm ein gedeckter Tisch mit köstlich aussehendem Essen ins Auge stach. Zielsicher steuerte er diesen an und begutachtete die zahlreichen Teller, dessen Inhalt der Engel nicht kannte. "So wie du bei Essen reagierst, könnte man meinen, dass du keines erhältst." Der Grauhaarige hörte den Spott aus der Stimme des Dämons, doch blieb er ruhig und drehte sich zu ihm um. "Bekommen wir auch nicht", antwortete Haniel wahrheitsgemäß.

Sowohl Belial als auch Ian schauten ihn fragend an, dann schaut der Sylphdämon den Leviathan vorwurfsvoll an. Dieser hob abwehrend beide Hände und sagt: "Er bekommt bei mir mehr als genug zu essen. Ich habe keine Ahnung, was er meint." Haniel fand die Reaktion des Sylphdämons süß und schenkte diesem ein Lächeln. "Wir gleichen den Hunger durch unsere Magie aus, doch geht das momentan nicht. Deswegen überkommt es mich beim Essen", erläuterte er die Situation. "Könntest du mir sagen, wie man diese Köstlichkeiten nennt?", wandte sich der Engel an Ian, welcher auf ihn zu kam.

Ian verstand nicht, was der Dämon, der Belial begleitete, damit meinte, also beschloss er, es einfach hinzunehmen. Vielleicht war er ein Ausländer aus einem Dorf in einem Eck der Hölle und meinte das Ganze anders, als er es verstand. Mit einem Lächeln erklärte er dem Grauhaarigen die Speisen und sah zu, wie dieser von jeder kostete und sein Gesicht jedes Mal einen freudigen und genießerischen Blick annahm.

Die beiden bedankten sich und er zeigte ihnen schließlich das Zimmer, in dem sie bleiben würden. Belial und Haniel standen in der Tür des Raumes und teilten einen Gedanken. Ein Bett...

Haniel trat an Belial vorbei in das in beige gehaltene Zimmer, der ihm folgte und die Tür ins Schloss fallen ließ. "Ich werde auf dem Boden schlafen, ich brauche Platz. Kann man die Tür und das Fenster verriegeln, damit ich meine Flügel frei lassen kann?" Der Engel schaute sich im Raum um und bis auf das Bett, welches in dem kleinen Zimmer stand, zierte noch ein Schrank die linke Seite und ein Schreibtisch mit Stuhl die rechte Seite. Warum stellen alle ihre Betten in die Mitte? Der Grauhaarige ließ sich auf den weichen Teppich vor dem Bett fallen und fragte sich, welches Tier dieses darstellen sollte.

Belial verschloss das Zimmer und die Fenster mit einem Zauber und aktivierte die Leuchtsteine, sodass das Zimmer beleuchtet wurde. Dann schloss er die Vorhänge. "Bitte. Flügelzone errichtet. Zum Ersten, ich schlafe auf dem Boden Engel." Was er ihm nicht sagte, war der Grund. Er wollte nicht, dass die weißen Schwingen auf dem Boden den Dreck aufsammelten.

Die weißen Schwingen kamen aus dem Rücken des Engels und ein erleichtertes Seufzen entkam dessen Lippen. "Meine Flügelspanne ist zu breit und passt nicht auf das Bett, deswegen bleibt nur der Boden als Wahl. Wenn du an meiner Seite bleiben möchtest, dann müssen wir die Decken unter uns ausbreiten." Haniel schnappte sich bereits eines der Kissen und warf es achtlos auf den Teppich.

"Zieh deine Flügel an den Körper, Haniel, und leg dich aufs Bett", sagte Belial und hob das Kissen auf. Ein Blickduell erfolgte. Irgendwann gab der Engel seufzend auf und zog sie an sich, sodass sie einklappten. Er legte sich in Bauchlage auf das Bett, auch wenn er wusste, dass sie im Schlaf sich ausbreiten würden. Belial legte sich neben ihn und zog ihn an sich, sodass er auf der warmen Brust des Dämons lag. "Du kannst nun die Flügel ausbreiten, bis sie zur Kante gelangen." Misstrauisch befolgte er den Befehl, doch seine Flügel waren nicht ganz ausgefahren, doch es war nicht unangenehm. Die Wärme entspannte ihn. Der Dämon begann die Flügel zu massieren und die Flügel wurden ruhig. Wow, sie scheinen ihn zu mögen.

Das Vorgehen wurde bei jungen Leviathanen angewendet, die ihre Flügel noch nicht kontrollieren und einziehen konnten.

"Danke", nuschelte Haniel in der Halsbeuge des Dämons und entspannte sich durch dessen Geruch nach Gewitterwolken und Tannenharz, welchen er mit jedem Atemzug tief einsog. "Es kann sein, dass sie sich über Nacht breiter machen und mehr Platz fordern. Wenn das passiert, weck mich auf", warnte der Engel Belial vor, der nur leicht schnaubte und die weißen Schwingen weiterhin massierte. Darf ich seinen Flügel die gleiche Geste entgegen bringen? Die Frage sprach der Grauhaarige nicht aus, da er noch nicht einschätzen konnte, in wieweit er eine Grenze bei Belial überschreiten würde.

Sie ruhten sich bis zum Einbruch des Abends aus, denn nun würde ihre Mission weitergehen. Sie würden im Schutz der Nacht der Spur nachgehen.

Als die Nacht einbrach, standen Haniel und Belial vor dem kleinen Haus und verabschiedeten sich von Ian, der nicht auf sie warten sollte. "Wie kommen wir zu diesem Petzel?", wandte sich Haniel mit seiner Frage an Belial und schaute sich ihre Umgebung genau an. Aber leider fand er keine Anzeichen von Engeln, oder etwas, dass ihm bekannt vorkam. Hauptsache, hier gibt es viele Bäume.

Schweigend liefen sie am Rand des Dorfes im Schutz der Bäume entlang. Nach etwas eine halben Stunde kam ein größeres Anwesen in Sicht, welches von einer Mauer und Bäumen umgeben war. Belial bedeutete Haniel ihm leise zu folgen. Er kletterte auf die Mauer und half dem Engel nach oben. Er überprüfte die Wachen, die patroullieren.

"Für seinen Rang hat er aber viel Überwachung. Verdächtig", sagte Belial. Lautlos öffnete er seine Schwingen und nahm den Balkon in Blick.

Er stieß sich ab und schwebte hinüber, Haniel folgte ihm. Auf dem Balkon angekommen, zogen sie beide die Flügel ein. Mit einem komplizierten Zauber löste er die Barriere, damit sie das Anwesen betreten konnten. Der Engel beobachtete neugierig, was Belial tat.

Leise öffnete er die Tür und beide traten ein. Auf Belials Hand erschienen zwei kleine Leuchtkugeln, wovon eine vor dem Dämon schwebte und die andere zu Haniel wanderte. Der Raum, welcher Petzels Arbeitszimmer war, wurde partiell erleuchtet. Es war ein großer Holztisch an der Wand zu sehen, auf dem unzählige Dokumente lagen, und einige Bücherregale an der Wand.

"Siehst du Spuren von Engeln?", fragte der Dämon, aber Haniel schüttelte nur mit dem Kopf. "Vielleicht gibt es im restlichen Anwesen Spuren", murmelte Belial. "Es ist unwahrscheinlich, denn wenn er Kontakt mit einem Engel gehabt hätte, würde er eine Art Stempel durch den Engelsstaub mit sich herumtragen und diesen verteilen. Ich sehe hier nichts und das obwohl er dieses Zimmer hier noch vor kurzem genutzt haben musste, da noch eine dreckige Tasse auf dem Tisch steht." Also war der erste Verdächtige von ihrer Liste gestrichen.

"Wenn Engel ihren Staub verteilen, habe ich diesen dann auch auf mir?" Der Dämon zog seine rechte Augenbraue nach oben und blickte in die sturmgrauen Augen des Engls vor sich. "Nur ganz leicht", antwortete dieser und musste sein Lachen unterdrücken, da er nicht die Wahrheit gesagt hatte. Wie sollte er auch? Er konnte ja nicht: Tut mit leid Belial, aber du glitzerst von Kopf bis Fuß durch meinen weißen Engelsstaub, sagen. Nein, dass konnte er definitiv nicht. Deswegen lief Haniel auch immer leicht hinter dem Dämon, da er durch seine eigene Magie die magischen Spuren vernichtete, damit ihn keiner erkannte.

Belial nickte nur. Sie liefen zum Balkon, doch als sie hinaustreten wollten, hörte Belial ein Geräusch. Er umschlang Haniel, bedeckte mit einer Hand seinen Mund und unterdrückte dessen überraschten Laut. Er zog ihn an sich und drückte sich an die Wand. Eine Wache lief unter dem Balkon entlang, unterhielt sich mit einem anderen.

Haniels Herz schlug schnell, sehr schnell. Zum einen, weil sie fast entdeckt worden wären und zum anderen, weil Belial ihm so nahe stand. Beruhig dich, er hat schon mehr mit dir angestellt, als direkt vor dir zu stehen, dachte der Engel und atmete tief durch die Nase ein und aus. Sein Geruch gehört verboten und verdammt nochmal, denk nicht daran. Denk nicht an diese Hände und diese... Lippen.

Langsam ließ die Hand von Belial Haniels Mund ab und zusammen traten sie leise auf den Balkon. Am Rand angekommen, stießen sie sich von der Brüstung ab und schwebten zur Mauer und entfernten sich kaum hörbar vom Anwesen.

"Das war leider nichts, wer ist der nächste auf der Liste?" Haniel blickte zu Belial, welcher gemütlich neben ihm her lief.

Als sie in Ians Haus ankamen, zog Belial seine Kleidung aus und legte sie auf den Stuhl. Für einen Moment hatte er den Engel vergessen, doch ein Luftschnappen ließ ihn nach hinten sehen. "Wieso ziehst du dich plötzlich vor mir aus und die restlichen Male durfte ich mir was anhören?"

Belials Mundwinkel zuckten. "Ich schlafe nur in Unterwäsche und da wir unweigerlich das Bett teilen werden, wirst du dich damit abfinden müssen, kleiner Engel." Er lief auf Haniel zu und legte seine Hand an dessen rot glühende Wange. "Wir sind doch beide Männer, also ist alles in Ordnung. Das waren doch deine Worte", fügte er hinzu.

Bis du mir gezeigt hast, dass da mehr sein kann, antwortete der Engel in Gedanken, doch sprach er die Worte nicht laut aus. "Du hast recht, wir sind Männer und da du so schläfst wie immer, dann kann ich das doch auch oder?"

Überrascht hob Belial die rechte Augenbraue. Was hat dieser kleine Teufel vor?

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