Kapitel 7

Zwei Tage später erhielt er schließlich einen Raben. Nero und seine Krieger hatten eine Liste zusammengestellt, auch wenn diese nur erste Ergebnisse erhielt. Darauf waren drei Dämonen, sowie eine kurze Beschreibung, weshalb sie in das von Belial vorgegebene Raster fielen. Dann werden wir diesen wohl einen Besuch abstatten.

Haniel war seit dem Vorfall, oder wie er es nennen sollte, nicht aus dem Zimmer gekommen. Belial war nicht zu ihm gegangen, denn er wollte dem Engel den Freiraum geben, den er zum Nachdenken brauchte.

Du hast dich hinreißen lassen. Er wusste, das er ihn nicht hätte anfassen sollen. Er ist wie du, er versteckt seine Gefühle. Er hebt dir einen Spiegel vor und das gefällt dir nicht, flüsterte eine leise Stimme in seinem Kopf.

Belial hatte Jahrhunderte damit verbracht, stärker zu werden, ein fähiger Krieger - der Schatten von Astaroth. Dabei hatte er alles in den Dienst des Höllenfürsten gestellt, doch die Zeit hinterließ spuren. Er sehnte sich nach einer tiefen Bindung, er sehnte sich nach jemanden, der an seiner Seite war, der ihn mit warmen Armen empfangen würde. Doch viele sahen nur seinen Status, seine Macht, viele hatten Angst. Niemand schaute hinter die Fassade, sah ihn. Der Engel, war der erste, der ihn sah und das brachte ihn so aus der Fassung, das wusste er.

Trotzdem solltest du nicht mit seiner Unschuld und Naivität spielen, das weißt du. Er hatte ihm die Wahl gelassen, hatte ihn nicht gezwungen, doch er wusste auch, dass er von den ihm unbekannten Emotionen überwältigt gewesen war.

Genug mit diesen Gedanken, denn diese führten zu nichts. Er begab sich auf den Weg zu Haniels Zimmer. Nach mehreren Minuten blieb eine Antwort aus und Belial öffnete misstrauisch die Tür zu dessen Zimmer. Es war leer, er war nirgends aufzufinden.

Hölle nochmal, wo ist dieser Engel nun schon wieder? Ein ungutes Gefühl beschlich ihn.

Haniel wusste nicht wie lange er schon an dem alten Baum saß, doch mussten es schon einige Tage sein. Er nahm den Tages- und Nachtwechsel kaum war. Zu verletzt war er von dem Verhalten des Dämons und seinen eigenen Gefühlen, die auf ihn einschlugen wie ein Hammer. Erbärmlich.

Der Engel wusste, dass er wertvolle Zeit verstreichen ließ, konnte aber gegen die tiefe Leere in sich und dem Taubheitsgefühl seines Körpers nichts tun. "Wenn das so weitergeht, werde ich wie früher", murmelte der Grauhaarige mit rauer Stimme, welche seit Tagen nicht genutzt wurde. Langsam stand er von dem kalten Boden auf und streckte seine müden Knochen, welche laut knackten und ihm etwas Erleichterung verschafften.

Als er sich umschaute fiel ihm auf, dass er den Rückweg nicht kannte, und seufzte laut auf. "Super. Wie komme ich zurück?" Da niemand da war um seine Frage zu beantworten, lief er einfach in eine Richtung und hielt sich durch seinen gerufenen grauen Mantel bedeckt, da er nicht auffallen wollte.

Belial empfing seinen Raben Kuki, der nur den Kopf schüttelte und kreischte. Dieser war über das Gebiet geflogen und hatte nach dem Engel Ausschau gehalten, war jedoch nicht fündig geworden. Ist er vielleicht in den Himmel zurück? Nein, das glaubte er nicht. Haniel würde niemals fliehen und die verschwundenen Engel ihrem Schicksal überlassen.

Ein Seufzer entkam seiner Brust und er trat nach draußen. Mit einer Bewegung entfaltete er seine Flügel und stieß sich vom Boden ab. Wenn Kuki ihn nicht fand, würde er selbst nach ihm suchen. Du bereitest mir nur Ärger.

Der Engel lief einen Weg entlang und betrachtete seine Umgebung genau. Keine verdächtigen Dämonen, die hier herum lungerten, oder besorgniserregende Ware, die hier verkauft wurden. Nichts. Einfach nur ein normaler Weg, der ihn wohl ins Nichts führen wollte.

Wenn er fliegen könnte, würde er das Anwesen schnell entdecken und somit wäre seine Suche beendet, doch ging das leider nicht und das nervte ihn. Es nervte ihn abgrundtief, dass er seine Natur unterdrücken musste und seiner Gewohnheit nicht nachkommen konnte.

Ein riesiger Schatten, der über ihn hinwegflog, erregte Haniels Aufmerksamkeit und es kam ihm wie ein Déjà-Vu eines Ereignisses vor, welches er bereits vor ein paar Tagen erlebt hatte. Na super. Jetzt kann ich mir etwas anhören.

Ein Dämon landete nicht weit von ihm und schaute ihn grimmig an. Grüne Augen trafen auf die seinen und er wusste, dieser Dämon war mehr als angepisst.

"Hattest du einen schönen Ausflug? Solltest du dich das nächste Mal nicht abmelden, werde ich mich einen Dreck darum kümmern, ob du hier draußen verfaulst." Angepisst war vielleicht untertrieben.

Belial hatte keine Nerven, Haniels Ausreden oder etwas anderes anzuhören. Er ging zu dem Engel und warf ihn ohne große Vorwarnung über die Schulter. Dieser zappelte und wehrte sich, doch kurz darauf waren sie bereits in der Luft. Kurzer Prozess für einen nervigen Engel.

Haniel spürte das Ziehen in seinem Rücken, was den Ausbruch seiner Flügel bedeutete, doch unterdrückte er es, denn sie würden sich dadurch nur verletzen. "Ich habe keine gute Kontrolle über meine Flügel, wie lange dauert es zurück?" Der Engel hoffte auf eine geringe Zeitangabe, da er auch durch den Hunger geschwächt war.

"Fünf Minuten, wenn du mich nicht nervst", antwortete der Dämon genervt und Haniel nahm es schweigend hin. Er wusste, dass Reden nichts brachte und Belial ihm sowieso nicht zuhören wollte. Egal, was der Grauhaarige versuchte, es endete immer darin, dass der Dämon ihn für eine arrogante Person hielt, welche nichts konnte.

Belial flog einen Ticken schneller, denn er wollte keine böse Überraschung in der Luft. Mit kräftigen Flügelschlägen landete er auf deinem Balkon und ging schnell nach drinnen. Kaum war in seinem Raum, schossen die Flügel des Engels hervor und er verlor das Gleichgewicht. Unsanft landete sie auf dem Boden, Haniel auf ihm.

"Es tut mir leid." Mehr sagte Haniel nicht, als er in die grünen Augen sah, bevor er aufstand um das Zimmer zu verlassen. Jedoch versuchte er seine Schwingen wieder einzuziehen, doch weigerten sie sich, streckten sich leicht zu beiden Seiten aus, so das Haniel in der offenen Tür stecken blieb. Er fiel ein paar Schritte zurück und fiel erneut zu Boden. "Ich hasse euch manchmal", murrte er vor sich hin und als würden seine Flügel ihm antworten, raschelten diese etwas.

Eine Hand legte sich auf Haniels Kopf. "Warum solltest du so schöne Flügel hassen? Sie haben vielleicht manchmal einen eigenen Willen, doch sie sind starke Begleiter. Leg dich hin, ich werde dir etwas zu essen bringen."

"Das wollte ich auch tun, aber hier ist nicht mein Zimmer", antwortete Haniel nüchtern, sagte aber zu dem Thema Flügel nichts. Er hasste seine Flügel nicht wirklich und würde es auch niemals tun. Das wussten sie auch und er spürte auch, wie sie sich etwas stärker zusammenzogen, als würden sie versuchen, ihn zu umarmen.

Er empfand seine Schwingen ebenfalls als schön, da nicht viele reinweiße Flügel mit Silberverzierungen besaßen. Bestätigen würde er es dem Dämon aber nicht.

Belial wuschelte durch die grauen Haare. "Leg dich einfach auf mein Bett", dann machte er sich auf den Weg in die Küche.

Niemals. Das war das Erste was der Engel dachte. Nach dem letzten Streit, würde er sich ganz sicher nicht in dessen Bett legen und so tun, als ob nichts gewesen wäre. Nur über meine Leiche. Also blieb er auf dem Boden vor dem Bett und streckte sich aus. Seine Schwingen taten es ihm gleich und so lag er auf dem Bauch und seine Flügel über ihm.

Als Belial zurückkehrte und Haniel auf dem Boden liegen sah, seufzte er. Dieser sture Engel. Er hatte ein Tablett mit Essen und setzte sich neben diesen auf den Boden, um es abzustellen.

Haniel hörte, wie Belial den Raum betrat und sich zu ihm auf den Boden setzte, reagierte aber nicht. Erst als er den köstlichen Geruch von frischem Essen roch, stützte er sich auf seinen Unterarmen ab, schnappte sich etwas von dem Tablett und aß es genüsslich. "Danke", sagte er nach zwei Bissen an Belial gerichtet, doch blickte er diesen nicht an.

Stille trat zwischen ihnen beiden ein, in der Haniel das Essen hinunterschlang und zwischendurch an dem Glas Wasser nippte. Als er fertig war, schob er das Tablett etwas von sich weg und machte es sich wieder gerade auf den Bauch liegend am Boden bequem. Der Engel schloss seine Augen und war kurz vor dem Einschlafen, als er Belials Stimme vernahm. "Warum liegst du am Boden?" Der Grauhaarige brauchte etwas bis er antwortete und nuschelte nur ein "Der ist sehr bequem".

Der Dämon schnaubte, doch er genoss den Anblick der außergewöhnlichen Schwingen. Sie würden erst morgen aufbrechen, da Haniel erst zu Kräften kommen musste. Ohne es zu bemerken, schweifte er mit den Gedanken ab und seine Finger strichen über die weichen Federn des linken Flügels.

"Berühre bitte meine Flügel nicht, wenn du es nicht ernst meinst." Haniel rutschte etwas von dem Dämon weg, da er unsicher war. Er konnte Belial nicht einschätzen und das überforderte ihn. "Ich werde auf mein Zimmer gehen, danke für das Essen", beschloss der Engel und war im Begriff aufzustehen. Ehe Haniel jedoch reagieren konnte, folgte Belial seinen Bewegungen, schubste ihn auf das weiche Bett hinter sich und beugte sich über ihn. Die weißen Schwingen lagen ausgebreitet unter dem Engel und waren zum Glück nicht zerquetscht worden, was den Grauhaarigen freute.

Belial breitete seine eigenen Flügel aus und schaute den Engel an, dessen Augen an diesen haften zu schienen. "Du kannst die meinen berühren, als Ausgleich. Außerdem wirst du dieses Zimmer nicht verlassen können, bis du deine Flügel eingezogen hast", sagte er mit einer ruhigen Stimme.

"Mein Zimmer ist neben an", murmelte Haniel und streckte gleichzeitig seine rechte Hand aus, um die faszinierenden schwarzen Flügel des Dämons anzufassen. Seine Finger strichen sanft über die weiche Haut zwischen den Streben und Haniel war überrascht, als er elastische Schuppen spürte, die nur von Nahem erkennbar waren. Belials Flügel fühlten sich anders an als seine eigenen, aber nicht schlecht, sondern schön und einzigartig. Die Hand des Engels wanderte weiter hinauf, strich leicht über die starken Flügelknochen und entlockte dem Dämon ein Knurren, welches ihm ein Schauer über den Körper wandern ließ.

"Was für deine Flügel gilt, gilt auch für meine. Wir sind nun paris." Belial setzte sich auf, damit der Engel aufstehen konnte. Ein letztes Mal streckte er seine Flügel, bevor er sie einklappte und sie verschwinden ließ. Hoffentlich war Haniel bis morgen wieder fit.

Nachdem er sich beruhigt hatte, konnte der Engel seine Flügel ebenfalls einziehen und verließ den Raum. Beide lagen an diesem Abend noch lange wach und dachten nach. Was war seit ihrer ersten Begegnung passiert und wie waren sie hierher gelangt? Was würde nun passieren? Letztendlich kamen beide zur Ruhe und ein neuer Tag brach ab.

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