22 - Nervensäge Ahoi

»Woah, lass mich am Leben!«, erklingt Kians amüsierte Stimme und versetzt meine Nerven prompt in Lebensangst. »Glaub mir, ich würde der Menschheit damit keinen Gefallen tun!«, schieße ich zurück und werfe einen kurzen Blick auf ihn. Ein leichtes Lächeln ist auf seinen Lippen zu sehen. Yey! Nervensäge Ahoi!

»Ich denke, da werden dir viele Widersprechen«, gibt er mit einem albernen Zwinkernd von sich, spricht aber eilig weiter, als er sieht, wie ich meinen Mund öffne. »Aber eigentlich bin ich wegen etwas ganz anderem hier.«

Nicht, dass er meine Neugierde damit aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt hätte, aber es wäre schon ganz nett eine Vorwarnung auf das Folgende zu bekommen, bevor ich mit dem Kopf voraus in das eiskalte Becken der Antarktis falle. 

Als er nach drei Sekunden immer noch nicht mit der gottverdammten Sprache raus gerückt ist, drehe ich mich schließlich genervt zu ihm um. »Wird das heute noch was oder stehen wir noch an Weihnachten hier?«

Sein Mundwinkel zuckt leicht. »Adam hat nach dir gerufen. Die nächste Szene steht an.« Mit einem abschätzigen Blick fahre ich weiter durch die schier unendlichen Reihen an Wohnwägen in Richtung Drehort. »Und sehe ich für dich so aus, als wäre ich ein Hündchen, dass sofort kommt, wenn das Herrchen pfeift?« Diese Frage ist rhetorisch und vollkommen als Metapher anzusehen, versteht sich. 

»Irgendwie ja schon«, antwortet die Nervensäge, die nach gerade einmal drei Schritten mit mir auf einer Höhe war und nun gemütlich neben mir her läuft, als würde sie mit ihrer Anwesenheit nicht meine Laune verpesten. Wobei, die ist auch so nie sonderlich gut. 

Mit einem scharfen Blick versuche ich, seinen Kopf zu durchbohren, bin dabei allerdings genauso erfolgreich, wie mit einer Nadel einen Stein zu durchbohren. Abwehrend hebt Kian die Hände, als könne er sich so vor meinem imaginären Angriff sichern. »Was? Bist du etwa nicht gerade auf dem Weg zum Drehort?«

Mit einem genervten Laut wende ich mich wieder von ihm ab und bedenke stattdessen das umgeknickte Gras auf dem Boden mit giftigen Blicken. »Übrigens wollte ich dir noch sagen, dass deine Performance gerade eben echt gut war«, beginnt Kian, gerade als ich dachte, endlich in Frieden weiterfahren zu dürfen. Ohne gehirnschädliches Geplapper. 

»Ich saß in einem Auto und habe aus dem Fenster gestarrt. Das kann jede Amöbe, selbst die ganz hoffnungslosen Fälle!« Um meine Worte den nötigen Unterton zu verpassen, hebe ich widerwillig den Kopf und schenke ihm einen skeptischen Blick. 

»Sag das noch mal und versuch diesmal, etwas überzeugender zu wirken«, fordert mich die Nervensäge, ohne mit der Wimper zu zucken auf und erst da wird mir bewusst, dass mein fahrbarer Untersatz aufgehört hat, sich von der Stelle zu bewegen. Wenn meinem Rollstuhl jetzt Wurzeln gewachsen sind, habe ich ein ernsthaftes Problem.

»Warum sollte ich?« Ich fahre wirklich alle Geschütze auf, mir meinen Anflug von Verwirrung nicht anmerken zu lassen, aber irgendwas sagt mir, dass die Nervensäge es trotzdem mitbekommt. 

Mal ganz davon abgesehen, dass mein Herz vor Panik beinahe einen Kollaps bekommt, als er seinen Kopf etwas zu mir heruntersenkt, damit ich seine folgenden Worte auch ja nicht als unverstanden abstempeln kann.

»Weil du lügst. Du machst deine Leistung schlecht, warum auch immer. Sei doch einfach so gnädig zu dir und gesteh' dir ein, dass du deine erste Szene mit Bravour gemeistert hast!«, wagt er doch tatsächlich zu sagen. 

Langsam nicke ich. »Ah ja. Alles klar. Dir ist aber schon bewusst, dass du nicht ich bist und somit auch keine Ahnung hast, wie ich meine Leistung sehe, oder?«, will ich gespielt ruhig wissen, während in meinem Inneren die Wut zu glühen beginnt. 

»Ich sehe doch, was du sagst, also doch, ich weiß es schon irgendwie.« Hört sich dieser Depp eigentlich selbst beim Sprechen zu? »Nur weil ich nicht vor Stolz auf mich selbst explodiere, heißt das noch lange nicht, dass ich meine Leistung nicht würdige! Also bitte, hör auf so zu tun, als wüsstest du etwas über mich!«, keife ich zurück, selbst überrascht über die Heftigkeit meiner Worte. Normalerweise reagiere ich nie so empfindlich auf Worte andere – es sei denn, sie gehen um meine Mutter oder Nico. Aber das hier geht ausnahmsweise mal nicht um jemand anderen, sondern um mich. 

Die Verwunderung ist Kian deutlich anzusehen. Hilflosigkeit spiegelt sich in seinen Augen wieder und wäre ich nicht prinzipiell unempfänglich gegenüber Emotionen andere, würde ich wohl etwas Mitleid empfinden. »Hey, alles gut. Ich wollte dich damit nicht kränken oder verletzen, okay? Tut mir leid, wenn ich da etwas aufgerissen habe«, entschuldigt er sich etwas überfordert und beugt sich zu allem Überfluss noch weiter zu mir runter. 

»Bild dir bloß nicht ein, mich gekränkt oder verletzt zu haben! Und Gewinn gefälligst etwas Land, bevor ich dir noch meine Faust in die Visage ramme!«, zische ich zurück und funkele ihn auffordernd an. 

Glücklicherweise geht er meinem Befehl nach und weicht so schnell zurück, als hätte ich ihn gerade verbrannt. Schön wär's, dann wäre ich hier zumindest nicht mehr die einzige, die nicht in das Idealbild unserer verdorbenen Gesellschaft passt!

»Hey, es tut mir leid, okay?«, fragt er leise. Als ich nicht reagiere, fügt er hinzu: »Angi?« Tja und dieses Wort, so sehr es mich auch ärgert, setzt eine Kette an Reaktionen in Gang. Es ist jetzt nicht so, dass er mich tief im Inneren berührt, mir ganz warm wird oder ich plötzlich erkenne, wie sehr ich ihm doch verfallen bin – Gott sein Dank nicht! Es ist eher so, dass ein winziges Fitzelchen meiner weggesperrten Emotionen ausbricht und ein Gemisch aus Reue und Mitleid in mir fabriziert. Jetzt weiß ich auch wieder, warum diese Emotionen sonst immer in einer dicken Kiste sind.

»Hör mal«, fange ich an und weiß schon anhand dieser Worte, dass das hier so gar nicht Angi-Like wird und ich mich danach mit einer Wahrscheinlichkeit von neunundneunzig Prozent umbringen will. »Ich mag es einfach nicht, wenn Menschen denken, sie wüssten etwas über mich. Und ich bin einfach nicht der Typ, der all seine Emotionen laut in Welt hinaus schreit. Was aber nicht heißt, dass ich auch selbst so bin.« 

Die Worte sprudeln nur so aus mir, als hätte ich gerade einen Rohrbruch verursacht und ich bin wohl nicht die einzige, wenn ich sage, dass diese Worte mit Abstand das peinlichste sind, die jemals aus meinen Mund kam. Um wenigstens noch etwas meiner Fassung zu wahren, füge ich noch ein »Verstanden?« hinzu, zweifele allerdings selbst sehr daran, dass sie etwas ändern könnten.

Mein ganzer Körper weigert sich, einen Blick auf Kian zu werfen, aber schlussendlich treffen meine Augen doch irgendwie auf seine. Ein sanftes Lächeln liegt in seinem braun.

»Verstanden«, sagt er schlicht, bevor er sich abwendet und mit langsamen Schritten in Richtung Drehort läuft. Ich folge ihm, diesmal freiwillig und bin froh, dass irgendjemand endlich mal den Ausschaltknopf seiner Klappe gedrückt hat.

***

»Und Cut!«, schallt die Stimme des Pummelchen über den Platz, bevor er uns auch schon erreicht. »Kathrin, deine Tochter ist gerade zurückgekehrt und du bist etwas überfordert, versuchst aber, dir das nicht anmerken zu lassen. Versuch ein Gefühl für deine Rolle zu bekommen, ja?«, wendet er sich an Kathrin Linberg, meine neue Mutter. Oder Skylas Mutter, wie auch immer. Sie ist eine Frau weniger Worte, hat mir freundlich zugelächelt, war aber sonst wunderbar still. Sie hat noch nicht in sonderlich vielen Filmen mitgespielt, wie mir Kian verraten hat, sobald wir auf den Platz gekommen sind und mein Blick auf die große Frau mit den kurzen, braunen Haaren gefallen ist.

Allerdings würde ich das spätestens jetzt aus eigener Hand wissen. Ihre Schauspielkünste sind nicht schlecht und sie könnte recht gut sein, allerdings scheint sie nicht wirklich als eine Mutterrolle geeignet zu sein. Für die Rolle der Polizisten ist sie allerdings perfekt. 

»Und du Angi. Gute Darbietung, nur bitte etwas mehr Emotionen. Du bekommst so zusagen ein Neues leben und weißt noch nicht so recht, was du davon halten sollst. Vermittele das auch unseren Zuschauern«, fügte das Pummelchen in diesem Moment an mich gewandt hinzu und schenkt mit ein Lächeln, dass wohl als aufmunternd gewertet werden könnte. Mit einem knappen Kopfnicken signalisiere ich ihm, dass mein Hirn noch so gut arbeitet, um das zu verstehen.

»Gut, dann noch einen Versuch!« Auffordernd klatscht er in die Hände und begibt sich wieder auf den Posten, der auch als aufklappbarer Stuhl mit bester Sicht auf den Eingang des Hauses definiert werden kann. Während das Kamerateam um mich herum ihre Vorbereitungen trifft, kommt Prinzessin Lillifee auf mich zu gerauscht, um mein Make-Up auf Vordermann zu bringen.

»Sag mal, hat deine Freundin eigentlich einen Freund?«, fragt sie unvermittelt, als sie gerade mein Gesicht mit Pudel malträtiert. Vor Schreck hätte ich beinahe eine unfreiwillige Begegnung mit dem Gras gehabt. Okay. Sie hat nach Nico gefragt. Prinzessin Lillifee hat nach Nico gefragt. Heilige Scheiße!

»Nein und das Warum spar' ich mir jetzt einfach. Aber lass mich eines von vornherein klarstellen: Wenn du Nico verletzte, wird nicht mal das FBI deine Knochen finden, kapiert?«, gebe ich in einem ruhigen Tonfall zurück, aber der drohende Unterton in meiner Stimme sollte sichtbar genug sein.

Beruhigend tätschelt mir Prinzessin Lillifee auf die Schulter. »Keine Sorge, Blondchen. Davor bringe ich dich noch ins Grab.« Das glaube ich allerdings auch!

»Oh und noch was: Sie steht auf einen Typen. Ein Arschloch zwar, aber davon bist du ja auch nicht weit entfernt«, füge ich hinzu, als hätte ich vergessen, dieses Detail zu erwähnen. Prinzessin Lillifee zuckt mit den Schultern, als wären meine Worte einen feuchten Keks wert.

»Zerbrich dir darüber mal nicht dein hübsches Köpfen, Blondi«, beruhigt sie mich und klappt die Puderdose wieder zu. Was mich dazu veranlasst, so schnell wie möglich das weiter zu suchen. Nur, dass Prinzessin Lillifee nicht der gleichen Meinung ist. Ein Ruck geht durch meinen Rollstuhl, als sie an packt und mich festhält. Empört will ich mich umdrehen und ihr im besten Fall nur meine Meinung geigen, als mich ihr Atem am Ohr trifft. »Ach und noch was:«, beginnt sie mit denselben Worten wie ich vorhin, »wenn du mit Kian spielst, hast du zum letzten Mal das Tageslicht gesehen!« Dann lässt sie mich so abrupt los, dass ich unweigerlich ein Stück nach vorne fahre.

Perplex blicke ich sie an, während ein liebliches Lächeln ihre Lippen ziert. Wie von selbst verziehen sich meine Augen zu Schlitzen und ich lege den Kopf schief, während ich sie im Visier behalte. Dann nicke ich, ganz langsam und ohne Worte, während sie es mir gleich tut. 

Ja, ich habe sie verstanden und sie mich. Wir beide versuchen nur die Menschen zu schützen, sie uns etwas bedeuten und obwohl wir beide so vollkommen unterschiedlich sind, haben wir die gleiche Art, andere zu beschützen. Weshalb wir auch beide die eigentliche Botschaft verstehen und das wir damit eine Schwäche vor dem anderen Preis geben. 

Ohne ein weiteres Wort geht sie davon und ich mache mich schweren Herzens zurück zum Startpunkt der Szene, die ich jetzt noch einmal über mich ergehen lassen muss. Sagen wir einfach, dass ich mir meinen ersten Film irgendwie spannender vorgestellt habe. Gut, ich wollte nie in einem Romantikteil mitspielen, aber angesichts meiner Behinderung, hat man nicht gerade eine ganze Tafel voll verlockenden Angeboten vor sich. Zumal es mich auch deutlich schlechter hätte treffen können.

»Okay Leute, die Pause ist zu Ende! Weiter geht's!« Das Pummelchen hat ein echt gutes Timing. Wenn wir diesen Versuch jetzt nicht wieder in den Wind schießen, sind wir vielleicht schon in einer Stunde fertig. 

Innerhalb von Sekunden programmiere ich mein Innerstes um, werde praktisch zu Skyla McValley und lasse Angi Hawton hinter mir. Nur für ein paar Minuten, aber in diesen wird die altbekannte Pessimistin wohl ihre Klappe halten.

Brav fahre ich mit gelangweiltem Blick die Einfahrt hinauf zu Tür, welche just in diesem Moment aufgeht. Eine Frau Mitte vierzig mit einer adretten Kurzhaarfrisur, die sie Jung und streng zugleich erscheinen lassen, tritt in den Rahmen. Ihre blauen Augen ähnelten meinen, blickte aber sonst eher unschlüssig auf mich, als wüsste sie nicht so recht, was sie nun tun soll. Ihre Finger krallten sich in der Hosentasche zusammen und ein halbes Lächeln klebte auf den schmalen Lippen.

»Skyla?«, fragt sie vorsichtig und auch wenn wir außer den Augen kaum eine Ähnlichkeit haben, ist diese Frage vollkommen überflüssig. Man hatte ihr gesagt, dass ich kommen würde und ich denke nicht, dass sich jemand freiwillig als die Tochter einer Polizeichefin ausgeben würde.

Knapp nickte ich und deutete dann auf meine zwei Koffer, in denen mein ganzes Hab und Gut verstaut ist. Oder zumindest soll es so aussehen, als wäre dort drin alles verstaut. Einen schaffe ich, aber beide nicht«, sage ich leise und nehme, wie zur Bestätigung, einen auf den Schoß. Er ist groß und verdeckt mir beinahe die Sicht, wiegt aber nicht sonderlich viel. Klar, es ist auch nur eine Attrappe.

Meine Mutter – wenn auch nur gespielt – versteht den Wink augenblicklich und kommt mit einem »natürlich« auf mich zugeeilt. Mit einem unsicheren Lächeln nimmt sie einen Koffer in die Hand und bedeutet mir mit einer Handbewegung vorzugehen.

»Ich habe Kakao gemacht, falls du so etwas magst«, sagt sie schließlich mit fester Stimme, als wir durch die Eingangstür gehen, beziehungsweise fahre. Skeptisch hebe ich eine Augenbraue, beschließe aber, sie nicht gerade am ersten Tag vor den Kopf zu stoßen.

»Ja, danke.« Unschlüssig, wohin ich nun soll, bleibe ich im Flur stehen. Eine cremeweiße Wand schlängelt sich links und recht einige Meter nach vorne, bevor sie in einem großen Raum endet. Links von mir befindet sich eine schmale Treppe, die ich nie werde besteigen können, rechts von mir eine hölzerne Tür. Diese öffnet meine Mutter gerade und deutete mit einem Nicken herein. 

»Es war bisher das Gästezimmer, aber da ich sowieso kaum Besuch bekomme und du das Zimmer oben nicht nutzen kannst, gehört es ab sofort dir. Du kannst es gerne umgestalten oder was auch immer du damit machen willst«, rattert sie runter und blickt dann betreten auf die Schuhe.

»Danke. Willst du mir vielleicht noch das restliche Haus zeigen oder soll ich erst einmal auspacken?«, versuche ich, das sich bildende Schweigen zu umgehen und wuchte meinen Koffer aufs Bett. Kurz nehme ich mir Zeit, das Zimmer anzuschauen. Es ist nicht besonders groß, bietet aber dennoch genügend Platz, um locker durch das Zimmer fahren zu können. Ansonsten ist es eingerichtet wie jedes x-beliebige Zimmer.

Ein Doppelbett Bett steht unter einem Fenster an der mintgrünen Wand zu meiner linken, ein Schrank besetzt die gesamte Wand zu meiner rechten und direkt neben der Tür nimmt ein Schreibtisch den Platz ein. Alle Möbel sind von demselben hellen Holz und harmonieren perfekt mit der Wandfarbe. Das Zimmer ist wunderschön!

Als ich mich wieder umdrehe, blickt mich meine Mutter aus warmen Augen an. »Ich glaube, ich sollte dir erst einmal das restliche Haus zeigen«, antwortet sie schließlich mit einem echten Lächeln und legt den anderen Koffer ebenfalls aufs Bett. 

Ebenfalls lächelnd folge ich ihr wieder raus auf den Flur, der schließlich in der Küche endet. Kurz davor befindet sich das Bad, nur ein paar Meter von meinem Zimmer entfernt. Es ist klein und nicht wirklich rollstuhlgeeignet, aber ich würde es hinbekommen. Zumal alleine die Badewanne den ganzen Aufwand wert wäre.

Die Küche ist Esszimmer, Kochbereich und Wohnzimmer in einem und stellt sich als einziger großer Raum heraus. Das Sofa im linken Teil ist nicht sonderlich groß, sieht aber dafür umso bequemer aus, wie es so vor einer großen Fensterwand steht. Dort zu Lesen würde sicherlich unheimlich Spaß machen.

»Im oberen Stockwerk befindet sich mein Zimmer, das neue Gästezimmer und ein weiteres Bad. Und natürlich mein Arbeitszimmer. Ich habe mir überlegt, einen Lift zuzulegen, aber die Treppe ist dafür einfach zu schmal. Also sag einfach, wenn du nach oben möchtest, dann trage ich dich, einverstanden?«, erklärt meine Mutter mir, während sie in der Küche hantiert und mir anschließend einen Becher dampfenden Kakaos in die Hand drückt. Ich nicke langsam, mir absolut sicher, dass ich ihr Angebot sicher nie in Anspruch nehmen werde.

Mit schnellen Schritten geht sie aufs Sofa zu und setzt sich, mit einer Hand auffordernd auf den Platz neben sich klopfend. Brav gehe ich ihrer bitte nach und hieve mich auf den Platz neben mir.

»Ich arbeite jeden Tag, teilweise auch am Wochenende und meist in meinem Büro. Manchmal bin ich aber auch im Polizeirevier. Ich weiß, du hast gerade Ferien, deshalb würde ich dir einfach morgens einen Zettel hinterlassen, damit du weißt, wo du mich findest. Zumindest, wenn ich nicht im Haus bin«, erzählt sie mir und ich nehme einen Schluck des Getränks. Glücklicherweise hat wer-auch-immer daran gedacht, keine normale Milch zu nehmen, sondern sich an Reismilch gehalten. Ansonsten würden wir die Szene jetzt noch einmal drehen. Es gibt nichts ekelhafteres als Milch.

»Du kannst so lange schlafen, wie du willst und tun, was du willst – solange du mir keinen Ärger machst«, scherzt sie und zwinkert mir zu, sichtlich erleichtert, dass ich mich nicht als Emmo-Girl entpuppt habe. 

»Keine Sorge. So lange ich genügend Bücher habe, bin ich zahm wie ein Kaninchen«, gebe ich ebenfalls scherzend von mir und ernte dafür ein warmes Lachen. 

»Gut, gut, das sollte kein Problem haben. Wir haben hier eine Bibliothek im Ort, falls du die mal besuchen willst«, schlägt sie vor und ich nicke begeistert. Das wäre auf jeden Fall der erste Platz, den ich hier Besuchen würde.

»Was magst du denn sonst noch so?«, will meine Mutter wissen und nimmt ihrerseits einen Schluck von dem heißen Gebräu. Ich zuckte mit den Schultern.

»Musik. Und die Natur.« Kaum habe ich das gesagt, fangen ihre Augen auch an zu leuchten. »Nun, wenn das so ist, solltest du unbedingt mal zu Mr. Freed. Er ist unser Förster und er kann dir sicher eine ganze Menge über den Wald erzählen. Letztes Jahr hat er sogar ein Rehkitz großgezogen. Er wohnt nur ein paar Häuser weiter«, sprudelt es aus ihre heraus und ich lächele unverbindlich. »Mal sehen.«

Unbeirrt klatscht sie in die Hände. »Nun gut. Ich würde heute Abend Pizza bestellen. Isst du das?« »Immer«, lache ich, werde jedoch sogleich vom Leuten der Türklingel unterbrochen. Mit einem entschuldigenden Lächeln steht sie auf. »Bin gleich wieder da«, sagt sie, bevor sie im Flur verschwindet.

»Und Cut!«, ertönte das altbekannte Geräusch, dass mich auch sofort aus meiner Art Trance katapultiert. Wurde auch endlich mal Zeit. Noch mehr Skyla und man könnte mein Gerippe in ein paar Jahren vom Grund des Meeres sammeln.

»Gute Arbeit, ihr beiden!«, ruft das Pummelchen uns zu, während Kathrin den Flur zurückkommt und sich mit einem breiten Lächeln neben mich stellt. Prompt bringe ich ein paar Zentimeter mehr zwischen uns, bevor sie noch auf die Idee kommt, ihrer Grabschhände bei mir auszulassen.

»Du bist wirklich talentiert, Angi. Gut gespielt!«, kommt doch tatsächlich ein Lob über meine Lippen, was ich mit einem Schulterzucken quittiere. »Danke.« Und nein, ich werde ihr jetzt nicht sagen, dass sie auch gut gespielt hat, nur, weil man dann normalerweise so tut. Man kann ein Kompliment auch einfach mal ein Kompliment sein lassen und muss nicht immer zurückschleimen.

Der Moment wird jäh unterbrochen, als ein penetranter Geruch nach etwas Rauchigem in meine Nase gerät und ich schon weiß, was los ist, lange bevor eine schrille Stimme voller Panik schreit: »Feuer!«

***

Wie findet ihr es eigentlich, dass ich die Szenen immer aus "Skylas" Sicht schreibe. Also ohne den ganzen Sarkasmus und Angis Gedanken?

Und da das jetzt schon das zweite Mal war, dass ich die vorige Woche kein Kapitel gepoteste habe - diesmal wegen Schulstress - werde ich entweder einmal zwei Kapitel hochladen, oder aber eine Lesenacht machen. Klingt das nach einem fairen Wiedergutmachen^^'?

Euch noch einen schönen Sonntag und wir lesen uns xD

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