17 - Menschenallergie
Ich benötige keine Sekunde, als den Übeltäter als Nico zu identifizierenden. Allerdings braucht mein Hirn weitaus länger, ihre Worte zu verarbeiten und nicht mehr im Stadium des Unglauben zu ertrinken.
Als ich mich schließlich soweit erholt hatte, begann Wut in mir zu brodeln. »Was?! Was erzählst du da für einen Schrott?!«, empöre ich mich lautstark und funkele meine beste Freundin an, bekomme allerdings keine Antwort. Dafür ist Nico viel zu beschäftigt damit, Kian mit dem besten du-bist-so-heiß-und-ich-tue-alles-für-dich-Blick zu attackieren. Es wundern mich, dass sie sich nicht einfach auf ihn stürzt und mir die Hölle auf Erden in Form von wildem geknutsche inklusive Klamotten-vom-Leib-reisen beschert.
»Hey Nico«, begrüßt Kian sie höflich, allerdings weitaus weniger begeistert als bei mir. Was heißt, dass er sich nicht so anhört, als hätte er gerade Gott persönlich getroffen, sondern nur wie ein kleiner Sonnenschein strahlt. Selbst das ist noch viel zu gut gelaunt, wenn man mich fragt.
»Also, wohin soll's gehen?«, besitzt meine Freundin doch tatsächlich die Frechheit, für mich ihr Sprechorgan zu benutze und dann auch noch den größten Schwachsinn raus zu hauen, den ich heute gehört haben.
»Normalerweise bin ich ja nicht dafür, anderen die Entscheidung zu nehmen, allerdings denke ich, dass wir in diesem Fall eine Ausnahme machen können«, entscheidet Kian mit einem Blick zu mir, den ich nur mit einem mörderischen Starren erwidere, »Also, auf zur Wiese!«
»Was zum Teufel soll das hier werden?!«, melde ich mich auch mal zu Wort, diesmal in Form eines wütenden Zischen. Ich mag es gar nicht, wenn über meinen Kopf entschieden wird und mir praktisch die Entscheidungsfreiheit genommen wurde. Und vor allem wird meine Wut nicht gerade davon besänftigt, dass mir meine liebe Freundin in den Rücken fällt.
Wobei selbst ein echt beschissenes Exemplar von Menschen weiß, dass das nur logisch ist, so sehr das an meinem Ego kratzt. Denn leider zählt das hier nicht zu lebensbedrohlichen oder wirklich relevante Situationen, weshalb Nico es auch nicht für nötig hält, mich physisch zu unterstützten.
Klar, das einzige Problem ist meine Einstellung zu diesem Typ vor mir und zu der Vorstellung, jemanden neuen zu treffen, die bei mir sofort eine haareaufstellende Gänsehaut hervorruft. Und in mir den Wunsch weckt, heute morgen doch auf Nicos Wunsch eingegangen zu sein und am besten noch zwischen den warmen Lacken meines heiligen Betten zu liegen. Das sticht mich jedenfalls nicht hinterrücks ab wie ein feiger Killer.
»Wagt es erst gar nicht, mich dahin zu verfrachten!«, knurre ich feindselig, als Nico nach den Schiebegriffen greift, als wolle sie mich gleich wie eine gelähmte durch die Gegend kutschieren. Nur einmal wurde ich geschoben und zwar unmittelbar nach dem Unfall.
Seit dem weigere ich mich, irgendjemanden über meinen Weg bestimmen zu lassen und fahre diese Karre eisern selbst. Andere Menschen brauchen schließlich auch niemanden, die ihnen den Fuß an die richtige Stelle setzt. Im besten Fall bekommt derjenige dann einen Fuß auf den Kopf oder bringt die andere Person dazu, den Bode etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Unfreiwillig, versteht sich.
»Jetzt sei einmal so lieb und lass sich drauf ein, du verdammte Pessimistin! Ich bleibe bei dir uns leiste die seelische Unterstützung, okay? Aber bitte, bitte block nicht immer gleich so ab!«, flüstert mir Nico ins Ohr, gerade so Laut, dass ich es höre kann. Mein Körper versteift sich, als ich ihre Worte aufnehme. Will sie mich gerade ernsthaft davon überzeugen, mit Kian zu gehen? Und wo wir schon dabei sind: Wie konnte ich schon wieder in einer so surrealen Situation laden?
Der ganze Tag ist schon extrem seltsam und obwohl er nicht gerade schlecht war, machte er mich doch mehr fertig, als die ganzen Begegnungen mit dem Donovan-Clan zusammen. Was schon eine so extreme Leistung ist, dass es in einen Bereich des Unmöglichen reicht, der noch nicht erforscht wurde. Falls es damit etwas verständlicher ist.
»Ich soll mich darauf einlassen? Sag mal, hast du sie noch alle?! Ihr beide hört jetzt sofort auf mit dem Scheiß!«, brause ich auf und kann meine Wut in etwa genauso gut zügeln, wie ein Reitanfänger ein Wildpferd der besonders störrischen Sorte.
»Woah, woah, jetzt komm mal runter Sonnenschein!«, versucht Kian mich zu beschwichtigen, stößt allerdings auf eine gut zwanzig Meter dicke Mauer aus Beton. Ich mag es überhaupt nicht, wenn man meine fehlende Bewegungsfreiheit ausnutze, um seinen Willen durchzuführen. Vielleicht kann ich nicht mehr über meine eigenen Schnürsenkel stolpern, aber mein Hirn funktioniert schon noch bestens!
»Nenn mich noch einmal Sonnenschein und ich schwöre dir, ich sorge dafür, dass du keine Kinder mehr bekommen kannst!«, drohe ich mit einem feindseligen Blick, der sogar Lancelot das Wasser reichen könnte.
»Okay, okay, ich werde dich nicht mehr so nennen.« Resigniert aufseufzend hebt Kian die Hände und fährt sich durch die braunen Haare, als wäre es am Ende seiner Weisheit. Nicht, dass diese besonders groß gewesen wäre, aber es wird trotzdem in die Kiste »Erfolge« verbucht. Es ist ja jetzt nicht so, dass die Erfolge mir ins Gesicht klatschen wie diese dämlichen Fliegen, die entweder keine Koordination haben oder schlichtweg zu dumm sind, meinem Gesicht auszuweichen.
Bevor meine Gedanken noch weiter zum Mond reißen konnten, beschloss die Nervensäge, die Reise zu beenden und meine Laune zugleich nicht gerade zu bessern. »Warum machst du denn so ein Theater daraus? Ich möchte dich nur jemandem Vorstellen und dich nicht zu einer Hochzeit zwingen«, fuhr Kian beinahe anklagend fort, während meine Sprachlosigkeit eine Grenze sprengt, sie weit über die Entfernung der Sonnen hinaus reicht.
»Entschuldige bitte? Was genau erwartest du von mir? Ich kenne dich nicht, noch vertraue ich dir. Wer sagt, dass du mich nicht irgendwo hinlocken willst, um mich zu killen? Und ja, ich weiß selbst, wie abwegig das klingt!«, füge ich hinzu, als er schon seine Klappe öffnen will, um irgendeinen Schrott von sich zu geben, der im Endeffekt doch nur eine Rechtfertigung bereit hält.
»Du verlangst zu mir, einfach mal so eben mit dir zu kommen, obwohl du mir das letzte Mal so dermaßen auf den Sender gegangen ist, dass sich niemand mit noch halbwegs tauglichem Hirnschmalz zu mir getraut hätte. Und jetzt willst du mich, mir nichts dir nichts, irgendwo hinbringen, zu einer Person, dessen Namen du mir nicht mal verrätst und der Grund scheint ja auch zu schlimm zu sein, als dass du ihn mir sagen könntest. Also bitte, sag mir, warum zur Hölle ich mit dir gehen sollte!«, fahre ich ihn an und bin selbst überrascht, nicht jegliche Vernunft über Bord zu werfen und meinen Verstand gleich hinterher zu schmeißen.
Dafür, dass er von mir etwas gerade zu lächerliches erwartet, bin ich überraschend gefasst und lasse nicht wie sonst meinem vernichteten Wortschatz plus der kalten Schulter den Vorrang. Denn irgendwie habe ich das Gefühl, dass das bei ihm genauso viel Wirkung zeigt, wie einer Ananas Mathe beizubringen.
Kian, der während meiner Ansprache oder wie auch immer man diesen Wörterschwall nennen mag, irgendwann seine Fliegenfalle alias seien Klappe geschlossen hat, sieht mich aus großen, teddibärgleichen Augen an. Muss ich sagen, dass der Blick zwar nicht ganz so leblos, aber mindestens genauso unheimlich ist?
»Wow, okay«, bringt er schließlich raus und scheint kurz um so etwas wie Fassung zu ringen, bevor er das verhasste Serienkiller-Lächeln anknipst und nicht mehr von der kurzzeitigen physischen Nacktheit übrig ist. Nervensäge wieder auf einhundert Prozent Leistungsfähigkeit. Und ich dachte, die Wirkung hätte vielleicht noch so ein zwei Wochen anhalten können. Oder zumindest Tage!
»Der Mann, den ich dir Vorstellen möchte, heißt Adam Young und ist-«, beginnt er mit einem amüsierten Tonfall in der Stimme. Wie man so schnell von »fast am verzweifeln« zu »Ich-bin-happy-wie-auf-Drogen« wechseln kann, hängt wohl mit dem Nervigkeitsgen zusammen. Jedenfalls ist das die einzig schlüssige Erklärung, für den Kopfsalat in meinem Hirn. Nur gut, dass er endlich seine Klappe hält.
»Ach, da ist er ja!«, beendete Kian schließlich seinen Satz und erst da schnallen die Synapsen in meinem Hirn, dass Kian sich selbst Unterbrochen hat, ich aber keine Ahnung von dessen Grund habe. Zumal ich nicht glaube, dass er urplötzlich tot umgefallen ist oder er von irgendjemandem niedergeschlagen wurde. Sagen wir einfach, Nicos trommelfellplatzender Schrei hätte es mir verraten. Zumal weder Tote noch Bewusstlose sprechen können, es sei denn man befindet sich in einer fiktiven Welt voller Magie.
»Kian! Was machst du denn hier?«, brüllte eine laute, eindeutig zu der männlichen Spezies angehörigen Stimme quer über die Straße. Dieser Vertreter meiner verhassten Art hält wohl nicht besonders viel von Ruhe, wobei ich wage zu behaupten, dass er dieses Wort in seinem Leben noch kein einziges Mal zu Ohren bekommen hat. Viel wichtiger ist allerdings, dass gerade ein weiteres männliches Wesen auf uns zu zusteuern scheint. Wenn ein »Mann« schon so anstrengend ist, wie viele Nerven killen dann gleich zwei?
»Adam! Wir haben's gerade von dir!«, schreit Kian zurück, als würde er eine kleine Unterhaltung durchs Fenster führen und nicht das ganze Dorf mit einer gratis Lautstärkeprobe beglücken.
Nun lasse ich mich auch mal dazu herab, meinen Arsch herum zu schwingen um das ausmaß der Katastrophe in Augenschein nehmen zu können. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich von dem Anblick halten soll. Ein Rentier ist es jedenfalls nicht, so gerne ich es mir auch wünsche. Ein Mann um die vierzig, etwas untersetzt mit Glatze und zu viel Lebenslust in den blaugrauen Augen kommt beschwingt auf uns zu, wo einer Wolke der guten Laune umgeben. Würde man jemand anderen Fragen, würde er sagen, der Typ sieht sympathisch aus, da ich allerdings an einer extremen Form der Menschenallergie leide und vor allem gegen Friede-Freude-Eierkuchen-Leute besonders allergisch bin, hält sich meine Freunde in sehr, sehr bescheidenen Grenzen. So bescheiden, dass sie praktisch nicht mehr da ist.
»Was machst du denn hier? Solltest du nicht deinen Skript üben? Du weißt, dass wir bald anfangen wollen, zu drehen!«, rügt das Pummelchen Kian, aber seine ekelhaft freundlich funkelnden Augen und der magenumdrehende sanfte Tonfall machen jegliche Strenge dem Erdboden gleich. Und ich habe mich schon darauf gefreut, dass mal jemand diesem arroganten Typen in den Arsch tritt!
»Ach, du kennst mich doch. Ich muss die Leute hier kennen lernen«, antwortet Kian schulterzuckend und der beschwingte Tonfall zeigt deutlich, dass sich diese beiden nicht erst seit ein paar Stunden kennen. Die sie im übrigen nicht schweigend verbracht haben, wie ich mit vollkommener Sicherheit sagen kann. Dafür sind sie einfach zu vertraut, fast wie Freunde, wobei ich nicht glaube, dass jemand freiwillig mit Kian befreundet ist. Wobei er Geld hat und berühmt ist und Nico ja auch mit ihm befreundet sein wollen würde...okay, streichen wir das Letzte wieder!
»Und wer sind diese beiden hübschen hier?« Neugierige Augen wandern zu meiner Freundin und blicken sie freundlich an. Hätte er seinen Blick jetzt auch noch über ihren Körper wandern lassen, wäre ich wohl gezwungen gewesen, ihn mit den Würmern unter der Erde bekannt zu machen, aber so lasse ich das Pummelchen noch mal davon kommen. Vielleicht ergibt sich ja noch eine bessere Möglichkeit.
»Das sind Nico und...«, stellt Kian uns vor, bevor sein Blick zu mir wandert. Fragend blickt er mich an. Was wohl heißt, dass er meinen Namen immer noch nicht kennt. Das wiederum bedeutet, dass er die Wette verloren hat, auch wenn mir beim besten Willen nicht mehr einfallen will, was eigentlich der verdammte Wetteinsatz war. Ist auch egal. Er weiß meinen Namen nicht, also ein weitere Volltreffer für meine Erfolgskiste. Immerhin kommt die heute nicht zu kurz!
Allerdings habe ich mein Rechnung ohne das verräterische Ding von bester Freundin gemacht. Ich sehe ihren Mund sich nicht mal öffnen, als auch schon das eine verdammte Wort aus ihrem Mund quillt wie klebriger Teer. »Angi. Ihr Name ist Angi«, verkündet sie leichthin, als würde sie mir nicht gerade in den Rücken fallen und ist sich wahrscheinlich nicht mal im Klaren, was für ein Salt sie gerade angerichtet hat.
Unweigerlich schießt mein Blick zu Kian, egal wie sehr ich meine Augen davon abhalten will. Ich weiß, dass es eine verdammt schlechte Idee ist und erziele noch einen Punkt für meine Erfolgskiste. Kians Blick ist so stechend, dass ich den Blick sofort wieder abwenden möchte, aus Angst, meine Augen könnten Feuer fangen. Nur gerade so halte ich das Miststück von Zunge davon ab, irgendeinen Schwachsinn von Pöbelei von sich zu geben. Stattdessen blicke ich demonstrativ in eine andere Richtung.
»Das gibt's doch nicht! Sie sieht ja aus wie Skyla McValley. Und der Rollstuhl! Das kann doch unmöglich ein Zufall sein!«, ruft in diesem Moment das Pummelchen und zieht somit die Aufmerksamkeit der Bienen auf sich. Diese sind im übrigen Nico und ich. Kian ist noch ziemlich beschäftigt damit, meinen linkes Ohr mit Blicken abzuschießen.
»Wie heißt du doch gleich?«, will das Pummelchen weiter wissen und mein Blick wandert zu Nico, die nach drei Sekunden immer noch nichts geantwortet hat. Für ihre Verhältnisse eine Unendlichkeit. Diese allerdings schaut mich aus großen, runden Klubschaugen an, die jeden Moment aus ihren Höhlen zu fallen drohen. Was genau an der Frage eines rein objektiv betrachteten eher etwas unter dem Durchschnitt liegenden Typen, der zudem ihr Vater hätte sein können, so überwältigend ist, dass man seine Glubscher spenden möchte, schnallt mein Hirn beim besten Willen nicht. Vielleicht habe ich ja etwas übersehen..?
Mit dem Blick eines Detektive – einem Amateuren, versteht sich – wende ich mich dem Pummelchen zu, nur um dann kurz zusammenzuzucken, als seine Augen die meine Treffen und mich an die vielen Filmmomente in den Kitschdingern erinnern, in denen sich die zwei Protagonisten wie bekloppte in die Augen starren, als versuchen sie, den jeweils anderen damit zu rösten. Es ist genauso romantisch, wie ich mir dachte.
Ich bin weder eine qualifizierte Psychologin, noch habe ich die Gabe, aus Augen die ganzen Gefühle meines gegenüber zu sehen - zum Glück, sonst hätte ich mich vor Verzweiflung wohl schon längst umgebracht. Weshalb ich zwar vermute, dass dieses Glitzern in seinen Augen wie Neugierde und überraschend große Interesse. Und zwar an mir.
»Sie meinen jetzt aber nicht mich, oder?«, gebe ich meine Dummheit in besten Manieren preis und kann mich nicht entscheiden, der Überraschung oder der Abneigung den Vortritt zu lassen. Das Pummelchen beginnt zu grinsen.
»Oh, ich denke schon. Kennen Sie zufällig das Buch "Murdered Love" von Kate Springs?« Es ist das erste Mal in meinem Leben, dass jemand Fremdes mich auf diese Weise angesprochen hat und dabei nicht eine sarkastische Antwort ins Gesicht geschleudert bekommt. Oder schlimmeres. Mal abgesehen von ein paar Ärzten und den üblichen Verdächtigen, wurde ich bisher immer gemieden oder ignoriert oder eben auf nicht sonderlich nette Art und Weiße darauf aufmerksam gemacht, dass meine Anwesenheit stört. Nicht, dass es mich interessiert hätte, was andere von mir denken, allerdings lässt sich so begründen, warum ich ein paar Sekunde lang in der plötzlichen leere meines Kopfes suchen muss.
»Gezwungenermaßen davon gehört. Warum?«, gebe ich schließlich von mir und versuche unauffällig das Pummelchen etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Wie gesagt, die Situation war nicht ganz alltäglich und ich würde gerne wissen, ob nicht irgendein krankes Spiel mit mir gespielt wird. Besser, man haut solchen Typen so schnell wie möglich in die Fresse, bevor sie ihre Psychospielchen an einem testen können. Wobei selbst ich als absolute Meisterin der bösen Menschen erkennen – und ja, das war ironisch gemeint – erkennen muss, dass dieser Mann so gar nicht wie ein Bösewicht aussieht. Nicht mal wie ein Sieht-lieb-aus-ist-aber-böse-Bösewicht. Was mich nicht daran hindern wird, ihm eine reinzuhauen, wenn er sich mies benehmen sollte.
»Nun, die Hauptperson Skyla McValley gleicht Ihnen aufs Haar! Zumindest, wenn es nach der Buchbeschreibung gehen würde«, erklärt er mir, auch wenn der Grund hinter einem dicken weißen Schleier verborgen bleibt. Was genau brachte es mir, wenn ich einer fiktiven Figur glich, die ich weder kannte, noch kennen lernen will, da sie mit Sicherheit eines dieser Mädchen ohne Charakter ist. Eine dieser schüchternen Streberinnen von Nebenan, die außer einmal die Hausaufgaben vergessen noch nie etwas schlechtes getan haben. Irgendwie werden Mädchen mit blonden blonden Haaren immer solche Eigenschaften zugeordnet, was weiß ich warum auch immer. Muss ich sagen, dass die Worte des Pummelchens also eher eine Beleidigung sind?
Und jetzt?, will ich schon fragen, als das Pummelchen mir wieder zuvor kommt. Würde ich nicht immer noch an der Realität dieser Situation zweifeln, die definitiv eine Auszeichnung wegen Verwirrung höchsten Grades verdient hätte und danach doch bitte in der Hölle schmoren soll, würde ich ihm spätestens jetzt meinen Sarkasmus um die Ohren hauen. So aber halte ich brav meine Klappe und warte ab, was er zu sagen hat.
»Wenn ich fragen darf: Ist der Rollstuhl echt?« Vielleicht hätte ich doch nicht warten sollen. Dann hätte ich mir mein beinahe-aus-dem-Rollstuhl-fallen echt sparen können. Und meine Gesichtsmuskeln wären wohl nicht so überfordert damit, von perplex zu genervt zu wechseln.
»Nee, natürlich nicht! Ich fahre nur freiwillig mit diesem Ding herum und sitze mit nebenbei meinen Arsch platt!«, knurre ich mit dem besten sarkastischen Unterton und fühle mich sogleich ein Stück mehr in der Realität. Ich hatte schon sorge, meine sarkastische Ader wäre urplötzlich verklumpt oder schlimmeres. Offenbar befinde ich mich also doch nicht in einem echt schrägen Traum. Wobei das dann heißt, dass dieses ganze Theater wirklich passiert und das wiederum lässt einen Traum wie ein rosarotes Traumland erscheinen.
Ein grunzendes Geräusch, da wie ein Gemisch aus erstickender Sau und wieherndem Pferd. Es brauchte geschlagene drei Sekunden bevor ich realisierte, dass dieses Geräusch aus dem Mund des Pummelchens tropften und ich aufhörte, nach einer seltenen Mischung aus Pferd und Sau Ausschau zu halten. »Ich sehe schon, Sie haben Humor!«, lacht Pummelchen. Ich verzichte darauf, skeptisch meine Augenbraue hochzuziehen und beachte ihn stattdessen mit gelangweiltem Blick. Über die Sache mit dem Humor lässt sich definitiv streiten, aber zumindest schien er meinen Sarkasmus zu verstehen.
»Nun gut«, beendete Pummelchen schließlich seinen Erstickungslachanfall und wendet sich an Kian, der unsere Unterhaltung mit einem Grinsen auf den Lippen verfolgt hat. Wann genau er aufgehört hat, mein Ohr mit Blicken abzusägen, weiß ich schon gar nicht mehr, aber wie es aussieht, muss ich ihm wohl keine Krankenhausrechnung wegen amputiertem Körperteil in Aussicht stellen. Wobei ich nicht einmal glaube, dass der Preis für ihn sonderlich hoch gewesen wäre.
»Kian. Wir haben wirklich ein Problem. Wie du weißt, ist fällt unsere Hauptdarstellerin aus und wir werden uns in fünf Minuten zu einem Krisenmeeting treffen. Du weißt ja, was auf dem Spiel steht.« Obwohl das Pummelchen noch vor ein paar Sekunden einer Sonnen das Wasser reichen konnte, weich diese Stimmung von jetzt auf gleich auf gleich Besorgnis. Vielleicht bin ich mit meinen neunzehn Jahren und krassen Stimmungsschwankungen ja doch nicht so ungewöhnlich wie ein glitzerndes Regenbogeneinhorn.
»Tja was das angeht«, meldet sich angesprochener alias die Nervensäge zu Wort und klinkt dabei viel zu gut gelaunt, in Anbetracht der nicht ganz so glitzernden Umstände, in der die Filmcrew mehr oder weniger unfreiwillig gerade einen Teestopp einlegt, »habe ich vielleicht eine Lösung.« Sollte es mich vielleicht beunruhigen, dass sein Blick dabei auf mir liegt?
***
Was haltet ihr von dem „Pummelchen" und habt ihr vielleicht eine Ahnung, wer das sein könnte?
Im übrigen ist es etwas beibringend, dass ich bereits bei Kapitel 17 bin und der Dreh immer noch nicht begonnen hat ^^'. Naja, wie auch immer.
Euch noch ein schönes Halloween und wir lesen uns xD
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