14 - Ego bis zum Jupiter
»Nico?« Meine Stimme müsste laut genug gewesen sein, schließlich piepsen mich die Vögel über mir empört voll. Na immerhin jemand hat mich gehört! »Schnauze!«, knurre ich und bin mir ziemlich sicher, dass die Vögel plötzlich taub geworden sind – oder sie stellen sich taub. Was auch immer. Den Schnabel halten sie jedenfalls nicht. Wäre aber auch zu schön gewesen.
»Verdammt Nico!«, brülle ich erneut, diesmal mit einem minimalen Hauch von Wut in der Stimme. Aber wirklich nur ganz minimal. Innerlich bin ich auch gar nicht sauer oder so. Nein, überhaupt nicht. Und ja, diese Worte sind in etwa so sehr sarkastisch, wie Lillifees Haare rosa sind.
Was muss dieses Mädel aber auch weglaufen? Gut, ein ziemlich großer Brocken der Schuld hat sich bei mir eingehaust und wird sich wahrscheinlich nicht mit Rattengift oder ähnlichem vertreiben lassen. Aber vielleicht mit Feuer...? Ich schüttele über meine eigenen Gedanken den Kopf. Himmel, am Ende quatsche ich noch mit einem Apfelbaum über gelbe Spitzenkleider!
Trotzdem bin ich alles andere als erfreut, durch diesen verdammten Wald zu fahren und bei jedem zweiten Stein ein »Shit« zwischen den Zähnen hervor zu pressen, wenn der Schmerz meint, mal wieder in meinen Rücken zu fahren. Was muss sie sich auch ausgerechnet diesen Ort hier aussuchen?! Wenn sie überhaupt hier ist. Aber davon gehe ich jetzt einfach mal aus, sonst hält mich nämlich nichts mehr davon ab, dem nächstbesten Baum eine Bekanntschaft mit meinem Rollstuhl so spenden.
»Nico! Jetzt beweg gefälligst deinen Arsch hier her, ich habe echt keine Böcke mehr, den Ästen weiterhin mein Gesicht als Versuchskaninchen für die nächsten Baum-Mode-Trends zu dienen!« Diesmal begnügen sich die Vögel über mir nicht mehr damit, mich mit ihrem niedlichen und äußerst nervtötenden Gezicke zu beschimpfen. Stattdessen wagt es einer dieser verfluchten Pipmätze ein Schritt weiter zu gehen und scheißt mir auf die Schulter. Angewidert blicke ich auf meine Schulter, die nun ein kleiner, weißer Kreis verunstaltet.
»Ist das dein verdammter Ernst?!«, zische ich hoch, wo die ganzen Vögel sitzen und sich anhören, als wären sie gerade im Kino mit der besten Komödie des Jahres. Kann dieser Tag nicht einfach schnell zu Ende gehen? Bitte? Oder besser noch: das alles hier ist ein scheußlicher Alptraum, der nur dazu erschaffen wurde, mich näher an den Abgrund des Wahnsinns zu treiben, in dessen tiefen diverse Krokodile, Tiger, Haie und was es halt sonst noch so für tödliche Tiere gibt nur darauf warten, mich zu zerfleischen. Okay, ich übertreibe gerade maßlos, aber das bekommt ja eh keiner mit.
»Nico, ich gehe, wenn du dich nicht endlich dazu herab lässt, zu mir zu kommen! Ich mache mir Sorgen, verdammt! Also wenn du nicht irgendwo halb abgemurkst in einer Grube liegst und kurz vor dem Tod stehst, dann antworte verdammt noch mal! Ich lasse dich dann auch in Ruhe, meine Fresse!« Ich meine jeder meiner Worte genau so, wie ich sie sage. Ja, ich, Vollzeitpesimistin und überzeugte Zynikerin, kann mir auch Sorgen um andere machen. So unglaublich es auch klingt. Und obwohl man es mir vielleicht nicht anmerkt, bin ich kurz davor, vor Sorge auszurasten.
Natürlich antwortet mir niemand. Wäre auch zu schön gewesen, wenn Nico sich dazu überwunden hätte, mir mit einem kleinen »Verpiss dich, Angi!« zu signalisieren, dass sie zumindest noch unter den Lebenden weilt. Wobei Nico so etwas nie sagen würde. Zu gut erzogen und zu wenig Zeit im schlechten Einfluss ihrer Freundin verbracht. Aber alles kann man eben auch nicht haben und diesen fehlenden Wortschatz kann man sicherlich ganz leicht aufarbeiten. Dafür sorgen ich schon.
Ich seufze resigniert auf und strenge all meinen Grips an, um einen weiteren Plan zu schmieden. Wenn Nico nicht antwortet, heißt das entweder, sie ist noch zu wütend, als dass sie mir auch nur eine Beleidigung schenken würde oder sie ist tatsächlich nicht hier. Es gibt zwar auch noch die Möglichkeit, dass sie von einem Killer umgebracht und irgendwo hier vergrabene wurde, aber selbst ich muss sagen, dass das in etwa so realistisch ist, wie wenn Oma plötzlich wieder fünfzehn ist. Was genau sollte ein Killer hier tun und warum sollte er sich ausrechnet Nico aussuchen? Es scheint mir doch viel realistischer, dass ihn Mr. Petersen – sollte er einen an geheuchelt haben – auf mich angesetzt habe. Ich habe diesem Arschloch schließlich die Nase gebrochen und so weiter. Nur, dass mir nicht einmal er abgebrüht genug erschient, das zu tun.
Am besten gehe ich einfach nach Hause, schaue ein paar Filme oder lese und lasse diesen schrecklichen Tag, Tag bleiben. Morgen wird alles besser sein. Und wenn nicht, kann ich ausgeschlafen und mit einer dickeren Mauer aufstehen, der Welt meinen wunderschönen Mittelfinger zeigen und mir innerlich denken, wie sehr mich alle doch können. Ja, das hört sich nach einem fantastischen Plan an.
Und was Nico betrifft...wenn sie nicht will, das ich zu ihr komme, werde ich ihr diesen gefallen tun. Irgendwann wird sie sowieso wieder zurück kommen. Sie ist einfach nicht der Typ, der ohne eine verlangte Erklärung weggeht und einen in Schuldgefühlen oder dergleichen ertrinken lässt. Ich bin eher diejenige, die so eine sadistische Ader besitzt und diese auch gerne verwendet. Manchmal.
***
Vielleicht sollte ich diese Sache mit dem in Schuldgefühle ertränken lassen noch einmal überdenken...oder den Killer doch in betrachte ziehen. Mittlerweile hat es zu dämmern begonnen, was nicht heißt, das es Stiller geworden ist. Eher scheint es mir, als hätten sich die Leute zu einer spontanen Runde Wir-nerven-die-Einheimischen entschlossen und der Lärmpegel ist grausam. Und das alles nur wegen diesem verdammten Filmteam! Wie ich es doch hasse!
Jedenfalls ist Nico noch immer noch nicht aufgeschlagen und obwohl ich mir einrede, dass ihr nichts passiert wäre, steigt die Sorge in jeder Sekunde. Es ist ziemlich untypisch für Nico und selbst Filme helfen nicht mehr, mich abzulenken. Verflucht aber auch!
»Mäuschen? Wir sind wieder da!«, ruft Oma und ich höre, wie die Tür leise in Schloss fällt. Ich wusste gar nicht, dass Oma weg war... Dann allerdings fallen mir ihre Worte wieder ein und ich horche auf. Wir?
Eine dumpfe Vorahnung steigt in mir auf und mein Blick verdüsterte sich nach bester schlechter Laune. Hat Oma etwa ein paar dieser Filmfutzis bei uns aufgenommen? Wenn das so ist, werde ich diese Nacht wohl doch nicht allzu viel schlafen, weil ich viel zu beschäftigt sein werde, mir einen Plan auszudenken, wie ich diese Dummköpfe wieder loswerden kann. Juckpulver ist eine gute Idee, aber leider bin ich nicht im Besitzt von so etwas. Mal abgesehen davon, dass ich wohl kaum mitten in der Nacht in ihre Zimmer rollern kann. Im Gegensatz zu anderen, bin ich wirklich wie ein Elefant in Porzellanladen. Oder eher der Rollstuhl ist es. Weshalb so eine bei Nacht und Nebel Aktion gewaltig in die Hose gehen wird. Wieder einmal ein Nachteil.
Ohne lange zu zögern oder mich darum zu scheren, dass meine Haare wahrscheinlich wie ein Vogelnest mit streitsüchtigen Bewohnern aussieht, rollere ich ins Wohnzimmer, welches an die Küche angrenzt. Von dort aus dringen Stimmen zu mir rüber. Zwei Stimme. Oma, ich kille dich!
Mit dem finstersten Blick, den ich aufbringen kann, fahre ich das letzte Stück und stehe schließlich im Wohnzimmer. Mein Blick heftet sich sofort auf den braune Haarschopf – und gerade noch so kann ich verhindern, dass sich der Mechanismus an meinem Kiefer verselbstständigt. Nico. Es ist Nico. Okay, streicht das mit Oma. Ersteinmal kille ich Nico.
»Und ich dachte schon, ich müsste deine Beerdigung planen! Ich habe mir sogar schon überlegt, ob du wohl lieber blaue oder rote Blumen haben willst, habe mich dann aber für die roten entschieden. Einen Pfarrer habe ich auch schon aufgetrieben und morgen wollte ich ein paar Särge begutachten. Schade, jetzt habe ich alles um sonst organisiert«, sage ich in einem gespielt bedauernden Tonfall, aber der zynische Unterton ist gut herauszuhören. Dabei will ich gerade nichts lieber, als ihr um den Hals zu fallen und ihr sagen, wie leid es mir tut. Nur dass mein verdammter Stolz das leider nicht zulässt.
Nico drehte sich erschrocken zu mir um, während Oma nur fragen ihre Augenbrauen hochzieht. Sie versteht offenbar nur Bahnhof und wenn ich ehrlich bin, ist mir das viel lieber. Sonst dürfte ich mir jetzt ihre Moralpredigt anhören und hoffen, mein halbes Hirn danach noch zu besitzen.
Stumm blickt mich meine Freundin an und scheint nicht so recht zu wissen, was sie jetzt machen soll. Entweder sie hat Angst, beim leisesten Mucks eine Ladung Beleidigungen meinerseits an den Kopf zu geknallt zu bekommen oder sie spielt immer noch die Beleidigte Leberwurst.
Dafür hat Oma allerdings keine Angst, sich in die Höhle des Löwens zu wagen. Ich hoffe nur, dass sie das nicht bereuen wird. »Ach Kinderchen, was ist denn los? Es erschien mir gleich so seltsam, als Nico mir heute am Stand helfen wollte, wo ihr zwei euch doch ein paar schöne Tage machen wolltet. Jetzt sagt mal, was ist passiert?«, beginnt sie und blickt auffordernd zwischen uns her. Ich rolle mit den Augen und entziehe mich ihrem Blick. Sonst werde ich am Ende noch geröstet oder so etwas. Oder Oma quetscht mich aus wie eine Zitrone. Wobei das sowieso passieren wird.
Als weder Nico noch ich ihr irgendeine Lüge auftischen oder gar die Wahrheit sagen, seufzt Oma auf. »So geht das aber nicht. Ab auf die Couch, jetzt reden wir!«, verlangt sie und deutet mit dem Finger auf unsere olivgrüne Coach, welche definitiv schon einmal bessere Zeiten erlebt hat. Ich habe zwar gar keine Lust, meinen Arsch dorthin zu bequemen und zu reden, allerdings ist die Aussticht auf eine wütende Oma weitaus weniger toll, weshalb ich es schlussendlich doch mache. Es gibt schließlich noch die zu-einem-Ohr-rein-und-zum-anderen-wieder-raus-Methode.
Widerwillig parke ich mich direkt neben dem Sofa, während Nico und Oma auf dem Sofa platz nehmen. Es ist schon ziemlich peinlich und vor allem unnötig, dass Oma uns gerade beim Streitschlichten hilft, wie man es sonst immer bei fünfjährigen macht. Das gleiche scheint auch Nico zu denken. Wie sagt man so schön? Zwei Dumme, ein Gedanke. Oder in dem Fall eher: Eine beleidigte Leberwust und eine Vollzeitpessimistin, ein Gedanke. Wie auch immer.
»Runa, das ist wirklich lieb, aber ich denke, Angi und ich sind alt genug, das selbst zu klären«, versucht Nico Oma davon abzubringen, diese lächerliche Idee in die Tat umzusetzen. Ehrlich, wenn sie uns erst einmal in den Fingern hat, werden wir nicht mehr davon kommen, ehe sie unsere gesamte Gefühlswelt bis ins Detail kennt. Eine grauenhafte Vorstellung, ich weiß. Und genau deshalb bin ich auch so erpicht darauf, das ganze hier möglichst Schnell zu beenden.
»Nico hat recht. Außerdem gibt es da nicht viel zu klären. Ich habe Scheiße gebaut, sie hat Scheiße gebaut, fertig«, springe ich Nico bei. Diese fährt gerade zu mir herum und ihre Augen blitzen wütend, als würde sich mir gerade am liebsten ein Gewitter an den Hals wünschen. Nur gut, das sie keine Wetterhexe ist...
»Ich habe Scheiße gebaut?«, fragt sie fassungslos und blickt mich an, als hätte sich so eben die letzte das Tasse aus dem Staub gemacht. Ich zucke mit den Schultern. »Du hast mich die Situation ja nicht einmal erklären lassen, sondern bist einfach davon gezischt!«
Nico lacht höhnisch auf. So wütend habe ich sie selten erlebt. Heilige Scheiße, ich muss sie echt verletzt haben. Verflucht seist du, Lancelot!
»Du hast mir klar und deutlich gesagt, dass ich verschwinden soll. Was daran kann man bitte falsch verstehen?«, zischt sie und beugt sich etwas zu mir vor. Aus den Augenwinkeln registriere ich flüchtig, dass Oma unser Schauspiel mit einer resignierten Miene beobachtet, als wolle sie sagen: »Mädchen, Mädchen, anschreien bringt doch auch nichts!«. Aber sie bleibt still.
»Das war doch gar nicht an dich gerichtet!«, schieße ich, genauso laut, zurück. Ich bin dezent am verzweifeln, weil ich Nico so gerne die Situation erklären würde, es aber nicht kann.
»Ach ja? Und an wen dann?«, will Nico ungehalten wissen und mir ist klar, dass sie mir genau wenig glaubt, wie wenn ich ihr sagen würde, ich könnte fliegen. Zu gerne würde ich die Sache mit Lancelot erzählen aber angesichts der Situation, würde das eher wie eine billige Ausrede statt eine vernünftige Erklärung meiner Verhaltens aussehen. Also nichts mit Geheimnissen offenbaren. Stattdessen muss ich mir eine gute und vor allem glaubhafte Ausrede einfallen lassen. Das sind ja tolle Aussichten!
»An mich selbst«, sage ich spontan und kapiere relativ spät, wie dumm sich diese Worte anhören. Das klingt, als hätte ich eine multiple Verhaltensstörung. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was schlimmer ist. Die Offenbarung, dass ich mit meinem Kater sprechen kann oder das Eingeständnis mehre Persönlichkeiten. Beides extrem kritisch.
»Bitte was?«, fragt Nico ungläubig und ich überlege, wie und ob ich mich da jemals wieder heraus reden kann. Ich seufze. Jetzt sitze ich noch tiefer in der Scheiße als zuvor schon. Typisch!
»Wir haben doch Kian getroffen«, beginne ich vorsichtig und setzte meinen besten Ich-bin-unschuldig-aber-mir-ist-das-hier-etwas-unangenhem-Gesichtsausdruck auf. Sie sollen bloß nicht bemerken, dass ich Lüge. Und wie es scheint, klappt es auch.
»Tja und seine Worte sind mir immer und immer wieder im Kopf herum gekreist und das hat mich halt ziemlich fertig gemacht. Diese Worte sind mir heraus gerutscht, bevor ich richtig darüber nachgedacht habe«, beende ich meine Lüge aalglatt und das schlechte Gewissen steigt wie Galle in mir auf. Ekelhaft. Aber manche Situationen erfordern eben eine Notlüge. Vor allem, wenn diese Verhindert, dass ich möglicherweise in die Psychiatrie eingewiesen werde...
Nico blickt mich stumm an und scheint zu überlegen. Ich zweifele nicht daran, dass ich meine Lüge überzeugend rüber gebracht habe. Das tue ich immer. Aber genau das ist der Punkt. Nico weiß, wie gut ich schauspielern kann. Sie weiß, wie leicht mir das überzeugende Lügen fällt. Deshalb muss sie jetzt auch überlegen, ob ich sie nicht doch belüge, auch wenn ich eigentlich so glaubhaft bin. Manchmal ist das Wissen echt ein Fluch!
Schließlich nickt sie langsam. »Warum hast du denn nicht früher gesagt?«, verlangt sie zu wissen und hört sich diesmal anklagend an. Keine Wut mehr. Ich habe es geschafft. Na endlich!
»Weißt du, wie abgedreht das klingt? Du hättest mir doch sicherlich nicht geglaubt, oder?« Wenn ich erst einmal in meiner Rolle drin bin, rutsch der Rest wie Butter. Es ist wahrlich nicht schwer, sich in die Rolle einer peinlich berührten Angi hinein zu versetzten, auch wenn ich es hasse. Aber die Tatsache, dass ich extrem selten peinlich berührt bin, macht das ganze noch viel glaubhafter.
»Ja, okay, du hast recht«, seufzt Nico schließlich und auch der letzte Hauch von misstrauen verschwindet. Sie ist nun vollkommen davon überzeugt, dass ich diese Worte nicht an sie gerichtet habe – was ja auch stimmt.
Oma lächelt uns beide an. »Sehr ihr, das war doch gar nicht so schwer. So und jetzt redet mal schön weiter ich mache uns etwas leckeres zu essen. Und keine Sorge, ich höre nicht zu«, versprach sie und zwinkert mir verschwörerisch zu. Ich blicke ihr irritiert nach, als die aufsteht und die die Küche ging. Was sollte das denn jetzt? Denkt sie etwas, ich erzähle Nico gleich meine schmutzigsten Geheimnisse? Ich denke nicht, dass Nico allzu sehr an der Toilettenstorie mit meinem Schleicheinhorn interessiert ist.
Nico's Stimme hält mich davon ab, weiter über Omas seltsame Geste Nachzudenken. »Aber das heißt auch, dass du an Kian interessiert bist. Ich meine, wenn er dir die ganze Zeit im Kopf herum schwirrt...«, beginnt Nico, wieder ganz der alte Sonnenschein und lässt den Satz unbeendet. Ich stöhne laut auf. Vielleicht wäre die Psychiatrie doch besser geworden. Jetzt darf ich mir nur noch mehr Kian anhören. Apropos Kian...da war doch dieser Zwilling. Aric.
Bevor ich mich bremsen kann, spucke ich meine Frage auch schon aus. »Sag mal, weißt du, ob Kian Geschwister hat?«, frage ich und bete, dass ich sie mit ihren Worten nicht ermutige. Wenn sie mir jetzt vorwirft, ich will die Gästeliste für unsere Hochzeit erstellen, erwürge ich sie. Eigenhändig.
Aber Nico verkneift sich glücklicherweise jeden Kommentar und überlegt Stirnrunzelnd. »Mmm ja, eine Schwester und einen Zwillingsbruder, soweit ich weiß. Warm fragt du?« Letzteres sagt sie mit so viel Neugierde in der Stimme, dass ich das Erwürgen doch in Betracht ziehe. War ja klar, dass sie es nicht einfach dabei lassen wird.
»Wie heißen sie?«, übergehe ich ihre Frag einfach und bin mir durchaus bewusst, dass das so klingt, als hätte ich ernsthafte Interesse an Kian. In der Not frisst der Teufel eben Fliegen...
»Puh, da fragst du mich was...warte mal«, unterbricht Nico sich selbst und zieht ihr Handy aus der Tasche. In Windeseile hämmert sie auf das arme Display ein und ich bin erstaunt, dass es nicht zerbricht. Wahrscheinlich ist es eine solche Folterung schon gewöhnt.
»Also, er hat eine kleine Schwester namens Josephina Cathleen Donovan, genannt Josi. Sie macht gerade die Ausbildung zur Stylistin und ist ein Jahr älter als wir. Und wow, ihr Stiel ist ziemlich...ehm...ausgefallen», murmelt Nico und starrt auf den Bildschirm, wahrscheinlich auf ein Foto. Yep, das hört sich genau nach Prinzessin Lillifee an.
»Lass mich raten: Rosa Haare, ziemlich klein und sieht aus wie Pippi Langstrumpf«, seufzte ich und Nico blickt überrascht auf. »Ja, woher weißt-« Mit einer Handbewegung bringe ich sie zum Schweigen. »Später«, antworte ich knapp und hoffe, sie belässt es dabei. Wenn ich ihr jetzt alles erzähle, werde ich ausgequetscht, bevor ich auch Aric unter die Lupe genommen habe. Es ist nicht so, dass ich neugierig bin, aber ich weiß gerne, vor wem ich stehe. Selbst, wenn es arrogante Möchtegerne mit Ego bis zum Jupiter sind.
Nico sieht kurz so aus, als wolle sie protestieren, belässt es dann aber glücklicherweise. »Okay, nächster. Er hat einen Bruder, Aric. Er ist sein Zwillingsbruder und...«, Nico stockt. Ich verziehe meine Lippen zu einem bitteren Lächeln. »Playboy, Mädchenaufreißer, Arschloch, Herzensbrecher?«, schlage ich vor und wieder scheint Nico kurz davor, etwas zu sagen. Stattdessen nickt sie einfach nur. Und ich klopfe mir innerlich selbst auf die Schulter. Der Typ sieht also nicht nur wie ein Frauenheld aus, sondern ist auch einer. Na ganz toll.
»Er ist Schauspieler, jedoch auch ein Standdouble und übernimmt die gefährlichen Parts, während sein Bruder den anderen Part übernimmt. Aber in manchen Filmen spielt er auch selbst eine Rolle, nur sind das meinst Rollen ohne viel Romatik oder so etwas. Das ist dann wohl eher Kians Part«, fasst sie ihre Infos zusammen und betrachtet nachdenklich etwas auf ihrem Handy.
»Die beiden haben echt viele Ähnlichkeiten, aber irgendwie finde ich, dass Aric etwas unheimlich aussieht, meinst du nicht?«, fragt sie schließlich und hält mir ihr Handy hin. Darauf war, wie zu erwarten, dass arrogante Arschloch nebst der Nervensäge zu sehen. Beide auf einmal zu sehen, verursacht eine tiefe Übelkeit, gefolgt von einem panischen Aufschrei meiner Nerven. Die beiden sind Nervenkiller durch und durch. Allerdings hat Nico recht. Aric hat etwas finsteres an sich, auch wenn er in die Kamera lächelt. Aber dieses Lächeln hat etwas gefährliches, beinahe drohendes an sich. Hingegen sieht Kian aus wie ein Engel. Gott, die beiden sehen beinahe Identisch aus, sind aber doch irgendwie komplett verschieden. Klischeehafter geht's ja nicht!
»Kann sein«, gebe ich schulterzuckend zu und Nico nimmt das Handy wieder an sich. Es wäre wohl zu viel verlangt, zu hoffen, Nico würde das Handy gleich weg stecken und die beiden Geschwister, Geschwister sein lassen. Aber das wird mir nicht gegönnt. Stattdessen blickt sie weiterhin auf ihr Handy und mustert das Bild.
»Aber irgendwie hat er etwas an sich, das ziemlich sexy ist«, murmelt sie eher zu sich selbst als zu mir und ich erspare mir zu fragen, von welchen der beiden Brüder sie spricht. Beide sind absolute Vollpfosten, ganz egal, wie gut oder schlecht sie nun aussehen mögen. Ich verzichte darauf, ihr zu antworten und lasse mich stattdessen gegen meine Rückenlehne sinken.
»Jetzt sag mal, warum interessierst du dich dafür?«, fragt Nico nach einer guten Minute und steckt endlich ihr Handy weg. Ich hatte schon Hoffnung, sie würde das Thema auf sich beruhen lassen, aber wie ihr wisst, verstehen sich die Hoffnung und ich nicht allzu gut. Allerdings hat sie mir gerade ziemlich viele Antworten gegeben, weshalb es ziemlich unsozial von mir wäre, ihr diese eine jetzt nicht zu beantworten. Zumal ich verdammt froh bin, dass sie mich nicht mehr mit Ignoranz oder Hass straft.
»Ich hatte das Pech, auf alle zu treffen. Deshalb liegen meine Nerven jetzt auch im sterben oder sind schon tot!«, erkläre ich ihr, mit einem sarkastischen Unterton in der Stimme. Nico fährt hoch, als hätte ihr so eben jemand eine Nadel in den Hintern gerammt. Ungläubig blinzelt sie mich an und sieht so aus, als hätte sie vor, einen Kurzzeiturlaub in der Ohnmacht zu machen.
»Bitte was?! Du hast Kians Bruder und Schwester getroffen? Beide? Wirklich?«, harkt sie fassungslos nach und scheint mir nicht wirklich zu glauben. Andererseits...warum sollte ich Lügen? Ich bin kein Mensch, der mit Begegnungen anderer prahlt. Das weiß Nico auch. Zu dem selben Schluss scheint auch meine Freundin gekommen zu sein, denn sie starrt mich mit offenem Mund an, als wolle sie demnächst ein paar Fische fangen.
»Ja, das habe ich dir doch schon erzählt! Und jetzt mach da mal nicht so ein großes Ding draus. Die ganze Familie ist extrem schräg und gestört«, gebe ich entnervt von mir und bereue es allmählich, Nico gefragt zu haben. Andererseits ist sie meine Freundin und ich habe nicht gerne Geheimnisse vor ihr. Gut, abgesehen von der Sache mit Lancelot und den Auren. Sonst aber fühle ich mich irgendwie verpflichtet, ihr alles zu sagen. Wahrscheinlich liegt das daran, dass sie mir früher so sehr geholfen hat und es nach wie vor tut, wenn auch eher unterbewusst.
»Himmel Angi, so etwas kannst aber auch nur du sagen!«, seufzte Nico lächelnd. »Du trifft auf den ganzen Donovan-Clan und es geht dir am Arsch vorbei. Ehrlich, ich wäre tot umgefallen.« Ich nicke langsam. Ja, das ist eine durchaus realistische Reaktion meiner besten Freundin.
»Moment, das heißt auch, dass du Aric getroffen hast?«, fragt sie neugierig nach und ich überlege, was genau in den letzten zwei Minuten unverständlich gewesen war.
»Jaha«, antworte ich dennoch, wenn auch mit einer deutlich hörbaren Spur von Nervenverlust.
»Oh mein Gott. Wow. Angi, weißt du, wie viel Glück du hattest?«, schreit Nico beinahe und blickt mich an, als sei ich nicht mehr zu retten, sollte ich etwas anderes behaupten. Ich bleibe nach wie vor unbeirrt und verdrehte standhaft die Meinung, dass diese Begegnungen Pech auf höchstem Level waren. Gut, Prinzessin Lillifee war ganz amüsant und nicht ganz so schrecklich wie all die anderen Leute, aber mal abgesehen davon...
»Glück? Nein. Riesengroßes Pech? Ja.« grummele ich. Nico scheint kurz davor zu sein, mir eine zu Scheuern. Kann sie gerne versuchen, ändern wird es meine Meinung nicht.
»Und...und wie war er so? Also Aric?«, fragt sie schließlich nach und der Ich-klatsch-dir-gleich-eine-Blick verschwindet. Ich hebe ergeben die Hände. Sie wird mich nicht aus ihren Fängen lassen, egal wie sehr ich es hoffe. Da bleibt nur noch die Möglichkeit, ihren Fragedurst zu stillen und das möglichst schnell.
»Er war ein arrogantes Arschloch wie es im Buche steht. So wie die ganzen gehirnaputierten Schwachköpfe in Büchern, mit denen du mir immer eine Gehirnwäsche vollziehst«, erkläre ich kurz und knapp und hoffe, damit genug gesagt zu haben. Habe ich schon gesagt, dass mich die Hoffnung zu hassen scheint?
»Also ein Badboy? Echt jetzt?« Nicos Augen weiten sich und ich verziehe das Gesicht. »Ich habe keine Pistole oder Zigaretten oder sonst so etwas gesehen. Auch sah er nicht so aus, als käme er gerade von einer Mordsession zurück. Also nein, keine Badboy!«, stelle ich klar und Nico scheint etwas enttäuscht über meine Antwort zu sein. Meine Fresse, dieses Mädel hat vielleicht Fantasien!
»Aber ist er denn so heiß, wie auf den Fotos?« Ich stöhne auf. Gott, das wird ja immer besser! »Nein, er sieht in Wirklichkeit wie frisch aus der Waschmaschine aus!«, knurre ich und Nico verzieht ihre Lippen zu einem Schmollmund.
»Jetzt lügst du aber!«, protestiert sie und mein eisiger Blick trifft sie. Diesmal liegt es an ihr, die Hände ergeben zu heben. Fehlt nur noch das weiße Fähnchen. »Okay, okay, ich bin still!«, deutet sie meinen Blick richtig und ich atme erleichtert aus. Na endlich!
»Ich mag Kian trotzdem lieber«, fügt sie noch hinzu. Ich ignoriere ihre Worte. Mir egal, welche perversen Fantasien ihr gerade durch den Kopf gehen.
»Mädchen, es gibt essen! Kommt ihr? Ich habe euch noch etwas wichtiges zu verkünden!«, schallt Omas Stimme aus der Küche und ich versteife mich. Mein Magen fordert mich zwar dazu auf, zu ihr zu gehen, damit er sich mit Essen vollstopfen kann, aber ein andere Teil in mir schlägt bei den Worte "wichtiges zu verkünden" sofort Alarm. Wenn sie mir jetzt eröffnet, Mr. Petersen zu heiraten, bringe ich mich um.
***
Und mal wieder ein Kapitel, dass den Titel "Langeweile" verdient hätte xD. Aber was soll ich sagen...das Leben ist halt auch nicht immer spannend ^^'. Und wer mir für den Kommi gerne eine reinhauen möchte...vielleicht solltest du noch etwas warte, bis die Geschichte fertig ist ^^.
Euch noch einen schönen restlichen Samstag Abend und wir lesen uns ^^
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top