13 - Wie Feuer und Benzin
Zehn Jahre. Seit zehn Jahren habe ich die Erinnerungen an diesen schrecklichen Tag tief in meinem Inneren vergraben. Von Jahr zu Jahr kamen neue Gedanken und Erinnerungen, welche sich wie Staub der Vergessenheit über diese Erinnerungen legten. Auslöschen konnte ich sie allerdings nie. Und ich werde es auch nicht können. Trotzdem habe ich in der trügerischen Hoffnung gelebt, sie unter diesem Haufen zu ersticken oder zumindest so weit zu vergraben, dass es schon sehr, sehr viel braucht, damit diese Erinnerung aus dieser Höhle heraus kommt. So etwas wie ein Autounfall und das ist noch das harmloseste. Niemals, aber auch nie, habe ich das hier in Erwähnung gezogen. Sieht so aus, als ob ich doch keine Hellseherin bin.
Aber um der Sache hier etwas Klarheit zu verschaffen, mal einen Sprung in die Vergangenheit.So ungefähr vor zehn Jahren. Damals war noch alles perfekt. Meine Mutter war da, lebendig und ansprechbar. Ich hatte ein schönes Leben. Schon damals bewunderte ich das Aussehen meine Mutter. Sie war ein wirklich schöne Frau. Das ist sie immer noch, auch wenn ihre Haut nicht mehr den goldenen Ton von früher hat. Aber was will man auch erwarten, wenn man seit zehn Jahren zwischen den monotonen weißen Wänden des Krankenhauses liegt? Irgendwann färbt das halt ab. Und bevor ihr euch jetzt fragt, wo genau da der Kontext ist – wartete.
Am meisten bewunderte ich sie für ihre Augen. Sie waren nicht von so einem hässlichen schlammbraun wie Kians. Oder einer Farbe, die man jeden gottverdammten Tag im Himmel sieht. Stattdessen glichen sie eher Moos oder einem Smaragd. Sie sind wahrscheinlich immer noch grün, allerdings sind ihre Lieder schon so lange geschlossen, dass ich keine Gewissheit mehr habe. Naja, abgesehen von meinem Verstand, der mir eine in die Fresse haut, sollte ich einen Farbwechsel in Erwägung ziehen.
Bei niemandem sonst habe ich so grüne Augen gesehen. Ich weiß, dass grüne Augen ziemlich selten sind. Und meist ist es dann so ein hellgrün wie die von Prinzessin Lillifee. Oder ein Mix mit braun. So richtig intensive grüne Augen hat kaum jemand. Bis auf meine Mutter - und dieser Typ vor mir, der offenbar ein mieser Scherz ist. Ein gefährlicher Scherz.
Seine grünen Augen bohren sich in meine, als habe er nichts besseres zu tun, als mit einem Bagger in meinen Erinnerungen zu wühlen. Man müsste doch meinen, dass so ein Typ seine Zeit mit sehr vielen Mädels und sehr wenigen Klamotten verbringen würde. Aber nein, stattdessen spielt er jetzt den Seelendoktor, der definitiv keinen Doktortitel verdient hat.
Tja und während er wie paralysiert einen einseitigen Starrwettbewerb ausführt, explodiert in meinem Inneren die nächste Kette, welche die Truhe der Erinnerungen zusammenschnürt. Wenn das so weiter geht, werde ich gleich von einer Welle voller hässlicher Erinnerungen überflutet. Diese Erkenntnis löst eine Kettenreaktion aus, aktiviert erst die Angst und dann die Panik. Ein Strudel der Gefühle trifft es wahrscheinlich ziemlich gut, auch wenn mein Strudel schwarz ist. Kohlrabenschwarz. Fast wie Tinte und mindestens genauso flüssig.
In mir beginnen alle Alarmglocken zu schrillen und mein Atem verschnellert sich wie von selbst. Wahrscheinlich sehe ich gerade aus, als hätte ich einen Geist gesehen. Einen sehr unheimlichen, grausamen Geist. Immerhin weiß ich jetzt, dass ich dafür keine Achterbahn besuchen muss.
Schon traurig, wozu Augen führen können. Viele sehen in ihnen nur ein bunter Farbklecks inmitten des Gesichts, der ausnahmsweise mal nicht künstlich erzeugt werden muss. Für andere sind Augen ein Schlüssel zur Seele, auch wenn ich diesen kitschigen Schrott selbst nicht glaube. Tja und für mich sind Augen derzeit Benzin und Feuer zugleich. Muss ich sagen, dass ein Mischen der beiden zu einer Explosion führt?
Vorsichtshalber hole ich einen Feuerlöscher heraus, welcher immer Griffbereit irgendwo an diesem Ort steht und besprühe den hochexplosiven Teil. Dann allerdings erklärt mir ein funktionierender Teil von mir, was er von dieser Idee hält und schlägt mir stattdessen vor, mich lieber um den Typen vor mir zu kümmern. Wenn er weg wäre, besteht keine Gefahr mehr. Oder jedenfalls kein so hohes Risiko, dass mein Inneres gleich wie eine Rakete in die Himmel zischt. Und so ungern ich es auch zugebe, besagter Teil hat ausnahmsweise mal recht.
Also tue ich das naheliegendste, hebe meine Faust und ramme sie ihm ins Gesicht. Der nervige Teil schreit schon auf, wo ich denn meinen Verstand hätte und ich würde am liebsten die Augen verdrehen. Da soll er sich an mein Hirn wenden, ich bin hier schließlich nicht der Kummerkasten!
Allerdings hätte sich diese dämliche Teil sein Geschrei auch sparen können. Nicht, dass ich eine Profiboxerin bin. Aber ich würde schon behaupten, dass ich zuschlagen kann. Jedenfalls hat meine Hand ihr Ziel meist getroffen. Oder zumindest ein Ziel. Nur, dass dieser Typ eine Sache für sich ist.
Als hätte sich meine Faust im Schneckentempo auf ihn zubewegt, fängt er sie mit seiner Hand auf und schließt seine langen Finger um diese. Meine Hand verschwindet vollständig in seiner. Perplex und etwas überrascht, dass dieser Affe so schnell reagieren kann, blinzele ich ein paar Mal, während er mich nur amüsiert mustert, nun mit neuer Interesse, die sich jedoch stark in Grenzen hält. Was zur Hölle...?
»Na, na, man schlägt doch kei-«, beginnt er tadelnd und mit diesem provokanten arroganten Unterton, der mich rasend macht. Mein Blick zischt zu meiner Hand, welche immer noch einen Kurzzeitaufenthalt in seiner Hand macht und zurück zu seinen Augen. Geistesgegenwärtig hebe ich meine andere Hand und diesmal kapiert er es zu spät. Mein Faust trifft ein Teil irgendwo über dem Augen und hält ihn davon ab, seinen Satz zu beenden. Auch gut, dann muss ich mir weniger Schrott anhören.
Ich warte gar nicht darauf, welche Reaktion ich erreicht habe, sondern bemühe mich stattdessen, die gerissenen Ketten wieder herzustellen. Am besten noch ein paar mehr. Doppelt hält schließlich besser.
Noch während ich die Ketten flicke, schweifen meine Gedanken zu dem Geschehen gerade hin. Grüne Augen. Dieser Typ hat grüne Augen. Keine braunen. Aber Kian hat...
Ruckartig hebe ich den Kopf und lasse die Arbeit in meinem Inneren Arbeit sein. Das kann ich auch noch später flicken, zumal das Meiste ja schon erledigt ist. Was eigentlich nichts anderes bedeutet, als dass ich diese Erinnerungen erst einmal verdränge und mich nachher um sie kümmere.
»Wer bist du?«, frage ich mit schneidend scharfer Stimme. Zwar komme ich mir echt bescheuert vor und hasse es, dass meine Frage nach Interesse klingt, allerdings ignoriere ich diese Fakten gekonnt. Ich habe weder die Geduld noch die Lust, mir alles selbst zu erklären. Fakt ist, dass der Typ vor mir nichts Kian ist. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, ist eine andere Frage, um die ich mich später noch kümmern kann.
Während ich auf seine Antwort warte, nehme ich den Typ vor mir zum ersten Mal wirklich wahr. Was nicht heißt, dass der Anblick erfreulicher ist. Er sieht aus wie eine Kopie Kians und ich bete, dass sein Charakter wenigstens ein anderer ist als der dieser Nervensärge. Ein besserer. Wobei ich nach dem, was ich bereits von ihm kennen gelernt habe, davon ausgehen kann, dass er mindestens doppelt so schlimm ist.
Allerdings frage ich mich jetzt, welche der Möglichkeiten in meinem Kopf die richtige ist. Zur Debatte stehen Kian mit Kontaktlinsen, eine weitere Nervensäge - auch Zwilling genannt - oder ein Hirngespinst, welches meinen fehlenden Nerven zu verdanken ist. Und obwohl mir ersteres am liebsten ist, muss ich wohl oder übel zugeben, dass die Sache mit dem Zwilling eindeutig mehr Sinn ergibt. Gleichzeitig begreife ich, was das zu bedeuten hat und kann mir ein leises Aufstöhnen nicht verkneifen.
»Wer ich bin?«, fragt der Zwilling ungläubig und blickt mich höhnisch an. Meine Augen wandern kurz über sein Gesicht zu der Stelle, an der ich ihn geboxt habe. Es sieht nicht so aus, als hätte ich irgendwas erzielt. Weder hält er sich diese Stelle, noch ist sie irgendwie rot. Schade, dann muss ich demnächst wohl etwas fester zuschlagen. Falls es überhaupt ein nächstes Mal gibt.
Irgendwie realisieren die Nerven in meinen Händen dann auch einmal, dass sie nicht frei sind und bevor der nervtötende Signalton einer Berührung in meinem Inneren dafür sorgen kann, dass meine Laune noch weiter den Bach herunter geht, entreiße ich dem Arschloch meine Hand. Obwohl ich ihn mitten im Satz unterbrochen habe, war ich zu sehr damit beschäftigt, die Kontrolle zurück zu gewinnen, als zu realisieren, dass Kian der Zweite noch immer meine Hand in Gefangenschaft hält. Was nur ein weiterer Indiz dafür ist, dass mein Inneres weit mehr Schaden abbekommen hat, als ich mir eingestehen will.
»Ist dir dein Hörgerät heraus gefallen oder besitzt du einfach nur zu wenig Gehirn, um meine Worte verstehen zu können?«, fauche ich angesichts seiner dämlichen Frage zurück und bin ganz froh, langsam die Fassung zurück zu bekommen, satt wie nach einem Schleudergang in der Waschmaschine halb tot zu sein.
Der Hohn verschwindet aus seiner Miene und sein Gesicht sagt jetzt genauso viel wie ein Stein - nichts. Interessant. Er leidet also nicht unter der Dauergrins-Krankheit.
»Pass auf, wie-«, beginnt er knurrend und ich unterbreche ihn augenrollend. »Oh bitte! Sag mir jetzt bloß nicht, wie ich mit dir zu reden habe!« »Pass auf, wie du mit mir redest!« - Erwartet er ernsthaft, dass ich bei ihm eine Ausnahme mache? Ich rede mit ihm, wie ich es will und werde ihm wegen seiner Bekanntheit oder dem Geld definitiv kein Sonderstatus geben.
»Du hast wohl keine Ahnung, wer ich bin!« Der Typ – ich brauche dringend einen Spitznamen – scheint etwas sauer zu sein. Also in etwa so sauer, wie ich, wenn jemand Nico schlägt. Und zudem scheint sein Hirn nur Dummheit auszuspucken, aber das wundert mich ehrlich gesagt nicht. Er sieht schon so aus, als könne er nicht auf drei zählen.
»Selbst wenn du der König von was weiß ich wo wärst, würde mich das nicht daran hindern, dir eine zu klatschen! Halt dich für was besseres, aber dann lass mich in Ruhe! Ich habe so gar keine Nerven für mehr Schrott aus deinem Mund!«, versuche ich die Unterhaltung zu verhindern, bevor sie überhaupt beginnen kann.
Seine Augen verdunkeln sich, als wären von irgendwo her plötzlich dicke Wolken gekommen, die sich über sein Gesicht gelegt haben. Vielleicht sollte ich noch anmerken, dass er sich zu seiner vollen Größe aufrichtet, als wolle er mich damit einschüchtern. Zugegeben, er ist verdammt groß, was mich allerdings nicht dazu veranlasst, wie ein Reh beim Anblick eines Jägers das Weite zu suchen. Dafür ist meine Selbstachtung dann doch zu groß.
»Ich befinde mich nicht illegalerweise auf diesem Gelände, Engelchen«, sagt er mit einem kalten Lächeln auf den Lippen. Eines muss man ihm lassen: Er beherrscht die eisige Abneigung fast so guwie ich. Allerdings bin ich die Königin im Menschen vergraulen. Da werde ich so einen dahergelaufenen Trottel locker schlagen.
»Und ich belästige keine kleinen Mädchen«, schieße ich zurück und bereue es beinahe, das Wort "klein" im Kontext mit mir verwendet zu haben. Aber nur beinahe.
Der Typ zieht spöttisch eine Augenbraue hoch. »Belästigen? Engelchen, zwischen uns sind zwei Meter Abstand. Das kann man wohl kaum als belästigen bezeichnen! Und was kann ich dafür, wenn du dich mir um den Hals schmeißt?«
Ich hätte nicht übel Lust, mich einfach umzudrehen und ihn stehen zu lassen, so wie bei Kian. Mein Wunsch ging offenbar in Erfüllung. Sein Charakter ist anders. Aber viel, viel schlimmer. Denn während Kian mit seinen nervigen Bemerkungen einfach nur Nerven stiehlt, sonst aber harmlos ist, ist dieser Typ in etwa so gefährlich wie ein ausgehungerter Tiger. Vielleicht ist das der Grund, warum ich bleibe. Fakt ist allerdings, dass sich gut neunundneunzig Prozent meines Körpers weigert, auch nur ans Aufgeben zu denken. Diesen Wortabtausch werde ich gewinnen!
»Um den Hals schmeißen? Ha! Das hättest du wohl gerne, was?« Finster funkele ich ihn an und irgendwie gefällt es mir, dass er nicht so Friede-Freude-Eierkuchen ist. Er ist nicht gruselige Freundlich oder ein Dauersonnenschein. Es ist eine angenehme Abwechslung. Allerdings geht mir dieser Typ so dermaßen auf den Senkel, dass ich es auch hasse. Es ist seltsam, jemanden zu treffen, der ähnlich wie einer selbst ist. Allerdings weigere ich mich, irgendeine Verbindung zwischen ihm und mir herzustellen. Er ist ein Arschloch durch und durch. Nicht nur oberflächlich wie Kian.
»Ach Engelchen. Es muss dir doch nicht peinlich sein, dass du in mich verliebt bist. So viele Mädchen sind das«, hat er doch tatsächlich die Frechheit zu sagen. Ich lache ungläubig auf. Warum denken eigentlich alle, dass ich auf jeden Typen, den ich begegne, stehe?
»Ich? In dich verliebt? Gott, du bist ja noch dämlicher, als dein Anblick vermuten lässt! Bevor ich mich in einen Großkotz wie dich verliebe, bleibt die Welt stehen!« Während meiner Worte scheinen sich seine Augen nur noch mehr zu verdunkeln. Seine Lippen pressen sich zu einem dünnen Strich zusammen und seine Augen beginnen gefährlich zu funkeln. Sieht so aus, als könne ich ihn leichter vertreiben als Kian.
Wahrscheinlich soll mir sein Gesichtsausdruck angst machen, ebenso sein angespannter Körper. Nico hätte er damit sicherlich in die Flucht geschlagen. Blöd nur, dass ich nicht Nico bin. Es ist nicht so, dass mir sein Blick nichts ausmacht, denn – so ungern ich es auch zugebe – er ist verdammt finster. Er könnte sogar an meinen reichen.
Hinzu kommen diese Augen. Diese smaragdgrünen Augen, die mich so sehr an meine Mutter erinnern und mich immer ein wenig aus dem Konzept bringen. Die Erkenntnis, dass noch eine weitere Person die beinahe identische Augenfarbe wie ein geliebter Mensch hat, ist mehr als verstörend. Mal abgesehen davon, dass besagter Mensch seit über zehn Jahren im Dauerschlaf verweilt. Naja, wenn sie noch ein paar hundert Jahre länger durchhält, kann sie wenigstens als lebendiges Dornröschen durchgehen.
»Ich bin Aric«, knurrt er düster und funkelt mich provozierend an. Ich schenke ihm lediglich meinen besten und-jetzt?-Blick und ich frage mich, was genau er damit bewirken will. Soll ich ihn jetzt plötzlich anhimmeln und auf die Knie fallen, als wäre er ein Gott? Oder vielleicht das Weite suchen?
«Aric. Ahja. Soll ich jetzt winseln wie ein kleiner Hund oder das weite Suchen? Oder dir arrogantem Trottel die Füße küssen?» Warum genau ich die letzten zwei Sätze sage, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Wahrscheinlich eine Folge wegen mangelnder Nerven. Ich sollte von Kian wirklich Schadensersatz verlangen.
Aric – was für ein beschissener Name – blickt mich an, als wäre ich das inkompetenteste Stück Scheiße, das ihm jemals über den Weg gelaufen ist. Immerhin weiß er jetzt, wie ich ihn sehe.
»Dorftrottel!«, höre ich ihn schließlich murmeln und presse meine Lippen zusammen. Ich mag Ricout Green wirklich nicht und würde mir wünschen, irgendwo anders zu wohnen. Aber hier lebt nun einmal meine Oma und ich bin hier aufgewachsen. Deshalb reagiere ich ziemlich empfindlich, wenn mich jemand als Dorftrottel bezeichnet. Hauptsächlich, weil ich das ganz sicher nicht bin.
»Besser als ein selbstverliebtes Arschloch!«, fauche ich ihn an und beschließe, es ihm gleich zu tun. Was er kann, kann ich schon lange. Also lege ich so viel abschätzigkeit in diesen Satz, wie ich kann. Und glaubt mir, wer gut vierundzwanzig sieben einer Gefriertruhe mimt, dessen Stimme kann weit unter den Gefrierpunkt reichen.
»Was für böse Worte aus dem Mund eines kleinen Mädchens«, belehrt mich besagtes selbstverliebtes Arschloch und mein darauf folgender Blick spricht Bände. Nun bereue ich es doch, meine Klappe nicht einfach mit Klebeband verschlossen und die Worte "kleines Mädchen" verwendet zu haben.
»Manchmal muss für die Wahrheit Opfer gebracht werden«, sage ich mit einem süffisanten Lächeln, bevor ich dieses von meinen Lippen gleiten lasse und den frostigen Ausdruck wieder aufsetzte. Ich würde Lügen, würde ich sagen, dass mir das schwer fallen würde. Ehrlich gesagt ist es mehr als nur einfach und vor allem angenehm vertraut.
»Engelchen, wen versuchst du hier abzulenken?«, erwidert er ungerührt und hat diesmal einen gespielt mitleidigen Ton angeschlagen. Heuchler!
»Die Frage ist wohl eher, wen versuchst du abzulenken!« Ich bin definitiv nicht so dumm, sein Ausweichmanöver nicht zu bemerken. Auf meine letzten Worte hat er offenbar keine Erwiderung mehr. Sieht so aus, als wäre sein Wortschatz an seine Grenzen gekommen.
»Ich muss niemanden ablenken, Engelchen«, erklärt er mir gespielt geduldig und ich bin selbst überrascht, ihm für seinen dämlichen Spitznamen nicht schon längst ein paar gescheuert zu haben. Oder für sein arrogantes Gehabe. Es ist ja nicht so, dass er damit meine psychische Existenz gefährdet.
»Sag du mir: Was machst du hier? Bist du ein Filmteammitglied? Und wen ja, wo ist dann dein Ausweis?«, bombardiert er mich mit Fragen und mein Blick wird unvermittelt noch dunkler. Noch so ein Typ der meint, ihm gehöre die ganze Welt!
Aufgebracht setzte ich zu einer Erwiderung an, aber er scheidet mir prompt das Wort ab. »Ich weiß, ihr Mädels könnt es nicht erwarten, euch auf Kian zu stürzen. Ihr bildet euch alle ein, die eine zu sein, die er liebt«, knurrt er und macht langsam auf mich zu. Nun liegt nicht einmal mehr ein Meter zwischen uns. Ich beschließe, dass zuschlagen die beste Idee ist und hebe leicht die Hand. Wenn er noch etwas näher kommt, werde ich ihm problemlos treffen können. Und diesmal versuche ich es an einem weitaus empfindlicheren Ort. Allerdings kapiere ich dabei zu spät, was diese gehirnabputierte Arschloch eigentlich gesagt hat. So kommt es, dass er weiter redet, bevor ich ihn mehr oder weniger höflich dazu auffordern kann, seine verdammte Fresse zu halten.
»Und ihr alle werdet enttäuscht. Kian ist genau wie ich, doch ihr seid zu blind, um es zu bemerken. Bleibe nur weiter in dem Traum, er könne dich lieben. Nicht einmal ein gebrochenes Herz kann euch davon abhalten. Ihr seid erbärmlich!«, schleudert er mir entgegen und tritt noch einen Schritt auf mich zu. Heilige Scheiße, wurden sie in ihrer Kindheit nicht umarmt oder warum sind sie anhänglicher als fünfjährige?
Einen kurzen Moment blitzen Lillifees Worte in mir auf, von wegen, Kian wäre in mich verliebt und ich überlege, das diesem selbstverliebten Arschloch ins Gesicht zu sagen, entschließe mich dann aber doch dazu, lieber physisch zu agieren. Wenn dieser Depp keine Worte versteht, müssen eben Taten her.
Zum Glück ist er endlich nah genug, dass ich zuschlagen kann und diesmal achte ich darauf, mich nicht zu verraten. So arrogant und selbstverliebt diese Arschgeige auch ist, seine Reflexe sind erstaunlich gut. Zu meiner eigenen Überraschung gelingt es mir. Meine Hand schnellt nach vorne, ohne, dass er es bemerkt und trifft sein Ziel. Nur, dass ich damit nichts bewirke. Mal abgesehen von schmerzenden Fingerknöcheln meinerseits.
Verwirrt und etwas perplex blicke ich auf seinen Bauch hinab. Seinem Bauch, der ebenso gut eine Steinmauer hätte sein können. Gott, wie viele Muskeln muss der denn haben? Durch das schwarze T-Shirt wird kaum etwas erkennbar, aber irgendwie bezweifele ich, dass sich mein Gefühl geirrt hat.
Ich bemühe mich nach Kräften, mir nichts anmerken zu lassen, auch wenn ich etwas aus dem Konzept gebracht wurde. Woher soll ich aber auch wissen, dass dieser Typ so viele Muskeln hat? Es ist ja nicht so, dass ich durch Kleidung schauen kann – zum Glück!
Unbemerkt atme ich einmal tief ein und fasse mich wieder. Wegen so einer Kleinigkeit werde ich mich ganz sicher nicht aus dem Konzept bringen lassen! Dann blicke ich wieder auf – und starre direkt in diese verstörend grünen Augen. Unweigerlich zucke ich zurück. Zu nah. Er ist zu nahe. Viel zu nahe.
Panik breitet sich in mir aus, als ich erneut eine Kette reißen höre. Nein, nein, nein, nein!, fluche ich innerlich und versuche eilig, mich wieder unter Kontrolle zu bringen. Dann allerdings begreife ich, dass es nur noch schlimmer wird, wenn ich hier noch länger bleibe. Und obwohl sich alles in mir dagegen wehrt und mir befiehlt, nicht wie ein Feigling das Weite zu suchen, nimmt mein Körper nun selbst die Sache in die Hand. Ohne dem arroganten Arschloch einen weiteren Blick zu schenken, drehe ich mich um und suche das Weite. Das letzte, was ich spüre, ist sein Blick, der sich in meinen Hinterkopf brennt, als wolle er mich erschießen.
***
Ehm ja...ich habe mich mal daran versucht, eine Konversation zwischen zwei Angi-Gleichen Personen zu schreiben. Es ist verdammt schwer und ich bin mit dem Ergebnis nicht wirklich zufrieden -_-. Aber was ist eure erste Meinung zu Aric? Und wen mögt ihr lieber: Aric oder Kian?
Jedenfalls noch einen schönen Sonntag und wir lesen uns ^^
PS: Unglaublich, dass wir schon die 2K geknackt haben! Danke vielmals!
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