5. Shady - Adam Lambert

Es war eine unruhige Nacht für Sam. Er schlief gerade mal etwas mehr als fünf Stunden. Den Rest der Nacht lag er wach und dachte nach. Er fragte sich, ob ihm diese Novak's wirklich helfen konnten und ob sie diese überhaupt in diesem Wald antreffen würden. Es war nur eine kleine Spur. Sie konnten auch bereits weiter gezogen sein. Eine leise Stimme in seinem Hinterkopf wisperte ihm auch die Möglichkeit zu, dass sie bereits gestorben sein könnten, aber diesen Gedanken schüttelte er ganz schnell wieder ab.
Diesmal war es jedoch Nick der sie alle weckte, oder auch alle wecken wollte. Er hatte sich bereits ein weißes Hemd und eine Jeans angezogen. Selbst seine Haare sahen mal gebürstet aus. Nick's Verhalten wunderte den Riesen immer mehr. Es widersprach einfach der Erzählung von Ivy.
Nachdem sie sich alle frisch gemacht hatten und Ivy ihnen Proviant und lauter Ausrüstung, die ihnen beim Überleben helfen würde, eingepackt hatte, machten sie sich auf den Weg. Nick wollte diesmal fahren, also saß Sam nun neben ihm, während Ivy auf der Rückbank ihr Frühstück aß. Die Fahrt dauerte bei ihnen etwas mehr als dreißig Minuten, aber dann waren sie angekommen. Die Straße führte anscheinend quer durch den Wald hindurch, was ihre Suche nicht gerade erleichterte. Sie brauchten einen Punkt, an dem sie sich orientieren konnten. Nick war immerhin in der Lage die Karte zu lesen, auf der der Standort des gefundenen Beins markiert wurde.
So stiefelten sie los. Jeder hatte zwei Pullover und eine dicke Jacke an. Natürlich durften Mütze und Handschuhe nicht fehlen. Ivy war etwas überfürsorglich gewesen, aber das machte Sam nichts aus. Sie waren im Wald angekommen und das zählte. Sie waren den geheimnisvollen Männern auf der Spur.
Obwohl die Sonne bereits hoch am Horizont stand war es in diesem Wald größtenteils düster. Ivy meinte, dass es wohl wirklich der perfekte Ort für eine Mutprobe sein würde. Es fehle nur noch die alte zerfallene Hütte, mit dem geheimnisvollen dunklen Keller.
Sie wanderten eine gefühlte Ewigkeit umher und schienen einfach nicht anzukommen. "Nick, wir haben uns verlaufen!" meinte Ivy nach einer Weile. Trotz der vielen Schichten Klamotten schien sie zu frieren.
"Nein. Ich verlaufe mich nicht," entgegnete ihr Nick. Er hörte sich dabei zwar ziemlich sicher an, doch allein schon der Fakt, dass er kurz darauf stehe blieb und die Karte zu Asche starrte, war Ivy Antwort genug. "Great, Nick. Einfach nur Großartig. Ich hätte mich durchsetzen und euch zu Hause fesseln sollen!" Obwohl sie längst stehen geblieben waren hörte Ivy nicht auf sich zu bewegen. Sie lief weiterhin auf der Stelle, um sich vermutlich warm zu halten.
Selbst Sam wurde es mittlerweile ziemlich frisch. Er mochte die Kälte nicht. Es versetzte ihn zurück zu dem Tag, an dem er aufgewacht war. Nicht gerade seine liebste Erinnerung.
"Sei still Wonne, ich muss mich konzentrieren." Nick sah auf die Karte, dann schaute er auf und drehte sich ein wenig. Dies wiederholte er einige Male, bis er sich einmal um die eigene Achse gedreht hatte. Ivy und Sam sahen ihm dabei schweigend zu. Erst nach zehnminütigem nutzlosen herumstehen ließ Nick die Karte sinken. "Wir haben uns verlaufen."
"Ich wusste es," grummelte Ivy und warf ihre Arme in die Luft," Wenn Gott dich jetzt sehen würde, würde er sich vor dich stellen und auslachen. Einfach, wegen deiner... Nein, Sekunde. Wegen eurem bescheuertem Plan!"
"Jetzt krieg dich mal ein. Wegen dir sind wir zwar später losgefahren, als eigentlich geplant, aber wir sind dran Schuld."
Dies brachte Ivy erst richtig zum aus der Haut fahren. Sie stemmte ihre Hände in die Hüfte, zumindest so gut es aufgrund der Klamotten ging und dann fing das Orchester an. Sprachlos schüttelte Sam den Kopf. Er war sich wirklich nicht sicher, ob die beiden auch etwas anderes konnten, außer sich zu streiten. Das schien ihm nicht mehr ganz normal zu sein. Er warf einen Blick nach oben. Über ihm verdeckten die Baumkronen den größten Teil des Himmels, aber er konnte trotzdem den Stand der Sonne erkennen. Es musste gerade mal Mittag sein, aber die Sonne war schon weider am Untergehen. Sie hatten zwar alle eine Taschenlampe dabei, sollten es dennoch vermeiden zu lang im Wald zu bleiben.
Neben dem gezetere der Geschwister hörte Sam plötzlich ein Knacken. Sein Kopf drehte sich automatisch nach rechts, in die Richtung, aus der er das Geräusch vernommen hatte. Doch da war nichts zu erkennen bis auf einiger Büsche und Bäume.
Irgendetwas stimmte nicht.
"Ivy," rief Sam und versuchte so die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Leider waren die beiden so in ihren Streit vertieft, dass sie ihn gar nicht wahrnahmen.
"Nick!" Sam's innere Stimme vermittelte ihm, dass sie fliehen mussten, wenn sie leben wollten. Etwas stimmte nicht. Sein Kopf wiederholte immer wieder die selben Worte.
Beschützen
Fliehen
Beschützen
Fliehen
Sam griff nach der Schulter der Schwarzhaarigen, welche sich mit einem wutverzerrten Gesichtsausdruck zu ihm drehte und:" Was?" keifte.
"Wir müssen hier weg," sagte Sam. Seine Augen suchten dabei weiterhin die Umgebung ab, damit ihm nichts entging.
"Ich weiß, dass wir hier weg müssen. Aber dank meines Bruders haben wir uns hier ja verlaufen und können wahrscheinlich in einem Gott verdammten Wald pennen, in dem ein scheiß Mörder rumläuft!" Nick wollte gerade etwas erwidern, doch Sam brachte ihn mit einem strengen Blick zum Schweigen.
"Nein, ich meine damit, dass wir uns sofort in Bewegung setzen müssen! Hier ist irgendwas." Sam hatte seine Stimme gesenkt. Nur für den Fall der Fälle.
Er hatte wirklich keine Ahnung, was sie noch erwarten würde.
Damit hatte er zumindest schon einmal die Aufmerksamkeit der beiden erregt. Nick wurde ernst, während Ivy erschrocken die Augen weitete. Ohne etwas weiteres zu sagen liefen sie los. Sie gingen nicht zu schnell und konnten auch nicht in die Richtung, aus der sie gekommen waren, weil das Geräusch aus genau dieser Richtung gekommen war. Jeder achtete darauf, nicht aus Versehen auf einen Ast zu treten und ihre Geräuschkulisse so leise wie möglich zu halten.
Währenddessen wurde es im Wald immer dunkler. Die Aussicht darauf, dem Mörder in die Arme zu laufen wurde immer größer.
Sam hatte bloß ein Küchenmesser. Es war zwar sehr scharf, aber definitiv nicht die beste Waffe gegen einen mysteriösen Psychopaten. Nick hatte ihn mit einem gewissen James Moriarty verglichen. Der Riese wusste nicht, wer dieser Mann war, aber das Augenrollen von Ivy hatte ihm als Reaktion gereicht, um zu wissen, dass es wohl nichts allzu wichtiges war.
"Halt," flüsterte Nick aufeinmal und blieb stehen. Der rest seiner Gruppe tat es ihm gleich. Sie blieben alle so nah beieinander wie möglich, damit sie sich ja nicht aus den Augen verloren.
Nick schien etwas gehört zu haben. Langsam fischte er die Taschenlampe aus seinem Rucksack und ging etwas weiter vor. Er schritt voran in die Dunkelheit, ohne sie einzuschalten und verschwand somit aus dem Sichtfeld der anderen beiden Abenteurer.
"Komm zurück," rief Sam, natürlich so leise wie möglich. Das ungute Gefühl kehrte zurück. Er wollte Nick gerade hinterher laufen, da hörten sie ihn aufschreien. Es gab das Geräusch eines dumpfen Aufschlags, dann ein Rascheln und schon war es wieder still.
"Nick!" kreischte Ivy. Ihr Gesicht war so blass, dass es in der fortschreitenden Dunkelheit beinahe als Lichtquelle gelten konnte. Auch Sam war das Blut in den Adern gefroren. Sein Kopf war wie leer gefegt. Er hatte das Gefühl, als hätte er jemand ganz wichtiges verloren. Dachte er jedoch an Nick, sagte ihm dieses Gefühl, dass es dabei nicht um Ivy's Bruder ging.
"Oh mein Gott, Nick!" brüllte Ivy noch einmal und löste sie somit aus ihrer Starre. Ihre Beine setzten sich in Bewegung, bevor Sam reagieren und sie aufhalten konnte.
"Ivy, bleib hier!" rief er ihr hinterher. Er versuchte sich an den Geräuschen des Waldes zu orientieren und Ivy's Stimme zu folgen. Nur hatte dieser kleine Mensch ein ganz schönes Tempo drauf, dass Sam alsbald etwas klar wurde.
Ich habe sie verloren.
Ich habe versagt.
Ich habe...
Eine Welle an Kopfschmerzen bahnte sich einen Weg an. Sie kamen so plötzlich und waren so stark, dass sich der Riese an einem der Bäume abstützen musste. Seine Ohren fingen vor Schmerz an zu klingeln. Dieses Klingeln wurde immer lauter und lauter, bis es ihn letztendlich doch in die Knie zwang. Mit all seiner Kraft hielt er sich die Ohren zu, betete inständig, dass es aufhörte.
Wäre Sam nicht gerade so beschäftigt, hätte er auch den Aufschrei von Ivy mitbekommen. Wie in einem Horrorfilm trennte das Monster erst seine Opfer und holte sie sich dann einzeln. Normalerweise ging dieses Wesen nicht so vor, aber besondere Menschen erforderten besondere Maßnahmen.
Die Mission lief komplett aus dem Ruder. Nick und Ivy waren verschleppt worden und Sam war gerade dabei zur Seite zu kippen. Der Schmerz in seinem Kopf und seinen Ohren war unerträglich geworden. Als sein Körper den harten Boden berührte, fiel es ihm leicht sich für die Arme der Bewusstlosigkeit zu entscheiden.

Nicht einmal 400 Meter entfernt erkämpften sich zwei Gestalten den Weg durch ein fieses Gestrüpp.
"Pass auf, dass du nicht stolperst," sagte der Größere. Er war zwar der jüngere von beiden, dennoch war er über seinen Bruder hinaus gewachsen.
„Ach Cassie, mach dir nicht ins Hemd," sagte der Ältere, mit einem Blick über die Schulter," Ich dachte, ich hätte den mutigeren von euch beiden mitgenommen."
Gabriel und Castiel waren auf der Jagd. Sie hatten eine Weile gebraucht, um das richtige Equipment zu besorgen. Eigentlich hatten sie immer alles parat, aber aufgrund eines Missgeschicks bei ihrer letzten Jagd war alles abhanden gekommen, was in ihrem Auto war. Sie sprachen nicht gern darüber.
Schweigend folgte Castiel Gabriel. Gabriel jedoch wünschte sich, dass sie über irgendetwas reden könnten, damit er sich von diesem Wald ablenken konnte. Er mochte Wälder nicht und er hasste sie, wenn es dunkel war. Vor allem dann, wenn sie einem Wesen auf der Spur waren, dass sie noch nie gejagt hatten. Das konnte nur gut gehen.
„Hast du..."
„Ja, ich habe Öl und Feuerzeug dabei. Das hatte ich auch bereits vor 5 Minuten, als du mich da das letzte Mal gefragt hast," unterbrach ihn Castiel flüsternd, woraufhin Gabriel nur nickte. Er merkte, dass Castiel nicht in der Stimmung zum Reden und dass es wohl nicht gerade die beste Idee war, den Wendigo auf sie aufmerksam zu machen. Hätten sie gewusst, dass genau dieser Wendigo gerade ziemlich beschäftigt war, wären sie vielleicht etwas entspannter durch den Wald geschritten.
Sie wanderten noch einige Minuten weiter und erreichten schließlich die Höhle, von der ihnen der Förster erzähl hatte.
Bevor sie sich hinein wagten warf Gabriel noch einen letzten Blick auf ihre Info-Liste:

„Bereit Cassie?" fragte Gabriel. Er wollte nicht zugeben, dass sein Puls sich weiter beschleunigte, desto näher sie dem „Unterschlupf" kamen.
Sein Bruder antwortete ihm nicht mehr. Dies würde nur das Risiko erhöhen, gehört zu werden. Stattdessen wagte er sich als erster in den Bau hinein. Von außen erinnerte der Berg an eine dieser Hobbit-Höhlen, aber von innen..? Es war so dunkel, dass sie kaum weiter als bis zur Nasenspitze sehen konnten. Aus Gewohnheit zogen sie zwei Dolche. Sie hatten auch Pistolen eingesteckt, auch wenn diese wohl am wenigsten nützen würden. Es gab ihnen eine gewisse Sicherheit noch eine Notfall Waffe bei sich zu tragen.
Nach einigen Metern teilte sich die Höhle in drei Gänge auf. Das war schlecht. Es bedeutete, dass sie sich aufteilen mussten und sie einzeln auf dieses Wesen treffen würden. Bei diesem Gedanken fröstelte es den Jäger, so dass er den Reißverschluss seiner Jacke noch höher zog.
Castiel sah Gabriel an, so gut es eben in dieser Finsternis ging und deutete mit seinem Finger erst auf seinen Bruder und dann auf den rechten Gang. Gabriel nickte daraufhin nur und wagte sich voran. Er machte langsame Schritte. Beinahe nur seine Zehenspitzen berührten den erdigen Boden. Innerlich kämpfte er gegen den Drang an seine Taschenlampe hervor zu holen. Als er kurz davor war diesem Drang nachzugeben, hörte er ein Stöhnen, dass ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ.
Okay Gabriel. Sieht so aus, als hättest du die Arsch-Karte gezogen, aber das macht nichts. Du nimmst einfach die Flasche...
Da traf es ihn wie ein Schlag. Er war gegenüber dem Wendigo völlig unbewaffnet. Castiel hatte das Öl und das Feuerzeug genommen, weil Gabriel ihr letztes Feuerzeug verloren hatte. Die Kampfausbildung in Selbstverteidigung würde ihm nun auch nicht weiterhelfen.
Einerseits fühlte er sich beruhigt, dass das Ding nicht seinen Bruder anfallen würde, andererseits hatte dieser wohl in diesem Moment bessere Karten.
Gabriel atmete einmal tief durch, dann wagte er sich weiter voran. Der Gang knickte weiter nach rechts ab, weshalb er dort ein wenig Schutz hatte. Er musste nur um die Ecke schauen und vergessen, dass das Ding Menschen frisst.
Gabriel nahm all seinen Mut zusammen und sprang um die Ecke. Der Dolch war in seiner Hand, bereit es dem Wendigo nicht allzu leicht zu machen.
Doch was er da erblickte, traf ihn völlig unvorbereitet.

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