12. Everywhere I Go - Hollywood Undead
„Und wie seit ihr entkommen?" fragte Gabriel neugierig, während er sich das bereits zweite Bier öffnete.
„Größtenteils durch den Tastsinn. Wir haben die Wände abgesucht... Ich und Jimmy haben die Wände abgesucht. Nicholas war damit beschäftigt der Brühe sein Frühstück hinzuzufügen. Irgendwann haben wir dann einen verschütteten Ausgang gefunden und uns da frei zu graben..."
„Wo war eigentlich der Teil, dass du mich angerufen hast? Ich glaube kaum, dass dein Handy diesen Fall überstanden hat."
„Das war, als wir zusammen in diesem Raum mit der Kiste waren."
Castiel's Geschichte hatte nun geendet und Sam stellte sich die Frage, weshalb die Kiste wo leer gewesen war. Weswegen sollte jemand einen Raum zumauern, in welchem es nur eine leere Kiste und eine Falle gab? Eine Falle, die wahrscheinlich bereits nicht mehr so gut funktioniert hatte. Hätte Castiel die Kiste nicht so oft geöffnet und geschlossen wäre wohl gar nichts passiert.
„Und jetzt?"
Verwirrt sahen ihn die Brüder an.
„Wie und jetzt ?" fragte Gabriel.
„Wie geht es jetzt weiter? Ich denke nicht, dass du nach diesem Tag daran gedacht hast etwas über mich herauszufinden," erklärte Sam seinen Gedankengang.
„Doch. Wir haben die Datenbank der Polizeistation durchsucht, aber es gab keine einzige Information über dich. Es ist, als hättest du vor ein paar Tagen erst angefangen zu existieren." Nachdenklich nahm Castiel einen Schluck von seinem Getränk, „Wie geht es dir gerade? Besser oder schlechter im Gegensatz zu heute Morgen?"
„Besser. Wieso fragst du?"
„Ich finde das seltsam." Der größere Jäger stand auf und bewegte sich auf einen Schrank zu. Dort holte er einen Stift und ein Blatt Papier hervor, bevor er sich wieder zu den beiden Männern an den Tisch setzte.
„Gabriel, wie haben wir herausgefunden, dass die Menschen aus der Vergangenheit in der Zukunft, unserer Gegenwart, landen?"
Der Angesprochene lehnte sich für einen Moment mit vor der Brust verschränkten Armen zurück. „Wenn ich mich richtig erinnere durch die Polizei. Die Namen haben gereicht und meist wurden dann alte Vermisstenanzeigen angezeigt. Worauf willst du hinaus?"
Castiel kritzelte auf dem Blatt Papier herum. Er hatte eine erstaunlich schöne Handschrift. Eine, die Sam ihm gar nichtzugetraut hätte.
„Samuel taucht plötzlich auf. Wie die anderen Menschen. Aber es gibt so viele Unterschiede. Sam sein Gedächtnis verloren, die anderen nicht. Außerdem war er laut Ivonne unbekleidet, als sie ihn gefunden hat. Der größte Unterschied jedoch ist, dass Samuel in keiner einzigen Datenbank der Polizei aufgeführt ist und er kommt mir nicht wie ein Höhlenmensch vor, was eine Erklärung hätte sein können. Trotzdem verhältst du dich größtenteils wie ein Mensch. Sagen wir ein unwissender Mensch und...
Castiel hörte auf auf den Zettel zu schreiben und musterte den Riesen mit verwirrter Mine. „Ist das da mein Pullover?"
Ups, da war ja was. Sam hatte total vergessen, dass er in den zerschnittenen Klamotten von Castiel steckte und anscheinend war es diesem auch erst gar nicht aufgefallen. Da nun langsam sein Verstand zu arbeiten schien und er wieder ruhiger wurde, fiel ihm auch diese große nackte Kleinigkeit an Sam auf. Gabriel spielte verlegen mit seinen Fingern, versuchte bei seiner Antwort dennoch so selbstbewusst wie möglich zu klingen. „Sam konnte wohl schlecht seine alten, verdreckten Klamotten wieder anziehen. Du bist der größere von uns und deshalb haben ich mir gedacht, ich nehme mir etwas von dir und mache es ihm passend."
Seufzend rieb sich Castiel sein Gesicht. Er fügte nichts weiteres hinzu und Sam war wirklich erleichtert, dass ihn der Jäger nicht auch noch darauf ansprach, oder die beiden wieder in einen Streit verfielen.
„Wo war ich gewesen? Ach ja. Sam ist nicht in der Datenbank aufgeführt. Natürlich könntest du auch einen anderen Namen haben, weshalb wir einige Samuels aus der Gegend angeschrieben haben, ob sie einen Mann wie dich kennen."
„Wie seit ihr denn auf diese Idee gekommen?"
Castiel nahm den Stift in eine Hand und malte damit durchsichtige Bilder in die Luft, während er sprach. „Nun. Es ist eher unwahrscheinlich, dass du dir deinen eigenen Namen tätowierst. Vielleicht ist einer von denen dein Freund gewesen und du hast mit ihm Schluss gemacht oderso. Er könnte dir etwas ins Essen oder ins Getränk getan haben, was deine Amnesie ausgelöst hat."
„Das stimmt natürlich Bruderherz. Ich finde nur, dass er nicht aussieht, als wäre er schwul," fügte Gabriel nachdenklich hinzu und betrachtete Sam noch einmal von oben bis unten. „Obwohl. Er sieht aus wie jemand der jeden verführen könnte."
„Darauf wollte ich nicht hinaus Gabriel. Meine Vermutung ist, dass dich niemand kennt, Sam. Ich denke, dass niemand dich erkennen wird, egal wie lang wir nach jemandem suchen werden."
Diese Worte trafen Sam doch härter, als er gedacht hätte. Er wollte wirklich gerne herausfinden, wer er war und was er vorher getan hatte. Er wusste zwar nicht, was schwul bedeutete, aber vielleicht war er es ja und hatte es einfach nur vergessen?
„Die Dämonen kennen dich nicht Sam, die Menschen kennen dich nicht. Da stellt sich mir die Frage, was du wirklich bist."
„Was ist mit den Engeln?" warf Gabriel eine dritte Partei ein.
„Engel gibt es nicht," argumentierte Castiel und schrieb noch etwas auf seinen Zettel. Doch Gabriel ließ diese kurze Antwort nicht auf sich sitzen. „Was wenn doch? Cassy, was wäre, wenn wir ihnen nur noch nie begegnet wären? Ich für meinen Teil bete manchmal zu ihnen."
„Du betest?"
„Manchmal?"
Castiel wirkte frustriert, als er sich von seinem Bruder abwandte und wieder auf den Zettel blickte.
„Wir müssen irgendetwas übersehen haben. Irgendein kleines Detail. Nur was?" Es gab eine kurze Denkpause, in der weder Gabriel noch Sam es wagten etwas zu sagen. „Sagtest du heute Morgen nicht, dass du etwas gehört hast? Eine Stimme, die dich in der Nacht wachgehalten hat?"
Sam schüttelte den Kopf. „Es war eher ein Ton und er hat mich nicht wachgehalten, er hat mich in Schlaf versetzt."
„Cassy, du solltest für heute schlafen gehen. Der Tag hat dich ganz schön in den Allerwertesten getreten und..."
„Dann komme ich nachhause und finde heraus, dass mein Bruder meine Klamotten zerschnitten und einen Obdachlosen verschenkt hat."
Da war sie wieder. Die Scham, weil Sam Gabriel nicht zurückgehalten hatte. Er hätte stärker Nein sagen sollen, oder ihn packen können, bevor es dazu gekommen war.
Castiel seufzte erneut, stand dann aber langsam von seinem Platz auf. „Ich werde ein wenig schlafen gehen und wenn ich wieder wach bin, fahren wir los und kaufen neue Klamotten. Sam?"
„Ja?"
„Ich werde das für dich bezahlen. Mit anderen Worten, tötest du uns kommen wir zurück und töten dich." Diesmal nickte Sam. Er hatte gerade das Gefühl gehabt, dass sie sich mittlerweile etwas näher stünden. Das Gefühl verpuffte so schnell, dass Sam dachte, er habe sich das alles bloß eingebildet.
Schließlich machte sich Castiel auf den Weg zu seinem Zimmer und ließ seinen Bruder und den Fremden zurück.
Sehr viel mehr passierte an diesem Tag nicht. Sam war wieder zurück zu dem Buch namens Alice im Wunderland gegangen und hatte angefangen dieses zu lesen. Er musste zugeben, dass diese Art Bücher etwas hatten, was er mochte. Diese Geschichte war zwar nicht ganz nach seinem Geschmack, trotzdem hatte er am Abend beinahe die Hälfte des Buchs erreicht. Er war sich nicht ganz sicher, was Gabriel in diesem Zeitraum getan hatte. Das was er wusste, dass sie alle am Abend zur selben Zeit ins Bett gegangen waren. Castiel hatten sie an diesem Tag auch nur noch einmal gesehen und zwar als er sich ein Glas Wasser und einen kleinen Snack holte.
Schnell wie der Blitz brach der nächste Tag an. Sam fühlte sich gut, denn er hatte endlich die Nacht durchschlafen können. Ohne wirre Gedanken oder komische Töne, die ihn in die Bewusstlosigkeit trieben. Am Morgen brachen sie beinahe sofort auf. Castiel hatte ein cremefarbenes längliches Auto, welche Sam an eine Kiste erinnerte. Immerhin war es größer, als das von Ivy. Leider musste er hinten sitzen und das machte die Fahrt für ihn eher unbequem, denn seine Beine schienen nirgendwo Platz zu haben. Umso erleichterter war er, dass sie nach einer gefühlten dreißig minütigen Fahrt endlich angekommen waren und aussteigen konnten.
Wäre Sam wohl so lang wie die Novak's unter den Menschen gewesen, so hätte er bei seinem Aussehen wohl Scham empfunden. Er machte sich aber keine Gedanken darüber, wie andere Menschen über ihn denken könnten. Er wollte nämlich einfach nur aus den zerstörten Klamotten Castiel's raus. Ein wenig aufgeregt war er auch. Denn die Kleidung, die sie heute kaufen würden, wären sein erster Besitz.
Sie gingen zu einem alt aussehenden Laden. Rote Backsteine und Efeu zierten die Außenfassade. Das Schild über der Tür sah so alt und verstaubt aus, dass Sam es nicht lesen konnte. Neben der Tür war ein riesiges Fenster, wodurch sie einige Kleidungspuppen sehen konnten.
Überraschenderweise hatte das Geschäft von innen eine ganz andere Atmosphäre. Natürlich hatten sie von innen keine anders aussehenden Wände, aber es wirkte mit dem dunklen Holzboden irgendwie gemütlich. Das Geschäft war definitiv nicht sehr groß. Wahrscheinlich nicht einmal ein drittel so groß wie der Bunker, aber es hatte was. Gänge aus Kleiderständern erstreckten sich im ganzen Raum, in welchem verteilt jüngere Menschen standen und sich etwas aus der riesigen Auswahl herauspickten.
„Tob dich aus Sambo," sagte Gabriel und gab Sam einen stups, damit er einen Schritt nach vorn machte. „Klein Cassandra und ich müssen noch ein paar Besorgungen machen. Das Bier wird knapp, weißt du."
Mit einem verwirrten Blick sah Sam zu seinen Gefährten. „Ihr wollt mich hier allein lassen?"
„Sam, wenn du uns brauchst, wir sind in dem Laden gegenüber der Straße," erklärte Castiel. Er schien die Spitznamen seines Bruders bereits einfach akzeptiert zu haben. Er hatte wirklich nicht eine Mine verzogen.
„Aber wie soll ich hier etwas finden, was mir passt?" versuchte Sam sie noch einmal zum Bleiben zu überreden, aber Gabriel schüttelte seine Bemerkung mit einer Bewegung seiner Hand ab. „Siehst du die Frau da an der Kasse?" er zeigte mit dem Finger einmal quer durch den Raum, auf einen dunklen Tresen, hinter dem eine jüngere Frau mit verschränkten Armen stand und gelangweilt eine Kaugummiblase blies. „Die arbeitet hier und wird dir bestimmt helfen. Sei einfach freundlich und dann können sie dir gar nicht böse sein."
Castiel's Augen wanderten noch einmal an Sam's momentanem aufzug auf und ab. „Sei besser nicht zu freundlich."
„Ach und Sam, geh mit keiner Frau nachhause oder in eine dunkle Kammer, in der nicht viel Platz ist!" fügte Gabriel hinzu, bevor Castiel ihn packte und hinter sich her aus dem Laden zog.
Zu zweit überquerten sie die Straße und betraten das Lebensmittelgeschäft. „Ich hätte vielleicht doch eher bleiben sollen," merkte Gabriel nach nicht einmal drei Minuten seine Zweifel an. Beide hatten sie einen metallernen Korb in der Hand und Castiel war gerade dabei etwas essbares in seinen Korb zu legen. „Gabriel, er ist ein erwachsener Mann, er schafft..."
„Er ist ein erwachsener gut aussehender Mann, der mit fast nichts bekleidet in einem Geschäft steht, dessen Angestellte fast alle Frauen sind! Das ist wie ein Stück Fleisch in ein Gehege Piranhas zu werfen."
Leise lachend griff Castiel nun nach etwas zu trinken. Für ihn würde Wasser wohl reichen. „Du machst dir zu viele Sorgen. Was kann im schlimmsten Fall passieren?" Nervös zupfte Gabriel an seiner Jacke herum. Die Wettervorhersage hatte zwar gemeint, es würde wärmer werden, aber noch war es kalt. Sam hatten sie einen Trenchcoat von Castiel gegeben, aber an Sam sah er einfach nicht richtig aus. Außerdem war es in dem Laden so warm gewesen, dass der Riese diesen wohl nicht lang anhaben würde und dann... Gabriel wollte es sich gar nicht ausmalen. Durfte man jemanden mit Amnesie überhaupt allein in der Öffentlichkeit lassen? Wusste Sam überhaupt etwas von Verhütung?
Bei diesem Gedanken schüttelte es den kleineren. Jede Frau könnte ihre Hand nach ihm ausstrecken. Dem unwissenden Mann und würde mit Freude seine Kinder bekommen.
Ohne es zu bemerken lief Gabriel, wie auf Autopilot, hinter Castiel her, welcher nun anfing etwas in seinen Korb zu legen, da sein eigener voll war.
Es würde die Schuld von ihm und seinem Bruder sein, hätten sie solch einen Mann in dieses Gehege voller Raubtiere geworfen.
Er fühlte sich ganz zittrig. Er hätte sogar beinahe den Korb in seiner Hand fallen gelassen. Er warf ein Auge auf Castiel, ob er etwas bemerkt hatte. Als dem nicht so schien, verlor er sich wieder ins einer Gedankenwelt. Er musste aufhören sich solche Gedanken zu machen. Sein Bruder hatte immerhin recht. Er sollte sich nicht wie Mutter Henne aufführen. Eigentlich hätte ihn dieser vergleich amüsieren müssen, doch in ihm regte sich nichts was auch nur in die Richtung von Belustigung führte.
Frustriert kam er wieder unter den Lebenden an und musste erstaunt feststellen, dass sie bereits an der Kasse standen und sein Bruder dabei war zu bezahlen.
Gabriel atmete einmal tief durch. Er war wirklich viel zu angespannt. Man könnte meinen, er sei einen ruhigen tag nicht mehr gewohnt, wo sie etwas außerhalb des Bunkers unternahmen, was nichts mit jagen zu tun hatte. Es war einfach ein ruhiger Vormittag, an welchem sie das Leben eines normalen Menschen führen konnten.
Ugh, wie langweilig. Wie stand Jimmy das nur durch?
„Okay, wir haben alles. Bringen wir das zum Auto und dann holen wir Sam ab," sprach Castiel, während er ihren Einkauf einsammelte.
„Ich bin gespannt, wofür er sich entschieden hat," merkte sein Bruder auf dem Weg zu der Blechbüchse aus den 1978ern an. Noch während sie die Einkäufe in das Auto luden, hörten sie einen lauten Knall, gefolgt von einer unglaublich starken Windböe, so dass sich die Brüder an dem Wagen festhalten mussten, um nicht wegzufliegen. Die Windböe zog vorüber und um sie herum sah man verwirrte Menschen nach etwas Ausschau halten, oder schnell hinter einem Hut hinterherrennend.
Ein ungutes Gefühl machte sich im Magen von Gabriel breit. Eine Art Vorahnung.
Er tauschte einen Blick mit Castiel aus, welcher denselben Gedanken wie er zuhaben schien. Unsanft warfen sie die letzten Einkäufe auf den Rücksitz, knallten die Türen zu und joggten zu dem Geschäft, in welchem sie Sam zurückgelassen hatten.
Hastig öffneten sie die Tür und was sie da sahen, traf sie völlig unvorbereitet.
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Heyhow!
Ich wollte noch schöne Weihnachten wünschen :)
Hoffentlich hattest du ein für dich passendes kleines Fest.
Viele Grüße
Sxirxn
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