17
Jimins Herz machte einen Sprung, genauso wie er selbst. Wie von der Tarantel gestochen, fuhr er zusammen.
Diese Stimme hätte er unter Tausenden erkannt, doch der Mann neben ihm nicht. Yoongis Lächeln entglitt ihm und Jimin konnte mit Sicherheit sagen, dass ihm das Herz in diesem Moment in die Hose gerutscht war.
Seine Halsader zuckte und war ein Vorbeben für das, was danach kam. Blitzschnell war der Junge mit den mintgrünen Haaren aufgesprungen und hatte einen Satz nach vorne gemacht.
Hätte Jimin ihn im richtigen Moment nicht zu fassen bekommen, wäre er wahrscheinlich über alle Berge, noch bevor einer der beiden etwas hätte sagen können.
"Ist schon gut. Das ist mein Freund." die beruhigenden Worte hörten sich selbst in seinen eigenen Ohren nicht wirklich wirksam an, vor allem, weil er die Situation nicht als gut eingestuft hätte.
Yoongi machte zwar den Eindruck, als würde er sogleich wieder einen Fluchtversuch starten, doch er ließ sich von dem Jungen neben ihm zurück auf seinen Platz drücken.
Jungkook hatte das Geschehen währenddessen aus großen Augen aus beobachtet, war aber zu schockiert, um als erster das Wort zu ergreifen.
Und so sprachen sie nicht, sahen sich nur ungläubig an, als könnten sie nicht realisieren, dass sie in diesem Moment alle zusammen hier waren.
Während er fieberhaft nach einer Erklärung suchte, die dieser Situation ihre Schärfe nehmen könnte, ohne Jimin oder Yoongi in Schwierigkeiten zu bringen, sah der Dunkelhaarige zwischen seinem besten Freund und seinem mehr-oder-weniger-Freund hin und her.
Egal wen er aber ansah oder in welches Licht er die Situation stellte, sie blieb dennoch äußerst fragwürdig. Als Jimin seinem Freund erzählt hatte, dass er sich mit jemandem traf, hatte er bestimmt nicht an jemanden wie Yoongi gedacht.
Selbst als sich Jimin den Jungen ansah, konnte er kaum glauben, dass sich so etwas wie eine Freundschaft zwischen ihnen entwickelt hatte.
Die dunkle Kleidung, die staubig war von Gott weiß was. Die auffallend grünen Haare, die wohl ein Signal der Natur waren, dass er nicht wie die gewöhnlichen Jungen war. Selbst seine abweisende Körperhaltung und der achtsame Gesichtsausdruck. Das alles, was Min Yoongi zu dem machten, was er war und auf Jungkook so verstörend wirken musste.
Doch Min Yoongi, so seltsam es sich anhören musste, war nicht so gefährlich wie er aussah, dachte Jimin.
Er war zwar direkt und häufig auch an der Grenze zum Unhöflichsein, aber trotzdem fühlte sich Jimin in seiner Gegenwart nicht bedroht. Zumindest nicht mehr.
Der Dunkelhaarige erhob sich von der Holzbank, ignorierte seine zittrigen Knie und räusperte sich.
Die ganze Aufmerksamkeit lag nun auf dem kleinsten der drei, der sich sein Shirt richtete, obwohl es dazu keinen Grund gab.
"Jungkook ... euh ... das ist Yoongi. Yoongi, das ist -" Jimins Kopf fühlte sich, sobald er begonnen hatte, zu sprechen, plötzlich merkwürdig leer an.
"Jungkook", beendete Min Yoongi und rappelte sich ebenfalls auf.
Ein Lächeln zierte seine Lippen, das Jimin eine Spur zu freundlich erschien, doch das ignorierte er in dem Moment.
Nun sahen beide zu Jungkook, der seine ganzen Emotionen hinter einem blanken Gesichtsausdruck verborgen hielt.
Zu gern hätte Jimin in dem Moment gewusst, was seinem besten Freund durch den Kopf ging. Doch wahrscheinlich hätte ihn das Wissen nicht glücklich gemacht.
"Yoongi", wiederholte der Angesprochene und kratzte sich am Hinterkopf, unsicher wie er nun vorgehen sollte.
"Mir gefällt dieses Namensspiel ja echt, aber ich dachte, ich müsste das nicht mehr machen, seitdem ich die Grundschule verlassen habe", erklärte der Grünhaarige, was ihm einen ungläubigen Blick von Seiten Jungkooks erntete.
"Jimin" sein bester Freund versah ihn mit einem strengen Blick "Könnte ich dich für einen Moment sprechen? So ganz unter vier Augen, meine ich.".
Bevor dieser etwas einwenden konnte, hatte sich schon Yoongi eingemischt "Ja, Chim, ich wollte mich sowieso aus dem Staub machen.".
"Wie du willst." wieder fühlte der Kleinere die Verwirrung seinen Körper und Geist einnehmen.
Ohne, dass Jimin etwas erwidern konnte, beugte sich Yoongi nach vorne und drückte den Dunkelhaarigen an sich.
Dieser versuchte nicht allzu merkwürdig zu reagieren, konnte aber nichts gegen seinen unregelmäßigen Herzschlag tun. Es war aber auch das erste Mal gewesen, dass sich die beiden so nah gekommen war, und das nicht mal, weil sie eine körperliche Auseinandersetzung hatten.
Jimin wollte nicht wie ein Widerling wirken, kam aber nicht daran vorbei, Yoongis Geruch einzuatmen.
Eine Mischung aus After Shave, Minze und etwas, das er nicht bestimmen konnte. Eine holzige Note.
Bevor er sich jedoch weitere Gedanken darüber machen konnte, hatte sich der Ältere schon wieder zurückgezogen und entriss dem Kleineren etwas, von dem er nicht gewusst hatte, dass er es besessen hatte.
Jungkook hatte seinen Blick plötzlich auf den Boden gerichtet, als er dem von Jimin begegnete.
"War schön mit dir, Kleiner." der Grünhaarige schenkte Jimin ein Zwinkern und drehte sich dann zu dessen besten Freund um "Hat mich gefreut, dich kennenzulernen, Jungkook.".
Er zog seinen Namen unnötig in die Länge und ließ jeden Buchstaben auf seiner Zunge zergehen, was dieser mit einem einfachen Nicken abtat.
Anschließend entfernte er sich in gemächlichen Tempo von den Jungen, die ihm beide mit den Augen folgten.
Wie er seine Hände in den Tiefen seiner Jackentaschen vergraben hatte und seine Augen auf den Himmel gerichtet hielt, als hätte er jede Zeit der Welt; das war ein Anblick, den Jungen wie Jungkook und Jimin nicht oft zu sehen bekamen.
Als er außer Hörweite war, drehte sich Jimins bester Freund zu ihm um und betrachtete ihn mit einem intensiven Blick, unter dem dieser rot anlief.
"Es ist ...", begann er zögernd, wusste aber nicht so recht, wie es denn wirklich war.
Der Größere machte es ihm mit den angehobenen Augenbrauen und den vor der Brust verschränkten Armen aber auch nicht leichter.
"Eigentlich ist es so, wie es aussieht", verbesserte sich Jimin und ignorierte sein Unwohlsein.
Yoongi hatte nichts verbrochen, das zumindest hatte er gesagt, und so wollte Jimin ihn nicht dastehen lassen, als wäre er ein Krimineller und Jungkook hatte in seinen Augen sowieso nicht das Recht, ihn zu verurteilen.
"Ach ist das so?" der Jüngere versuchte nicht einmal den Trotz in seiner Stimme zu verstecken.
"Yoongi mag vielleicht nicht so aussehen, aber er ist echt ..." ja, wie war er denn? "Ich mag ihn.".
Nun beim Aussprechen der Worte fühlte Jimin wieder sein Herzrasen und vernahm die holzige Note in der Luft, die den Grünhaarigen wie dichter Nebel umgeben hatte.
"Vielleicht sollten wir uns hinsetzen", schlug der Größere vor und setzte dies sogleich in die Tat um.
Obwohl Jimin nichts dagegen gehabt hätte, dieses Gespräch ganz zu überspringen, folgte er seinem Freund und ließ sich neben diesem genau auf den Platz nieder, auf dem er noch vor wenigen Minuten gesessen hatte.
Sobald beide saßen, fragte Jungkook mit einem ungläubigen Ton "Chim?".
Jimin neigte den Kopf zur Seite, verwirrt worüber der andere sprach, als es ihm wieder einfiel.
"Scheint so." er zuckte mit den Schultern und fuhr sich mit den Händen an die Schläfen. Sein Kopf hatte plötzlich angefangen zu dröhnen, als würde ihm nun auch sein Körper sagen, dass er verschwinden sollte.
Dem Dunkelhaarigen war nicht mal aufgefallen, dass er ihn Chim genannt hatte, dafür war er zu sehr verwirrt von der Umarmung und der ganzen Situation, die er erstmal verdauen musste.
"Jimin, was soll das?" sein bester Freund versah ihn mit einem aufmerksamen Blick, der gleichzeitig auch etwas Anderes ausstrahlte. Enttäuschung? Anspannung?
Was auch immer es war, es gefiel dem Kleineren ganz und gar nicht. Er hasste es bemuttert zu werden, vor allem wenn es sein jüngerer Freund war, der sich etwas auf seine Größe einbildete.
"Was soll was? Ich habe nichts gemacht", verteidigte er sich und versuchte sehr, ruhig zu klingeln, damit er seinem Freund keinen Grund zur Besorgnis geben würde.
Wie es aber schien, brauchte er keinen Grund, um beunruhigt zu sein. Vielleicht wollte er einfach nur Drama starten und Jimin in Rage bringen.
Jungkook atmete tief aus und ließ seinen Blick in die Ferne schweifen. Durch seine dunklen Augen betrachtete er die Baumkronen, die in den hellblauen Himmel ragten und dessen Äste im Wind tanzten. Wieder ließ er seine Augen weiterziehen, um eine einzelne Wolke zu beobachten.
Obwohl der Wind an diesem Tag ungewöhnlich stark war, bewegte sie sich nur gemächlich fort. Ließ sich mühelos durch den Himmel tragen, während Jungkook langsam seine Aufmerksamkeit von dem einsamen Dunst nahm, um diese wieder auf den Jungen neben ihm zu lenken.
"Ist das der Freund, von dem du gesprochen hast?", wollte er wissen, als er Jimin wieder ansah. Dieser nickte langsam und sah mit an, wie Jungkooks Miene sich noch weiter verfinsterte.
Jimin hätte wirklich gerne den Grund für seine Wut gekannt, konnte aber nur spekulieren. Auch wenn er ihn gefragt hätte, so hätte er doch nur eine ausweichende oder irreführende Antwort erhalten.
"Sei bitte vorsichtig, ja?" damit hatte Jimin nicht gerechnet, schon eher mit einer schnippischen Antwort. Obwohl es für die meisten selbstverständlich sein sollte, nickte Jimin erneut, weil er genau wusste, dass Jungkook ihn unter all den vielen Menschen, denen er schon begegnet war, mit am besten kannte.
Auch wenn Jimin dem Chaos aus dem Weg ging, so würde es ihn doch immer finden.
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