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So schnell wie es ihm möglich war, verabschiedete sich Jimin von den Beiden, drückte den Türgriff nach unten und schlüpfte durch den schmalen Spalt in das abgedunkelte Zimmer und bevor irgendjemand ihm nachkommen konnte, schloss er die Tür genauso hastig hinter sich, wie er sie geöffnet hatte.

Zu seinem Glück war der Raum frei von Besuchern und auch der Arzt hatte wohl kein weiteres Interesse daran, dem jungen Mann zu folgen, was Jimin sehr positiv aufnahm, denn nun hatte er Zeit, den Mann unter vier Augen zu sprechen.

Doch bevor er seinen Mund zum Sprechen öffnen konnte, war ihm der Mann schon zuvor gekommen "Wer ist da?". Jimin wunderte diese Frage, da er zwar ebenfalls Schwierigkeiten hatte in dem dunklen Raum alles auszumachen, jedoch sollte der Ältere doch schon an die Lichtverhältnisse gewohnt sein.

Als er sich jedoch zu diesem umdrehte, verstand er, was der Mann meinte, denn eines seiner Augen war von einer Bandage verdeckt, - das war es also mit einem Gespräch unter vier Augen- dieses machte jedoch nur einen kleinen Teil seiner schreckhaften äußerlichen Erscheinung aus, denn sein Gesicht hätte bestimmt noch weitere Verbände vertragen können, dachte sich Jimin insgeheim.

Dunkle Flecken zierten das aufgedunsene Gesicht des Mannes, welcher eher aussah als wäre er in einen Kampf mit einem Bären gekommen, anstatt mit einem anderen Menschen, außer diese Person hatte jahrelange Erfahrung im Nahkampf.

Der Dunkelhaarige wollte sich gar nicht vorstellen, wie sein Körper aussehen musste, wenn schon sein Gesicht so ein Bild gab, aber das war nicht der Grund gewesen, weshalb er gekommen war, auch wenn er sich nun fragte, wie er direkt nach dem Kampf ausgesehen haben musste, wenn dieser Zustand als "erholt sich gut" bezeichnet werden konnte.

"Mein Name ist nicht wichtig, aber ich bin ein zukünftiger Kollege von dem Mann, welcher noch vor wenigen Minuten bei Ihnen gewesen ist. Ich bin vorbeigekommen, weil-" weiter kam Jimin nicht, denn der Mann schnitt ihm das Wort ab.

"Weil Sie sehen wollten wie schlimm es ist? Reichen Ihnen die Beschreibungen nicht?" man könnte meinen, dass der Ältere nicht erfreut war den Polizisten zu sehen - das oder der Mann sprach immer mit solch einer Intensität, dass Jimin sich wunderte wie er noch nicht in die Luft gegangen war vor lauter Wut.

Bevor es jedoch zu einem Missverständnis kommen konnte, griff Jimin ein "Nein, überhaupt nicht. Ich würde so etwas Unangemessenes niemals tun." - nicht ganz wahr - "Ich wollte nur etwas plaudern.".

Das Wort plaudern flüsterte der Dunkelhaarige fast schon, wissentlich, dass er sich anhörte wie der größte Idiot, der je einen Fuß auf diese Welt gesetzt hatte und so reagierte auch der Ältere nicht gut auf seine Erklärung.

"Plaudern? Sehe ich aus, als würde ich mit jemandem plaudern wollen?" die Stimme des Mannes war zum Ende hin immer lauter geworden und Jimin befürchtete, dass er mit einer Überschwemmung rechnen musste, spuckte der Mann so weiter.

Dies ließ er sich aber nicht anmerken und wagte sich stattdessen an einem zögerlichen Lächeln, welches den Mann noch rasender machte "Dumme Wortwahl, mein Fehler. Trotzdem habe ich einige Fragen.".

Der Verletzte sah den Jüngeren mit solch einem Blick an, dass dieser eine Gänsehaut am ganzen Körper bekam und seine Ärmel langsam herunter rollte.

"Ich habe den Polizisten schon gesagt, dass ich mich nicht an die genauen Umstände erinnern kann." Jimin hatte zwar nicht mit einer hilfreichen Antwort gerechnet, war aber dennoch enttäuscht, dass der Mann es ihm so schwer machte.

Wieso konnte nicht einmal etwas leicht sein, fragte sich Jimin insgeheim, behielt seine ausdruckslose Miene aber bei, die bei dem Mann besser zog als ein Lächeln.

Er ließ sich einen Moment Zeit, bevor er mit ruhiger Stimme antwortete "Das ist mir bewusst, doch Sie verstehen sicher, dass ich das nicht so einfach glauben kann. An irgendetwas müssen Sie sich doch erinnern können.".

"Ich muss gar nichts und Sie können mich auch zu nichts zwingen. Ich habe keine Anzeige gestellt, also was wollen Sie noch von mir?"

Jimin musste wohl oder übel zugeben, dass der Mann recht hatte, auch wenn ihn das noch lange nicht aufhalten konnte.

"Wieso stellen Sie keine Anzeige? Sie werden mir doch wohl nicht sagen, dass Sie sich das selbst angetan haben und denken Sie doch nur an das Schmerzensgeld.".

Natürlich war dem Dunkelhaarigen bewusst, dass er hier nicht mit moralischen Mitteln kämpfte und auch nicht wie es von einem angehenden Polizisten erwartet werden konnte, jedoch ahnte er, dass er anderweitig nicht weit kommen würde.

"Wollen Sie mich etwa bestechen?" der Mann kniff seine Augen zusammen - zumindest glaubte Jimin das, denn er konnte nur eines seiner Augen sehen - und richtete sich mühsam aus seiner liegenden Position auf, sodass er nun saß.

Schnell winkte der Dunkelhaarige ab, bevor er sich selbst in Schwierigkeiten bringen konnte "Nein nein, ich sage doch nur, dass es sehr wohl Vorteile hätte, wenn sie sich Einiges von der Seele sprechen würden.".

Unauffällig ließ der Polizist seinen Blick über die Decke auf der Suche nach Kameras schweifen, jedoch konnte er auf den ersten Blick keine erkennen. Trotzdem war er sich sicher, dass er sich darauf nicht ausruhen durfte, denn bestimmt irrte er sich nur.

Jimin, so dachte er, würde den Mann nämlich nicht unbeaufsichtigt lassen, auch wenn er hier nicht viel zu befürchten hatte.

"Zum Beispiel wer Sie so zugerichtet hat", fuhr der Dunkelhaarige fort, da der andere nicht aussah, als wollte er darauf antworten "Oder wieso Sie sagen, dass Sie sich nicht erinnern können, obwohl Sie es doch tun.".

Der Mann gab einen gurgelnden Laut von sich so, als ob er Blut im Hals hatte "Werfen Sie mir vor zu lügen?".

Dieses Mal war der Jüngere an der Reihe zu schweigen, sein Blick verriet jedoch alles. Sogar jemand mit nur einem Auge hätte diesen deuten konnen.

"Sie können so lange fragen wie Sie wollen, ich habe nichts weiter dazu zu sagen."

Wieder entstand ein Schweigen in dem dunklen Raum, welches sich zu Jimins Ungunsten auszudehnen schien. Er musste sich eingestehen, dass es keinen Zweck mehr hatte den Mann zu bearbeiten, zumindest für dieses Mal hatte er die Schlacht verloren.

Zögerlich nickte er und betrachtete den Älteren noch einmal durchdringend. Dessen blutunterlaufenes Auge, die zahlreichen Verbände und die düstere Miene, die er durchgehend aufgesetzt hatte.

Egal was der Mann sagte oder was die Außenstehenden behaupten mochten, für Jimin war es eindeutig, dass die Geschichte noch nicht vorbei war und dass es noch einiges aufzudecken gab.

Niemals wäre der Ältere in der Lage gewesen sich diese Verletzungen selbst zuzufügen, wie berauscht dieser auch gewesen sein mochte.

Trotzdem musste er sich vorübergehend zurück ziehen, versprach sich aber selbst, dass das nicht das Ende war.

"Dann bedanke ich mich für Ihre Zeit." mit einer kurzen Verbeugung signalisierte er dem Älteren, dass er ihn nun alleine lassen würde und drehte sich zum Gehen um.

Bevor er jedoch die Tür öffnete und seinen Heimweg antrat, drehte er sich noch ein letztes Mal um "Min Yoongi.".

Der Jüngere hätte meinen können, dass sich etwas in der Miene des Mannes getan hatte - ein Zucken seines Mundwinkels oder unauffälliges Zwinkern -, doch genauso gut hätte er es sich nur einbilden können.

Also verschwand er zügig aus dem Zimmer und schloss die Tür, ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren.

Sein Verstand hatte sich verabschiedet und er fühlte sich, als hätte ein Tornado in seinem Inneren gewütet. Obwohl er nichts Neues erfahren hatte, drehte sich sein Kopf vor Sinneseindrücken und so konnte er sich kaum daran erinnern, wie er heil zu Hause angekommen war.

Doch am Ende des Tages lag er wie gerädert in seinem Bett und bemerkte kaum, wie sein Vater sein Zimmer betrat und es, ohne ein Wort zu sagen, wieder verließ.

Für diesen Tag war er fertig - sowohl auf emotionaler als auch auf physischer Ebene- und so überrascht es kaum, dass er nach nur kurzer Zeit eingeschlafen war und seine Probleme wenigstens für einen Moment hinter sich lassen konnte.

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