Kapitel 5 PFERD GEFUNDEN

Als ihre Schüssel Kekse leer war, machten sie sich wieder daran den Stall zu misten, wurden jedoch nach kurzer Zeit von Jack unterbrochen. "Jess, deine Eltern möchten, dass du nach Hause kommst, es gibt gleich Essen. Könntet ihr sie begleiten und diese Zettel aufhängen? Irgendjemand muss die Stute ja kennen" Er hielt ihnen Zettel entgegen, auf denen ein Foto von Mina prangte.

Emma und Claire nickten, und nahmen die Zettel und eine Rolle Klebeband entgegen. Sie sahen sich den Zettel genau an.
Darauf stand in roten Großbuchstaben:
"PFERD GEFUNDEN"
Darunter war ein Bild der Stute und eine Beschreibung, zudem noch das Funddatum und der Fundort.
"Bitte melden Sie sich unter der unten angegebenen Nummer, oder bei der Polizei, wenn sie das Pferd kennen."
Am unteren Rand gab es dann noch kleine Streifen zum Abreißen, auf denen Jacks Nummer stand.

Sie sattelten Nuri und Polly, da Jack ihnen zähneknirschend erlaubt hatte die Zettel per Pferd zu verteilen. Zu Fuß hätten sie Stunden gebraucht. Das Dorf war zwar nicht besonders groß aber sie wollten auch in die Nachbarstadt reiten, da dort viel mehr los war. Jack rief noch schnell Claires Eltern an, ob sie den Ausritt erlaubten, dann konnte es losgehen.

Jess und Claire ritten gemeinsam auf Polly, da sie Jess nur absetzen und daher kein drittes Pferd mitnehmen wollten. Polly war ein absolutes Traumpferd. Selbst wenn eine Bombe neben ihr hochgehen würde, würde sie nichts machen und auch zwei Mädchen auf ihrem Rücken machten sie nicht nervös.

Kaum war Jess abgestiegen beschleunigte Emma das Tempo. Es war 11: 50, sie hatten also noch knapp 2 Stunden Zeit bevor Claires Eltern sie abholen wollten. Google Maps hatte behauptet, dass sie zu Fuß etwa 4 Stunden und mit dem Fahrrad etwa 1 1/2 Stunden bräuchten. Mit den Pferden lag die Dauer also irgendwo dazwischen.

Während Emma immer wieder absprang und die Zettel an Buhaltestellen oder Laternen anklebte, hielt Claire Nuri fest. Sie sah fasziniert zu, wie mühelos Emma wieder aufstieg.
Es war, als wäre Emma ein Magnet, der nur in die Nähe seines Gegenstücks gehalten werden musste und schon sprang er in die richtige Position.
In den Läden brauchte Emma immer etwas länger, da sie erst fragen musste, ob sie ihren Zettel an das schwarze Brett hängen durfte. Claire sah währenddessen immer nervös auf ihre Uhr.

"Ich weiß gar nicht, warum ich jedesmal fragen muss, die sagen doch eh immer ja", beschwerte sich Emma. Schon nach kurzer Zeit hatten sie aufgehört die Zettel an den Laternen und Bushaltestellen anzubringen, aber sie waren immer noch zu langsam. Wann immer es möglich war trieben sie die Pferde in den Trab.

Nachdem sie endlich die Stadt verlassen hatten galoppierten sie an und ließen sie eine ganze Weile rennen. Die beiden Pferde waren lange Ausritte gewöhnt und wurden daher zum Glück nicht so schnell müde.
Sie erreichten den Hof fast zeitgleich mit Claires Eltern, da diese zu ihrem Glück im Stau gesteckt hatten.
Sie sattelten die Pferde noch ab und brachten sie auf die Weide, dann fuhr Claire mit ihren Eltern zu ihrem neuen Haus.
Kaum war sie weg war es plötzlich still.
Jack ritt sein Pferd, da er in den nächsten Tagen kaum Gelegenheiten dazu hätte, die Hunde liefen irgendwo herum, alle Pferde waren auf den Weiden und die Ferienkinder kamen erst in ein paar Stunden.

Emma ging in ihr Zimmer und zog sich um. Sie durfte heute eh nicht mehr reiten, es hatte also keinen Sinn ihre Reithose schmutziger zu machen, als sie eh schon war. Dann schnappte sie sich eins ihrer Pferdebücher, die sie schon hundert mal gelesen hatte. Dabei fiel ihr ein, dass die Stute schon wieder alleine im Stall stand, also lief sie wieder nach draußen. Etwas Bewegung täte ihr sicher gut, also holte sie sich ein Halfter und führte sie raus. Sie ließ sie am Randstreifen der Koppel, auf der Nuri mit ihrer Herde stand, grasen. Diese kam auch prompt zum Zaun und lies sich von Emma kraueln. Leider begannen die beiden Pferde nach kurzer Zeit wieder sich anzuquietschen, also suchte Emma sich einen anderen Grasstreifen aus.
Sie ließ Mina noch ein paar Minuten grasen, dann meldete sich ihr eigener Magen und sie brachte die Stute wieder weg.
Mittagessen gab es bei ihnen wahrscheinlich nicht, da Jack am ersten Abend der Ferienkinder immer warm kochte, also schmierte sie sich ein Brot und maschierte wieder nach draußen.

Jetzt enddeckte sie auch die Hunde, die begeistert auf sie zu stürmten. Sie stritten sich um ein hässliches Kuscheltier, das Emma ein Jahr zuvor als Werbegeschenk von der Sparkasse bekommen hatte. Lola ließ es vor ihr fallen und sah sie erwartungsvoll an, doch bevor Emma es werfen konnte stahl Mona es.
Emma und Lola jagten ihr nach und irgendwann endriss Emma ihr das Kuscheltier. Sie warf es mehrere Male quer über den Hof, hörte aber sofort auf, als Jack mit Malia in ihr Blickfeld kam.
Obwohl es für Friesen eher untypisch war, war Malia ein echtes Sensibelchen, das häufig erschrak.
Emma und die Hunde folgten ihnen daher mit einigem Abstand.

Während er ihre Sachen wegbrachte, begann Emma schon mit dem Putzen und gab ihr ein Leckerli.
In dem Moment, in dem er wieder in den Stall kam, klingelte sein Handy. Es war die Betreuerin, die ihnen diese Woche eigentlich mit den Kindern helfen wollte, die aber spontan nicht kommen konnte.

Als er aufgelegt hatte meinte er ärgerlich, "Dass man mal krank wird kann ja immer mal sein, aber warum konnte sie mir nicht früher bescheid sagen, dann hätte ich noch jemanden anrufen können. Wer soll denn jetzt auf die Kinder und den Hof aufpassen, wenn ich mal kurz weg bin?"

"Ich mach das.", bot Emma sofort an. Den Ferienbetrieb hatten sie erst seit diesem Jahr und bis jetzt hatten sie immer eine Betreuung auftreiben können. Doch innerhalb von knapp zwei Stunden fand man keine neue.

Ihr Vater sah sie erstaunt an, "Du?"

"Warum denn nicht? Ich kenne alle Notfallnummern auswendig, ich weiß wie ich diverse Pferdekrankheiten erkenne und wir haben vor zwei Wochen einen Erstehilfekurs in der Schule gemacht."

Er wirkte nicht sonderlich überzeugt. Wieso sollten die Kinder auf eine Zwölfjährige hören oder die Eltern sich keine Sorgen machen, wenn er nicht da war?

Doch Emma sprach schon weiter. "Außerdem hast du mir doch erzählt, dass es diese Woche nur zwei Mädchen gibt, die Älter als ich sind, ich könnte von den anderen also sogar noch als Autorarititätsperson wahrgenommen werden."

"Autoritätsperson.", er schmunzelte, wo hatte sie das denn aufgeschnappt? Oder war es normal für eine Zwölfjährige solche Wörter zu benutzen? "Nun gut. Eine neue Betreuung finden wir heute eh nicht mehr. Versprichst du mir, dass du nichts gefährliches anstellst, während ich nicht da bin?"

Eifrig rief sie, "Versprochen!"

"Wenn du Lust hast kannst du in deinem Zimmer schlafen, das ist ja jetzt wieder frei. In den beiden Vierer- Zimmern schlafen aber wahrscheinlich Mädchen in deinem Alter"

Emma musste in den Ferien immer ihr Zimmer für die erwachsene Betreuung räumen, damit diese ein Zimmer für sich hatte. Sie schlief während dieser Zeit immer bei den Ferienkindern, auch, um näher am Geschehen zu sein.
Jack überlegte sich immer im Vorhinein eine Zimmeraufteilung und Emma durfte sich aussuchen, bei wem sie schlief. Wenn jemand unzufrieden war konnte man im Nachhinein noch tauschen.

"Ich schlafe glaub ich trotzdem oben.", antwortete sie schließlich.

Als sie Malia fertig geputzt hatten durfte sie wieder auf die Weide.
Schnell holten sie alle Pferde, die sie gleich brauchen würden, rein. Außerdem holte Emma noch Nuri, da Mina wieder unruhig wieherte, als sie die anderen Pferde hörte.
Jack sperrte die Hunde in Emmas Zimmer, damit sie, wenn die Ferienkinder kamen, nicht für noch mehr Aufregung sorgten und Emma brachte ihre Bettwäsche hoch. Dann stellten sie sich auf den Hof und warteten.

Die Minuten schlichen quälend langsam dahin. Das schlimmste an den Ferienkindern war immer das Warten vorher. Und die Aufregung... Wie sie wohl waren? Hoffentlich nett! Kaum hatte sie das gedacht rollten die ersten Autos auf den Parkplatz und plötzlich war der Hof voller Kinder.

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