Kapitel 65
[So ungefähr sieht Harrys Ärztin aus👆]
Augenblicklich zieht auch mein Herz sich schmerzhaft zusammen und ich habe das Gefühl, nicht genug Sauerstoff in meine Lungen zu bekommen. Ich will mich gerade auf den Boden sinken lassen, da sehe ich, wie Caroline aus dem Raum kommt, mich entdeckt und mir einen Stuhl unter den Hintern zerrt, auf den ich mich erschöpft sinken lasse. "Was ist mit Harry?", möchte ich aufgebracht werden, nachdem ich eine Sekunde durchgeschnauft habe. Caroline reicht mir eine frische Jogginghose und ein Shirt, da ich mich vorhin ein wenig vollgesaut habe, als ich über der Kloschüssel hing. Dankend nicke ich, ziehe beides schnell an und wiederhole dann meine Frage. Caroline seufzt und sieht mich bemitleidend an. "Mr. Tomlinson-", ich unterbreche sie. "Louis reicht". Kurz schmunzelt sie. "Also Louis, das Problem ist, dass du kein fester Angehöriger bist. Ich darf dir nichts sagen. Ich habe dir schon auf der Fahrt hierher zu viel erzählt, aber ich bin an die ärztliche Schweigepflicht gebunden. Ich darf diese nicht brechen, so leid es mir tut", erklärt Caroline.
Verständnislos sehe ich sie an. "Aber Harry hat sonst nicht wirklich jemanden", sage ich aufgebracht. - "Was ist denn mit seinen Eltern?"
- "Sein Vater ist verstorben. Und zu seiner Mutter hat Harry keinen Kontakt mehr", erkläre ich. Dass der zweite Teil gelogen ist, muss sie ja nicht wissen. "Louis, ich darf dir trotzdem nichts sagen, das würde mich meinen Job kosten", sagt Caroline. Plötzlich kommt mir eine Idee. "Und... und wenn ich dir sage... dass Harry und ich verlobt sind? Die Ringe wollten wir demnächst gemeinsam aussuchen gehen", flunkere ich. Die Brünette muss schmunzeln. Sie hat mich natürlich durchschaut. "Ach Louis". Sie seufzt und überlegt, doch dann meint sie: "Also hör zu, es ist so. Harry hatte einen Herzstillstand. Die Ärzte haben es nach einiger Zeit geschafft, ihn wiederzubeleben, aber es kann jederzeit wieder passieren, auch wenn er vorerst stabilisiert ist. Außerdem hat er, wie ich dir bereits gesagt habe, viel Blut verloren. Die Ärzte haben ihn sofort aufgeschnitten und mit der Operation begonnen. So wie es bis jetzt aussieht, hat es auf jeden Fall die rechte Niere erwischt. Ich kann dir nicht sagen, ob sie zu retten ist. An sich kann Harry mit einer Niere leben, allerdings ist es möglich, dass auch die andere Niere geschädigt ist, aber soweit möchte ich jetzt noch gar nicht denken und das solltest du auch vermeiden". Bestürzt sehe ich sie an. Dass der Mensch mit einer Niere überlebensfähig ist, ist mir klar, aber sollte die zweite auch nicht mehr zu retten sein, ist Harry auf ein Spendeorgan angewiesen. Und selbst dann ist nicht sicher, ob der Körper das Organ annimmt oder nicht.
Schniefend sinke ich in mir zusammen. Harry muss es einfach schaffen! Er hat das alles absolut nicht verdient!
Caroline reicht mir ein Taschentuch. "Geh am besten nochmal heim. Die Operation wird einige Stunden dauern und du kannst jetzt nichts für Harry tun", sagt sie. Entschieden schüttle ich den Kopf. "Nein, ich muss hier bleiben. Harry braucht mich und meine Wohnung ist zu weit weg". Seufzend steht Caroline vom Stuhl neben mir auf. "Na gut. Aber bitte tu mir einen Gefallen". Sie steckt mir einen 5$ Schein in die Hand. "Geh später mal etwas in der Mensa hier essen. Du hilfst deinem Freund nicht, wenn du aufgrund eines Schwächeanfalls zusammenbrichst".
Ich bedanke mich für ihre Hilfe und sie verabschiedet sich von mir.
Seufzend richte ich mich auf dem Stuhl in eine einigermaßen gemütliche Position, bevor ich mein Handy zu mir nehme. Ich tippe ein paarmal darauf herum, bis ich bei Nialls Kontakt lande. Mit einem Blick auf die Uhr stelle ich fest, dass er wohl noch in der Uni sein wird, also entscheide ich mich für eine Nachricht statt eines Anrufs.
Ich: Hey Nialler, Harry ist im Krankenhaus im OP. Ich warte hier...
Anders als erwartet bekomme ich sogar gleich darauf eine Antwort.
Niall: Krankenhaus?? Was hat er denn?? Soll ich vorbeikommen?
Ich: Es sieht wohl nicht gut aus. Innere Blutungen. Wie du willst.
Niall: Ich komme sofort. Wir treffen uns im Krankenhaus.
Ich wusste dass ich auf meinen besten Freund zählen kann. Ansonsten würde ich wohl die ganze Zeit hier sitzen und mich verrückt machen. Niall kann mich vielleicht ein wenig ablenken und beruhigen.
~*~
Zwanzig Minuten später sehe ich durch das Fenster, das auf den Eingang des Krankenhauses zeigt, wie ein gefärbter Blondschopf durch die Tür stürmt. Es dauert nicht lange, da sehe ich ihn um die Ecke des Ganges schlittern. Ich stehe auf und er zieht mich in eine feste Umarmung. Augenblicklich beginne ich zu schluchzen. "Es ist alles meine Schuld! Ich hätte darauf bestehen müssen, dass wir sofort ins Krankenhaus fahren!", schluchze ich und weine sein Shirt voll. Niall kann sich anscheinend schon denken, wie der Tag gestern grob abgelaufen ist. "Das ist Unsinn, Louis. Du kannst Harry ja nicht gegen seinen Willen hierher bringen. Du hast getan was du konntest. Wenn hier einer Schuld an der ganzen Situation ist, dann ist es Jack."
- "Aber Harry hatte gestern schon Schmerzen. Und heute morgen als ich aufgewacht bin hätte ich viel eher nach ihm schauen müssen aber ich Idiot dachte, dass er einfach schläft! Fuck Niall so blöd wie ich kann man doch nicht sein!" Der blonde Ire versucht weiterhin, mich zu beruhigen, doch es klappt eher mittelmäßig. Als zumindest die Tränen nachlassen, kann ich ihn wenigstens über Harrys Gesundheitszustand informieren. "Wenn er stirbt werde ich mir das nie verzeihen können", murmle ich. - "Louis, jetzt hör aber mal auf! Bei aller Liebe aber woher hättest du das wissen sollen?! Mit deinen pessimistischen Gedanken hilfst du Harry auch nicht weiter! Er ist stark, er wird das schaffen. Und wir beide gehen jetzt in die Mensa und essen was, ich habe nämlich langsam Hunger, meine letzte Mahlzeit ist schon eine Stunde her!" Seufzend folge ich dem blonden Iren, wie er zielstrebig durch die Gänge läuft. Als wir uns beide eine Brezel gekauft haben, setzen wir uns an die frische Luft auf eine Bank.
"Weiß seine Mutter eigentlich Bescheid?", fragt Niall. Ich schüttle den Kopf. Er zieht verwirrt die Augenbrauen zusammen. "Und wieso haben dir die Ärzte dann Auskunft über Harrys Gesundheitszustand gegeben?" Nun muss ich sogar lächeln. "Eventuell habe ich mich als seinen Verlobten ausgegeben".
"Hahahahah! Das hast du nicht getan, oder?!" Ich zucke mit den Schultern. - "Mir blieb ja nichts Anderes übrig. Ich weiß ja nicht, wo genau Harry wohnt und ich habe auch nicht die Festnetznummer von ihm zu Hause. Ich könnte seine Mutter nicht mal erreichen, selbst wenn ich es wollte. Ich vermute aber mal, dass später noch die Polizei hier aufkreuzen wird, da die Ärzte natürlich auch die ganzen Verletzungen an Harry entdeckt haben. Die waren schließlich nicht zu übersehen", erzähle ich.
"Was wirst du der Polizei denn sagen?", fragt Niall. - "Ganz ehrlich... ich habe keine Ahnung. Harry wollte nicht gegen Jack aussagen, weil er der Meinung war, dass ihm niemand glauben würde. Aber allein an seinen Verletzungen kann man erkennen, dass Harry nicht nur irgendeinen kranken Sexkink hat. Und ich möchte auch nichts gegen Harrys Willen unternehmen. Vielleicht warten die Polizisten ja auch noch, bis Harry ansprechbar ist, dann muss ich nichts auf eigene Faust tun", sage ich hoffnungsvoll. - "Ja, das kann gut sein. Aber trotzdem müssen wir seiner Mutter Bescheid geben. Ich kenne sie zwar nicht persönlich, aber zumindest weiß ich, wo Harry wohnt. Ich könnte bei Anne vorbeischauen und ihr erzählen, dass Harry im Krankenhaus ist", bietet Niall an. Ich überlege. - "Ja, das ist besser, als wenn ich selbst vorbeifahre oder so. Also falls Jack dort auftauchen sollte".
- "Alles klar. Dann bleib du hier bei Harry und ich fahre zu ihm nach Hause, sage seiner Mum Bescheid und packe gleich eine Tasche mit ein paar Sachen. Ich denke, dass er wohl einige Tage hier bleiben muss", sagt Niall. Ich stimme ihm dankend zu und wir betreten wieder das Gebäude. "Ich muss dann auch mal wieder los. Schreib mir bitte, falls es etwas Neues gibt. Ich komme später wieder vorbei, okay?" Ich nicke und umarme meinen besten Freund zum Abschied. "Danke, Niall. Bis dann".
Seufzend setze ich mich im Wartebereich auf ein Sofa.
Eine Stunde vergeht.
Zwei Stunden vergehen.
Irgendwann fallen mir die Augen zu. Ich träume komplett wirres Zeug. Harry stirbt und ich gerate in die Hölle, weil ich mich nicht um ihn gekümmert habe.
Schweißgebadet schrecke ich hoch, als mich jemand an der Schulter antippt. Ich blinzle ein paar Mal in das helle Licht und erkenne eine blonde Ärztin mittleren Alters, die mich freundlich anschaut. "Sind Sie Herr Styles' Verlobter?", fragt sie und streckt mir die Hand hin. Ich stehe auf, um mit ihr auf einer Augenhöhe zu sein und erwidere den Händedruck. "Mr. Tomlinson, ja".
"Ich bin Dr. Carter. Wenn Sie mir bitte folgen würden?"
Wir laufen wiedermal durch einige Gänge, fahren mit dem Aufzug ein paar Stockwerke nach oben und treten schließlich durch den Eingang der Intensivstation. Mit jedem Schritt beschleunigt sich mein Herzschlag und ich beginne vor Angst um Harry zu schwitzen. Dr. Carter öffnet eine Tür und ich trete in ein Besprechungszimmer.
"Setzen Sie sich doch bitte", fordert sie mich höflich auf. Kann sie sich nicht endlich ihre Höflichkeitsfloskeln sparen und zu Sache kommen?!
"Was ist denn nun mit Harry?", frage ich ungeduldig. Sie nimmt in aller Ruhe gegenüber von mir auf den Bürostuhl Platz und schenkt mir ein Glas Wasser ein, das sie vor mir hinstellt. Sie deutet mit ihren Blick darauf, also stürze ich alles in einem Zug herunter. Als ich fertig bin lehne ich mich auffordernd zurück und sehe die Ärztin abwartend an. "Also Mr. Tomlinson, es ist so: Ihr Verlobter hat nun eine siebenstündige Operation hinter sich gebracht. Wie Ihnen sicherlich schon berichtet wurde, hat er viel Blut verloren, was auf die inneren Verletzungen zurückzuführen ist. Eine gebrochene Rippe hat den Lungenflügel perforiert, was wir aber glücklicherweise wieder beheben konnten, um die Lunge nicht weiter zu schädigen. Des Weiteren sind das Steißbein, sowie sämtliche andere Stellen stark geprellt, was allerdings keine schlimmeren Schäden mit sich bringen wird. Außerdem haben wir enorme Verletzungen im Analbereich vorgefunden, weshalb wir bereits die Polizei informieren mussten. Kommen wir nun zum schlimmsten Teil". Verwirrt sehe ich sie an. War das gerade etwa der gute Teil?
Sie wirft mir einen verständnisvollen Blick zu, schenkt mein Glas wieder voll und schaut mich abwartend an. "Trinken Sie". Leicht genervt setze ich das Glas an meine Lippen und trinke auch dieses aus. Dann fährt sie endlich fort. "Hören Sie zu: Mr. Styles hat schlimmste innere Verletzungen erlitten. Zum Einen wurde wie vermutet die Milz stark beschädigt, was wir glücklicherweise unter anderem mit einigen Blutkonserven in den Griff bekommen konnte. Zum Anderen konnten jedoch eine der beiden Nieren nicht mehr retten, sondern wir mussten sie entnehmen. Wie sie bestimmt wissen, ist der Körper mit einer Niere zwar überlebensfähig, das Problem bei Mr. Styles ist aber, dass ein familiär bedingter Gendefekt vorliegt, wodurch die zweite Niere beinahe nutzlos ist".
Als sie mich prüfend anschaut, ziehe ich die Augenbrauen zusammen. "Und was heißt das jetzt auf Deutsch?"
- "Mr. Tomlinson, ihr Verlobter braucht im schlimmsten Fall ein Spenderorgan".
Okay, das ist schrecklich, aber leider bemerke ich genau, dass es noch einen weiteren Haken gibt.
"Es ist leider nicht sehr warscheinlich, dass wir rechtzeitig ein passendes Spenderorgan finden. Und selbst wenn, besteht bei Mr. Styles durch seine Genkrankheit die hohe Gefahr, dass der Körper die neue Niere nicht annimmt".
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