Kapitel 54
Verwirrt gehe ich ins Bad und stelle mich unter die kalte Dusche. Während das Wasser auf mich herunterprasselt, beruhigt mein Schwanz sich langsam wieder- anders als mein Kopf. Der ist zu überfordert mit der Situation. Mich lässt das Gefühl nicht los, etwas falsch gemacht zu haben, aber was kann ich denn dafür, wenn mein Penis sich einfach angesprochen fühlt, wenn ich Harrys harte Länge an meinem Becken spüren kann. Genervt über die Situation fahre ich mir übers Gesicht, bevor ich das Wasser ausstelle.
In meinem Zimmer ziehe ich mich an, bevor es kurz danach auch schon an der Tür klopft. Lottie streckt ihren Kopf herein. "Kommst du gleich runter? Wir würden dann essen?" - "Ja, ich brauch noch ein paar Sekunden", sage ich. Anders als gedacht, schlüpft sie in mein Zimmer und schließt die Tür hinter sich. "Ist alles okay? Ich hatte eigentlich das Gefühl, dass euer Date gestern gut laufen wird", sagt sie verwirrt.
"Ist es auch... wir sind zusammen", sage ich lächelnd, weshalb sie freudig aufquietscht. "Das freut mich so für euch!", ruft sie. Lottie umarmt mich und ich erwidere es, doch trotzdem scheint sie zu merken, dass etwas nicht stimmt. "Und was ist das Problem daran? Ich dachte, du würdest dich auch freuen", sagt sie. Meiner Schwester kann ich wohl nichts vormachen.
"Das tue ich auch. Es... war nur vorhin eine komische Situation, die mich etwas verwirrt hat", umschreibe ich. Etwas ist leicht übertrieben. "Darf ich fragen, was genau passiert ist?", hakt sie vorsichtig nach. Ich kann es ihr jedoch nicht sagen, ohne dass ich Harrys Vergangenheit erwähnen müsste. Sie würde es ansonsten noch weniger verstehen, als ich. "Ich... es... ist kompliziert", beginne ich, doch sie stoppt mich. "Hey, alles gut. Aber du kannst immer mit mir reden, wenn du das mal brauchst, ja?" Dankbar nicke ich. Sie schließt mich nocheinmal kurz in ihre Arme, bevor wir zusammen runter in die Küche gehen.
Dort sitzt bereits meine ganze Familie versammelt, Harry mit dabei. Alle wünschen mir einen guten Morgen, nur mein Freund findet scheinbar das Etikett des Nutellaglases interessanter, was mich irgendwie kränkt. Ich setze mich auf den letzten leeren Platz ihm gegenüber. Als wir anfangen, zu essen, beteiligt Harry sich ganz normal an den Gesprächen meiner Familie, auch mit mir redet er mehr oder weniger, nur seinen Blick wendet er schnell wieder von mir ab, um sich seinem Brötchen zu widmen.
"Wir... müssen euch übrigens etwas sagen...", beginne ich irgendwann. Als mich alle gespannt ansehen, sage ich: "Harry und ich sind zusammen. Seit gestern Abend". Es dauert ein paar Sekunden, bis die Nachricht anscheinend ankommt und meine Mum gleich aufspringt und erst mich, und danach Harry in ihre Arme schließt. "Willkommen in der Familie", flüstert sie ihm zu, weshalb er dankbar lächelt. Nachdem sich alle für uns gefreut haben, sagt Phoebe plötzlich: "Haben wir jetzt einen zweiten großen Bruder?" Uns bringt sie damit alle zum Lachen und Harry lächelt geschmeichelt. "Wenn du das so sehen möchtest, gerne". - "Super!", ruft sie begeistert.
"Kommst du dann mal irgendwann mit zum Reiten?", fragt sie. Phoebe und Daisy nehmen seit zwei Jahren regelmäßig Reitstunden, doch bisher habe selbst ich es noch nie geschafft, mitzukommen. "Irgendwann schaffen wir das bestimmt mal", sagt Harry zuversichtlich. Während die Gespräche alle weitergehen, höre ich meinem Freund und meinen zwei Schwestern zu, die über irgendwelche Trensen und Sättel fachsimpeln. Verwundert sehe ich Harry an. "Woher weißt du das alles?", frage ich ihn.
"Ähm ich... ich hatte früher selbst mal Reitstunden", sagt er mit roten Wangen. Sofort rasten die Zwillinge aus und löchern ihn mit Fragen. Ich höre ihnen mit halbem Ohr zu, doch mir stellt sich noch eine andere Frage: Wieso durfte er Reitstunden nehmen, wenn sein Stiefvater doch immer so darauf aus ist, dass Harry nicht "zu weiblich" ist. Ich will damit nicht sagen, dass Reiten ein Mädchensport ist, aber wenn Jack noch nicht in unserem Jahrhundert angekommen ist, sieht er das bestimmt so. Harry scheint zu merken, dass mir etwas im Kopf herumschwirrt, denn er formt mit seinen Lippen ein stummes "Später", weshalb ich verstehend nicke.
Die restliche Zeit verbringen wir alle zusammen im Garten, bevor Harry und ich wieder zum Bahnhof müssen. Wir haben uns zu zweit auf eine Hängematte in unserem Wintergarten gelegt, während meine kleineren Geschwister zusammen Pferdchen im Schnee spielen. Harry verhält sich ganz normal, als wäre diese Sitation heute Morgen nie passiert. Doch mich verwirrt es zunehmend. Ich möchte das gerne klären, aber ich weiß nicht, wie. Ich möchte ja auch keinen Streit anzetteln, wenn wir gerade mal zusammen sind. Trotzdem lassen mich die Gedanken nicht los.
Er weiß ja auch, dass er jederzeit mit mir reden kann, das habe ich ihm schließlich mehrfach versichert. Vielleicht ging es ihm auch einfach zu schnell, weil wir erst seit einem Tag zusammen sind? Wobei ich ja auch nicht mit ihm schlafen wollte, aber wie er bereits vor einigen Wochen gemeint hatte, wir sind beide Jungs, die nicht enthaltsam leben, da ist es ja menschlich, dass der Körper irgendwie reagiert, wenn man eine Person mehr als attraktiv findet.
Nachdenklich betrachte ich Harry, der halb auf mir liegt und immer wieder kichern muss, während er meine Geschwister beobachtet. Seine Grübchen stechen wieder hervor, sodass mir einfach nichts Anderes übrig bleibt, als hineinzupieken. Grinsend schaut er zu mir hoch und drückt mir einen Kuss auf mein Schlüsselbein.
"Harry, Louis, spielt ihr mit uns?", fragt Daisy. - "Was wollt ihr denn spielen?", fragt Harry. - "Na Pferd natürlich!", ruft sie.
Mein Freund schaut mich zweifelnd an. "Willst du dir das wirklich antun?", meint er mit hochgezogener Augenbraue aber einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen. "Bleibt mir denn etwas Anderes übrig?" Sofort schüttelt er entschieden den Kopf, weswegen wir aus der Hängematte aufstehen und zu den Anderen gehen.
Phoebe möchte unbedingt, dass ich ihr Pferd bin, weswegen ich mich also auf alle Viere in den Schnee knie und sie sich auf meinen Rücken setzt. Harry dagegen ist das Pferd von Doris. "Hüa!", schreit sie und drückt mir mit Wucht ihre Waden in die Seite, weswegen ich leicht schmerzvoll aufstöhne. "Machst du das bei echten Pferden auch so?!", frage ich entsetzt, während Harry sich neben mir nur einen ablacht. "Neiiin, natürlich nicht! Aber du bist ja kein Pferd!", kreischt Phoebe. - "Ich bin aber dafür dein Bruder!", entgegne ich.
"Du wirst es schon überleben, Louis", grinst Harry mich an, weswegen ich nur meine Augen verdrehe. Er hat gut reden. Doris ist viel liebevoller zu ihm als Phoebe zu mir.
Ich setze mich langsam mit meiner Schwester auf dem Rücken in Bewegung, Harry neben mir. Daisy dagegen hat Ernest im Gepäck. "Wer als erstes um den Baum vorne rum und wieder zurück ist, hat gewonnen!", schreit Lottie, die sich inzwischen auf die Hängematte gelegt hat. Ich schaue sie genervt an, während sie mich nur hämisch angrinst und über mich lacht, weil Phoebe wieder mal in meine Seiten tritt.
Auf allen Vieren krabbeln wir also über die Wiese zu dem Baum und wieder zurück. Da Harry längere Beine hat, ist er deutlich schneller als ich, aber im Endeffekt schaffe ich es trotzdem, ihn zu überholen. Daisy nimmt den letzten Platz ein. Jubelnd plumpst Phoebe seitlich von mir herunter in den Schnee und fällt mir um den Hals.
"Du bist der Beste! Sorry, dass ich dich getreten habe", entschuldigt sie sich leise. Ich nehme die Entschuldigung großzügig an. Nachdem wir noch ein bisschen mit den Kindern gespielt haben, gehen wir alle wieder ins Haus, wo Mum schon für jeden eine heiße Schokolade und Weihnachtsplätzchen bereit gestellt hat. Genüsslich greifen wir zu und schon nach wenigen Minuten ist alles leer gegessen. Je mehr Zeit vergeht, desto stiller werde ich. Ich möchte nicht schon wieder nach London. Viel lieber würde ich noch einige Tage hier bleiben und Zeit mit meiner Familie verbringen. Vor allem wäre ich dann auch an Silvester hier.
Seufzend betrachte ich meine Geschwister, die miteinander lachen und herumalbern. Harry scheint zu bemerken, dass ich etwas weniger rede. Er wirft mir einen mitfühlenden Blick zu, nimmt meine Hand und verschränkt unsere Finger miteinander. Ich erwidere den leichten Druck dankbar.
Als es dann schließlich soweit ist, packen Harry und ich unsere Taschen und gehen zur Haustür, wo schon meine ganze Familie versammelt ist. Dad und Lottie werden uns zum Bahnhof bringen. Traurig und wehmütig umarmen wir alle. "Wann kommt ihr wieder?", fragt Ernest. - "Wir wissen es noch nicht, aber hoffentlich bald", sage ich und setze ihn auf meine Hüfte, damit wir auf einer Augenhöhe sind. "Versprochen? Harry muss nämlich noch eine Höhle mit mir bauen", erklärt mein Bruder. - "Versprochen. Wir sehen uns bald wieder", nimmt Harry mir die Antwort ab.
Auch meine Mum drückt uns fest an sich. "Schreibt uns bitte, wenn ihr wieder in London seid", bittet sie. Zu Harry meint sie noch leise: "Und pass auf meinen Jungen auf, ja?" - "Das werde ich, Jay", verspricht er ihr, während er mir einen liebevollen Blick zuwirft.
Seufzend steigen Harry und ich ins Auto. Die Stimmung ist gedrückt. Keiner von uns redet wirklich etwas. Lottie versucht zwar immer wieder, mich zum Lachen zu bringen, ist dabei jedoch mehr oder weniger erfolglos. Ich war schon immer ein Familienmensch und es ist einfach scheiße, jetzt wieder zu fahren. Ich war ein ganzes Jahr lang nicht hier und die Kleinen werden immer größer, ohne dass ich ihnen dabei zusehen kann.
Als wir am Bahnhof ankommen, verabschieden wir uns auch vom restlichen Teil meiner Familie und steigen dann in den Zug. Kurz bevor wir abfahren, winken wir Dad und Lottie noch einmal zu, da sie vor unserem Fenster stehen. Der Zug rollt los und Doncaster wird immer kleiner. Seufzend sehe ich zu Harry, der selbst auch ziemlich traurig aussieht. "Deine Familie ist etwas ganz Besonderes. Ich selbst habe das leider nicht erlebt, so geliebt zu werden, aber umso glücklicher war ich dann, als Jay gemeint hat, dass ich jetzt auch zu euch dazu gehöre. Es bedeutet mir wirklich viel, das zu hören", erklärt er.
Stolz drücke ich ihm einen Kuss auf die Lippen, welchen er genüsslich seufzend erwidert. Davon werde ich wohl nie genug bekommen. Harrys weiche Lippen sind einfach eine Sünde, der man trotzdem nicht widerstehen kann.
"Wir werden sie bald wieder besuchen", legt er fest, nachdem wir uns wieder voneinander gelöst haben. - "Wie willst du das denn bitte machen? Die Tickets sind für mich viel zu teuer, du hast ja gemerkt, wie lange ich nicht mehr in Doncaster war", entgegne ich etwas lauter.
"Für dich sind sie vielleicht zu teuer, aber für mich nicht. Versteh mich nicht falsch, ich möchte nicht eingebildet sein oder damit angeben, dass mein Stiefvater steinreich ist, aber dann sieh es einfach als Egoismus, weil ich selbst wieder nach Doncaster möchte", schlägt er vor und kassiert damit von mir einen leichten Schlag gegen die Brust. "Spinner", entgegne ich nur, kann aber nicht lange ernst bleiben.
Während der Fahrt essen wir genüsslich das kleine Fresspaket auf, dass Mum uns mitgegeben hat, hören Musik oder unterhalten uns, bis wir schließlich wieder in London ankommen.
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